Читать книгу Fluch der verlorenen Seelen - Darina D.S. - Страница 2

1. Kein Entkommen

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Der Tod, so kalt und unbarmherzig,

nimmt alles, was war und sein könnte.

In seinem Antlitz erscheint alles unwichtig.

Alles vergessen, alles vorbei, nur einige Momente.

Was bleibt, ist die Seele, die niemals verweilt.

Wie blendend ist das Licht, es verzerrt dir deine Sicht.

Gewinnt das gebrochene Herz, so bleibt nur der Schmerz.

Das warme Wasser, das mich umgab, kühlte langsam ab. Meine Gedanken waren leer, eisige Kälte fegte wie ein unbarmherziger Schneesturm durch meine Seele – es war an der Zeit. Nervös strich ich mit den Fingerkuppen über die Einkerbungen der Klinge. Vorsichtig hob ich sie an; so ein kleiner, unscheinbarer Gegenstand und doch so gefährlich. Ich schmunzelte wehmütig – ich hatte abgeschlossen mit mir und dem Leben. Dies war der schwerste und letzte Schritt in meinem wertlosen Dasein.

War das feige? Womöglich, jedoch verstand mich niemand und das würde auch nie jemand. Ich war umgeben von Menschen und doch allein. Alle schauten mich an, aber keiner sah mich wirklich. Sie vernahmen meine Stimme, lauschten den Worten, allerdings hörte keiner genau zu. Niemand schenkte meinen stummen Schreien und dem Flehen nach Hilfe Aufmerksamkeit. Nun war es zu spät für mich.

Ich atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen; ich durfte nicht mehr länger zögern. Es war schon fast zu lange, denn im kalten Wasser gerann das Blut schneller. Ich war nicht so naiv wie viele andere, ich wusste genau, was ich zu tun hatte, damit nichts schiefgehen würde. Ein weiteres Mal zog ich die Luft scharf zwischen den Zähnen ein, bevor ich die Rasierklinge an meinem linken Handgelenk ansetzte.

Meine Finger zitterten, ich drückte sie so fest an die Klinge, dass die Knöchel weiß hervortraten. Erneut schloss ich die Lider und zog das Metallstück durch meine Haut. Ruckartig öffnete ich die Augen. Im ersten Moment spürte ich nichts, doch dann sah ich das Blut aus der Wunde hervorquellen und wie sich das klare Wasser Tropfen für Tropfen rötlicher färbte. Leises Wimmern entwich meinen Lippen – innerlich schrie ich. Keine Aufmerksamkeit erwecken. Wie ein Mantra spulte ich diesen Satz im Kopf immer und immer wieder ab. Jede Faser in meinem Körper wehrte sich dagegen, ruhig zu bleiben. Meine Muskeln verhärteten.

Ich bibberte, meine Zähne schlugen hart aufeinander. Mein Herz flatterte und drohte aus der Brust zu springen. Tränen schossen mir in die Augen. Ich hatte Angst, doch keine Zweifel; in diesem Augenblick war es die einzig richtige Entscheidung. Der letzte Ausweg, um der Hölle meiner Gedanken zu entfliehen.

Wie hypnotisiert starrte ich auf die tiefe Schnittwunde. Das Blut floss über meinen Unterarm und bildete ein breites Rinnsal, das sich mit dem Wasser in der Wanne verband. Es hatte etwas Magisches und Beruhigendes zugleich. Ich schüttelte den Kopf, löste mich aus meiner Starre und versuchte, die Rasierklinge auch am rechten Handgelenk anzusetzen – leider erfolglos. Aus meinen verkrampften Fingern wich langsam jegliches Gefühl. Verzweifelt schnappte ich nach Luft und presste dann die Lippen aufeinander. Salzige Perlen rannen über mein Gesicht und vermischten sich mit Blut und Wasser. Es würde nicht reichen. Aber ich wollte und durfte nicht versagen, dafür war ich zu weit gekommen. Also gab ich nicht auf und kämpfte weiter gegen mich selbst. Meine Hand zitterte schlimmer als Espenlaub und in mir klingelten alle Alarmglocken, die ich geflissentlich ignorierte, bis ich es endlich geschafft hatte und die blutverschmierte Klinge in das Badewasser glitt. Der längliche Schnitt, der vom Handgelenk in Richtung Ellenbogen führte, war nicht so tief wie an meinem anderen Arm, doch es sollte und musste einfach reichen. Bald würde ich frei sein. Ein Gefühl von Erleichterung überkam mich. Die Angst verflüchtigte sich wie Rauch im Wind. Ich ließ meinen Oberkörper sanft in das mittlerweile blutrote Wasser gleiten. Lange haselnussbraune Haare schwebten im Wasser und umspielten meine Schultern wie ein Schleier. Beruhigt legte ich meinen schwer gewordenen Kopf zur Seite. Bleierne Müdigkeit breitete sich in mir aus. Mein Herzschlag wurde schwächer und meine Lider träge, bis sie schließlich zufielen. Nun beherrschten die Kreaturen nicht mehr mein Leben. Ich hatte sie besiegt.

»Habt ihr gehört? Ich habe gewonnen«, wisperte ich.

*

So geborgen und sicher hatte sie sich schon seit einiger Zeit nicht mehr gefühlt. Endlich hatte sie ihren Frieden gefunden.

Doch das war ein Trugschluss. Amalia hatte diesen Kampf noch lange nicht gewonnen. Wie Blitze, die mit voller Wucht in einen Baum einschlugen, traf sie plötzlich die Erinnerung an eine sanfte Jungenstimme, die sie tröstete, wenn sie weinte, die sie zum Lachen brachte, wenn sie traurig war. Diese vertraute Stimme hatte sie schon fast vergessen gehabt.

Aber wo war sie hin? Wo waren die schützenden Arme des Jungen? Warum hatte er sie allein gelassen? Alles war dunkel, Angst und Unsicherheit mischten sich unter ihre Gedanken. Sah so der Tod aus? Kein weißes Licht? Keine Wärme? Und warum empfingen ihre Eltern sie nicht? Wie sehr sie sich auch anstrengte, sie schaffte es nicht, den verblassten Erinnerungen, ein Gesicht zu geben. Die Hoffnung, ihre Mutter oder ihren Vater wiederzusehen, zerplatzte wie ein Luftballon, zerstochen von einer Nadel.

Nun stellte sich ihr nur noch eine Frage: War sie von einer Hölle in die nächste geraten?

Doch was war das? Dieser Geruch, sie kannte ihn und auch die Geräusche, deren Klang immer intensiver wurde.

»Amalia, kannst du mich hören?«, rief eine ihr unbekannte Frauenstimme. »Amalia, du musst jetzt aufwachen.«

War alles doch nur ein Traum? Die Stimme klang nicht wie die ihrer Pflegemutter. Sie versuchte, ihre Lider aufzuschlagen, dabei durchdrang sie ein brennender Schmerz. Was hatte sie getan? Verzweifelt probierte sie noch einmal, ihre Augen zu öffnen. Diesmal gelang es ihr ein Stück weit, aber das grelle Licht verwehrte ihr klare Sicht auf die Frau, die sich über sie beugte.

»Doktor, kommen Sie schnell, sie wacht endlich auf!«, rief die Frau hörbar erleichtert.

