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Dialog

Die Ehe lebt vom Zwiegespräch, vom Wort (griechisch logos), das zwischen (griechisch dia) den Ehepartnern gewechselt wird. Tendenziell lässt sich sagen: »Männer reden mit ihren Frauen, um mit ihnen zu schlafen. Frauen schlafen mit ihren Männern, um mit ihnen zu reden.«7 Frauen sind versucht, ihre Männer im Dialog unter Druck zu setzen, während Männer die Tendenz haben, ihre Frauen in der Sexualität zu bedrängen. Druck und Forderung zeigen vielleicht durchaus Wirkung, machen aber aus einer Liebesbeziehung Arrangements: Jeder erfüllt willig bis widerwillig seine Plicht. Eine Zweierbeziehung lebt zwar vom Austausch, wo aber die Beziehung zum Tauschgeschäft einschließlich einer inneren Buchhaltung wird, stirbt die Liebe. Wie kommen wir von ehelichen Dienstleistungsabsprachen zu freiwilligen Geschenken? Wie entsteht ein Fluss von Rede und Gegenrede, wo wir uns als Paar in der Tiefe begegnen?

Vorhin ging es ums Beten. Der Apostel Paulus hat viel darüber nachgedacht und ist zu dem Schluss gekommen: »Wir wissen nicht, was wir eigentlich beten sollen« (Römer 8,26). Ähnlich ist es mit dem ehelichen Zwiegespräch, wenn es über den Austausch von Alltagsinformationen, organisatorische Absprachen und eingeschliffene Wortwechsel hinausgehen soll. Wir wissen es immer wieder nicht, wie wir uns als Ehepartnerin und Ehepartner durch Dialog in der Tiefe begegnen können.

Mehr als Kommunikationstraining

Wir ahnen, es braucht mehr als Kommunikationstraining. Aktives Zuhören lernen ist nützlich. Ebenso ist es hilfreich, wenn man in einer Unterhaltung zwischen Sach- und Beziehungsebene zu unterscheiden vermag. Und zwar beim Reden wie beim Zuhören. Ferner nimmt es im Gespräch Druck, wenn ich konstant von mir rede und mein Gegenüber nicht mit Du-Botschaften festnagle. Zudem ist es entlastend, wenn ich permanent davon ausgehe, dass der andere das, was er sagt, wirklich so erlebt, auch wenn meine Wahrnehmung völlig anders ist. Wir leben nun mal als Paar in zwei subjektiven Realitäten. Meine Frau trägt einen dicken Wollpullover und ich ein T-Shirt im selben Wohnzimmer. Sollen wir jetzt darüber zu streiten beginnen, ob es in der guten Stube zu warm oder zu kalt ist? (Die Hälfte aller ehelichen Reibereien entsteht genau über solchen sinnlosen Konflikten.) Schließlich soll jedes Paar sich auf die Spur kommen, wann und wo Ehegespräche mit Tiefgang am leichtesten entstehen. Spazieren, Spargelessen, Spielzeug aufräumen …

Trialog: Gott öffnet uns das Herz und löst unsere Zunge

Es kommt vor, dass wir das alles wissen und trainieren, aber das Zwiegespräch der Herzen gelingt doch nicht. Wir geben uns zwar auf der Verhaltensebene Mühe, aber auf einer tieferen Ebene stimmt etwas nicht. Einer von uns oder gar wir beide sind blockiert. Der eheliche Dialog kann damit beginnen, dass ich mein Unvermögen erkenne, mich wirklich zu öffnen – und damit auch angreifbar und verletzlich zu werden. Ja, so ist es, ich blockiere mich immer wieder. Ich bringe dieses Unvermögen vor Gott. »Gott, du siehst, wie ich mich eigentlich nach dem Austausch im Gespräch sehne und zugleich Angst davor habe. Ich möchte mehr Nähe und fürchte mich doch davor. Ich gebe dir jetzt mein Ungenügen und meine Angst ab. Gott, ich bringe dir auch meine Unlust zum Gespräch. Berühre mein Herz, löse meine Zunge, wecke mein Ohr.« Die innere Veränderung zur Gesprächsbereitschaft, für die jeder Ehepartner selbst verantwortlich ist und die nicht eingefordert werden kann, ist wie ein Vorspiel. Es weckt Lust auf das Gespräch. Gute Ehegespräche sind sexy. Es hat mit einer Wahl zu tun: Ich lasse mich jetzt auf den Partner, die Partnerin ein. Es kann auch sein, dass die Zeit noch nicht reif ist: »Nein, jetzt nicht, ich lese den Artikel fertig. In zwanzig Minuten machen wir uns einen Tee und nehmen uns Zeit füreinander.« Mir (Käthi) fällt es leicht, das mitzuteilen, was mir auf dem Herzen ist. Ich kann in Gesprächen leichter den Anfang machen. Also mache ich es. Warum soll ich warten, bis mein Mann beginnt? Ich beginne, er kommt dann schon.

