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b) Deutsches Recht α) Bedarfsmarktkonzept
ОглавлениеTraditionell erfolgt die sachliche Marktabgrenzung im deutschen Recht nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept, das auf die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte abstellt. Dieses zunächst im sog. Handpreisauszeichner-Beschluss260 des Kammergerichts angewandte Konzept fasst alle Waren oder gewerblichen Leistungen zu einem Markt zusammen, „die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahestehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet in berechtigter Weise abwägend miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht“.261 Es können hierbei auch mehrere Märkte für ein konkretes Produkt bestehen.
So hat das Kammergericht im Fall Kfz-Kupplungen262 zwischen einem Erstausstattungsmarkt und einem Ersatzteilmarkt für Kupplungsteile unterschieden. Das Schwergewicht müsse bei der Prüfung nicht dem abschließenden Verwendungszweck, sondern dem Abnehmerkreis beigemessen werden, da sich unterschiedliche Abnehmer für den Hersteller wesentlich anders darstellten.263 Verwiesen wird hierzu auch auf die Entscheidung Registrierkassen,264 wonach bei einer Nachfrage auf unterschiedlichen Stufen (Verbraucher, Zwischenhändler, Wartungs- und Reparaturbetriebe) unterschiedliche Märkte anzunehmen seien: „[U]nter dem Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung ist nicht allein die Beschaffenheit einer Ware an sich maßgebend, sondern jeweils vom Bedarf der Marktgegenseite auszugehen, der je nach der Wirtschaftsstufe, der die Nachfrageseite angehört, verschieden sein kann.“265 Die Bestimmung der funktionellen Austauschbarkeit ist nach Ansicht des BGH – grundlegend ist die Entscheidung Vitamin-B–12266 – aus Sicht der Verbrauchsdisponenten zu bestimmen; dies zwar nicht durch lediglich oberflächliche und nur flüchtige Verbraucherauffassung, jedoch durchaus „‚ohne größeres Nachdenken‘ bzw. ‚ohne größere Überlegung‘“267; im konkreten Fall der Verschreibung hochdosierter Vitamin-B–12-Präparate komme es daher „nicht auf die wissenschaftlich begründeten Indikationen der in Frage stehenden Arzneispezialitäten, sondern vielmehr auf die tatsächlich bestehenden Verschreibungsgewohnheiten der niedergelassenen Ärzte“268 an. Dies wurde jedoch kurze Zeit später im Fall Valium269 insofern relativiert, als auf die subjektiven Verschreibungsgewohnheiten nur zurückgegriffen werden solle, wenn nicht sich aus pharmakologisch-wissenschaftlicher Sicht ergebende objektive Gesichtspunkte zu einer Klärung führten.270
Weitere Entscheidungen der deutschen Rechtsprechung berufen sich zur sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung immer wieder allein auf die funktionelle Austauschbarkeit von Produkten und Dienstleistungen und wenden so weiterhin das auf den Handpreisauszeichner-Beschluss271 zurückgehende Bedarfsmarktkonzept mit seinen ökonomisch fragwürdigen Implikationen (hierzu oben S. 86–89) an. So nimmt das OLG Düsseldorf im Beschluss Tagesspiegel/Berliner Zeitung II272 getrennte sachlich relevante Märkte für lokale Abonnement-Tageszeitungen, überregionale Tageszeitungen und Straßenverkaufszeitungen an, da diese jeweils „unterschiedlichen Leserbedürfnissen dien[t]en und sie dementsprechend aus der Sicht der Nachfrager nicht als funktionell austauschbar angesehen [würden]. Regionale Abonnement-Tageszeitungen befriedig[t]en das spezifische Bedürfnis des im Verbreitungsgebiet der Zeitung wohnenden Lesers [...]