»W… wo bin ich?«, hauchte Amalia der Unbekannten zu.

»Du bist auf der Krankenstation der Saint Andrews Kinder- und Jugendpsychiatrie in London. Deine Pflegeeltern brachten dich in die Notaufnahme, bevor du zu uns verlegt wurdest. Sie fanden dich in der Badewanne. Mein Name ist Schwester Marry und das ist Doktor Williams, der behandelnde Arzt«, erklärte die Krankenschwester und wies mit der Hand auf den Mann neben sich.

»Du hattest großes Glück, dass du so schnell gefunden wurdest. Du hast viel Blut verloren! Nur ein paar Minuten später und du hättest tot sein können«, sagte der Arzt bestimmt.

Das war auch ihr Plan, doch leider hatte sie ihren perversen Pflegevater ganz außer Acht gelassen. So war es nicht nur einmal passiert, dass er sie, natürlich unbeabsichtigt, unter der Dusche oder beim Umziehen erwischt hatte. Amalia war frustriert und wendete ihren glasigen Blick vom Krankenhauspersonal zur Decke hin ab. Trotz der klaren Worte vermochte sie deren Sinn nicht mehr zu verstehen.

Ihre Gedanken waren bereits bei jenem nur schemenhaft erkennbaren Wesen, das kopfüber wie eine Spinne an der Decke hing. Zwar erkannte Amalia vage einen Menschen darin, doch die verzerrte Gestalt wies auch gewisse animalische Züge auf. Sie drehte ihren Kopf gleich einer Eule herum, sodass sie sich Amalia mit den leeren Augenhöhlen direkt zuwandte.

Langsam bewegte sich die Kreatur auf sie zu, bis sie genau über ihr hing. Kein Luftzug durchströmte den Raum und dennoch wehten die Fetzen, die vermutlich eine Art Gewand sein sollten, wie Vorhänge bei geöffnetem Fenster. Ein modriger, fäulnisartiger Geruch stieg Amalia in die Nase. Auch wenn diese Erscheinung große Furcht in ihr auslöste, wandte sie ihren Blick nicht ab. Sie sah eine schrumpelige klauenartige Hand, ähnlich dem Geäst eines verdorrten Baumes, ihrem Gesicht bedrohlich näherkommen. Ihr stockte der Atem. Es war, als würde ihr die unheimliche Gestalt die Luft aus der Lunge pressen. Amalias Herz überschlug sich, folgte keinem Rhythmus mehr. Das Grauen lechzte nach ihr und kam sie holen.

Panisch riss Amalia die Augen auf, nahm all ihre Kraft zusammen und schrie, so laut sie konnte. Das Letzte, was sie in diesem Moment spürte, waren Hände, die sie ergriffen, eine Nadel, die ihre Haut durchstach und die Dunkelheit, die sich langsam über sie legte.

Lautes, schnelles, aber dennoch gleichmäßiges Hämmern weckte Amalia aus ihrem traumlosen Schlaf. Trotz großer Anstrengung konnte sie ihre Augen nicht öffnen. So lauschte sie weiterhin dem Geräusch, um seinen Ursprung zu finden, nur um festzustellen, dass es sich um ihren eigenen Herzschlag handelte. Amalia war nicht in der Lage, sich lange auf diesen Rhythmus zu konzentrieren, da sie wiederkehrend in einen Dämmerzustand fiel. Völlig ihres Zeitgefühls beraubt, wagte sie die Augen erst zu öffnen, als ihre Gedanken wieder logische Zusammenhänge bilden konnten. Weiß! Warum ist hier alles weiß?

Es blendete sie wie das Licht eines Scheinwerfers. Beim Versuch, sich aufzurichten, spürte Amalia, dass sie zurückgehalten wurde. Sofort fielen ihr die weißen ledernen Fesseln an ihren Handgelenken auf.

»Auf was steht ihr denn hier, wie krank ist das denn?«, brüllte sie verzweifelt.

»Na, na, Schätzchen, so weit sind wir noch nicht. Jetzt beruhig dich, dann mach ich dich los. Wenn du dich wehrst, setze ich mich auf dich!«, grinste eine stämmige, dunkelhäutige Frau, die sich gerade durch die Tür schob.

Verwirrt schaute Amalia die Frau an, die langsam auf sie zukam. »Wer sind Sie?«

»Oh, Entschuldigung, das habe ich ganz vergessen. Ich bin Nancy Thomas, eine Pflegerin der Psychiatrie. Aber nenn mich bitte nur Nancy. So, jetzt mach ich dir die Fesseln ab, versprich mir, dass du ruhig bleibst.«

Amalia schaute sie finster an – die Augenbrauen zusammengezogen und ihre Lippen spitz geformt: »Habe ich denn eine Wahl?«

»Nein! Nicht wirklich«, zischte Nancy und grinste dabei hämisch. Sich dem Ernst dieser Worte bewusst, obgleich in Nancys Stimme ein wenig Spaß mitklang, probierte Amalia nicht einmal mit der Wimper zu zucken. Stattdessen begutachtete sie die kleine dickliche Frau genauer. Dabei fiel ihr deren strenger Zopf auf, mit dem sie offenbar vergeblich versucht hatte, ihre krausen schwarzen Locken zu bändigen. Während die Schwester sich über sie beugte, vernahm Amalia den angenehmen Geruch von Flieder und Mandelholz. Von ihren Fesseln endlich befreit, streckte sie zuerst die Arme aus und rieb sich anschließend vorsichtig ihre verbundenen Handgelenke. Die Fesseln waren so locker angebracht gewesen, dass sie ihr keine Schmerzen bereitet hatten, aber gleichzeitig auch nicht über ihre Hände rutschen konnten.

»Amalia, möchtest du etwas essen? Wir hätten heute im Angebot: Haferschleim, Joghurt, Rote Grütze … ah … und Suppe von gestern müsste auch noch da sein«, sagte Nancy. Amalia, die bei dieser Auflistung bemerkte, wie sich ihr Magen umdrehte, wollte eigentlich nur Ruhe haben.

»Nein, darf ich bitte allein sein?«, entgegnete Amalia.

»Natürlich! Solltest du was brauchen oder irgendwas sein, hier über deinem Bett ist ein Knopf, einfach drücken, dann bin ich da. Ach, und bitte nicht auf dumme Ideen kommen. In diesem Raum ist eine kleine Kamera.« Nancy deutete auf die Ecke über der Tür. »Wir überwachen dich hier vierundzwanzig Stunden am Tag«, erklärte sie und warf Amalia einen eindringlichen Blick zu.

Nachdem die Krankenschwester endlich das Zimmer verlassen hatte, schaute Amalia sich beunruhigt um. Sie wartete darauf, dass die Gestalt erneut erschien. Doch es passierte nichts. Es war nicht das erste Mal, dass sie solch eine grauenhafte Kreatur gesehen hatte, jedoch so nah wie beim letzten Mal war ihr noch keine gekommen.

Amalia zweifelte mittlerweile schon selbst an ihrem Verstand, da sonst niemand solche Dinge sehen oder hören konnte. Sie blieb misstrauisch. War die Monstrosität tatsächlich weg? Aber wo sollte sie hin sein? Sie war erschöpft, zu müde, um ihren Gedanken weiterzuspinnen. Als sie ihre Lider schloss, verflog das ungute Gefühl und sie fiel in einen unruhigen Schlaf.

