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Halte dich nicht für Gott!

von Daniel Mehde

Die richtige Haltung

„Bin ich eigentlich der einzige normale Mensch in diesem Raum?“, „Ich bin umzingelt von Vollidioten!“, „Warum können nicht einfach alle meiner Meinung sein, dann wäre alles so viel einfacher …“, „Wie kann man eigentlich so doof, inkompetent, gedankenlos, unverschämt etc. sein?“

Diese und ähnliche Gedanken kommen Ihnen bestimmt bekannt vor. (Falls nicht, sind Sie wahrscheinlich schon erleuchtet und können gleich ins nächste Kapitel springen oder das ganze Buch zur Seite legen.) Dass wir solche Überlegungen haben, ist normal. Sie kommen häufig automatisch, ohne dass man sich dagegen wehren kann. Diese Gedanken sind aber leider nicht sehr hilfreich, wenn man ein gemeinsames Ergebnis erzielen oder eine entspannte Atmosphäre und eine positive Kommunikationskultur im Team erzeugen will.

Wenn wir mit Führungskräften und Teams arbeiten, fällt uns immer wieder auf, dass viele Probleme, zum Beispiel Konflikte, Missverständnisse oder endlose Diskussionen in Meetings, dadurch entstehen, dass in manchen Unternehmen eine Kultur der Rechthaberei herrscht:

■ Die Beteiligten werfen sich unterschwellige oder offene Vorwürfe an den Kopf.

■ Sie legen ein passiv aggressives Verhalten an den Tag, tun so, als ob sie Aussagen von Kollegen nicht verstehen oder ignorieren Anweisungen einer Führungskraft bewusst.

■ Sie verwenden Killerphrasen: „Das funktioniert doch nie!“,

„Das ist doch unrealistisch!“, „Das dauert doch viel zu lange!“

Viele Führungskräfte haben Schwierigkeiten damit, Fehler einzugestehen oder zuzugeben, dass sie selbst auch keine Lösung für bestimmte Probleme haben. „Meine Führungskraft hält sich für unfehlbar“, „Mein Chef macht nie Fehler!“. Diese Aussagen schnappen wir recht häufig in Unternehmen auf. Sie kennen sicher diese lustigen Aufkleber oder Schilder:

„Regel Nr. 1: Der Chef hat recht!

Regel Nr. 2: Wenn der Chef mal nicht recht hat, tritt automatisch Regel Nr. 1 in Kraft.“

So weit, so witzig. Aber in einem Unternehmen oder Team zu arbeiten, in dem so eine Kommunikationskultur Alltag ist, kann sehr anstrengend sein. Sie müssen als Mitarbeiter ständig die Wahrheit negieren und gewissermaßen in einer Scheinwelt agieren, da die ehrliche Auseinandersetzung mit Problemen und Fehlern nur eingeschränkt möglich ist.

Killerphrasen sind Sätze der Abwehr, der Ablehnung oder der Herabsetzung, die keinen konstruktiven Beitrag leisten. Killerphrasen „killen“ neue Ideen.

Eine lösungsorientierte, fehlerfreundliche und wertschätzende Kultur ist mit so einem Verhalten nicht zu erreichen. Erst recht nicht, wenn es keinen im Unternehmen oder in der Abteilung gibt, der dieser Art zu denken und zu handeln, aktiv entgegentritt.

Wie kann man diese Dynamik durchbrechen?

Die menschlichen Grundhaltungen

Fragen Sie sich auch manchmal, warum die von der Nachbarabteilung ihre Arbeit nicht machen? Ärgern Sie sich auch ab und zu maßlos über sich selbst und fragen sich: „Wie konnte ich eigentlich so doof sein?“ Dann kann das Modell der Grundhaltungen Ihnen einige interessante Aufschlüsse geben.

Die Idee der menschlichen Grundhaltung ist ein elementares Modell der Transaktionsanalyse. Das Modell besticht durch seine Klarheit und grenzt aus meiner Sicht an Genialität. Es ist gleichermaßen einfach zu verstehen, bildet trotzdem die Komplexität der menschlichen Psyche ab und ist dabei noch hervorragend im Alltag anwendbar.

Das Modell basiert auf zwei Achsen. Auf der einen Achse wird beschrieben, wie ich mich selbst sehe und auf der anderen ist zu sehen, was ich von meiner Umwelt oder meinen Mitmenschen halte. Die Achsen sind mit Minus- und Pluszeichen gekennzeichnet. Daraus ergeben sich vier Varianten, die ich kurz erläutern will.


Die Transaktionsanalyse (TA) wurde in der Mitte des 20. Jahrhunderts von dem amerikanischen Psychiater Eric Berne (1910–1970) begründet. Die TA ist eine psychologische Theorie der menschlichen Persönlichkeitsstruktur.

Die Minus-minus-Haltung

Die Minus-minus-Haltung fühlt sich ungefähr so an: „Ich bin schlecht, und die Welt ist es auch. Überall Verderben, Umweltverschmutzung, Krieg und Ungerechtigkeit, und ich kann nichts daran ändern, weil ich zu klein, zu schwach und zu dumm bin.“ Wie Sie merken, ist dies nicht gerade die fröhlichste Art, um auf die Welt und sich selbst zu blicken. Es ist eine sehr depressive Sicht auf die Dinge. Wenn Sie diese Haltung längere Zeit haben, suchen Sie sich bitte Hilfe. Dennoch ist dies eine Haltung, die die meisten von uns kennen. Momente, in denen man in diese Haltung verfallen kann, sind zum Beispiel regnerische Novembertage, an denen nichts klappt, alle Mitmenschen nerven, und man zu guter Letzt auch noch in eine Pfütze tritt und der Wagen nicht anspringt.

