Читать книгу Blackcouch.com - Daniela Zörner - Страница 8

Kapitel 3

Оглавление

Jeden Mittwoch trifft sich Jessica nach Büroschluss mit ihrer Mädelclique in der angesagten Strandbar „Sandy & more“ am Spreeufer. Ein streng verteidigtes Ritual.

Barfuß räkeln sich die Fünf in Liegestühlen, genießen Abendsonne, Leute checken und eiskalte Drinks.

„Das muss frau einfach liken. Seht euch diese Muckis an“, kommentiert Lina den Top-Haul des Tages auf YouTube. Mit ihren noch 22 Jahren ist sie die Jüngste im Club.

„Jemand mal seine Gehirnmasse gewogen?“, lästert Susan. Trotz ihrer 26 Jahre büffelt sie mit Lina zusammen im Masterstudiengang für Illustration. Gleich im ersten Bachelorsemester hatte sie das „Küken“ als kleine Schwester adoptiert.

„Du schon wieder, hast doch sowieso nur Schuhe im Kopf.“

„Neuer Haul von Viviane? Die war doch letzten Samstag noch shoppen gewesen!“, ruft Bea fassungslos.

„Ist wahrscheinlich ein Hoax, vom letzten Sommer recycelt oder so“, grunzt Susan abfällig.

„Was geht denn auf Twitter dermaßen ab? Worüber regen die sich alle auf? Fast dreitausend Retweets?“ Jessica versucht, zum Tweet hochzuscrollen.

„Warte mal, checke gerade noch Xing.“ Caro, die PR-Dauerpraktikantin mit blauen Strähnen in weinroter Mähne, kraust kurz darauf die Nase. „Igitt, ist das ekelig.“

Lina lehnt sich weit hinüber. „Enthauptet? Bäh, krass.“

„Dein Ausschnitt ist aber auch nicht ohne, Küken“, bemerkt Susan mit Strohhalm zwischen ihren Zähnen.

„Neidisch, du 1,80 Lulatsch?“

„Irre! Kollektionswechsel bei Zalando! 40 Prozent Rabatt!“, jubelt Caro dazwischen.

„Waaas?“, ertönt es im Chor, begleitet von hektischem Wischen auf sämtlichen Handys.

„Der Rock!“

„Das Top muss ich unbedingt haben. Nur 59 Euro? Totaler Wahnsinn.“

„Sind Ponchos nicht eigentlich für Vollfette?“

„Übrigens ist dein Sascha bei Touch ausgestiegen“, lässt Susan beiläufig die Tagesbombe platzen.

Schweigesekunde, bevor alle Mädels durcheinander reden.

„Mein Sascha“, eröffnet Jessica zähneknirschend, „hatte heute Mittag ein Date – allerdings ohne mich.“

„Uuuh, Zoff im Traumland“, spottet Susan.

„Essena hat ihren Account bei Instagram gelöscht.“ Ratlos guckt Caro von ihrem Smartphone in die Runde und wieder hinunter. „Warum nur?“

„Kein weltbewegender Verlust.“

„Aber ihre tollen Frisuren! Und Essena konnte wirklich alles tragen, seufz.“

„Bye, bye, Baby. Ach Bea, wo steigt denn nun deine Geburtstagsparty am Samstag? Endlich mal entschieden?“

„Nee, und Klamotten habe ich auch noch keine dafür.“

Jessica und Lina tauschen ein verschwörerisches Grinsen hinter dem Rücken von Bea aus.

Die Kellnerin knallt gelangweilt eine neue Runde auf den Rattantisch. „Fünf Mal der übliche Nachschub.“

„Was dagegen, Tessa?“, schnappt Caro. Demonstrativ postet sie die knallbunten Drinks auf Pinterest.