. Im Vergleich zu den Straßenverkaufszeitungen [wiesen] die regionalen Abonnement-Tageszeitungen in der Breite und Tiefe der Berichterstattung, in der Art der Darstellung sowie in den Nachrichten- und Berichtsschwerpunkten wesentliche Unterschiede auf. Sie deck[t]en von daher zumindest aus der Sicht eines wesentlichen Teils der Leser einen anderen Bedarf [...] und gehör[t]en folglich zu einem eigenen sachlichen Lesermarkt. [...] Gerade diese Verschiedenheiten begründe[te]n indes die mangelnde funktionelle Austauschbarkeit von regionalen Abonnement-Tageszeitungen und Straßenverkaufszeitungen“.273 Wegen der bestehenden inhaltlichen und qualitativen Unterschiede zwischen Presseerzeugnissen verschiedener Produktmärkte sei auch nicht ersichtlich, inwiefern eine schnelle und mehr oder weniger kostenneutrale Produktumstellung von Straßenverkaufszeitungen auf eine regionale Abonnement-Tageszeitung möglich sein solle.274
Die Ausschließlichkeit des Merkmals der funktionellen Austauschbarkeit wurde vom BGH darüber hinaus in dem Beschluss Backofenmarkt275 herausgestellt: Für die sachliche Marktabgrenzung sei „allein die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte aus Sicht der Marktgegenseite“276 entscheidend.
Im Fall Philipp Holzmann/Hochtief277 hat das Kammergericht für den Fall, dass das Bedarfsmarktkonzept zur Erfassung und Gewichtung von Wettbewerbsbeziehungen ungeeignet sei, eine Modifikation vorgenommen; zur Findung anderer Bewertungsmaßstäbe könne „grundsätzlich auch eine Marktabgrenzung nach Größenkriterien in Betracht kommen“.278 Im konkreten Fall ging es um die Abgrenzung von Märkten für Bauleistungen. Aufgrund der Vielfältigkeit der angebotenen und nachgefragten Bauleistungen sah das Kammergericht Anhaltspunkte für eine größenmäßige Abgrenzung des Marktes, wenn es auch eine strikte Größenschwelle, wie das Bundeskartellamt sie angenommen hatte, für bedenklich hielt, da die behauptete Kompetenzzäsur nicht voll bestätigt werden könne.279
Im Rahmen der Anwendung des Bedarfsmarktkonzepts soll nach einzelnen Entscheidungen auch eine anbieterseitige Beurteilung erfolgen und die Produktions- und Angebotsumstellungsflexibilität Eingang in die Abgrenzung des Marktes finden (hierzu aus ökonomischer Sicht oben S. 98–101). So stellte der BGH in seinem Beschluss Staubsaugerbeutelmarkt280 die Frage, ob ein Hersteller von Staubsaugerbeuteln, „der bislang ein Marktsegment bedient [...], zur Erzielung eines besseren Preises bereit und in der Lage ist, seine Produktion kurzfristig umzustellen, um das andere Segment zu bedienen [...]“.281 In der Entscheidung National Geographic II präzisierte der BGH dies mit der Formulierung, Angebotsumstellungsflexibilität könne im Rahmen der Marktabgrenzung Berücksichtigung finden, „wenn die Anbieter bereit und in der Lage sind, ihre Produktion kurzfristig und mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand umzustellen“.282