Die Minus-plus-Haltung

Die Minus-plus-Haltung zeichnet sich dadurch aus, dass wir uns selbst wenig zutrauen und uns schwächer als unsere Umwelt erleben. Diese Haltung ist geprägt von Minderwertigkeitsempfindungen. Menschen, die dieses Gefühl oft haben, sagen Sätze wie: „Du kannst das so gut, ich kriege das nie hin!“, „Bei dir sieht das alles immer so einfach aus. Ich schaff das nicht!“, „Deine Blumen wachsen immer so großartig, meine gehen immer ein“.

Dieses Gefühl kennen wir alle, allein schon aus dem Grund, weil wir dieses Empfinden als Kind häufig hatten. Ziemlich früh erleben Kinder, dass sie etwas nicht beherrschen, was Erwachsene oder ältere Kinder bereits können. Mama kann Autofahren, der große Bruder kann schon schreiben, Opa arbeitet mit der Kettensäge. Als Kind nimmt man sich oft schwächer als die Umwelt wahr. Dieses Gefühl haben wir gewissermaßen auf unserer Emotionsfestplatte gespeichert und fallen als Erwachsene auch gelegentlich bis häufig in diese Emotion zurück.

Manche Leute müssen nur die Polizei sehen und überlegen schon, ob sie etwas falsch gemacht haben. Wenn dann noch der Polizist von oben herab nach dem Ausweis fragt oder den Betroffenen maßregelt, verfällt dieser schnell in die Minus-plus-Haltung. Oder sobald der Besagte sich mit einer Nobelpreisträgerin für Physik unterhält, kommt ihm der Gedanke, dass es gut gewesen wäre, wenn er sich in der Schule mehr angestrengt hätte. Wie groß der Einfluss dieser Haltung auf unser Verhalten ist, werden wir gleich noch analysieren.


Plus-minus-Haltung

Bei der Plus-minus-Haltung hält man sich selbst für ziemlich perfekt bis genial, während man die Umwelt beziehungsweise die Mitmenschen sehr defizitär wahrnimmt. Die Plus-minus-Haltung erkennt man zum Beispiel an folgenden Aussagen: „Einmal mit Profis arbeiten, das wäre von Vorteil!“, „Die Politiker sind doch alles faule Säcke!“, „Wer hat denn das schon wieder verbockt?“, „Ich habe ja gleich gewusst, dass das nichts wird …“ Die Haltung haben wir zum Beispiel, wenn wir das Gefühl haben, dass wir von Vollidioten umzingelt sind und uns für unfehlbar halten.

Leider ist das bei vielen Menschen eine Art „Arbeits-Grundhaltung“ beziehungsweise die Attitüde, mit der sie sich durch das Unternehmen bewegen. Wenn Führungskräfte diese Grundhaltung haben beziehungsweise zeigen, entsteht bei den Mitarbeitern der Eindruck, dass der Chef sich für den Gottesgesandten persönlich hält. Fehler machen immer nur die anderen, der Chef ist über jeden Zweifel erhaben. Die Atmosphäre ist dann oft von Anklage und Rechtfertigungen geprägt, es wird nach Schuldigen und nicht nach Lösungen gesucht. Gerade bei Meinungsverschiedenheiten oder in Konfliktsituationen sind wir schneller in diesem Modus, als wir gucken können. Eine der einfachsten Möglichkeiten, gedanklich in den Plus-minus-Bereich zu kommen: Setzen Sie sich ins Auto und nehmen am Straßenverkehr teil.

Plus-plus-Haltung

Die Plus-plus-Haltung wird oft mit dem Satz „Ich bin okay, und du bist okay“ zusammengefasst. Die Idee ist, dass man sich selbst nicht abwertet, wenn man einen Fehler gemacht hat („Wie konnte ich nur so blöd sein?“) und die Mitmenschen ebenfalls nicht herabsetzt („Dieser Idiot …“). Die Plus-plus-Haltung ist eine bewusst gewählte und aktiv eingenommene Haltung. Man muss sich in diesen Gemütszustand gedanklich „reinbeamen“. Man entscheidet sich also bewusst für diese Art zu denken, da wir sonst durch unseren Automatikmodus in eine der drei anderen Grundhaltungen verfallen.

Gerade in Konfliktsituationen bringt uns dieses Denken weiter: „Er nervt mich gerade, er zeigt ein Verhalten, das für mich nicht gut ist, aber trotzdem ist er noch kein schlechter Mensch. Und jetzt werde ich mit ihm ein vernünftiges Gespräch führen und ihm ein Feedback geben!“ Das klingt leichter, als es in der Realität ist. Das Problem ist aber, dass wir uns immer weiter in eine Abwertungsspirale hineinmanövrieren, wenn wir uns gedanklich zu lange in die anderen Grundhaltungen begeben. Aus dieser Spirale kommen wir schlecht wieder heraus und können so auch kein vernünftiges Gespräch auf Augenhöhe führen.