„Merkwürdig. Dein Sascha tut ja ziemlich geheimnisvoll. Kein Account bei WhatsApp oder YouTube, nicht mal Tumblr. Totale Fehlanzeige.“

„Scheint ein ziemlicher Langweiler zu sein.“

„Das nervt total“, stöhnt Bea. „Ploppen bei euch auch ständig diese lila Yeezys auf?“

„Blaue Yeezys.“

„Altrosa. Megahääässlich!“

„Hihi, totschicke Lauflernschuhe für meine Omi.“

„Bei mir nix“, sagt Lina halb enttäuscht.

Bea hält ihr das Smartphone unter die Nase.

„Wer kauft so einen Schrott?“

„Steve twittert, es gäbe einen neuen Superklub im Wedding.“

„Im Wedding? Geht’s noch?“

„Dass du noch immer mit diesem Softrocker abhängst.“

„Schieb mir Sascha rüber und es hat sich ausgerockt.“ Mit wedelnden Armen macht Susan die Kellnerin auf sich aufmerksam.

„Du hattest doch schon zwei Drinks“, protestiert Caro.

„Wieso? Wollt ihr etwa schon los?“ Und zu Tessa frech: „Nachschub, Süße.“

„Also mein Magen knurrt eindeutig: Ja.“

„,Veggie-Burgeria‘?“

„Bloß keine Pizza.“

„Und mein Drink?“

„,All Soups‘?“

„Falafel bei ‚Alibaba‘?“

„Ex und hopp.“

„Ohne mich, Mädels. Ich habe Mama versprochen, kurz vorbei zu schauen“, versetzt Lina bar jeder Begeisterung.

„Wo steckt eigentlich dein Mister Superstyle?“

„In Warschau.“

„Zu warm. ‚Salatwunderbar‘?“

„Also ich bleibe noch. Da hinten tut sich was Interessantes“, verkündet Susan mit demonstrativem Räkeln.

„Heute ist Mittwoch“, ereifert sich Lina.

„Na und? Glaubst du Küken etwa, Boys könnten nur samstags?“

Unter heftigem Prusten überlassen die anderen Susan ihren Flirtattacken.

Insgeheim ist Jessica erleichtert, als aus dem gemeinsamen Essen zuletzt nichts wird.

Allein bummelt sie zum S-Bahnhof Friedrichstraße. Die Lästerei ihrer Freundinnen über Sascha setzt ihr mehr zu, als für eine eingefleischte Singlerin gesund wäre.

Zuhause angekommen, findet sie an der Wohnungstür eine Nachricht von ihrem Dad vor:

Hallo, Liebes!

Dachte mir, du könntest den Smart TV gebrauchen. Der Elektronikmarkt hatte heute eine 2 für 1 Aktion.

Gruß Nick

Ach ja, er ist fertig installiert.

Beim Anblick des Riesenteils, das auf einem alten Umzugskarton vor ihrer Schlafcouch thront, hopst sie kreischend im Zimmer herum: „Wow! Wow! Wow, ist das supergeil!“

„Dad, du bist der Beste!“, jubelt sie ins Handy.

„Wenn du das sagst. Übrigens, wir steigen bei Facebook aus. Nur, dass du Bescheid weißt.“

„Und eure paar Hundert geposteten Fotos und Urlaubsvideos?“

„So ein Technikidiot bin ich nun auch nicht.“

„Hab dich lieb.“

„Lass dich hier mal blicken.“

„Versprochen. Küsschen!“

Wie ein Kind vor seiner riesigen Zuckertorte hockt Jessica wenige Augenblicke später im Schneidersitz auf der Couch. Mit der neuen Fernbedienung in der Hand zappt sie los.

„Das sind mindestens 20 Shoppingkanäle! Und wo geht’s hier online? Hah, Menü, genial simpel.“ Gebannt starrt sie auf den 40 Zoll Bildschirm. Ab und zu murmelt sie nur noch: „Irre, big hammer, Smartphone in die Tonne.“

Im Laufe des späten Abends knattern Downloads, was die Kreditkarte hergibt. Zum Schluss lädt sie den neuesten Serienblog von „Jessica Jones“ bei Netflix herunter. Sie zögert minimal, packt dann noch „Atelier“ in der japanischen Originalversion auf die Festplatte.