Auch das Bundeskartellamt wendet das Kriterium der Angebotsumstellungsflexibilität regelmäßig an.283 So erörterte es in GoodMills/Erwerb der Mehlmarken „Diamant“ und „Goldpuder“ von PMG die Angebotsumstellungsflexibilität von Anbietern konventionellen Mehls in Bezug auf das Angebot von Bio-Mehl.284 In EDEKA/Kaiser’s Tengelmann diskutierte das Bundeskartellamt die Angebotsumstellungsflexibilität der Hersteller im Rahmen der Abgrenzung des Beschaffungsmarkts. Dabei differenziert das Bundeskartellamt zwischen einer rein technisch vorhandenen Umstellungsflexibilität und der Wirtschaftlichkeit einer solchen Umstellung. Es gehe „nicht nur um die Frage, inwieweit die gleichen Produktionsanlagen bei der Herstellung verwendet werden können. Vielmehr ist darüber hinaus auch die unternehmerische Grundausrichtung des Unternehmens in die Bewertung der Umstellungsflexibilität einzubeziehen. Diese kann der Wirtschaftlichkeit einer Umstellung entgegenstehen“.285 Entscheidend seien insoweit die wirtschaftlichen Anreize für eine Umstellung, gerade auch im Hinblick auf die Verhandlungsmacht des Abnehmers (hier des Handelsunternehmens).286
In Funke Mediengruppe/Programmzeitschriften der Axel Springer SE setzte sich das Bundeskartellamt ausführlich mit der Angebotsumstellungsflexibilität als Kriterium der sachlichen Marktabgrenzung auseinander. Konkret ging das Bundeskartellamt der Frage nach, ob neben entgeltlichen Programmzeitschriften auch allgemeine Publikumszeitschriften in den Markt miteinzubeziehen sind. In diesem Kontext erörterte das Amt u.a. die Angebotsumstellungsflexibilität und kam zu dem Ergebnis, dass die für die Herausgabe einer Programmzeitschrift erforderlichen Daten einen wesentlichen Hinderungsgrund darstellen. Die Daten von allein in Deutschland bis zu 400 Fernsehsendern müssten aufbereitet werden, was „nicht ohne Aufwand und nicht ohne zeitlichen Vorlauf“ möglich sei. Zudem seien die Kosten des Betriebs einer Programmredaktion „am Anfang deutlich höher als die eines etablierten Anbieters“, da 90 % der Ausstrahlungen Wiederholungen seien, sodass etablierte Anbieter auf ältere Inhalte eigener Datenbanken zurückgreifen können.287
In seinem Total/OMV-Beschluss stellte der BGH erneut ausschließlich auf das Bedarfsmarktkonzept ab. Inhaltlich betraf die Entscheidung die Abgrenzung den Produktmarkt im Bereich von Otto- und Dieselkraftstoffen. Diese seien aus Nachfragersicht aufgrund der vorgelagerten Systementscheidung für eines der beiden Betriebsmittel nicht austauschbar. Eine Korrektur über das Kriterium der Angebotsumstellungsflexibilität lehnte der BGH vorliegend ab.288
Auch in Bezug auf die räumliche Marktabgrenzung wird von der Rechtsprechung allein die funktionelle Austauschbarkeit zur Abgrenzung herangezogen.289 So führte das OLG Düsseldorf im Beschluss Tagesspiegel/Berliner Zeitung II290 aus, „eine regional orientierte Abonnement-Tageszeitung [...] [werde] nur von den in ihrem Verbreitungsgebiet ansässigen Lesern als eine geeignete Informationsquelle über regionale und lokale Ereignisse angesehen und nachgefragt“.291 Insbesondere sieht das Gericht in dieser Entscheidung keine Veranlassung dazu, das Bedarfsmarktkonzept dahingehend zu modifizieren, dass auch auf die Angebotsumstellungsflexibilität abzustellen sei. Eine Modifikation sei schon allein deshalb nicht erforderlich, da „an Hand des Kriteriums der funktionellen Austauschbarkeit das Nachfrageverhalten auf dem von der Fusion betroffenen Lesermarkt verlässlich festgestellt werden [könne] und sich deshalb auch die Wettbewerbsverhältnisse auf dem relevanten Angebotsmarkt zuverlässig und realistisch erfassen [ließen]“.292
