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Einleitung

Führung ist keine Raketenwissenschaft!

Beim Finden unseres Buchtitels kamen uns viele Ideen, die wir häufig genauso schnell auch wieder verworfen haben. Vielleicht kennen Sie das: Sie finden eine Idee in einem Meeting grandios, und am nächsten Tag findet man die Idee dann schon nicht mehr so genial oder auch total zum Vergessen. „Vitamine für Führungskräfte – Wie Sie Ihre Führungskräfte aktivieren können“ war so einer. Oder „Das Problemlöser-Buch für Führungskräfte“ um noch einen zu nennen.

Der Titel, den wir als Arbeitstitel während des Schreibens lange verwendet haben, war „Vom angepassten Schauspieler zur authentischen Führungskraft“. Dieser ist auch immer noch passend:

In den 20 Jahren, in denen wir als Trainer, Berater und Coaches in unterschiedlichen Unternehmen und Institutionen vom Großkonzern über den Mittelstand bis zu Familienbetrieben und sozialen Trägern aktiv sind, haben wir die Beobachtung gemacht, dass häufig das Wissen, wie man Mitarbeiter richtig führt, durchaus vorhanden ist. Im Prinzip kann jede Führungskraft das bekannte Wissen runterbeten und jede übliche Methode rückwärts rezitieren. Das Problem ist: Es wird sehr häufig aber nur halbherzig umgesetzt, höchstens phasenweise angewendet und sehr oft leider nur schlecht vorgespielt. Der Begriff „Industrieschauspieler“ ist für Führungskräfte in Unternehmen weit verbreitet und trifft leider in vielen Fällen den Nagel auf den Kopf.

Branchen, in den wir arbeiten, reichen von der Automobil- und Stahlindustrie über Banken und Versicherungen bis zum wissenschaftlichen Sektor und dem Gesundheitswesen. Bei unserer Tätigkeit fällt uns weiterhin auf, dass, egal in welchem Unternehmen oder welcher Branche man sich gerade aufhält, die Probleme von Führungskräften, Teams und Mitarbeitern häufig die gleichen sind. Ob man sich in einem Großkonzern des produzierenden Gewerbes oder bei einem Team in einer Kindertagesstätte aufhält, gleichgültig welche Waren produziert werden oder welche Dienstleistungen angeboten werden – die Themen wiederholen sich ständig: Fast immer geht es um menschliche Verhaltensweisen und die Probleme, die daraus resultieren. Menschen werden wegen ihrer Fähigkeiten eingestellt und aufgrund ihrer Persönlichkeit gekündigt.

In der Zusammenarbeit mit Menschen zeigen sich erstaunlich viele Gemeinsamkeiten: Es gibt fast keine Unternehmung, in der sich die Mitarbeiter nicht über ihre Führungsmannschaft beschweren. Umgekehrt ist es genauso: Die Führungskräfte haben eine ganze Reihe von Klagen über ihre Mitarbeiter, für die sie keine rechte Lösung finden. Sie haben zwar eine Verhaltensstrategie, um darauf zu reagieren, diese führt aber oft nicht zum Erfolg. Manchmal kennen sie die Lösung, doch diese erscheint ihnen aus irgendeinem Grund nicht umsetzbar. Vielleicht hält einen Entscheider die Unternehmenskultur, das Arbeitsrecht oder die Angst vor dem Betriebsrat davon ab, die Probleme anzugehen. Sehr häufig ist es aber auch schlicht die eigene Kosten-Nutzen-Rechnung: Das Problem ist noch nicht groß genug oder der Leidensdruck ist noch nicht so hoch, um die Mühsal des Handelns auf sich zu nehmen.

Vielfach sind es eigentümliche Glaubenssätze, die Führungskräfte über das Thema „Führung“ haben. Oder falsche Vorbilder. Oder beides. Ein Abteilungsleiter äußerte in einem unserer Seminare seinen Glaubenssatz: „Eine Führungskraft bittet nicht! Das habe ich von meinem Vorgänger gelernt!“ Interessanter Ansatz … Leider wiesen seine Berichte über die Zusammenarbeit und die Arbeitsprobleme in seinem Bereich nicht darauf hin, dass diese Methode sonderlich erfolgreich war.

Die Liste an Themen, mit denen sich die Mitarbeiter über die Führungsetage beschweren, ist lang:

■ „Der Chef spricht endlos in Besprechungen und bindet die Mitarbeiter nicht ein.“

■ „Ich gehöre gar nicht in diese Besprechung, sitze aber seit Jahren wöchentlich dabei und langweile mich, weil mein Chef will, dass wir anwesend sind.“

■ „Es gibt die vom Mitarbeiter erlebte Wahrheit und dann das, was vom Chef kommuniziert wird.“

■ „Wenn man hier eine andere Meinung hat als der Chef, wird man sofort runtergemacht.“

■ „Keiner spricht Probleme an. Ich mache das aber auch nicht, ich bin ja nicht verrückt.“

■ „Ich gebe ja Feedback, das bringt aber nix, weil sich nichts ändert.“

■ „Warum machen nicht alle die Dinge so gut wie ich? Warum haben die Kollegen keinen Anspruch an ihre Arbeit? Dem Chef scheint das auch egal zu sein.“