Da wir jetzt die vier menschlichen Grundhaltungen kennen, können wir unsere eigenen Gedanken, Verhaltensweisen und die Verhaltensweisen anderer analysieren. Sie werden sicherlich unzählige Situationen finden, in denen Sie oder Ihre Mitmenschen nicht im Plus-plus-Modus kommunizieren oder agieren. Es ist sogar regelrecht erschreckend, wie selten wir es schaffen, in den Plus-plus-Modus zu kommen, weil wir selbst mit uns zu hart ins Gericht gehen oder Schlechtes über die Absichten unserer Kollegen denken und dem Chef Dummheit, Böswilligkeit sowie Faulheit unterstellen.

Es gelingt uns kaum, unserer Umwelt den ganzen Tag lang mit der Plus-plus-Haltung zu begegnen. Die negativen Denkprozesse, wie sie oben beschrieben werden, haben sich im Laufe des Lebens in unserer Grundhaltung manifestiert und laufen nahezu automatisch und unbewusst ab. Das ist erst mal völlig normal. Ich bin mir sicher, dass wir alle ab und zu auf schwierige Mitmenschen treffen, die wir für egozentrisch, intellektuell unbewaffnet etc. halten. Umso wichtiger ist es, sich die Denkprozesse, die häufig unbewusst ablaufen, zu vergegenwärtigen.

Ansteckungsgefahr

Stellen Sie sich vor, Sie haben mit einer Behörde zu tun. Als Laie kann man dort mitunter an seine Grenzen kommen, da man mit den Abläufen, Bestimmungen und Formularen etc. nicht vertraut ist. Wer jetzt mit seiner grenzenlosen Naivität glaubt, dass der eigene Antrag schnell bewilligt wird oder die benötigte Bescheinigung mal eben so zu bekommen ist, können schnell Welten aufeinandertreffen. Die Plus-minus-Haltung stellt sich bei den Betroffenen in so einem Fall unmittelbar ein – sowohl beim Kunden (Heißt das in einer Behörde „der Kunde“? Ich hoffe!) als auch beim Behördenvertreter.

Beispiel:

Kunde: „Das kann doch nicht so schwer sein …“ (Plus-minus-Haltung)

Verwaltungsangestellter: „Moment mal, so einfach, wie Sie sich das vorstellen,

ist das nicht …“ (Plus-minus-Haltung)

Übersetzung:

Kunde: „Ihr faulen Säcke könnt das ja wohl mal schnell machen …“

Verwaltungsangestellter: „Du stellst dir das so einfach vor, du hast ja keine Ahnung,

und ein bisschen mehr Respekt wäre auch gut …“

Diese Art der Kommunikation führt meistens zu nichts außer zu Unverständnis, Missmut und Aggressionen. Stellen Sie sich jetzt vor, was passiert, wenn Sie sich vorher gedanklich in den Plus-plus-Modus begeben und zum Beispiel einen netten Smalltalk beginnen, freundlich fragen, Verständnis für die Abläufe aufbringen – diese hat sich Ihr Gegenüber auch nicht selbst ausgedacht, sondern unterliegt bestimmten Vorgaben – und versuchen, Ihren Ansprechpartner mit Respekt zu behandeln. Sie bekommen dann nicht unbedingt sofort Ihr gewünschtes Ergebnis, aber Sie produzieren auch weniger Unbehagen und schlechte Gefühle.

Ich gebe zu, dass das manchmal viel verlangt ist, aber schauen Sie sich an, was passiert, wenn Sie in der Plus-minus-Haltung auf das Gegenüber treffen. Ihr Gesprächspartner wird sich in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in dieser Weise verhalten und kommunizieren. Diese Haltung wirkt nämlich extrem ansteckend auf den jeweiligen Gesprächspartner, und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er ebenfalls in den Plus-minus-Modus verfällt. Das Gespräch gleicht dann eher einem Kampf oder verbalen Gerangel als einer ergebnisorientierten Kommunikation zwischen zwei vernünftigen Erwachsenen.

Ein Beispiel:

In einem mittelständischen Unternehmen berichtete mir ein Mitarbeiter aus der Produktion, dass das Team ständig Probleme mit dem internen Logistiker hatte. Andauernd fehlten den Produktionsmitarbeitern die benötigten Teile, da der Kollege aus der Logistik nicht rechtzeitig die gewünschte Ware anlieferte. Das führte zu Verzögerungen und sogar Bandstopps, was sehr ärgerlich war, da dadurch Mehrarbeit am Wochenende drohte und es negative Auswirkungen auf den Akkordlohn hatte. „Haben Sie ihn darauf schon mal angesprochen?“, fragte ich einen Mitarbeiter. Und seine Antwort lautete: „Klar, ich habe dem Idioten das schon tausendmal gesagt!“ „Was haben Sie ihm denn genau gesagt?“, wollte ich wissen, und er erwiderte: „Na ja, dass er mal gefälligst schneller mit dem Material rüberkommen und ein bisschen fixer arbeiten soll! Ich habe ihn sogar schon des Öfteren angeschrien.“ „Und, hat es geholfen?“ „Nee, ich glaube, der macht jetzt sogar extra langsam und bringt uns zuletzt unser Material.“

Der Mitarbeiter erkannte bereits beim Reden, dass seine Strategie nicht zielführend war. Die Erkenntnis, dass er sich ebenso wie sein Kollege verhalten würde, wenn jemand mit ihm so sprechen würde, war der erste Schritt zur Verbesserung der Situation.