Im Fall Sanacorp/ANZAG293 ging es um die räumliche Abgrenzung des Marktes der Belieferung von Apotheken durch Pharmagroßhändler. Das OLG Düsseldorf griff hier zunächst auf eine Radiusbetrachtung zurück, indem es den räumlich relevanten Markt als „dasjenige Gebiet, welches der Großhändler [...] aus Kostengesichtspunkten sowie nach dem Kriterium logistischer Optimierung bedienen [...] kann“,294 definierte und wegen fehlender anderweitiger aussagekräftiger Abgrenzungskriterien einen Radius von 150 km um jede einzelne Großhandelsniederlassung als räumlich relevanten Markt annahm.295 Diese Abgrenzung wurde vom BGH gerügt: Zwar sei richtig, dass zur Abgrenzung des räumlichen Marktes das Bedarfsmarktkonzept angewandt und geprüft wurde, „welche Pharmagroßhändler aus der Sicht der Apotheker, die im Versorgungsgebiet der jeweiligen Niederlassung [...] liegen, zur Deckung ihres Bedarfs in Betracht kommen, also eine Ausweichmöglichkeit gegenüber einer Belieferung [...] bieten“296; jedoch werde die vorgenommene Radiusbetrachtung dem tatsächlichen Liefergebiet nicht gerecht. Dieses sei als ein um bis zu einem Faktor zehn kleineres mehr rechteckiges als kreisförmiges Gebiet anzusehen, da „nicht überall innerhalb des [...] Radius [...] mit gleicher Intensität von Apotheken nachgefragte Produkte [...] ausgeliefert [würden]“.297 Der BGH verwies die Sache zurück an das OLG Düsseldorf mit der Forderung nach genauerer Untersuchung der tatsächlichen Lieferpraxis. Das OLG ermittelte daraufhin, dass die Apotheken beim Großhändler in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle drei Auslieferungen pro Tag nachfragen. Aus dieser Lieferfrequenz folgerte das Gericht, dass jede Auslieferung in einem Zeitrahmen von 2,5 Stunden ausgeführt werden müsse. Diese dem Großhändler zur Verfügung stehende Fahrzeit wiederum definiert nach den Ausführungen des OLG den räumlichen Bereich, der vom Niederlassungsstandort aus versorgt werden könne und damit den räumlichen Markt, der – entgegen der Einschätzung des BGH – letztlich doch so weit ausgedehnt lag wie ursprünglich vom OLG angenommen.298 In der nachgehenden Praxis des Bundeskartellamtes liegt der Fokus daher zwar auf den tatsächlichen Gegebenheiten, immer wieder jedoch betont die Behörde, dass für die Marktabgrenzung nach dem Bedarfsmarktkonzept die Ausweichmöglichkeiten der Gegenseite maßgeblich seien. So beschränkte sich der räumlich relevante Markt in Pfeifer und Langen/Zuckerfabrik Jülich nicht auf das Gebiet, innerhalb dessen Zucker von den Abnehmern tatsächlich bezogen wurde, sondern erstreckte sich auf das Gebiet, innerhalb dessen den Abnehmern der Bezug von Zucker bei wirtschaftlicher Betrachtung möglich war.299 In den Entscheidungen zu Zusammenschlüssen in der Müllentsorgungsbranche Alba/RWE-MV, Sulo/Cleanaway und Remondis/SAS Schwerin wurden dementsprechend umfassende Ausschreibungsanalysen vorgenommen, um die möglichen Standorte erfolgreicher bzw. erfolgversprechender Gebote zu ermitteln.300 Auch die Entscheidungen Uni-Klinikum Freiburg/Herz-Zentrum Bad Krozingen und Gesundheit Nordhessen/Gesundheitsholding Werra-Meißner-Kreis belegen die gestiegene Prüfungsdichte in der räumlichen Marktabgrenzung. Das Bundeskartellamt nahm zur Ermittlung der räumlich relevanten Märkte für akutstationäre Krankenhausdienstleistungen eine umfangreiche Analyse der Einzugsgebiete der in Frage stehenden Krankenhäuser vor und definierte anschließend diejenigen Gebiete als räumlich relevanten Markt, die durch eine hohe Eigenversorgungsquote gekennzeichnet waren.301 Ebenso verzichtete das Bundeskartellamt in der Entscheidung Shell/Lorenz Mohr bei der Abgrenzung der räumlich relevanten Tankstellenmärkte auf eine starre Radiusbetrachtung. Es bestimmte stattdessen mithilfe des sog. Erreichbarkeitsmodells, welche Tankstellen innerhalb von 60 Minuten erreicht werden können und fasste diese zu einem räumlich relevanten Markt zusammen.302 Zuletzt nahm das Bundeskartellamt auch in CTS Eventim/SCORPIO Konzertproduktionen zur räumlichen Marktabgrenzung bei Musikfestivals eine detaillierte Analyse (u.a. anhand der Postleitzahlen) der räumlichen Einzugsgebiete der Festivalbesucher vor.303