Paulus, der nicht wusste, was er eigentlich beten sollte, schreibt dann weiter: »der Geist selber jedoch tritt für uns ein mit wortlosen Seufzern« (Römer 8,26). Gehen Sie auch davon aus, dass Ihnen jemand zu Hilfe kommt, wenn Sie sich ehrlich auf ein Gespräch einlassen. Der Heilige Geist, der Meister der Kommunikation, will Sie im Gespräch unterstützen. Im Verlauf des Redens wird es ja manche Klippen geben. Sie werden nicht verstanden. Ihr Gegenüber geht nicht auf das ein, was Sie gesagt haben, oder verdreht Ihre Worte. Es gibt unzählige Momente, wo Sie sich übergangen, unverstanden fühlen könnten. Deponieren Sie diese Irritation oder Verletzung mit einem Stoßseufzer bei Gott. Lassen Sie sich von ihm Verständnis, Humor und Barmherzigkeit für Ihr Gegenüber zufließen. Gott ist auch Ihr Schutz, Sie müssen nicht sofort den Rückzug antreten.

Eigentlich ist der Dialog dann ein »Trialog«. Ich kann während des Redens mit meiner Ehepartnerin Ärger oder Frust bei Gott abfließen lassen oder mir von Gott Wachheit und Frische für die Begegnung erbitten und empfangen. Gott inspiriert, schärft und heilt mein Reden und Hören. »Gott, der Herr, hat mir die Zunge eines Schülers gegeben, damit ich den Müden zu helfen weiß mit einem Wort. Er weckt auf, Morgen für Morgen weckt er mir das Ohr, damit ich höre wie ein Schüler« (Jesaja 50,4).

Keine Konfliktvermeidung

Es könnte der Eindruck entstehen, dass wir uns einander nicht mehr zu stellen brauchen, wenn wir Gott auf diese Art und Weise in unsere Gespräche einbeziehen. Doch wir reden hier nicht frömmlerischer Konfliktvermeidung das Wort! Im Gegenteil: Gerade wenn wir die göttliche Dimension in unsere Dialoge einbeziehen, schaffen wir ein konstruktives Klima für harte und faire Auseinandersetzungen. Streitgespräche machen für uns nur Sinn, wenn aus dem Gespräch mit dem »Gegner« eine gute Begegnung entsteht, bei der kein Stachel zurückbleibt. Durch den »Trialog«, wo ich immer wieder zuerst selbst dafür sorge, dass ich mit mir im Reinen bin, wo beide Partner die Verantwortung für klares, wahres Reden in Achtung und Liebe für den anderen übernehmen, entsteht konstruktives Ringen. Dann gehen wir Konflikte ziel- und lösungsorientiert an und überschütten uns nicht gegenseitig mit unseren miesen Gefühlen.

Führen ist Kommunizieren

Kommunizieren ist ein wesentlicher und wichtiger Teil unserer Führungsverantwortung. »Hätte ich das doch lieber nicht gesagt«, so haben schon manche Leitende nach einem schwierigen Mitarbeitergespräch gedacht. Aber gesagt ist gesagt, jetzt geht es nur noch um Schadensbegrenzung. »Warum habe ich nichts gesagt, gedacht habe ich es, ich Feigling.«

Reden hat seine Zeit und Schweigen hat seine Zeit (Prediger 3,7). Führen ist kommunizieren. Wir müssen das Richtige richtig sagen und am rechten Ort schweigen lernen. Ist es nicht eine ungeheure Chance, im Schonraum einer Ehe, wo man Fehler machen darf, in der eigenen Kommunikationsfähigkeit zu wachsen? Die einen lernen, im richtigen Moment zu schweigen und ihre Aggression Gott abzugeben. Andere lassen sich ermutigen, endlich einmal etwas zu sagen und Klartext zu reden. Eheliche »Trialoge« sind Trainingscamps für unsere Führungsgespräche.

7Jürg Willi, Psychologie der Liebe – Persönliche Entwicklung durch Partnerbeziehungen, KlettCotta, Stuttgart 52002.

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