In diesem Beispiel kann man gut erkennen, wie suboptimal man sich manchmal verhält, obwohl man es eigentlich besser wissen müsste. Ein kurzer Rollenwechsel – einmal gedanklich kurz in die Rolle des anderen springen – lässt einen erkennen, dass die gewählte Strategie höchstwahrscheinlich nicht zum Erfolg führt. Dieser Rollenwechsel ist kein Hexenwerk, und trotzdem gelingt er uns häufig nicht. Oft bringen wir es erst mit etwas Abstand und mit runtergekühlten Emotionen fertig, uns in den anderen hineinzuversetzen. Wir sind manchmal auch gar nicht gewillt, uns mit der anderen Person, ihren Bedürfnissen, Gefühlen und Zielen auseinanderzusetzen. Diese ich-zentrierte Art zu denken, blockiert unsere Fähigkeit, vernunftbegabt zu handeln. Sich überlegen zu fühlen, in jedem Fall total im Recht zu sein, bestimmt zu oft unsere Haltung. Erst recht, wenn wir schon voller negativer Emotionen sind.

Ein anderes Beispiel: Es gibt Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter von Montagmorgen bis Freitagmittag respektlos, von oben herab und ignorant behandeln. Wenn diese dann am Freitag um 13 Uhr nach Freiwilligen fragen, die sich zur Mehrarbeit am Wochenende bereit erklären, wundern sie sich, dass niemand Zeit hat und alle mit faulen Ausreden kommen. Wen wundert‘s?

Durch eine Veränderung der inneren Haltung bekommen wir bessere Ergebnisse. Das bewusste Einnehmen der Plus-plus-Haltung ist nicht einfach, kann aber Wunder bewirken. Wie alles im Leben kann man auch diese Eigenschaft trainieren.

Ansteckungsgefahr II

Die gute Nachricht ist, dass die Plus-plus-Haltung ebenfalls sehr ansteckend ist. Wenn ich meine Umwelt gut behandele, erhöht sich die Chance, dass mir ebenfalls Gutes widerfährt. Nennen Sie es Karma oder sagen Sie sich einfach: „Wie es in den Wald hineinschallt, schallt es heraus!“ Diese Binsenweisheit kennt jeder, das Problem ist nur, dass fast alle Menschen erst mal glauben, dass der andere angefangen hat und man selbst nur unverschämt reagiert, weil das Gegenüber es an Respekt mangeln lässt. Wenn ich meine Gedanken aber schon vorab im Plus-plus-Modus auflade, dann werde ich auch mehr Erfolg haben und meinen Interaktionspartner mit meiner positiven Grundhaltung anstecken.

Auch auf die Gefahr hin, für besonders naiv gehalten zu werden, ist es in hohem Maße sinnvoll, andere Leute nicht abzuwerten. Das bedeutet nicht, schwierigen Mitmenschen alles durchgehen zu lassen, oder Fehlverhalten von Mitarbeitern zu tolerieren. Es geht vielmehr darum, klar das Verhalten von der jeweiligen Persönlichkeit zu trennen. Das bedeutet, dass ich Fehlverhalten konkret benennen und auch hart in der Sache sein kann, ich sollte den Betroffenen aber weiterhin mit Respekt behandeln und ihn auf Augenhöhe ansprechen.

Einer der häufigsten Einwände ist: „Wenn ich im Plus-plus-Modus bin und mein Gegenüber aber weiter im Plus-minus-Modus ist, dann habe ich doch verloren.“ Doch die Erfahrung zeigt, dass es einem Gesprächspartner sehr schwerfällt, dauerhaft im Plus-minus-Modus zu bleiben, wenn ich kontinuierlich respektvoll und angemessen kommuniziere. Sie müssen gewissermaßen nur länger durchhalten. Oder Sie beenden das Gespräch und äußern klar den Wunsch, dieses Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt und in einer anderen Atmosphäre weiterführen zu wollen.

Überlegen Sie auch, welch innerer Triumph dadurch entsteht, dass Sie weiter in einem respektvollen und angemessenen Ton das Gespräch führen, während der andere seine Beherrschung verliert. Ihrem Umfeld wird dies ebenfalls auffallen. Machen Sie daraus aber nicht eine Siegesfeier beziehungsweise versuchen Sie, Ihr positives Gefühl nicht in Überheblichkeit umschlagen zu lassen.


„When they go low, we go high.“

von: Michelle Obama


„When they go low, we go high“ – frei übersetzt: Wenn die anderen sich nicht benehmen können, antworten wir mit Anstand und Stil –, äußerte sich Michelle Obama gerne. Da steckt viel Schönes drin, finde ich. Lassen Sie sich nicht von der feindseligen Haltung anstecken. Versuchen Sie Ihrem Gesprächspartner stattdessen Verständnis entgegenzubringen, beharren Sie aber auch darauf, Ihre Ansichten und Meinungen darlegen zu können. Auf lange Sicht können Sie nur gewinnen.

