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Kapitel 3

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Am Mittwoch fahre ich nach der Arbeit noch bei Michael vorbei. Beim letzten Besuch hatte ich schon festgestellt, dass seine Grafikkarte im PC hin ist und ich habe nun eine neue für 40 Euro besorgt. Bei seinen Eltern angekommen, gehe ich durch das Tor in den Hinterhof. Er hat da ein kleines Häuschen in zweiter Reihe. Klein heißt in diesem Fall wirklich klein. Es ist nicht viel mehr als ein Wohnzimmer in dem sich eine Küche und eine Schlafcouch befinden. Daneben gibt es nur noch ein kleines Bad und ein kleines Atelier. Bis jetzt verkaufen sich seine Bilder nicht wirklich gut, aber es reicht, um damit zumindest über die Runden zu kommen. Neben dem Häuschen steht noch eine alte Eiche, was dem Ganzen ein recht idyllisches Flair verleiht. Nach der Begrüßung mache ich mich auch direkt ans Werk und keine halbe Stunde später fährt sein PC auch wieder ohne Probleme hoch. „Perfekt, vielen Dank! Magst Du noch einen Kaffee?“ fragt Michael zufrieden. „Zu Kaffee sage ich nie nein“ ist meine schon zu erwartende Antwort. Wenige Minuten später sitzen wir auch schon auf dem Sofa, trinken Kaffee und reden miteinander. „Olaf? Ich muss dir was sagen. Ich hoffe wir bleiben trotzdem Freunde“ wirft Michael im Laufe des Gesprächs ein. „Was sagen? Was hast Du verbrochen?“ frage ich irritiert. „Noch nichts“ ist seine Antwort. „Wie noch nichts? Nun mache es nicht so spannend“ fordere ich ihn auf fortzufahren. „Weißt Du, ich habe mich entschlossen einen großen Schritt zu gehen“ fährt er fort und tanzt damit immer noch um den heißen Brei herum. „Was für einen Schritt?“ frage ich weiter verwirrt. „Ich will kein Mann mehr sein. Schon als Jugendlicher habe ich mich nicht als Mann gefühlt, sondern eher als Frau. Nun will ich endlich dazu stehen und mich operieren lassen. Verstehst Du das?“ lässt er nun die Katze aus dem Sack. Zuerst bin ich einmal sprachlos und ein unangenehmes Schweigen steht im Raum. „Du bist also im falschen Körper geboren?“ fasse ich mich dann und versuche das Gespräch wieder in Gang zu bringen. „Nicht im falschen Körper, ich mag meinen Körper. Nur das Geschlecht ist halt falsch“ führt Michael weiter aus. „Puh, das sind ja Neuigkeiten. Na zumindest hast Du nichts Schlimmes verbrochen. Und dein jetziges Leben? Das Angeln, die Kunst, das alles? War das alles nur Show oder ist das der echte Michael?“ frage ich weiter. „Das alles war schon immer Michaela, ich habe mich nie groß verstellt, außer dass ich halt nicht geschminkt und in Kleidern aufgetaucht bin. Hast Du dich nie gefragt, warum wir nie über Frauen geredet haben?“ antwortet Michael. „Wenn ich ehrlich bin nicht. Es hatte sich aber auch nie so richtig angeboten. Am Weiher laufen ja nicht besonders viele Frauen herum, die ein Gespräch anregen würden“ gebe ich nun zu. „Findest Du meinen Weg sehr schlimm?“ fragt Michael nun vorsichtig nach. „Ach wieso, wenn ich bisher die echte Michaela kennen gelernt habe, dann macht es keinen Unterschied für mich. Es wird nur nicht einfach werden, Jenny zu erklären, dass ich komplette Sonntage am Weiher mit einer Frau verbringe“ gebe ich ehrlich zur Antwort. Nun kann ich förmlich sehen, wie eine schwere Last von seinen Schultern zu fallen scheint. „Solange das das einzige Problem bleibt“ antwortet Michael nun merklich erleichtert. „Ich hoffe Du willst in Zukunft jetzt nicht über Schuhe mit mir reden“ scherze ich. „Da mach dir mal keine Sorgen, dafür habe ich schon ein Forum gefunden, wo noch andere wie ich sind. Mein PC funktioniert ja nun wieder, also musst Du nicht dafür herhalten“ sagt er nun lachend. Ich steige ins Lachen ein und wir lachen beide. Das Gelächter hilft nun auch noch die letzte Anspannung aus dem Gespräch zu vertreiben und ich merke, dass Michael es echt wichtig war, dass ich seine Entscheidung gut aufnehme. Auf der Heimfahrt regnet es und ich denke noch über die Neuigkeiten nach, ein wenig feminin hat er ja schon immer gewirkt. Ich denke so weiter über das Gespräch und seine Entscheidung nach, als mir plötzlich mein Traum wieder einfällt. War es Zufall, dass die Gräfin im Traum genau wie er alles getrennt gegessen hat? Und den anderen Traum, wo ich einen Keller gemauert habe, habe ich da nur das erlebte in dem Haus verarbeitet? Ein Zwerg ist mir in den letzten Monaten eigentlich nicht begegnet. Wofür steht ein Zwerg namens 'Walter'? In letzter Zeit habe ich schon seltsame Wege genommen um das erlebte des Tages zu verarbeiten. Zu Hause erzähle ich Jenny von den Neuigkeiten. Meine Befürchtungen, dass sie eifersüchtig werden könnte, wurden glücklicherweise nicht erfüllt. Im Gegenteil, Jennys grüne Augen leuchteten vor Begeisterung und sie will sich Michael nun hin und wieder ausleihen, um mit ihm samstags shoppen zu gehen. Ich hätte ja mit vielem gerechnet, aber damit nun wirklich nicht. Damit wird er wohl von meinem Freund zum Familienfreund. Bisher hatte Jenny ihm wenig Beachtung geschenkt, aber nun ist er anscheinend echt spannend für sie geworden.

Das alte Leben

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