■ „Wenn ich eine Idee habe, bekomme ich die Aufgabe auch gleich aufs Auge gedrückt. Also halte ich mich lieber mit Ideen zurück.“

■ „Die wollen doch nur, dass wir noch schneller arbeiten, damit die einen hohen Bonus bekommen.“

■ „Mein Chef lügt, obwohl er wissen müsste, dass alle seine Lüge gerade erkennen!“

■ „Die Führungsriege hält zu viele Sonntagsreden, aber die wirklichen Probleme werden nicht angepackt.“

■ „Mein Chef kümmert sich nur um Kleinigkeiten, aber für das große Ganze hat er keinen Plan.“

Demgegenüber steht eine ähnlich lange Liste der Beschwerden über die Mitarbeiter:

■ „Die Mitarbeiter beklagen sich über alles. Es wird dauernd nur gemeckert.“

■ „Bei uns in der Firma ist es wie im Kindergarten. Wenn ich nicht klare Ansagen mache, läuft gar nichts.“

■ „Die Mitarbeiter sind nicht veränderungsbereit. Sie finden immer nur Gründe, warum etwas nicht geht.“

■ „Ich habe viele ältere Mitarbeiter, die nicht motiviert sind. Mit Geld kann ich die auch nicht mehr locken.“

■ „Das geht nicht, das wird nie was, das haben wir immer schon so gemacht … andauernd werden nur Killerphrasen gedroschen!“

■ „Bei uns werden immer gleich Vorwürfe gemacht, statt in Ruhe über die Dinge zu reden.“

■ „Mein Mitarbeiter-Team denkt von sich, dass es die Abteilung ist, die im Unternehmen am meisten arbeitet.“

■ „Manche Mitarbeiter begreifen gar nichts oder stellen sich immer dumm. Da mache ich es lieber selbst.“

■ „Ich gebe ja Feedback, das bringt aber nichts, weil sich nichts ändert.“

■ „Es melden sich immer nur dieselben, wenn es um Extraaufgaben geht.“

Die beiden Listen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie, lieber Leserund liebe Leserin, könnten wahrscheinlich noch einige Themengebiete und Klagen ergänzen. Die Phänomene sind überall vergleichbar. Das ist doch schon mal eine schöne Nachricht: Sie sind mit Ihren Problemen nicht allein!

Das Chaos in manchen Firmen hat ein Teilnehmer von uns einmal schön auf den Punkt gebracht: „Es ist reiner Zufall, dass bei uns am Ende ein Produkt rauskommt!“

Am besten wäre es natürlich, wenn man erst gar nicht in die Situation kommen würde, diese Klagen aussprechen zu müssen. Da man sich selten aussuchen kann, mit welchen Personen man in der Arbeitswelt in Kontakt tritt oder welche Mitarbeiter und welches Team man leitet, bleibt ihm nur übrig, auf die jeweilige Realität eine passende Antwort zu finden. „Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, andere gibt es nicht“, sagte schon Konrad Adenauer.

Was wir in diesem Buch präsentieren, ist eine komprimierte Sammlung von Denkansätzen, Modellen und Methoden, die wir in unserer langjährigen praktischen Arbeit als Trainer und Coaches erfolgreich anwenden. Diese Tools bieten Lösungsansätze, um den vielfältigen Problemen und Herausforderungen, auf die wir im beruflichen Alltag treffen, zu begegnen. Dabei ist uns natürlich bewusst, dass es eine subjektive Auswahl ist und man noch viele hervorragende Ansätze mit aufnehmen könnte. Es wird sehr wahrscheinlich auch Menschen geben, die breitbeinig argumentieren, dass wir etwas ganz Wesentliches vergessen haben und die Herren Autoren gänzlich falsch liegen. Das mag sein.

Unsere Auswahl greift die Probleme auf, die wir in vielen Unternehmen beobachten und mit denen sich Führung auseinandersetzen muss.

Wir rücken dabei die Führungskräfte ins Zentrum der Betrachtung: Mit ihnen steht und fällt die ganze Angelegenheit. Wenn Sie Fehler beim Umgang mit Ihren Mitarbeitern machen, Probleme ignorieren und im schlimmsten Fall überhaupt nicht führen, wird viel Leid bei Ihnen und den Mitarbeitern entstehen. Diesem Leid wollen wir den Kampf ansagen.

Wir präsentieren in diesem Buch unsere Ansätze, die Ihnen als Führungskraft helfen sollen, erfolgreicher, effektiver und entspannter durch den Arbeitstag zu gelangen. Dabei haben wir bewusst die Modelle und Methoden ausgewählt, die gut anwendbar, einfach zu verstehen und damit auch umsetzbar sind. Denn: Führung ist keine Raketenwissenschaft!

Noch ein Hinweis zur Lesbarkeit: Wir benutzen in der Regel das generische Maskulinum in unserem Text. Wenn es nicht explizit anders erwähnt wird, sind bei Formulierungen wie „Chef“, „Mitarbeiter“ oder „Vollidiot“ sowohl die männliche als auch die weibliche Form gemeint.

Führung ist keine Raketenwissenschaft

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