Tiefenpsychologie

Bei genauer Betrachtung kann festgestellt werden, dass häufig das nach außen gegenüber anderen gezeigte Plus-minus-Verhalten ein Resultat von eigenen Minus-plus-Gefühlen ist. Dies scheint ein tief verankerter Kompensationsmechanismus in unserer Psyche zu sein. Dieses Phänomen kann man auch mit „Selbsterhöhung durch Fremderniedrigung“ übersetzen. Es zeigt sich als Verhaltensmuster schon relativ früh in der Kindheit. Bereits Kinder können gut die eigenen Minderwertigkeitsgefühle kompensieren, indem sie Schwächere erniedrigen und sich so über andere stellen. Das scheint eine gute Strategie für die Psyche zu sein. Als langfristige Lösung ist sie allerdings denkbar ungeeignet. Wenn wir erwachsen sind, benutzen wir diese Strategie oder dieses Muster immer noch, jeder Mensch allerdings auf unterschiedliche Art – auch in Bezug auf die Häufigkeit und Intensität.

Wenn Sie darüber nachdenken, werden Sie sich wahrscheinlich an diverse Situationen erinnern, in denen Sie sich über sich selbst geärgert haben und als Ablenkung in den Angriffsmodus gegangen und andere mit Vorwürfen attackiert haben. In privaten Konflikten neigen wir leider sogar recht häufig dazu, da wir im privaten Umfeld öfter im „Autopilotmodus“ unterwegs sind und weniger Energie darauf verwenden, uns sozial erwünscht zu verhalten. Meistens sind das nur harmlose Interaktionen, bei denen man sich kurz gegenseitig ein bisschen „anzickt“ und dann auch früher oder später wieder die Kurve kriegt.


Wenn Sie häufig mit Menschen zu tun haben, die eine sehr ausgeprägte Plus-minus-Haltung an den Tag legen, versuchen sie mit Plus-plus-Haltung und viel Kommunikation auf Augenhöhe gegenzuhalten oder verlassen Sie die Situation und diese Menschen. In beruflichen Situationen ist das natürlich nicht so einfach und mit Aufwand verbunden.

Hüten Sie sich davor, selbst in eine Plus-minus-Haltung als Reaktion zu verfallen. Auch immer nachzugeben und in die Minus-plus- oder noch schlimmer die Minus-minus-Haltung abzudriften, ist keine gute Strategie, um Lebensglück zu generieren, da dieses Verhalten und die Art zu denken viel Energie und Zufriedenheit rauben.

Selbstwert

Die große Kunst ist es, sich selbst nicht abzuwerten, wenn man Fehler gemacht hat oder seinen eigenen Ansprüchen wieder einmal nicht gerecht geworden ist. Ein bestimmtes Verhalten steht immer auch in Verbindung mit einem bestimmten Selbstwertgefühl. Es besteht also eine Korrelation. Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl verfallen häufig in eine Minus-plus-Haltung, und diese wirkt dann ungemein hemmend auf unsere Innovationskraft, Kreativität und den Zugriff auf die eigenen Ressourcen.

Das Selbstwertgefühl setzt sich aus zwei Facetten zusammen: der Selbstwirksamkeit und der Selbstachtung.

Mit Selbstwirksamkeit ist gemeint, dass ich in meine Kompetenzen vertraue und aktiv Einfluss auf die Herausforderungen des Lebens nehmen kann.

Selbstachtung bedeutet das Gefühl, etwas wert zu sein und ein Recht darauf zu haben, erfolgreich und glücklich zu sein. Jemand, der sich selbst achtet, ist der tiefen Überzeugung, dass er es verdient, die eigenen Bedürfnisse und Wünsche geltend zu machen.

Wer mit einem gesunden Selbstwertgefühl ausgestattet ist, hat eine ganze Reihe von Vorteilen. Die Bereitschaft, Fehler zuzugeben und diese in der Zukunft zu korrigieren, sowie die Bereitschaft, die Realität anzuerkennen und flexibel auf sie zu reagieren, gehören für Menschen mit einem guten Selbstwertgefühl wie selbstverständlich dazu. Wer eigene Fehler abstreitet und sich ständig rechtfertigt, gibt in der Öffentlichkeit nicht gerade ein souveränes Bild ab. Das Problem ist, das Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl sich regelrecht schämen, wenn sie Fehler machen. Um das eigene Selbstbild aufrechtzuerhalten, wird häufig lieber ein Fehler vertuscht oder abgelenkt, bevor man sich selbst eingesteht, dass man eventuell gescheitert ist. Das ist auch ein Grund, warum manche Leute sogar offen lügen, obwohl schon während des Aussprechens der Worte allen im Raum klar ist, dass jeder das Gesagte als Lüge erkennt. Man zieht die Schmach, als Lügner erkannt zu werden, dem Hinterfragen des eigenen Selbstbildes vor – ein oft gesehenes Phänomen in Unternehmen und Institutionen. Anders lassen sich so manche groteske Unwahrheiten gar nicht erklären. Das Interessante dabei ist, wie häufig die Menschen, die gerade ganz offensichtlich belogen werden, daraufhin nichts erwidern, sondern die Lüge einfach so stehen lassen. Der Wunsch nach Harmonie gewinnt in solchen Situationen. Oder man ist zu perplex von der Dreistigkeit und Würdelosigkeit des Gegenübers. Ich finde, eine gute Lüge sollte wenigstens ein paar Stunden halten und nicht schon beim Aussprechen entlarvt werden …

Ein gutes Selbstwertgefühl geht auch einher mit gesteigerter Kooperationsbereitschaft und der Fähigkeit, mit Veränderungen fertig zu werden. Auch die Kreativität wird positiv beeinflusst, da man sich selbst die Erlaubnis gibt, unkonventionell zu denken, und nicht dem Druck unterliegt, sich anderen Auffassungen in jedem Fall anpassen zu müssen.

