Читать книгу Der Weg des wahren Mannes - David Deida - Страница 8

EINLEITUNG

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Dieses Buch ist als Anleitung für eine bestimmte Art von Mann gedacht, die sich derzeit entwickelt. Dieser Mann ist auf unverfrorene Weise maskulin – zielstrebig, selbstsicher und unverfälscht – und lebt das Leben, das er gewählt hat, mit tiefer Integrität und Humor. Er ist sensibel, spontan und auf lebendige Weise spirituell und widmet sich aus vollem Herzen der Entdeckung und dem Ausdruck seiner tiefsten Wahrheit.

Das Weibliche wirkt absolut erregend auf diesen Mann. Er ist ein Mann, der seine Gefährtin gerne voller Leidenschaft umarmt und mitreißt – allerdings nicht wie ein altmodischer Macho, sondern mit so viel Liebe, dass sie sich auflöst und beide in der Fülle des Liebens verschwinden. Mit seiner Arbeit und seiner Sexualität widmet er sich ganz der Verkörperung der Liebe auf dieser Erde, und er tut das als freier Mann, weder von äußeren Konventionen noch von innerer Feigheit eingeschränkt.

Dieser sich neu entwickelnde Mann ist kein ängstlicher Maulheld, der sich wie King Kong in Pose wirft, als befehlige er das Universum. Er ist auch kein New-Age-Softie, der ohne Rückgrat, ständig lächelnd, mit verklärtem Blick um sich schaut. Er hat seine maskuline und seine feminine Seite angenommen, aber bevorzugt keine von beiden. Er muss nicht immer recht haben, aber auch nicht immer berechenbar, kooperativ und mitteilsam sein wie ein androgyner lieber Junge. Er lebt aus dem tiefsten Kern seines Wesens, teilt furchtlos seine Gaben mit anderen, fühlt durch den verstreichenden Augenblick hindurch in die Offenheit der Existenz hinein und verpflichtet sich voll und ganz der Erweiterung der Liebe.

Um die Absicht, die ich mit Der Weg des wahren Mannes verfolge, genauer zu definieren, möchte ich zunächst auf einige Prinzipien der sexuellen und spirituellen Entwicklung eingehen.

Bis vor kurzem waren die modernen Männer- und Frauenrollen festgeschrieben und voneinander getrennt. Die Männer sollten hinausgehen und Geld verdienen. Die Frauen sollten zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern. Oft manipulierten die Männer die Frauen mit körperlichen und finanziellen Drohungen. Und die Frauen manipulierten die Männer mit emotionalen oder sexuellen Streicheleinheiten und Sticheleien. Typische, überzogene Karikaturen dieser Zeit sind der aufgeblasene Macho und das brave Hausmütterchen. Wenn Sie dieses Buch lesen, haben Sie sich wahrscheinlich über diese erste Phase des sexuellen Wachstums hinausentwickelt, oder Sie können zumindest darüber lächeln.

Als Nächstes kam eine Phase – und sie ist noch nicht zu Ende –, in der sowohl Männer als auch Frauen versuchten, ihre inneren maskulinen und femininen Energien fifty-fifty auszupendeln und sich mehr aneinander anzugleichen. So begannen amerikanische Männer in den 1960er-Jahren, ihre innere Weiblichkeit zu betonen. Sie lernten, im Fluss zu sein. Sie verzichteten auf ihr starres, eindimensionales männliches Gehabe, ließen sich die Haare wachsen und fanden Freude an bunter Kleidung, der Natur, Musik und einer sorgloseren, sinnlicheren Lebensweise – an allem, was die Ausstrahlung, die Kraft und die Fülle der Lebensenergie verstärkte: Sie gaben dem Femininen in sich mehr Raum.

Gleichzeitig taten die Frauen das Gegenteil. Sie verstärkten das Maskuline in sich, das sich auf der Ebene menschlicher Eigenschaften als Zielgerichtetheit, Entschlussfähigkeit und Visionskraft äußert. Die Frauen gewannen finanzielle und politische Unabhängigkeit. Sie stürzten sich auf ihre Karrieren, konzentrierten sich mehr auf langfristige persönliche Ziele, schrieben sich zahlreich an Universitäten ein, machten hochgradige Abschlüsse und lernten, ihre Bedürfnisse und Wünsche klarer durchzusetzen.