»Guten Morgen«, rief Nancy ihr beim Hereinkommen zu. »Na, gut geschlafen?«

»Morgen? Wie spät ist es?«, erwiderte Amalia und rieb sich den Schlaf aus den Augen.

»Elf Uhr morgens. Bevor ich es vergesse, heute wirst du die anderen Patienten kennenlernen.«

Amalia schaute sie fragend an. »Warum muss ich jetzt die anderen kennenlernen?«

»Na, weil du heute mit ihnen gemeinsam zu Mittag essen wirst. Und hier habe ich ein paar frische Klamotten für dich«, verkündete die kleine Frau fröhlich und legte einen Stapel gefalteter Kleidung auf Amalias Bett. Die verdrehte die Augen, als sie das beigefarbene T-Shirt und die mintgrünen Hosen sah. Sie vermisste ihre bedruckten, bequemen Oberteile. Und bevor sie ein Wort sagen konnte, fuhr Nancy bereits fort:

»Ich kann nichts dafür, deine Eltern haben dir noch keine Kleidung vorbeigebracht oder waren überhaupt hier.« Die Krankenschwester seufzte wehmütig. »Aber für solche Fälle haben wir diese tollen feschen Klamotten. Und jetzt bloß keine Widerrede. Hopp, hopp, aufstehen und richte dich, deine Haare sehen furchtbar aus.«

Wenig begeistert machte sich Amalia auf den Weg ins Badezimmer, das sich dem Bett gegenüber befand. Eine Schiebetür trennte Dusche, Waschbecken und Toilette vom Rest des Raumes. Auch hier war alles in schlichtem Weiß gehalten. Lediglich der Duschvorhang hob sich durch sein buntes Blumenmuster, wie aus den Sechzigern, farblich ab. Während Amalia ihren Blick weiterschweifen ließ, bemerkte sie aus dem Augenwinkel ihre Reflexion im Spiegel.

Sie versteinerte für einen kurzen Moment. Blinzelnd ging sie ungläubig und mit ausgestreckter Hand näher auf ihr Abbild zu. Langsam wandte sie den Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite. Zögerlich berührte sie ihr Spiegelbild und fragte sich unweigerlich, was nur mit ihr passiert war. Ihre sonst so glänzenden Haare waren matt und stumpf. Tiefe Schatten zeichneten sich unter ihren bernsteinfarbenen Augen ab. Ihr Gesicht wirkte fahl und sie unterschied sich kaum noch von den Wesen, die sie sah. Wenn das so weiterginge, würde sie bald gänzlich verblassen. Wut und Selbsthass stiegen in ihr auf, je mehr sie darüber nachdachte. Ihr Kopf sank betrübt nach unten. Was sie im Spiegel sah, gefiel ihr nicht. Noch nie hatte sie ihr Spiegelbild abstoßend gefunden – bis jetzt.

Was ist nur aus mir geworden? Warum lasse ich zu, dass sie mich zerstören? Ich zerbreche, nicht nur innerlich, auch mein Äußeres zerfällt. Ich bin nur noch ein Schatten meiner selbst. Ich lass das nicht länger mit mir machen! Ich bin nicht schwach.

In ihr tobte ein Kampf. Sie war zerrissen, so viele Gefühle überrannten sie förmlich. Tränen stiegen in ihre Augen, aber nicht wie sonst aus Trauer oder Selbstmitleid, nein diesmal war es die reine Wut und der ungezügelte Hass. Jedoch nicht nur auf sich selbst, weil sie aufgegeben hatte, sondern auf alles und jeden, der sie enttäuscht und im Stich gelassen hatte.

Genug!, dachte sie und schlug mit der Faust gegen den Spiegel, doch dieser zerbrach nicht – er war aus Plexiglas. Amalia presste die Lippen aufeinander, ihre Wunden schmerzten, die Nähte an ihren Handgelenken spannten ihre Haut. Verbittert starrte sie ihr Spiegelbild an.

»Was soll ich tun?«, fragte sie mit einer Ernsthaftigkeit, als würde sie tatsächlich auf eine Antwort ihres Abbilds warten. Stöhnend lehnte sie ihre Stirn an den Spiegel, ihr Selbstmordversuch war gescheitert und jetzt hielten sie alle erst recht für verrückt. Amalia schloss die Lider. Sie wusste, dass sie so nicht weitermachen konnte. Aufgeben hatte nicht funktioniert, also blieb ihr nur zu kämpfen. Scharf zog sie die Luft ein, hob den Kopf an und wischte die Tränen aus ihren Augen. Sie zwang sich zu einem Lächeln und drehte sich fast schon mechanisch in Richtung Dusche um.

Zitternd griff sie nach der Schlaufe des Krankenhaushemdes in ihrem Nacken. Ihre Unterarme pochten; eine so simple Handlung wie das Öffnen einer einfachen Schleife fiel ihr so unglaublich schwer, dass sie zwei Anläufe dafür benötigte. Das viel zu große grün-weiß gepunktete Stück Stoff glitt mühelos von ihrem Körper zu Boden. Erleichterung breitete sich in ihr aus. Es fühlte sich an, als hätte sie zumindest eine der erdrückenden Lasten von ihrem Leib gestrichen. Amalia wusste, dass sie nicht an diesen Ort gehörte, dennoch konnte sie nichts tun, als sich den Regeln dieser Einrichtung vorerst zu beugen. Schwermütig atmete sie aus und löste vorsichtig die Verbände an ihren Handgelenken. Je näher sie ihrer Haut kam, desto deutlicher zeichneten sich Blutflecken auf den Bandagen ab. Behutsam trennte Amalia den verklebten Stoff von den Blutkrusten und ließ achtlos die Binden auf den Boden fallen. Seufzend betrachtete sie die Nähte an den Handgelenken und hörte, wie Nancy rief:

»Ach, Amalia, bevor ich’s vergesse: Wenn du Duschen willst, pass auf, dass du die Wunden nicht nass machst! Brauchst du wasserdichte Pflaster oder meine Hilfe?«

»Nein, alles gut.« Zwar war Amalia noch ein bisschen schwummerig, aber sie wollte in solch intimen Momenten lieber allein sein. Langsam schlängelte sie sich hinter den Duschvorhang. Sie fröstelte, ihre Knie schlotterten, hastig drehte sie das warme Wasser auf.

Amalia hob den Kopf und schloss die Augen. Angespannt ließ sie das Gesicht von den noch kalten Tropfen berieseln. Dabei achtete sie darauf, dass sie ihre Hände weit genug vom Wasser fernhielt. Je wärmer das Wasser wurde, desto mehr löste sich die Anspannung. Sie genoss die wohltuende Wärme und schaltete für einen Moment ab, bis ihre Gedanken erneut eine innere Unruhe auslösten. Doch statt sie zu verdrängen, gewährte sie ihnen Zutritt. Sie riefen die verblassten Erinnerungen an die vertraute Jungenstimme, die Amalia kurz vor ihrer Bewusstlosigkeit vernommen hatte, wach.

