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Kapitel 2

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Es ist Sonntag und heute treffe ich mich mit Michael zum Angeln am alten Weiher. Am alten Weiher angekommen, bringen wir erst einmal unsere Ruten aus. Die Sonne strahlt, ideal um den Tag schön entspannt an einem See zu verbringen. Wir sind schon ein seltsames Gespann, ein Programmierer und ein langhaariger Künstler. Ich hatte ihn irgendwann im Verein kennen gelernt. Beruflich sind wir vielleicht wie Feuer und Wasser, aber privat verstehen wir uns ganz hervorragend. Gegen Mittag sehen wir einen verwirrten Pizza-boten durch die Büsche stapfen. „Habt Ihr Pizzen bestellt?“ fragt er uns verloren. „Ja, haben wir“, bekommt er im Chor als Antwort. „Ihr hättet mir ruhig sagen können, dass >>Am Weihersteg 1<< kein Haus ist, sondern mitten im Nirgendwo liegt. Dann hätte ich einen Gefahrenzuschlag verlangt!“, gibt der Bote zurück und schnippt sich eine kleine Spinne von der Schulter. „Ja, das hätten wir machen können, aber wo bleibt dann die Überraschung?“, grinst Michael. Wir bezahlen die Pizzen und geben den Boten noch ein großzügiges Trinkgeld, woraufhin er sich dann sogar freundlich verabschiedet. „Für das nächste Mal weiß ich ja dann Bescheid. Petri Heil dann noch“ sagt er nun etwas freundlicher und macht sich unglücklich auf den Rückweg. „Danke, komm gut wieder aus dem Dschungel hier“ geben wir belustigt als Antwort. Nun machen wir uns an unseren Pizzen zu schaffen, angeln und Bier macht doch recht hungrig. Michael isst erst seine Oliven von der Pizza, danach kommt der Käse an die Reihe und dann der Schinken. Ich beobachte das Ganze ein wenig skeptisch, bis ich es mir nicht mehr verkneifen kann: „Was treibst Du da? Am Ende hast Du nur noch ein besseres Stück Brot übrig. Das schmeckt doch so nicht“. „Mir schon, ich weiß nicht, woher ich diese Marotte habe, aber solange ich denken kann, esse ich alles getrennt“ erwidert Michael. „Na, wenn Du meinst, Du bist schon ein komischer Vogel“ schließe ich das Gespräch ab. Wir sind gerade fertig mit der Pizza, als auch schon mein Schwimmer verschwindet. Schnell zur Angel und anschlagen! „Ich hab einen!“ rufe ich. Ich fange an den großen Fang an Land zu ziehen, der ist ganz schön schwer. Nach wenigen Minuten erblicke ich auch schon die Beute. „Der hat mindestens einen halben Meter! Schnell! Komm mit dem Kescher!" „Nö, das ist ein Bresen“ weigert sich Michael. „Wie nö? Komm schon“ fordere ich ihn weiter auf. „Ne, die Viecher sind schleimig wie die Hölle, den Geruch bekomme ich nie wieder aus meinem Kescher heraus“ begründet Michael seine Ablehnung. „Dann nimm meinen Kescher. Der muss dann noch reichen“ gebe ich geschlagen zurück. Mein Kescher ist schon etwas in die Jahre gekommen und das Netz ist nicht mehr ganz Heil, aber für so einen großen Fisch sollte er noch reichen. Zusammen schaffen wir es dann, den großen Fang zu landen. Michael hat recht, das Vieh schleimt doch schon ziemlich heftig. „Super, Du hast einen Schleimer gefangen“, grinst Michael. „Immerhin habe ich was gefangen. Jenny macht prima Fischfrikadellen aus Bresen“. „Was anderes kann man daraus auch nicht machen, so viele Gräten, wie die haben“ stellt Michael fest. Den Rest des Tages fange ich noch einen kleineren Bresen und Michael erwischt auch noch einen, den er mir selbstlos überlässt. Außer Bresen nichts gewesen, aber immerhin gibt es heute Abend Fischfrikadellen. Abends hat es Jenny dann auch tatsächlich geschafft, aus den drei Bresen gute zwei Dutzend Fischfrikadellen zu machen. Zusammen mit etwas Brot genießen meine Mädels und ich den großen Fang. Forellen wären mir schon lieber gewesen, aber die Frikadellen sind auch lecker.