Selbstwertgefühl = Selbstwirksamkeit + Selbstachtung

Selbstwirksamkeit: Vertrauen in die eigenen Kompetenzen, Einfluss auf das eigene Leben haben

Selbstachtung: Das Gefühl, etwas wert zu sein

Wenn Führungskräfte nun ein geringes Selbstwertgefühl haben, laufen sie Gefahr, nach außen zu oft mit der Plus-minus-Haltung aufzutreten. Wenn ich mir selbst immer beweisen muss, dass ich ganz großartig, stark und schlau bin, dann ist es schwer, auch andere gut aussehen zu lassen. Ich muss mich über die anderen stellen, damit mein Minderwertigkeitsgefühl nicht zu stark wird. Wenn man sich bestimmte Aussagen von Führungskräften anhört, entsteht schnell der Eindruck, dass sich viele überhaupt nicht im Klaren darüber sind, was sie auf der Selbstoffenbarungsebene über sich preisgeben. Laut Schulz von Thun gibt es in jeder Aussage, die wir tätigen neben der Sachebene, der Beziehungsebene und dem Appell auch eine Selbstoffenbarungsebene. Was sage ich über mich selbst? Wenn ich den ganzen Tag durch das Unternehmen gehe und schlecht über andere rede oder sie niedermache, sollte ich mir im Klaren darüber sein, welches Bild ich damit von mir in die Welt setze. „Was Paul über Peter sagt, sagt mehr über Paul als über Peter.“ Ich glaube, vielen ist die Wahrheit dieses Spruchs nicht bewusst. Oder sie beziehen diese Aussage überhaupt nicht auf ihr eigenes Verhalten. Denken Sie also das nächste Mal daran, wenn Sie öffentlich schlecht über Kollegen, Mitarbeiter oder Ihren Chef sprechen, dass Sie auf intelligente Menschen eventuell so wirken wie ein kleiner Wicht, der sich von Minderwertigkeitskomplexen plagen lässt. (Ähnlichkeiten mit ehemaligen amerikanischen Präsidenten sind rein zufällig.)

Wenn Sie von sich wissen, dass Sie Probleme mit dem eigenen Selbstwert haben, kann ein Selbstwerttraining ratsam sein. Selbstwert wird nicht bei der Geburt verteilt, sondern entwickelt sich. Man kann auch im fortgeschrittenen Alter gut am eigenen Selbstwert arbeiten, zum Beispiel indem Sie mit positiven Affirmationen arbeiten oder ein spezielles Training absolvieren.

Angehende Führungskräfte sollten nicht versuchen ihren mangelnden Selbstwert durch das Erlangen von Macht zu kompensieren. In Politik und Wirtschaft scheint dies des Öfteren zu passieren. Das Bedürfnis nach Selbsterhöhung löst Machtgelüste aus, die manchmal als „Gestaltungsmotivation“ kaschiert werden. In Jesuitenorden gibt es laut dem Managementberater Rupert Lay eine Regelung, wonach der, der nach Macht strebt nicht Vorgesetzter werden darf. Das resultiert offensichtlich aus der Erfahrung, dass Menschen, die nach Macht streben, ungeeignet dafür sind, formale Autorität auszuüben.

Die bessere Taktik wäre, sich erst mit dem eigenen Selbstwert zu beschäftigen, und dann die eigene Führungskarriere voranzutreiben. Das könnte Ihnen und Ihren zukünftigen Mitarbeitern viel Leid ersparen.

Das magische Dreieck

Wenn wir unser Verhalten ändern oder an unserem Selbstwert arbeiten wollen, ist es sinnvoll, zu analysieren, was ich über mich und über meine Umwelt denke. Eine Grundannahme der kognitiven Verhaltenstherapie ist das Zusammenspiel aus Denken, Fühlen und Handeln. Diese drei Ebenen bedingen sich entscheidend: Gedanken erzeugen Gefühle, Gefühle beeinflussen Verhalten, und die Ergebnisse des Verhaltens bestimmen wiederum die Wahrnehmung der Situation und somit die Gedanken. Ein Kreis – und in einigen Fällen ein regelrechter Teufelskreis.


Unsere Reaktion auf eine Situation ist also nicht nur abhängig von dem Ereignis, sondern vielmehr ganz zentral von unseren eigenen Bewertungen und Wahrnehmungen. Wenn wir in emotionale Situationen gelangen, ist es ungeheuer schwer, unsere Gefühle sofort in die gewünschten Bahnen zu lenken. Emotionen werden von Hormonen gesteuert, und wenn man zum Beispiel Angst bekommt oder wütend ist, kann man nicht einfach beschließen, keine Angst mehr zu haben oder plötzlich nicht mehr wütend zu sein. Auch wenn wir uns noch so sehr über unsere Emotionen ärgern oder mit aller Kraft versuchen, sie zu unterdrücken, wird uns dies nicht von der einen auf die andere Sekunde gelingen. Der Hormoncocktail in unserem Körper muss sich erst mal abbauen beziehungsweise müssen andere Hormone die Steuerung übernehmen. Die Aktivierung bestimmter Körperfunktionen wie ein erhöhter Blutdruck oder Pulsschlag lässt sich nicht auf Knopfdruck rückgängig machen. Ein erster Ansatzpunkt wäre es, genauer herauszufinden, welche Gedanken bestimmte Emotionen überhaupt erst auslösen. Nicht selten sind zum Beispiel unsere Vorannahmen oder dysfunktionalen Gedanken, die wir im Vorfeld haben, überhaupt erst der Auslöser für negative Empfindungen, die uns überfallen. Wenn Sie mit dem Gedanken, dass Sie bestimmt grandios scheitern werden, in eine Präsentation gehen, wird sich diese Annahme sicher auf Ihre Performance auswirken. Sie werden deutlich nervöser und unsicherer auftreten. Wenn Sie denken, dass Sie Ihren Platz gar nicht verdient haben, da Sie eigentlich gar nichts können, total unfähig und ein Hochstapler sind, wird diese Auffassung unweigerlich Ihre Emotionen und Ihr Verhalten beeinträchtigen. Genauso wird die Annahme „Der Mitarbeiter ist faul, dumm und bösartig“ im Vorfeld eines Gespräches den Verlauf der Interaktion beeinflussen. Sie werden sich dann entsprechend verhalten, und der wird demgemäß negativ auf Sie reagieren. Damit werden Ihre Annahmen wiederum bestätigt.