Woher kannte sie diese Stimme? Amalia legte die Stirn in Falten, doch sosehr sie sich auch bemühte, sie war nicht in der Lage, tiefer in dieses Geflecht der Vergangenheit einzudringen. Wer er war oder welche Bedeutung er für sie hatte, vermochte sie nicht zu sagen.

»Aaamaliaaaa«, Nancys durchdringende Stimme riss sie aus ihrer Trance.

»Was ist?«, erwiderte Amalia erschrocken.

»Du bist schon seit über einer Stunde im Bad. Wenn du dich jetzt nicht beeilst, schleife ich deinen kleinen Hintern persönlich raus.«

Geschockt über die Zeit, die wie im Fluge vergangen war, rauschte Amalia aus der Dusche, griff hastig nach einem Handtuch und trocknete sich in Windeseile ab.

»Ich bin gleich fertig. Nur noch die Haare trocknen und anziehen«, keuchte sie schon fast atemlos. Als sie nach einigen Minuten aus dem Bad trat, wartete Nancy bereits mit Verbandsmaterial auf sie.

Nachdem die Krankenschwester ihr die Verbände angelegt und ihre Vitalwerte gemessen hatte, liefen sie zur Kantine. Amalia fühlte sich unwohl in der Kleidung und auch die Vorstellung, in einem großen Raum voller ihr unbekannter Gesichter sein zu müssen, bereitete ihr Unbehagen. Amalia wäre lieber in ihrem Zimmer geblieben; sich in einer dunklen Ecke zu verkriechen und alles auszublenden – genau das wollte sie jetzt. Der Kontakt mit Menschen war ihr noch nie leichtgefallen und es lag an ihr, dass andere Jugendliche und sogar Erwachsene sie gemieden hatten, verhielt sie sich doch schon seit frühester Kindheit sonderbar und erlitt regelmäßig Panikattacken, wenn sie wieder einmal glaubte, die merkwürdigen Kreaturen gesehen zu haben.

So war es Amalia, die es einfach nicht schaffte, sich in das gesellschaftliche Gefüge einzugliedern, und mit ihren wahnwitzigen Vorstellungen irgendwelcher Monster den anderen sogar Angst einjagte. Sie fühlte sich unverstanden, mutterseelenallein und ungeliebt und so stand sie jetzt voller Selbstzweifel inmitten der Kantine, umgeben von augenscheinlich Gleichgesinnten. Doch waren sie das tatsächlich?

Amalia jedenfalls sah das anders, ihre Gesichtszüge entgleisten im Sekundentakt. Von skeptisch über ungläubig bis hin zu belustigt war alles dabei. Überall hörte sie Stimmen – manche schrill und laut, andere leise oder sogar eine verstellte. Ein Tablett flog durch die Luft und ein Jugendlicher steckte aus ihr unersichtlichen Gründen seinen Kopf in den Mülleimer und rannte mit ihm als Hut durch den Raum und die diensthabenden Pfleger hinter ihm her.

»Na, dann auf in den Wahnsinn!«, sagte Amalia schon fast heroisch und erkannte selbst die Ironie in ihrer Stimme.

»Viel Spaß. Wenn du Fragen hast, wende dich an die Pfleger. Ich hole dich in zwei Stunden von deinem Zimmer ab und bringe dich zu deiner ersten Sitzung mit Doktor Jones«, sagte Nancy.

Bevor Amalia auf Nancys Worte reagieren konnte, presste sich diese schon wieder aus der Tür. Auch wenn sie die Frau erst seit Kurzem kannte, wäre es ihr lieber gewesen, sie hätte sie jetzt nicht allein gelassen. Langsam, wie durch ein Minenfeld, bewegte sie sich vorsichtig auf die Essensausgabe zu. Hauptsache, keine Aufmerksamkeit erwecken. Doch auf halbem Weg hielt sie jemand am Oberarm fest. Hastig wirbelte Amalia herum. Der schwarzhaarige Junge, dessen weit aufgerissene grüne Augen ihn verrückt wirken ließen, schaute sie an und schrie:

»Pass auf! Pass auf! Pikachu ist der Teufel.« Seine Stimme veränderte sich von laut und schrill zu leise und tief. »Er wird uns holen. Wir müssen alle sterben!«

Amalia zog erschrocken die Augenbrauen hoch, sie hatte ihre Gesichtszüge nun erst recht nicht mehr unter Kontrolle. Von einer Sekunde auf die andere wandelte sich ihr weit offenstehender Mund zu einem zusammengepressten Schlitz. Sie wusste nicht warum, aber in ihrer Kehle braute sich ein Lachen zusammen, das unvermittelt aus ihr herausbrach. Eilig schnellte sie herum und befreite so ihren Arm aus dem festen Griff des Jungen. Dann hielt Amalia kurz die Luft an und stieß sie beherzt wieder aus, wiederholte das Prozedere noch zwei Mal, um sich zu beruhigen. Gerade als sie sich gefangen hatte, bemerkte sie aus dem Augenwinkel einen kleinen blonden Jungen, der genüsslich auf dem Kopf einer Barbiepuppe herumkaute – nur die weißblonden Haare ragten aus seinem Mund. Sichtlich verstört marschierte Amalia weiter auf die Essensausgabe zu und starrte dabei stur auf den Boden. Dennoch spürte sie die Blicke der anderen und die der beaufsichtigenden Pflegekräfte, die sich überall in der Kantine aufhielten und glaubten, dabei unauffällig zu sein.

Jeder Schritt verstärkte ihre Anspannung und schnürte den Knoten in ihrem Magen immer fester zu. Eine Kleinigkeit essen und dann sofort auf ihr Zimmer, mehr wollte sie nicht. Doch selbst das stellte sich als komplizierter heraus, als sie gedacht hatte. Endlich bei der Essensausgabe angekommen, wusste sie nicht so recht, was sie da vor sich sah.

»Ähm … entschuldigen Sie …« Ein kräftiger älterer Mann drehte sich langsam zu ihr um. Dabei schnaufte er schwerfällig, so, als wäre er einen Marathon gelaufen. Amalia sah mit Ekel, wie eine einzelne Schweißperle seine Schläfe hinabrann, bis sie schließlich im langen, grauen Bart verschwand. Sein weißes Muskelshirt war voller Fettflecken und die Schürze dunkelrot befleckt. Amalia schien es, als stünde ein obdachloser Santa Claus vor ihr. Sein unappetitlicher Anblick raubte ihr das bisschen Hunger, das sie noch vor einer Minute verspürt hatte. Dennoch fragte sie höflich: »Was genau ist das alles hier?« Sie wies dabei auf die ihr dargebotenen bunt gemischten Speisen. Grunzend räusperte sich Santa, einen anderen Namen bekam er nicht mehr – er hatte sich durch sein Erscheinungsbild in ihren Kopf gebrannt. Anstatt auf ihre Frage zu antworten, schmiss er ihr Porridge und etwas, das aussah wie Rote Bete, auf einen Teller und reichte ihr diesen. Mit gerümpfter Nase nahm sie Plastikteller und Gabel und schaute sich nach einem Platz um.