„Das muss ultimativ gefeiert werden!“

> Blackcouch-Happening am Smart TV. :B Donnerstag, 19 Uhr. Bringt Futter mit. Jessi <

> Blackcouch-Happening? Hält die das wirklich aus? :-/ Echt jetzt Smart TV? Susan <

> Ja + ja. Schläfst du nie? Jessi <

> Snafu! Strandbar-Eroberung gerade halb nackt rausgeschmissen. >:*) Susan <

> Trzd süße Träume… Jessi <

DCC∙DCC∙DCC∙DCC∙DCC∙

Data Control Corporation

Sektion: Deutschland

Cloud-ID-Protokoll: DE0693517692/06071991B/

Status: Update 26-06-2016/ Jaensch/Jessica

GPS:

…Hackescher Markt / Friedrichstr. / Kapelle-Ufer / Friedrichstr. / Lichtenberg / Magdalenenstr. / Ruschestr. 20

Email/SMS/Chat/Tweet:

16:55 >S-Bahnchaos… Caro<

16:56 >Coole App, Mädels. Fya Susan<

16:59 >Jessi, hieß das jetzt ikamasutra oder wie oder was? Caro<

…show more

00:14 >Blackcouch-Happening am Smart TV. Donnerstag …details

…show more

Telefon:

22:38 „Jaensch/Nick“…details

Mobil surfen:

WhatsApp / YouTube / Twitter / Pinterest / Zalando …details

Home surfen: Alert!

Status: Mikrofon aktiv/Kamera aktiv

YouTube / Netflix / Zalando …details

DCC∙DCC∙DCC∙DCC∙DCC∙

Es gibt keinen besseren Donnerstagvormittag als einen ohne Auftrag von Q…-Emma. Lässig hängt Jessica auf ihrem Bürostuhl und lädt sich die neuesten Musthave-Apps herunter.

„Pack das Smartphone weg“, raunzt Anna im Vorübergehen. „Big Boss kommt jede Minute. Es langt, wenn in Osteuropa striktes Handyverbot herrscht.“

„Ach? Deshalb?“

„Ja, Madame, deshalb.“

„Dich habe ich jetzt nicht gemeint.“ Also deswegen sieht sie bei Sascha nie ein Smartphone? Wird echt Zeit, aus diesem Laden wegzukommen.

Kaum ist ihr Handy im Rollcontainer verschwunden und zum Schein der Mail-Papierkorb angeklickt, stürmt Mario die Treppe hinab.

„Ich bitte kurz um eure Aufmerksamkeit.“

Wie Marionetten drehen sich sämtliche Köpfe im Takt herum, beobachtet Jessica angewidert.

„Am Montag fangen zwei neue Kolleginnen an“, verkündet der Chef mit ausgebreiteten Armen. „Das bedeutet echte Entlastung für die Korea-Sparte sowie Zuwachs für Japan. Dort werden wir dank einer sich überraschend günstig entwickelnden Auftragslage zügig expandieren.“

Leises Klatschen dem großen Strahlemann.

„Außerdem hat sich Anna bereit erklärt, ab sofort die Leitung der Asienabteilung zu managen.“

„Wunder über Wunder“, murmelt Jessica.

„Bitte?“ Mario sieht sie leicht irritiert an.

„Kein Wunder, Anna kennt sich am besten aus“, antwortet Jessica forsch, ohne rot zu werden.

„Schön, schön. Noch Fragen?“

Allgemein verneinendes Kopfschütteln.

„Dann frisch ans Werk!“

Anstatt der Treppe wendet sich Mario dem Arbeitsplatz von Jessica zu. „Hat unser neuer Kunde bereits geliefert?“

„Nein. Aber sobald Material eintrifft, kann ich eine kurze Nachricht hochsenden“, bietet sie mit scheinheiliger Freundlichkeit an. Was soll das Affentheater, wenn du ohnehin ständig bei uns schnüffelst?

„Gute Idee.“ Mit federnden Schritten eilt er davon.