Noch im Backofenmarkt-Beschluss304 von 1995 nahm der BGH eine Begrenzung des räumlich relevanten Marktes auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vor. Der allgemeine Gesetzeszweck des GWB, einen Zusammenschluss zu untersagen, wenn im Inland eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird, gebiete es, den räumlichen Markt „normativ auf das Inland als den größtmöglichen räumlich relevanten Markt“305 zu beschränken. Zusätzlich wurden zur Unterstützung dieser Beschränkung auf das Inland praktische Gründe, nämlich die eng begrenzten Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamtes im Ausland, angeführt. Auch noch nach Inkrafttreten der 6. GWB-Novelle wurde hieran zunächst festgehalten. § 130 Abs. 2 GWB beschränke den Anwendungsbereich des Kartellgesetzes ausdrücklich auf solche Wettbewerbsbeschränkungen, die sich im Inland auswirkten, sodass der räumlich relevante Markt allenfalls das Inland umfassen könne.306 Im Fall Dürr/Alstom307 beschränkte das Bundeskartellamt den räumlich relevanten Markt auf das Inland, obwohl bei der vorgenommenen wirtschaftlichen Betrachtung ein viel größeres Gebiet als räumlich relevanter Markt anzunehmen war.308 Hiergegen wendet sich der BGH nun aber im Beschluss Staubsaugerbeutelmarkt.309 Eine normative Begrenzung des räumlich relevanten Marktes sei nicht mehr tragbar, „denn die räumlichen Grenzen eines Marktes [ließen] sich allein nach ökonomischen und nicht nach rechtlichen Kategorien bemessen. Im europäischen Binnenmarkt, in dem die nationalen Grenzen keine Marktzutrittsschranken mehr bilde[te]n und sich deswegen die räumlich relevanten Märkte unabhängig von den Staatsgrenzen zwischen den Mitgliedstaaten entwickel[te]n, [sei] eine solche mit der ökonomischen Wirklichkeit nicht in Einklang stehende künstliche Grenze besonders unbefriedigend“.310 Zwar müsse ein Zusammenschluss nach wie vor im Geltungsbereich des GWB eine marktbeherrschende Stellung entstehen lassen oder verstärken, hierzu sei jedoch gerade keine normative Begrenzung des räumlich relevanten Marktes erforderlich, da auch in jedem Teilbereich eines über die Grenzen eines Landes hinausgehenden Marktes, in dem eine marktbeherrschende Stellung erlangt werde, eine solche beherrschende Stellung vorliege.
Zu den praktischen Schwierigkeiten bei der Feststellung des räumlich relevanten Marktes vertritt der BGH die Auffassung, dass diese nunmehr durch das Netzwerk der Kartellbehörden in der Europäischen Union verringert seien und außerdem in gleichem Maße aufträten, wenn der Markt normativ beschränkt wäre.311 Auch bei normativer Beschränkung müsse der aktuelle oder potentielle Wettbewerb aus dem Ausland berücksichtigt werden (dann statt bei der Marktabgrenzung im Rahmen der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung). Zusätzlich sei „im Rahmen der 6. GWB-Novelle deutlich geworden, dass der Gesetzgeber allein von einem ökonomischen Marktbegriff ausgeht“.312