Amalia erspähte einen freien Stuhl an einem Tisch, an dem zwei relativ normal wirkende Jugendliche saßen. Die beiden schienen in ihrem Alter zu sein. Sie atmete tief ein, nahm all ihren Mut zusammen und lief schnurstracks auf die beiden zu.

»Darf ich mich zu euch setzen?«, fragte sie höflich, als sie vor ihnen stand.

Das brünette Mädchen hob den Kopf und lächelte sie freundlich an. Daraufhin nahm Amalia neben dem Jungen Platz. Aus seiner roten Beanie hingen vereinzelte schwarze Strähnen heraus. Die Ärmel seines dunkelblauen Trainingsanzugs waren bis zu den Ellenbogen nach oben gekrempelt.

Amalia versank kurz in ihren Gedanken und schwelgte in Erinnerungen an ihre Klamotten. Doch sie war nicht die Einzige, die die triste Kleidung der Psychiatrie trug. Anscheinend hatten auch andere so unzuverlässige Eltern wie sie. Aus heiterem Himmel schrie der zuvor noch abwesend wirkende Kerl am Tisch so schrill auf, dass Amalia vor lauter Schreck aufsprang, die Arme hochriss und das gesamte Tablett über ihren Kopf warf. Etwas von dem Essen landete in ihren langen haselnussbraunen Haaren, wo es sich zu einer rot-gelben Pampe vermischte. Der Rest klatschte auf den Boden.

»Tucccccciiiiiiii!! Du hast ihn getötet. Du Unmensch! Wie konntest du nur?«, kreischte der Junge hysterisch und schlug dabei seine Hände über dem Kopf zusammen.

»Tuci? Was ist ein Tuci?«, fragte Amalia schockiert.

»Du hast meinen Hund getötet, du Monster!«, schrie er so laut, dass sich alle in der Kantine zu ihnen wandten. Amalia begriff immer noch nicht, wovon der seltsame Typ da redete.

»Wie? Was? Welcher Hund? Ich, ich sehe nichts …« Doch sie bekam keine Antwort mehr. Alle starrten sie nur weiter an, als wären sie auf einer Viehbeschau. Verunsichert blickte sie in die unbekannten Gesichter. Ihr Puls raste, das Herz schlug ihr bis zum Hals, kalter Schweiß bildete sich in ihrem Nacken. Dem zunehmenden Druck nicht mehr standhaltend, drehte sie auf dem Absatz um und begab sich mit schnellen Schritten Richtung Ausgang, während zwei herbeigeeilte Pfleger sich um den schreienden Jungen kümmerten. Dabei versuchte sie, jeden Augenkontakt zu vermeiden. Sie wusste nicht, was sie sonst tun sollte: lachen, weinen oder einfach nur schreien? Wieder starrte sie stur auf den Boden und fragte sich unentwegt, warum immer ihr solche abstrusen Dinge widerfuhren.

Allmählich beschlich sie das Gefühl, dass ein Fluch auf ihr lastete. Womöglich hatten ihre Vorfahren eine alte Zigeunerin verärgert und das war ihre Rache. Amalia schüttelte ruckartig den Kopf, um die absurden Gedanken abzuschütteln, doch ihr Schamgefühl, das mittlerweile hochgekommen war, konnte sie nicht loswerden. Hastig öffnete sie die schwere Metalltür, quetschte sich durch den Spalt und lief, so schnell sie konnte, ohne auch nur einmal zurückzublicken. Sie gönnte sich erst eine Verschnaufpause, als sie wieder in ihrem Zimmer stand.

Erschöpft lehnte sich Amalia gegen die Tür und sank verunsichert mit zitternden Knien zu Boden. Sie zog ihre Beine näher an sich und umschlang sie mit ihren Armen. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als einen Schalter zu besitzen, mit dem sie alles ausschalten konnte: jedes Gefühl, jede Erinnerung, einfach alles. Das Leben ein- und ausschalten wie einen Lichtschalter und nur Momente zulassen, die einen glücklich machten … Ja, wenn es nur so einfach wäre. Sie konnte ihren Überlegungen nicht weiter folgen, denn lautes Klopfen an der Zimmertür riss sie aus ihren Gedanken.

»Wer ist da?«, rief sie, immer noch leicht atemlos Richtung Tür.

Eine tiefe, raue Stimme antwortete ihr: »Hallo, Amalia, ich bin Doktor Jones. Ich wurde von dem Vorfall in der Kantine unterrichtet.« Sie vernahm einen leisen Seufzer von dem Mann auf der anderen Seite, dann fuhr er fort: »Ich wollte nur nach dir sehen. Mir wäre es recht, wenn wir unsere Therapiesitzung vorverlegen und darüber sprechen. Ich weiß, dass wir erst in einer Stunde verabredet sind, aber … Bitte komm raus.«

Amalia murrte, stand fast wie in Zeitlupe auf und versuchte dabei, die Essensreste aus ihren Haaren zu friemeln. Zögerlich umfasste sie den Türknauf. Sie war nervös – das kam zu überraschend. Unter keinen Umständen wollte sie unvorbereitet mit dem Psychiater sprechen. Sie wusste: Nur ein falsches Wort konnte sie für lange Zeit hier einsperren. Langsam drehte sie den Knauf und erblickte den großgewachsenen, schlaksigen Mann mittleren Alters. Er sagte nichts, sondern musterte sie nur kritisch von oben bis unten. Das weckte Unbehagen in ihr, zu sehr erinnerte es sie an ihren Stiefvater. Fehlte nur noch, dass auch der Arzt sie zwang sich auszuziehen.

»Soll ich Ihnen ein Foto geben? Hält länger«, zischte Amalia. Unsicherheit schwang in ihrer Stimme mit, was sie ärgerte, wollte sie doch taff wirken.

»Entschuldige bitte. Ich bin noch nicht so lange hier und immer wieder erstaunt, wie normal die Leute eigentlich aussehen. Bitte lass uns in mein Büro gehen«, sagte der Arzt und zeigte dabei mit seiner Hand den Gang hinunter. Laut ausschnaufend stiefelte sie ihm hinterher. Sie versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, sich irgendwie auf das Gespräch vorzubereiten, doch bevor sie auch nur einen Satz in ihrem Kopf formulieren konnte, hörte sie das Quietschen der Türangeln. Zögerlich trat sie in das Büro ein und ihr prüfender Blick untersuchte den Raum. Rechts neben sich bemerkte sie ein breites Bücherregal, in dem unzählige, nach Größe geordnete, Wälzer standen. Auf einem der Buchrücken stand in dicken Lettern: ›Psychoanalyse nach Sigmund Freud‹. Das kann heiter werden, dachte sie sich, und inspizierte ihre Umgebung weiter. Hinter dem langen, dunkelbraunen Schreibtisch, der sich fast mittig im Raum befand, hingen einige Auszeichnungen und Diplome. Psychoanalytisch gesehen, war das jetzt eine Zurschaustellung seiner Erfolge, wie es Sportler mit ihren Trophäen taten, oder nur eine Verdeutlichung für die Patienten, damit sie auch wirklich verstanden, dass sie einem echten Psychiater gegenüberstanden? Amalia neigte den Kopf nachdenklich zur Seite – eine Antwort würde sie nicht erhalten.