Am liebsten hätte Jessica ihm hinterher gebrüllt: „Wehe, der scheiß Kunde versaut mein Mittagsdate!“

Tut der Kunde zwar nicht, dafür beschließt fast die komplette Osteuropa-Abteilung, ihrem Date mit Sascha im „Café Mokka“ beizuwohnen.

Pausenlos klingelt, summt und vibriert es auf dem langen, ovalen Glastisch. Drumherum sitzen neun wild durcheinander redende Leute.

Allerdings ist der Geräuschpegel in dem Café mittags ohnehin so irrwitzig, dass höchstens Satzfetzen bei Jessica ankommen. Also zieht sie ebenfalls ihr Handy aus dem Beutel, beißt zwischendurch von ihrem Rustica Caprese ab und schlürft dazu Milchkaffee.

Nach drei vergeblichen Halbsatzanläufen sitzt Sascha wie ein geprügelter Hund neben ihr – wie immer ohne Smartphone.

Wie hält der das bloß aus?

Einmal zeigt Jessica ihm kurz den megatop geklickten Tweet des Tages.

Ziemlich desinteressiert zuckt er mit den Schultern.

Dann eben nicht.

Gute 15 Minuten später brüllt er Jessica ins Ohr: „Wollen wir gehen?“

„Warum?“

„Eis holen, ein Stück laufen.“

„Bei ‚Gelatissimo‘?“

Er nickt heftig.

Schnell stürzt sie den letzten Schluck hinunter und eilt Sascha zur Tür nach.

Echt zu laut da drinnen“, stöhnt er.

„Müsste man sich mal eine Alternative suchen.“

„Schwierig.“

„Fast unmöglich mittags in Mitte.“

„Gestern Mittag war ich im ‚Russisch Roulette‘“, erzählt er beiläufig, „einigermaßen ruhig plus klimatisiert, aber verdammt teuer.“

„Klingt irgendwie fleischlastig.“

Sascha lacht herzhaft. „Durch und durch russische Küche. Aber meine Mutter liebt dieses Restaurant eben.“

Aha! Das war gestern also seine mysteriöse Verabredung. Nice to know.

Hintereinander zwängen sich die Zwei an voll besetzten Tischen auf dem Gehweg vorbei, bis Jessica abrupt bremst.

„Voll die Scheiße.“

„Was?“

Halb zu ihm umgedreht, deutet sie gleichzeitig per Daumen auf eine Schlange von locker 30 Leuten. „Die wollen alle Eis.“

Sascha strubbelt sich genervt die Haare. „Keine 20 Minuten bis zum Pausenende.“

„Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen.“ Wobei Jessica ihm einen bettelnden Blick zuwirft. „Joghurteis, hmmh, mit Cranberries oder mit Orange-Schoko und Maracuja-Limette erst.“

„Okay, okay, habe schon verstanden“, grinst Sascha und stellt sich an. „Apropos Lieblingssorten. Magst du Ausstellungen?“

„Kommt drauf an. Eigentlich gehe ich nur noch zu den Events in der Galerie von Bea. Und ganz eigentlich nur wegen dem superben Buffet plus sauteurem Champagner.“

„Du bist eine Nummer“, lacht Sascha. „Wo arbeitet Bea denn?“

„In der ‚Trendgalerie‘ am Leipziger Platz.“

„Echt cool, da trifft sie bestimmt haufenweise angesagte Künstler.“

„Bea würde dir eher ihr Leid über schleimige Pseudo-Kunstexperten, gähnende Langeweile und knallhartes Handyverbot klagen.“

„Ich fragte deshalb, weil im ‚Hamburger Bahnhof‘ eine interessante Ausstellung mit super Kritiken läuft: ‚Die Schwarzen Jahre‘. Hättest du Samstag eventuell Lust mitzukommen?“

„Sorry, da stürmen wir Primark.“

Fragend zieht Sascha seine Augenbrauen hoch.