Aus diesem Grund ist es zum einen sinnvoll, die eigene Gedankenwelt in Bezug auf dysfunktionale Annahmen zu überprüfen und an ihre Stelle positivere und funktionale Vorstellungen zu setzen. Zum anderen kann man im Vorfeld eines Gesprächs auch bewusst die eigenen Gedanken positiv beeinflussen oder diese zumindest in ein neutraleres Licht rücken. Sie könnten zum Beispiel versuchen, mögliche negative Annahmen über bestimmte Gesprächspartner bewusst gegen wertfreie Gedanken auszutauschen. Dass dies jetzt vielleicht einfacher klingt, als es in der Praxis tatsächlich ist, ist uns selbstverständlich bekannt. Jedoch lohnt es sich, Folgendes zu erkunden: Wie denke ich eigentlich, und was könnte ich außerdem noch denken? Das kann eine spannende Reise werden.

Geht nicht auch beides?

Eine Geschichte, die ich immer wieder gerne erzähle, ist folgende: Ein Kunde, für den wir seit einigen Jahren Seminare und Workshops durchführen, bat mich zu einem Gespräch in seine Firma. Als ich gemeinsam mit meinem internen Ansprechpartner den Besprechungsraum betrat, fiel mir gleich ein Diagramm auf, das an der Wand hing: das Modell der inneren Grundhaltungen – original von mir selbst gemalt. Sie hatten es aus einem der Workshops mitgenommen und in ihrem Schulungsraum aufgehängt. Ich sagte freudig: „Das kenne ich. Warum hängt das hier?“ Mein Gesprächspartner erklärte mir dann, dass das Modell ihnen in Besprechungen gute Dienste erweisen würde. Immer wenn sich die Kommunikation verhärte und die Diskussionen zunehmen würden, mehr Aussagen wie „Das ist ja eine Quatschidee!“ oder „Wie soll das denn gehen?“ kommen, verweist einer der Anwesenden auf das Chart. „Wir haben schon wieder einen Plus-minus-Überhang in unserer Diskussion!“ Eine Veränderung in Form von Einsicht stelle sich dann sofort ein: „Okay. Ich habe es anscheinend noch nicht verstanden. Würdest du es mir noch mal erklären?“ oder „Brauchst du vielleicht noch Hilfe bei der Umsetzung?“, so lauten auf einmal die Fragen. Diese kleine Intervention reicht schon, um die Kommunikationskultur deutlich zu verbessern.

Eine Beobachtung, die wir als externe Moderatoren bei Workshops und Meetings immer wieder machen, ist, dass allein die Tatsache, dass ein externer Mensch der Besprechung beisitzt, sich schon positiv auf die Haltung und Kommunikation in der Gruppe auswirkt. Die Teilnehmer wollen dann in der Regel konstruktiver erscheinen und trauen sich nicht, ihre destruktive Seite so auszuleben, wie das sonst manchmal getan wird. Als Moderator einer Besprechung oder eines Workshops sollte die Hauptaufgabe darin bestehen, eine konstruktive Gesprächskultur aufzubauen beziehungsweise sicherzustellen. Das bedeutet im Grunde nichts anderes, als einen positiven Rahmen zu setzen und zum Beispiel mit den richtigen Fragen eine Plus-plus-Haltung zu kreieren, die es ermöglicht, dass alle Teilnehmer angstfrei handeln können. Indem man selbst diese Haltung einnimmt und damit ein gutes Beispiel für die Gruppe abgibt, kann man mit der Zeit das ganze Team anstecken.