Endlich ist Mittag in Kleinendorf. „Siehst Du, so schlimm ist es nicht, einen Keller zu mauern. Immerhin ist das Gasthaus erreichbar und das Essen erschwinglich“ necke ich Walter. „Stimmt. Dank eines leckeren Eintopfs, einem kühlen Bier und der schönen Sonne werde ich mindestens nicht mehr mitbekommen, wie Du deine Arbeit machst. Zumindest ist es mir dann egal“ gibt Walter mürrisch als Antwort auf meine Stichelei. Eine Menschenmenge an einer Kutsche vor dem fetten Schinken reißt uns aus unseren Gedanken und sinnfreien Gesprächen. Eine Kutsche mit 2 Flamländern, dazu noch gut genährt sieht man nicht häufig hier in der Gegend. „Wer ist denn hier eingekehrt?“, stupse ich den Schmiedelehrling an. „Die Gräfin vom Berg mit Ihrem Sohn Adalbrecht“ antwortet er respektvoll. „Ob vom Berg oder aus der Stadt ist mir egal, ich habe Hunger und gehe da jetzt rein“, erwidert Walter und stapft Richtung Tür. Er hat ja recht, auch der Adel sind nur Menschen und ich schließe mich schnell an. Im Gasthaus selbst empfängt uns auch direkt hinter der Tür die Wirtstochter Sonja: „Mein Vater ist gerade beschäftigt, wir haben hohen Besuch heute. Falls es euch nichts ausmacht, könntet Ihr dort in der Ecke Platz nehmen“. Ich blicke ihr über die Schulter und sehe wie sich Ihr Vater sichtlich bemüht möglichst vornehm zu wirken und die Edelleute zu bewirten. „Kein Problem, bringe uns einfach zweimal den Tageseintopf und zwei Bier“. Wir setzen uns in die uns zugewiesene Ecke. „Toller Platz, direkt neben der Tür zum Abort auf dem Hof. Warum haben wir uns vorher nie hier hin gesetzt?“ gibt Walter Ironie triefend von sich. „Ich vermute und das ist nun gewagt, dass Du einfach einen guten Blick auf die Wirtstochter haben wolltest Walter“. „Erwischt mein Guter“, grinst er. Die Gräfin ist eine Frau mittleren Alters, hat edle Kleidung an und wirkt sehr gepflegt. Ihr Sohn hat kaum das Mannes-alter erreicht und statt eines Bartes hat er nur leichten Flaum. Wie ich gehört habe, ist der Graf schon vor Jahren bei einem Reitunfall ums Leben gekommen. Die Eintöpfe und das Bier kommen und Walter sieht sofort, dass etwas nicht stimmt. „Oh, Du willst mich verwöhnen, da ist doch Fleisch in dem Eintopf!“ flirtet er mit Sonja. Die Wirtstochter lächelt „Sicher, alle Gäste werden bei uns verwöhnt, selbst die Kleinsten. Mein Bruder hat eben 4 Kaninchen für die Gräfin und Ihren Sohn schlachten lassen, sie wollte aber lieber Hähnchen essen“. „Oh und ich dachte schon Du willst um mich werben“ erwidert Walter lächelnd. Beide grinsen sich an. „Lasst es euch schmecken“ wünscht Sonja uns noch und geht dann wieder an ihre Arbeit. Der Eintopf ist hervorragend und Fleisch bekommt man auch nicht alle Tage. Die Gräfin hat Bratkartoffeln, Bohnen und Hähnchen. Adalbrecht hat das gleiche nur mit einem Hasen statt Hähnchen. Die Edelleute können sich schon echt gutes Essen leisten. Da kann man schon neidisch werden. Ich dagegen müsste schon eine Woche arbeiten und 6 Tage hungern, wenn ich mir so ein Essen leisten wollte. Dann lieber jeden Tag etwas Einfacheres und hin und wieder einen Fisch aus dem Weiher. Das ist vielleicht nicht ganz so exquisit, aber satt wird man so auch. Beim Essen erkennt man in Adalbrecht keinen Edelmann, er stopft alles in sich hinein und achtet nicht im Geringsten auf die Ästhetik oder irgendwelche Etikette. Die Gräfin dagegen isst sehr elegant erst die Bratkartoffeln, dann die Bohnen und zum Schluss das Hähnchen. Selbst das Hähnchen isst sie mit Messer und Gabel. Ich für meinen Teil könnte mir das überhaupt nicht vorstellen, da bleibt ja dann noch viel zu viel an den Knochen hängen. Vermutlich ist es einem aber egal, wenn man so ein Essen in Überfluss bekommt. Nach dem Essen bezahlen wir noch unsere Zeche und machen uns wieder auf den Weg zur Baustelle. Die Sonne brennt immer noch und schon nach wenigen Metern wirkt Walter erstaunlich heiter. „Du hast dein Ziel erreicht“ sage ich grinsend zu ihm. „Jupp“, erwidert Walter fröhlich. „Alle Erwartungen voll erfüllt“.

Ich schrecke aus dem Schlaf hoch. Unsere beiden Kater verwüsten wieder einmal die Küche. Dieses Mal hörte es sich an, als wenn sie die Pfanne von der Spüle geschmissen haben. Der Geruch vom Fisch war wohl doch zu verführerisch für die beiden. Müde blicke ich auf meinen Wecker. Es ist gerade einmal 4 Uhr morgens, nach schauen und beheben werde ich das besser Morgen. Jenny schläft tief und fest. Es ist schon bewundernswert, das Haus könnte neben ihr abgerissen werden und sie würde weiter schlafen. Gibt Xiameh aber auch nur das leiseste Hüsteln von sich, so schreckt sie sofort hoch und ist sofort hellwach. Sie sieht so friedlich aus, ihre langen roten Haare liegen über das Kissen und in der Dunkelheit kaum erkennbar sind ihre Sommersprossen. Ich kuschel mich an sie und verfalle kurze Zeit später wieder dem Schlaf.

Das alte Leben

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