„Bea hat Geburtstag und wir schenken ihr einen XL-Gutschein für Primark. Danach ist heftig Party.“ Es folgt die schwierige Überlegung, ob sie sich stattdessen am Sonntag zu dieser Ausstellung aufraffen könnte. So entgeht ihr die simple Idee, Sascha einfach zu der Party einzuladen.

Schließlich bietet Jessica ihm an: „Vielleicht Sonntag? So nachmittags?“

„Ziemlich voll dann, aber von mir aus.“

Stürme der Begeisterung klingen anders.

Um kurz nach 17 Uhr hetzt Jessica aus dem Büro hinaus in die brütende Hitze. Die Wetter-App verkündet für Berlin-Mitte 33,2 Grad. Sie will schleunigst nach Hause. Shoppen für die Ladiesnight vor ihrem nagelneuen Smart TV ist angesagt.

Die Füße brennen in ihren kniehohen Lederstiefeln wie auf glühenden Kohlen. Das gibt mindestens ein halbes Dutzend fiese Blasen, kommentiert sie mürrisch.

Spontan steuert Jessica den winzigen Klimbim-Laden im S-Bahnbogen an. Der hat vor seiner Tür immer einen Ständer mit ekelbilligen Flipflops stehen. Ein Paar hässlicher als das andere. Egal, Hauptsache die Dinger halten bis zur Wohnungstür und niemand sieht mich darin rumlatschen.

Mit einem blau und silbern glitzernden Paar betritt sie den schummrigen, mit Nippes vollgestopften Laden. Die Flipflops landen auf dem Tresen, dazu zückt sie ihre Kreditkarte. „Haben Sie eine Schere, damit ich die sofort anziehen kann?“

„Keine Kreditkarte“, verkündet die ältliche Frau hinter der Kasse knapp, „macht 9 Euro 99.“

Umständlich durchwühlt Jessica ihre vollgestopfte Geldbörse. Wann hat sie das letzte Mal bar bezahlt? Wer macht denn so was noch? Zwischen Massen an Kartenbelegen findet sie tatsächlich einen 10 Euroschein.

„Tüte?“

„Nein, auseinander schneiden. Oder doch, für meine Stiefel.“

„Große Tüten habe ich keine.“

Weder S- noch U-Bahn sind klimatisiert. Es müffelt nach Schweiß. Durch die gekippten Fenster strömt der Gestank heißen Gummis herein. Echt zum Würgen. Jessica läuft der Schweiß kitzelnd den Rücken hinab, ihre Haare kleben fies im Nacken.

In ihrer Wohnung angekommen, ist es dort kaum besser. Mangels Jalousien knallt die Sonne ungehindert in den Wohnraum. „Was ich brauche, ist ein Ventilator, sonst ist der Abend gelaufen. Dazu Berge an Crushed Ice, mindestens.“ Am liebsten würde sie jetzt dauerduschen. Bringt nur nix, wenn frau wenige Minuten später wieder vor die Tür muss.

Die Navi-App lotst Jessica zu einem uralten Elektrogeschäft. Dessen verrußte Fassade vermittelt den bizarren Eindruck, es sei von Anfang des vorherigen Jahrhunderts hierher gebeamt worden.

Innen empfängt sie ein wilder Mix aus Kronleuchtern, 80er-Jahre Retrolampen und englischen Tischleuchten. Über den Boden verteilt mühen sich Ventilatoren jeder Größe ab, die Hitze aus dem Laden zu pusten.

Der größte Ventilator muss es schon sein, auch wenn Jessica beim Preis von 89 Euro schluckt.

Wieder wird keine Kreditkarte akzeptiert, nur ihre Maestrocard. Steinzeitservice!

Ächzend schleppt sie den riesigen Karton in ihre Wohnung auf der dritten Etage. „Und wer baut das Teil jetzt zusammen?“ Wenigstens konnte sie die Frage der Verkäuferin, ob sie für die Montage einen Kreuzschraubenzieher besitze, mit „Ja“ beantworten.