Als Führungskraft kann man zum Beispiel mit besserwisserischem und dominantem Auftreten und langen, selbstbezogenen Monologen sehr gut verhindern, dass eine solche Stimmung entsteht. Viele Diskussionen und inhaltliche Auseinandersetzungen in Besprechungen kreisen darum, welche Idee oder Strategie die beste ist. Häufig verhärtet sich dabei der Meinungsaustausch. Was angelehnt an die logische Figur des Tetralemmas ungemein hilfreich sein kann, ist, sich die Frage zu stellen: „Geht nicht auch beides?“ Wir sind häufig regelrecht besessen von dem Denkfehler, dass alles in einer Entweder-oder-Kategorie geregelt werden muss. Sehr viel sinnvoller ist es oft, in Sowohl-als-auch-Dimensionen zu denken. Hier kann man von Homer Simpson lernen. Auf die Frage „Wollen Sie ein Steak oder zwei Steaks haben, Herr Simpson?“ antwortet Homer: „Geht nicht auch beides?“

Exkurs: Das Tetralemma (gr. tetra: vier, lemma: Annahme) ist eine logische Figur bestehend aus vier Sätzen, die einem Objekt eine Eigenschaft

1. zuspricht,

2. abspricht,

3. sowohl zu- als auch abspricht,

4. weder zu- noch abspricht

Wenn Sie als Führungskraft etwas dazu beitragen wollen, dass sich die Gesprächskultur deutlich verbessert, bestehen Sie darauf, andere Meinungen zuzulassen, auch wenn Sie diese Ansichten selbst nicht teilen. Indem Sie als gutes Beispiel demonstrieren, dass verschiedene Meinungen und Wahrnehmungen im Team zulässig sind, entsteht eine Plusplus-Haltung automatisch. Sie sollten schon allein deshalb so agieren, weil Sie keine Mitläufer und widerspruchslose Untertanen im Team haben wollen.

Achten Sie auch darauf, dass Meinungsmacher und sehr dominante Teammitglieder Ihnen nicht die konstruktive Stimmung kaputtmachen. Zur Not machen Sie in Einzelgesprächen Ihre Erwartungshaltung diesbezüglich deutlich. Geben Sie der Destruktivität zu viel Raum, wird sich die Atmosphäre verdunkeln, und Sie bekommen ein schwarzes Loch, das Kreativität, Innovationskraft und Motivation gnadenlos vernichtet. Ich kann gar nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, sich einem solchen Verhalten entschieden entgegenzustellen. Oft wird ein solches Verhalten von der Leitungsebene mit einer ausgeprägten Plus-minus-Haltung und dem Einsatz von Macht bekämpft. Das führt nicht selten dazu, dass Destruktivität unterschwellig ausgelebt wird und in passiv-aggressivem Verhalten samt Aussagen wie „Ich sage hier gar nichts mehr!“ mündet. Oder es bilden sich Allianzen und Gruppierungen: Die, die im „Team Chef“ mitspielen, und die, die im „Team Anti-Chef“ sind. Ihre Aufgabe ist es, alle mitzunehmen und ein Team zu formen. Achten Sie deswegen auf Ihre Plus-plus-Haltung und laden immer wieder alle dazu ein, adäquat und konstruktiv zu kommunizieren und ohne Abwertung anderer Personen und Standpunkte zu agieren.

Kurt und Homer


„Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.“

von: Kurt Tucholsky


Genau dieser Idee sollte man öfter eine Chance geben. Das kann man tun, indem man von den eigenen festgefahrenen Meinungen kurz gedanklich abweicht. Lassen Sie diesen Gedanken für eine Sekunde zu. Seien Sie dabei aber nicht verängstigt nach dem Minus-plus-Motto: „Hilfe, wie peinlich, ich liege vielleicht falsch!“ Kultivieren Sie vielmehr folgende Plus-plus-Haltung: „Ich lasse mich auf diese Überlegung einfach mal ein. Vielleicht kann sie mich bereichern.“

Wenn Sie sich in dieser Form gedanklich aufstellen und diese Haltung aktiv vertreten und einfordern, werden Sie Licht in jede Besprechung, in jedes Team und jedes Unternehmen tragen. Bevor ich noch zu esoterisch werde, noch ein letzter Satz: Manchmal kann man von Kurt Tucholsky und von Homer Simpson lernen.

Auf einen Blick

■ Die Haltung ist das A und O. Denken Sie in Plus-plus-Kategorien, und versuchen Sie diese zu verinnerlichen. Sonst wird vieles von dem, was Sie nach außen transportieren wollen, zum bloßen Schauspiel.

■ Sie sind nicht umzingelt von Idioten. Manchmal ist man nur selbst etwas beschränkt in seiner Wahrnehmung und Interpretation.

■ Wenn Sie sich ständig für den Schlausten im Raum halten, könnten Sie einem Trugschluss unterliegen. Vielleicht versuchen Sie nur etwas zu kompensieren.

■ Wenn Sie Probleme mit dem Selbstwert haben, kümmern Sie sich darum. Ihre Minderwertigkeitskomplexe werden Ihnen sonst immer wieder vor die Füße fallen.

■ Widerspruch ist nicht Respektlosigkeit. Geben Sie anderen Meinungen eine Chance. Angriff ist nicht die beste Verteidigung. Sie produzieren so nur Verlierer, und man trifft sich immer zweimal im Leben.

■ Lassen Sie sich nicht von der Plus-minus-Haltung anstecken. Sie werden es sonst hinterher bereuen – und Sie bekommen schneller einen Herzinfarkt.

■ Sie dürfen Fehler machen und darüber sprechen. Nur so verdienen Sie sich echten Respekt.

■ Werten Sie sich selbst nicht ab, nur weil mal etwas schiefgeht. Nehmen Sie es als Lerneinheit und freuen Sie sich, dass Sie jetzt schlauer sind. Aus Fehlern wird man klug, deswegen ist einer nicht genug!

■ Ziehen Sie öfter ein Sowohl-als-auch in Erwägung. So erzielen Sie schneller Win-win-Situationen.

Führung ist keine Raketenwissenschaft

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