»Bitte setz dich.« Der Doktor deutete mit dem Zeigefinger auf den Stuhl vor ihr. Sie spürte seine Blicke auf sich; er schien jede ihrer Bewegungen genau zu beobachten und womöglich auch zu analysieren.

Wieder huschte ihr das bewährte Mantra ›Keine Aufmerksamkeit erregen‹ durch den Kopf. Deshalb setzte sie sich stillschweigend und unter Vermeidung jeglichen Augenkontaktes hin.

»Wie geht es dir? Ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich dich duze?«

Amalia nickte und senkte den Kopf.

»Ich meine, wie fühlst du dich jetzt und vor allem nach diesem Vorfall?« Der Arzt lehnte sich in den Sessel und schlug die Beine übereinander.

Amalia verschränkte die Finger in ihrem Schoß, um keine unbewussten Bewegungen zu erzeugen. Wie würde es Ihnen gehen, wenn sie Kreaturen sehen, hören oder sogar riechen könnten und das schon seit frühster Kindheit? Sicherlich würden Sie mir auch nicht so eine oberflächliche und belanglose Frage stellen, wenn Sie von ihrer Pflegefamilie Tag für Tag gedemütigt und schikaniert würden. Aber ja, es ist immer leichter, wenn man auf der anderen Seite sitzt und alles, was einem andersartig erscheint, als verrückt abtun kann.

All das wollte Amalia Doktor Jones am liebsten an den Kopf werfen, doch das konnte sie nicht. Um ihrem Ärger Luft zu machen und sich zu beruhigen, löste sie die verschränkten Finger und ballte die Hände zu Fäusten. Sie verstärkte den Druck so lange, bis sich die Nägel in ihr Fleisch bohrten, öffnete aber abrupt die Finger, als ihre Nähte zu sehr spannten. Langsam hob sie den Kopf und blickte ihm direkt in die braunen Augen. Sie zwang sich zu einem falschen Lächeln und unterstrich ihren gekünstelt liebenswerten Ausdruck mit unschuldig wirkenden Augenaufschlägen.

»Mir geht es gut. Ich hatte mich nur furchtbar erschrocken …« Theatralisch atmete sie lange und laut aus und fuhr dann mit süßlicher Stimme fort: »Ich verstehe immer noch nicht genau, was da eigentlich passiert ist.«

»Toni und sein Tuci sind ein besonderer Fall. Mach dir keine Gedanken und vor allem keine Vorwürfe.« Doktor Jones beugte sich etwas nach vorne – näher zu ihr – und lächelte. »Aber kommen wir zu einer viel wichtigeren Frage: Was war der Auslöser für deinen Selbstmordversuch?«

Amalia reagierte nicht auf seine Frage. Ihr falsches Lächeln wich einem versteinerten Gesichtsausdruck. Sie starrte den Psychiater nur teilnahmslos an. Wie sollte sie ihm diese Frage beantworten, ohne wie eine Verrückte zu klingen? Eine nachvollziehbare Erklärung musste her, und zwar schnell. Die Zahnräder ratterten – sie brauchte mehr Zeit! Ungeduldig wippte sie mit der Fußspitze auf und ab.

»Du bist doch erst 16 Jahre alt. Ich möchte nur verstehen, was dich zu so einem drastischen Schritt verleitet hat«, erklärte der Arzt ergänzend.

Amalia schloss kurz die Augen und atmete schwermütig aus. »Na ja, eigentlich ist das ganz simpel: Es war nicht mehr und nicht weniger als ein Schrei nach Aufmerksamkeit.« Sie betete, dass er ihr glaubte und sie nicht für verrückt, sondern nur für ein verwöhntes, Aufmerksamkeit heischendes Mädchen hielt, wie ihre Pflegemutter es auch immer tat. Ihr war durchaus bewusst, dass es nicht die beste Erklärung war, und wenn sie mehr Zeit gehabt hätte, wäre ihr sicherlich auch etwas Besseres eingefallen. Doch nun war es zu spät sich zu grämen.

Er lehnte sich wieder zurück, griff nach einem dünnen Ordner, der zwischen Büchern auf dem Schreibtisch lag, und schlug ihn auf.

»Hier, in deiner Akte ist ein Vermerk über einen Anfall in der Krankenstation. Laut des behandelnden Arztes, Doktor Williams, hast du hysterisch geschrien und erschrocken an die Decke gestarrt. Du warst weder ansprechbar, noch konntest du ohne Sedativum beruhigt werden.« Doktor Jones schaute von der Akte auf und musterte sie erwartungsvoll. Gerade als er das Gespräch fortsetzen wollte, stieß Nancy seine Bürotür auf.

»Doktor, bitte gehen Sie schnell in die Kantine. Es geht um Toni … Tuci ist noch einmal gestorben! Ich kann ihn nicht beruhigen!«, rief sie.

»Oh nein, nicht schon wieder!« Der Arzt schüttelte fassungslos den Kopf und legte die Akte beiseite. »Ich gehe sofort! Bitte begleiten Sie Amalia auf ihr Zimmer«, wies er Nancy an und eilte zur Kantine.

Amalia hingegen saß immer noch regungslos auf dem Stuhl und starrte Nancy verwirrt an. Ein Zustand, der langsam zur Regel wurde. Die Krankenschwester winkte sie mit einem netten Grinsen zu sich und machte eine Kehrtwende. Amalia fühlte sich vor den Kopf gestoßen. Jedoch hatte sie jetzt bis zur nächsten Sitzung Zeit, eine glaubhafte Erklärung für den Vorfall auf der Station zu finden. Wie von der Tarantel gestochen, sprang sie auf und folgte der Schwester. Vielleicht war das ihre Chance, den Kopf noch aus der Schlinge zu ziehen.

»Junges Fräulein, hast du Tuci getötet?«, lachte Nancy.

»Schuldig, aber das Tier existiert doch nicht. Ich meine: Niemand kann es sehen«, sagte Amalia schulterzuckend.

»Gerade du solltest es besser wissen! Nur weil etwas nicht für alle sichtbar ist, bedeutet es nicht, dass es nicht existiert.«

Nancys Aussage raubte ihr den Atem, sie verschluckte sich und hustete. Wusste sie etwa Bescheid? Amalia war überfordert, sie war sich nicht sicher, wie sie mit dieser unterschwelligen Andeutung umgehen sollte. Ihr rasender Pulsschlag dröhnte in den Ohren, ihre Gedanken überschlugen sich und als sie endlich in der Lage war, normale Worte zu formen, waren sie bereits vor der Zimmertür und Nancy verabschiedete sich.

»So, ich muss jetzt weiter. Doktor Jones kann bestimmt etwas Hilfe vertragen.«

Amalia stöhnte und trat in ihr Zimmer ein. Frustriert warf sie sich auf das unbequeme, knarzende Bett. Sie drückte ihr Gesicht ins Kissen und stieß einen lauten Schrei aus. Nancys Worte gingen ihr nicht aus dem Kopf. Was hatte sie getan? Sie wollte nur noch weg von hier, ein normales Leben führen und Freunde haben. Nichts lag ihr mehr am Herzen als ein Zuhause, in dem sie akzeptiert wurde, wie sie war. Endlich Liebe und Geborgenheit zu erfahren, statt immer wiederkehrende Wut und Trauer zu spüren. Diese Gefühle wie auch die Angst, die sich ab und zu daruntermischte, dominierten ihr Leben. Keinen Schritt konnte sie gehen, ohne sich umschauen zu müssen, denn diese unheimlichen Kreaturen überraschten sie überall. Sie verstand nicht, warum diese Wesen ausgerechnet sie verfolgten. Wie sollte sie so jemals dieser unendlichen Leere und Einsamkeit entkommen? Wem konnte sie davon erzählen? Niemand würde sie verstehen und ihre Endlosschleife aus Fragen, auf die sie keine Antworten fand, würde nie abreißen.