Garantiert ist die Gebrauchsanleitung, so wie bei dem Fernseher auch, in grottenschlechtes Japanisch übersetzt, geht es ihr bei einem Schluck lauwarmem Volvic Pfirsich durch den Kopf. Los, los, los, nicht trödeln. Ergeben greift sie nach dem Schlüsselbund für ihre nächste Runde.

Endlich Kühle! Anscheinend hat das halbe Wohnviertel beschlossen, sich ausgerechnet im Supermarkt zu entschwitzen. Muttis und Rentner sollen verflucht nochmal am Vormittag zum Einkaufen gehen!

Rollatoren gegen Einkaufswagen gegen Kinderwagen gegen Warenpaletten an strategisch perfekten Verstopfstellen. Elendig langsam schiebt und drängelt Jessica durch die Regalreihen. Ihr Magen beginnt zu knurren. Der Einkaufswagen füllt sich.

An der Kasse wuchtet sie zuerst Unmengen an Wein- und Wasserflaschen auf das Band, plus eine 5 Kilo schwere Eispackung. Danach das, was der knurrende Magen ihr diktiert hat. Der Scanner piept, piept, piept.

„Das macht 113 Euro und 74 Cent“, verkündet die Kassiererin.

Jessica reißt vor Schreck die Augen auf und ermahnt sich, dringend ihren Kontostand zu prüfen.

Zumindest streikt die Kreditkarte diesmal noch nicht.

Diese Schwüle, draußen kühlt es einfach nicht ab! Kann ich schnell bei dir duschen?“ Bea torkelt förmlich in den Flur und weiter zum Bad.

Es klingelt erneut.

„Das fängt ja gut an“, mäkelt Jessica und drückt auf den Türsummer.

Im Wohnzimmer liegt noch der halb fertige Ventilator auf dem Boden.

„Hast du Eis da? Am besten ein ganzes Glas voll“, quengelt Caro schon von der Treppe her.

„Mir dasselbe.“ Hintendrein schleppt sich Lina hoch.

„Habt ihr das Essen vergessen?“, fragt Jessica argwöhnisch.

„Macht Susan“, ruft Caro hinter der geöffneten Kühlschranktür.

„Und wo bleibt die?“

„Kommt später, sitzt auf dem Schoß ihres Profs nach.“

„Super von euch getaktet.“

„Ist dein Kühlschrank zur Plünderung freigegeben?“

„Krieg dich. Für das Weinreservoir habe ich meinen Dispo fast ans Limit getrieben. Das übrige Zeug muss bis nächsten Ersten reichen.“

„Banker beschleimen“, rät Caro prompt.

„Uäääh!“

„Oder so eine Budget-App auf dein Handy packen“, schlägt Lina vor.

Jessica tippt sich an die Stirn. „Bin ich Buchhalterin oder was?“

Die vier Mädels aalen sich, nachdem Lina unter dreiseitiger Aufsicht den Ventilator fertig montiert und angeschmissen hat, auf der ausgeklappten Schlafcouch. Jede presst ein Weizenbierglas, randvoll mit Wein on the rocks, an die Stirn.

„Dein Dad ist Gold wert. Mal eben so ein irres Luxusteil hier abwerfen“, meint Bea bewundernd.

„Nun mach schon an, die Kiste“, fordert Caro.

„Was wollt ihr sehen?“, fragt Jessica und legt eine Kunstpause ein. Verschmitzt fährt sie fort: „Vielleicht die neue Staffel von ‚Jessica Jones‘?“

Bea, Caro und Lina johlen um die Wette.

Gerade als Teil 1 endet, tanzt Susan an – ohne Essen. „Keine Panik!“ Sie schnippt auf ihr Smartphone und verkündet: „Der Typ von Lieferando karrt in schlappen acht Minuten an.“ Dann pfeffert sie ihren Rucksack in die Ecke, schmeißt sich mit auf die Couch und brüllt: „Drink her!“

Ohne eine Miene zu verziehen, drückt Bea ihr eine lauwarme Wasserflasche in die Hand.