Langsam begannen die Tränen zu fließen – zu viele Emotionen übermannten sie wie eine Flutwelle, in der sie zu ertrinken drohte. Sie weinte und schluchzte bitterlich; nicht einmal der Tod nahm sie zu sich. Ihre Augen brannten, ihr Hals schmerzte, der Kopf dröhnte. Allmählich entschwand sie in einen unruhigen Schlaf.

Die darauffolgenden Tage liefen nahezu gleich ab. Amalia wurde jeden Morgen um acht Uhr geweckt, ging duschen und anschließend in die Kantine. Die Essensauswahl variierte zwischen Porridge, Würstchen und anderen Gerichten, die sie nicht sonderlich mochte. Danach folgte eine stupide Therapiesitzung bei Doktor Jones, dem sie wie eine CD auf ›Repeat‹ immer dasselbe erzählte. Natürlich nur das, was er vermeintlich hören wollte. Den Vorfall in der Krankenstation überspielte sie mit einer angeblichen Gedächtnislücke. Ihr einziges Ziel dahinter war, die Psychiatrie so schnell wie möglich verlassen zu dürfen. Doch ab und an beschlich sie das Gefühl, dass er ihren Erklärungen misstraute und nur darauf wartete, dass sie ein klein wenig von ihrer Geschichte abwich. Nach diesen sinnlosen Gesprächen folgte wieder der wortwörtliche Wahnsinn in der Kantine.

So schaffte sie es nahezu jeden Tag, Tuci zu töten und damit ein gewaltiges Drama zu entfesseln. Wenn es ihr einmal nicht gelang, den imaginären Hund in die ewigen Jagdgründe zu schicken, und sie sich ohne Vorfall an einen der Tische setzte, konnte sie ihren Blick nicht von jenem blonden Jungen abwenden, der es mittlerweile geschafft hatte, den gesamten Oberkörper der Puppe abzukauen. Er schien nichts anderes zu tun, als auf dieser Figur herumzubeißen und das Plastik auf den Boden zu spucken. Auch das Antlitz des Teufels wechselte rege von Pikachu über Batman, ja sogar bis hin zu Thor. Sie hatte sich dem psychiatrischen Alltagsgefüge gebeugt, doch wirklichen Anschluss konnte sie, trotz mehrerer Gruppensitzungen, nicht finden. Amalia wusste, dass sie Probleme hatte, aber wer hätte ihr hier helfen können? Zumindest war sie die Nähte los, die ihr Nancy an diesem Abend gezogen hatte. Jetzt blickte sie nur noch auf zwei lange, dünne Narben, die sie nie vergessen lassen würden, weshalb sie hier sein musste.

Die Hoffnung schon fast aufgegeben, sollte sich jedoch am darauffolgenden Tag alles für sie ändern. Zunächst schien der Tagesablauf wie immer. Amalia wurde um acht Uhr morgens geweckt, schlurfte verschlafen und mit völlig zerzausten Haaren zur Dusche und begab sich anschließend zum gemeinsamen Frühstück in die Kantine. Mittlerweile ignorierte sie geflissentlich den Wahnsinn, der hier herrschte, oder versuchte es zumindest, so gut es eben ging. Aber es gab Dinge im Leben, die waren wie der Autounfall, bei dem kaum einer wegschauen konnte, und der kleine blonde Junge mit den kalten eisblauen Augen war Amalias ganz persönlicher Autounfall. Wie eine Gafferin starrte sie ihn an und schaffte es nicht, ihren Blick von ihm abzuwenden, denn irgendwie hatte er es geschafft, eine neue Puppe zu bekommen. Gezwungenermaßen und mit nach unten gezogenen Mundwinkeln sah sie zu, wie der kleine Junge anfing, den Fuß der Barbie genüsslich abzukauen.

Das Aufschlagen der Kantinentür ließ sie kurz aufschrecken.

»Amalia Ried, bitte melden Sie sich umgehend bei Doktor Jones«, rief ein Pfleger, den sie zuvor noch nie gesehen hatte. Ungläubig stierte sie den korpulenten Mann an, dessen Glatze im künstlichen Neonlicht wie die von Meister Proper glänzte. Kurz driftete sie mit ihren Gedanken ab und fragte sich, ob sie ihr Spiegelbild darin erkennen würde. Offensichtlich färbte der Aufenthalt in der Psychiatrie allmählich auf ihre Überlegungen ab. Kopfschüttelnd blickte sie zwischen dem Pfleger und der Uhr an der Wand über der Tür hin und her. Es war noch viel zu früh für ihre tägliche Therapiesitzung mit Doktor Jones. Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus und ihre Gedanken brausten wie über eine Wildwasserrutsche durch ihren Kopf. Unentwegt fragte sie sich, warum er die Sitzung vorverlegt hatte. Noch einmal ging sie geistig sämtliche vorherigen Gespräche penibel durch, doch sie fand keine Unstimmigkeiten. Nervös folgte sie dem Pfleger zum Büro und tippte während des ganzen Weges ihre Fingerkuppen kontinuierlich, beinahe zwanghaft, gegeneinander. Der Pfleger klopfte an die Tür und hielt sie auf Zuruf von Doktor Jones für Amalia auf.

»Ah, Amalia. Danke, dass du so schnell gekommen bist. Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen. Bitte setz dich«, sagte der Arzt und deutete auf den Stuhl. Amalia nickte und nahm Platz, dabei begutachtete sie ihr Gegenüber genau. Irgendetwas stimmte nicht.

»Wie du selbst schon festgestellt hast, kommen wir hier leider nicht weiter. Deshalb habe ich, mit dem Einverständnis deiner Pflegeeltern, beschlossen, dich an eine andere Einrichtung zu verweisen.«

Amalia fiel die Kinnlade nach unten.

»Professor Adams, stellvertretender Leiter besagter Institution, wird gleich hier eintreffen und sich persönlich mit dir unterhalten.«

Das Mädchen rührte sich nicht, die Worte raubten ihr die Luft zum Atmen.

Wie Seifenblasen zerplatzte ihr Traum von einer baldigen Entlassung. Eine spezielle Einrichtung? Sollte es nun etwa noch schlimmer für sie kommen? Das war ein Albtraum, aus dem sie dieses Mal nicht erwachen würde! Bevor Amalia ihren Gedanken weiterspinnen oder auch nur ein Wort sagen konnte, klopfte es an der Tür. Ganz langsam drehte sie den Kopf und sah, wie ein älterer Mann, der verblüffende Ähnlichkeit mit Albert Einstein hatte, den Raum betrat. Hinter ihm standen zwei weitere Personen. Amalia war nicht in der Lage, ihre Gesichter zu sehen, denn sie trugen schwarze Umhänge mit groß geschnittenen Kapuzen, die das Gesicht komplett verdeckten. Ein Wappen auf der linken Seite, in Höhe des Herzens, zierte die mönchsähnliche Kluft. Ein silbernes D und ein S. Von solchen Initialen hatte Amalia noch nie zuvor gehört oder gar gelesen. Beide Gestalten trugen einen langen Rosenkranz aus schwarzen Perlen um den Hals, an dessen Ende ein silbernes Kreuz befestigt war. Der ältere Herr mit den grauen, lockigen Haaren dirigierte Doktor Jones mit einem kurzen Blick zur Tür nach draußen. Nachdem der Psychiater den Raum wortlos verlassen hatte, setzte sich der Unbekannte Amalia gegenüber. Seine Begleiter blieben stumm rechts und links neben dem Türrahmen stehen. Der stellvertretende Leiter musterte Amalia aufmerksam.

»Ich bin Professor Adams, stellvertretender Leiter der Nightingale Akademie. Du musst keine Angst haben. Wir wissen über dich Bescheid und können dir helfen«, sagte der Professor mit einer ruhigen und sanften Stimme.

Amalia runzelte die Stirn. Sie hatte keine Ahnung, was die glaubten über sie zu wissen.

»Ach … Und worüber wissen Sie Bescheid?« Sie schluckte schwer und versuchte, den Kloß in ihrem Hals damit zu bezwingen. Aber nein, ihre Kehle war trockener denn je. »Und was ist die Nightingale Akademie?«, merkte sie hellhörig an.

Professor Adams beugte sich zu ihr vor und lächelte freundlich. Langsam streckte er seine Hand nach ihrer aus. Amalia zuckte, als er sie am Handrücken berührte, doch seine sehr herzlich wirkenden blauen Augen beruhigten sie.

»Ich weiß, du hast viele Fragen und du wirst auf jede eine Antwort bekommen, doch alles zu seiner Zeit. Was du jetzt wissen musst, ist, dass du nicht allein bist. Es gibt noch mehr Menschen mit solch einer Wahrnehmungsgabe«, erklärte er und strich dabei über ihre Hand.

Amalia presste die Lippen zusammen. Sie war misstrauisch, denn das alles klang viel zu schön, um wahr zu sein. Fast wie ein Märchen, doch sie wollte nicht wieder enttäuscht werden. Also fragte sie skeptisch: »Sie halten mich nicht für verrückt?«

Der ältere Mann schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht! In unserer Einrichtung wirst du lernen, wie du mit deiner Begabung umzugehen hast und diese dann sogar für dich nutzen kannst. Ja, du bist anders, denn du bist etwas Besonderes.«

Amalia hörte die Worte des Professors nur noch wie ein Echo aus weiter Ferne. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf die Gestalt, die plötzlich über seinem Kopf an der Decke hing. Schon wieder … Diese Kreaturen würden sie wohl nie in Ruhe lassen. Es war nicht die Gleiche wie in der Krankenstation, was Amalia nicht weiter überraschte, da sie meist unterschiedliche Wesen sah. Dieses Exemplar hatte eine ähnliche optische Erscheinung. Die leeren Augenhöhlen, lange, dunkle, knochige Klauen und schwarze Fetzen, die von seinem menschenähnlichen Körper hingen, roch aber viel schlimmer.

Der Geruch von Eiter, Blut und Fäulnis stieg ihr in die Nase. Sie würgte mehrfach, ihre Hände zitterten, die Atmung wurde heftiger. Panik breitete sich wie die Dunkelheit in der Nacht in ihr aus. Schweißperlen traten auf ihre Stirn und dem Gesicht entwich sämtliche Farbe. Ihre Pupillen weiteten sich so stark, dass von der bernsteinfarbenen Iris nur noch ein schmaler Ring, wie bei einer Mondfinsternis, blieb. Amalia wusste, dass sie jeden Augenblick eine Panikattacke bekommen würde.

Plötzlich bemerkte sie aus dem Augenwinkel, dass eine der Personen in der seltsamen Kluft den Zeigefinger in Richtung der unheimlichen Gestalt hob und daraufhin die andere ein mächtiges Schwert unter ihrem Umhang hervorzog. Amalia zuckte vor Schreck zusammen. Wie gebannt starrte sie auf die Waffe, deren lange, geschwungene Klinge der Unbekannte direkt auf das Wesen richtete. Was war das für ein seltsames Schwert? Der Rücken der Klinge war schwarz, die Schneide glänzte silbern und dann war da noch dieser eigenartige hellblaue Schimmer, der die Waffe umgab. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen; es wirkte wie aus einem Fantasyspiel. Die ruckartige Bewegung der Klinge riss Amalia aus ihrer Trance. Entsetzt sah sie mit an, wie das Schwert die Gestalt durchbohrte. Das Reißen von Fleisch dröhnte in ihren Ohren, lautes, schrilles Geschrei erfüllte den Raum. Amalia japste panisch nach Luft, Angst schnürte ihre Kehle zu. Bildete sie sich das ein? Sie ballte die Hände zu Fäusten und presste ihre Nägel in die Handflächen. Sie fühlte den Schmerz, doch ihre Wahrnehmung veränderte sich nicht – es war real. Intuitiv wich sie nach hinten, als die Monstrosität direkt vor ihr auf dem Tisch landete, nachdem der Fremde die Klinge kraftvoll aus der Kreatur gezogen hatte. Eisblaue Flammen umschlossen das sich im Todeskampf vor ihr windende Wesen. Amalia war nicht in der Lage, ihre Augen von den ungewöhnlichen Flammen abzuwenden, und wurde Zeugin, wie sich die Gestalt langsam darin auflöste. Es war merkwürdig, dieses Feuer war weder heiß, noch hinterließ es irgendwelche Aschereste. Amalia stierte mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen auf den Tisch, sie konnte nicht glauben, was da gerade passiert war. Erst als sie die Worte des Schwertkämpfers hörte, konnte sie sich aus ihrer Starre befreien.

»Verdammt, diese Groohls sind echt überall, schlimmer als Kakerlaken!«

»Was? Wie? Ich … Ich kann es nicht fassen … Ihr seht sie auch?«, stammelte Amalia mit zitternder Stimme und wischte sich die Tränen aus den Augen. Nun begriff sie, dass der ältere Herr tatsächlich die Wahrheit gesagt hatte und sie ihnen vertrauen konnte. Erleichtert atmete sie aus; endlich sah sie einen Lichtblick am Horizont. Professor Adams ergriff ihre Hand und schaute sie verständnisvoll an.

»Bitte, beruhig dich. Ich habe dir gesagt, du bist nicht allein. Komm mit uns und du wirst Antworten bekommen. Wir haben bereits alles geklärt, du kannst sofort mit uns kommen, wenn du möchtest.«

Ohne zu zögern oder noch etwas zu hinterfragen, stimmte Amalia zu und folgte ihnen zu einem schwarzen Geländewagen. Bevor sie einstieg, wurde ihr eine Augenbinde angelegt, denn es gab nicht viele Menschen, die den Standort der Akademie kannten, und so sollte es bleiben.


Fluch der verlorenen Seelen

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