„Willst du mich vergiften? Noch dazu, wo Lina bereits selig weinblau anläuft?“

„Hunger“, stöhnt Lina prompt. Mit Leidensmiene tätschelt sie ihren flauen Bauch.

Wie aufs Stichwort klingelt der Lieferservice.

Die Mädels hocken sich auf dem Fußboden um die „Tausenderlei Köstlichkeiten“ herum.

„Bea, mach mal ein Groufie. Aber das hippe Smartteil muss mit drauf“, verlangt Caro.

„Eine Extraschale mit Peperoni? Bei dieser Hitze?“ Lina, die eifrig sämtliche Schalen inspiziert hat, rümpft ihre Nase.

Susan streckt fordernd eine Hand danach aus. „Gib her, du Weichei.“

„Die schaffst du nie, jede Wette.“ Jessica sieht sie herausfordernd an.

„Für ein Date mit Sascha? Schlag ein.“

„Vergiss es.“

Plötzliche Totenstille mit acht hochgradig gespitzten Ohren.

„Was?“ Jessica guckt in die Runde.

„Dich hat es voll erwischt!“, schreit Bea.

Als wäre sie ein verknallter Teenager, schießt Jessica zu allem Überfluss das Blut ins Gesicht.

„Süüüß!“, necken ihre Freundinnen.

An Stelle einer Antwort schnappt sich Jessica die längste Peperoni, greift nach ihrem Smartphone und schießt ein Selfie, während ihre Zunge langsam an der Peperoni heruntergleitet.

„Uuuuh, du solltest Sascha schleunigst deine Schlafcouch vorführen“, säuselt Susan.

„Wollen wir die Filmkiste wieder anwerfen oder was?“, weicht Jessica grummelnd aus.

„Mach hin“, drängelt Lina.

Anderthalb Stunden später gähnt Caro: „Habt ihr noch Lust? Die ersten Staffeln waren um Meilen besser.“

Bea sieht von ihrem Handy auf. Lina schwankt mit der nächsten Weinflasche heran.

„Jetzt zeig mal, was deine Kiste wirklich draufhat“, fordert Susan.

„Und das wäre?“

„Youporn?“

„Oder Xhamster.“

„Abstimmen.“

Bea winkt ab. „Mehr Eis, ansonsten mir egal.“

Aufgekratzt haut Susan im Rhythmus auf die Matratze. „Youporn, Youporn, Youporn!“

Grölen, anfeuern, quieken, lästern und japsen bestreiten den Rest bis tief in die Nacht hinein.

DCC∙DCC∙DCC∙DCC∙DCC∙

Data Control Corporation

Sektion: Deutschland

Cloud-ID-Protokoll: DE0693517692/06071991B/

Status: Update 27-06-2016/ Jaensch/Jessica

GPS:

…Rosenthaler Str. 48 / Münzstr. 1 / Almstadtstr. 10 / Rosenthaler Str. 48 …show more

Email/SMS/Chat/Tweet:

08:44 <belle@hell>

Comment: >#Sonnenbrand Das ist echt der dämlichste Commy, den ich jemals gelesen habe.<

11:13 >Totlangweilig…megagähn…Was geht ab? Caro<

13:36 ”Reiter/Emma” <e.reiter@brindorf.de>

Content: >Hallo, Jessica!< …details

15:08 >Welches Futter präzise, Süße? Susan<

15:21 ”Ruben/Theo“ <th.ruben@ruben.ohg.com>

Content: >Sehr geehrte Frau Jaensch!< …details

…show more

Foto:

20:02 Facebook

>Jessis cooler Smart TV< show photo

20:08 Facebook

>Too hot today< show photo

00:27 Facebook

>Watching Youporn< show photo

Mobil surfen:

Wetter / WhatsApp / Facebook / Treatwell / Comdirect …details

Home surfen: Alert!

Status: Mikrofon aktiv/Kamera aktiv

<Youporn> …details

DCC∙DCC∙DCC∙DCC∙DCC∙

Blackcouch.com

Подняться наверх