Wenn Sie dieses Buch lesen, sind Sie wahrscheinlich ausgeglichener als Ihre Eltern es waren. Als Frau sind Sie wahrscheinlich unabhängiger und durchsetzungsfähiger als ihre Mutter, und als Mann können Sie Ihre Gefühle besser ausdrücken und sind aufgeschlossener als Ihr Vater. Oder zumindest erscheinen Ihnen diese Eigenschaften akzeptabel, selbst wenn Sie sie nicht ausdrücken. Vergessen Sie nicht: Noch vor nicht allzu langer Zeit erweckten ein Mann mit einem modischen Haarschnitt oder einen Frau im Hosenanzug allgemeines Misstrauen.

Es war gut, dass die Männer im Laufe der Zeit ihre innere Weiblichkeit annahmen und die Frauen ihre innere Männlichkeit. Sie wurden vollständiger, heiler, nicht mehr so zersplittert. Sie waren nicht mehr so abhängig voneinander: Die Männer konnten tatsächlich Windeln wechseln und die Frauen ohne Probleme tote Mäuse aus der Mausefalle entfernen. Machos wurden lockerer und zeigten mehr Gefühle, und unterwürfige Hausfrauen wurden unabhängiger und zielgerichteter. Das war für alle eine Verbesserung.

Aber diese Fifty-fifty-Phase ist nur der zweite Wachstumsschritt für Männer und Frauen. Sie ist nur eine Übergangsphase, nicht der Endpunkt. Die Nebenwirkungen dieser Tendenz zur sexuellen Gleichheit tragen massiv zu der heutigen Unzufriedenheit in intimen Beziehungen bei. Der Trend zum Fifty-fifty führte zwar zu finanzieller und gesellschaftlicher Gleichheit, gleichzeitig aber auch zu sexueller Neutralität. Die Bankkonten sind gedeckt und die Leidenschaft verpufft. Die Männer sind keine kompletten Machos mehr, doch die Gewalttätigkeit in Film und Fernsehen nimmt täglich zu. Die Frauen haben zwar mehr Kontrolle über ihr finanzielles Schicksal, laufen aber auch aufgrund von Stressbeschwerden zunehmend zu Psychotherapeuten und Ärzten. Was ist los?

In meinen Seminaren und Beratungen beklagen sich unabhängige und erfolgreiche Frauen, die heutigen Männer seien zu „Waschlappen“ geworden – zu schwach und zu ambivalent, um ihr Vertrauen zu verdienen. Und sensible, zugewandte Männer beklagen sich, die heutigen Frauen seien zu „Mannsweibern“ geworden – zu verhärtet und emotional beherrscht, als dass man sich ganz auf sie einlassen könnte. Ist das der höchste menschliche Ausdruck sexueller Weisheit und Entwicklung, oder gibt es noch einen weiteren Schritt?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir das Wesen sexueller Leidenschaft und spiritueller Offenheit verstehen. Sexuelle Anziehungskraft basiert auf der Polarität der Geschlechter, der Kraft der Leidenschaft, die einen Bogen zwischen dem männlichen und dem weiblichen Pol spannt. Alle natürlichen Kräfte strömen zwischen zwei Polen. Der Nord- und Südpol der Erde erzeugen eine magnetische Kraft. Der positive und der negative Pol Ihrer Steckdose oder Autobatterie erzeugen elektrischen Strom. Auf dieselbe Weise erzeugen der maskuline und der feminine Pol zwischen zwei Menschen den Strom der sexuellen Gefühle und Empfindungen. Das ist die sexuelle Polarität.

Diese zwischen dem maskulinen und dem femininen Pol strömende Anziehungskraft entspricht der Dynamik, die in modernen Beziehungen so oft verloren geht. Wenn Sie sich nach wahrer Leidenschaft sehnen, müssen Sie ein hinreißender Liebhaber und eine hingerissene Geliebte sein; ansonsten sind da nur zwei Kumpel, die sich entscheiden, ins Bett zu gehen und ihre Geschlechtsteile aneinanderzureiben.

Jeder von uns, ob Mann oder Frau, besitzt innere maskuline und innere feminine Anteile: Männer können Ohrringe tragen, einander zärtlich umarmen und voller Ekstase in den Wäldern tanzen. Frauen können einen Ölwechsel machen, politische und finanzielle Macht aufbauen und sich im Boxring gegenüberstehen. Männer können sich um ihre Kinder kümmern. Frauen können für ihr Land kämpfen. Wir haben das bewiesen. Fast jeder kann in jedem Augenblick die männliche oder die weibliche Energie in sich aktivieren. (Obwohl man auch eine starke Vorliebe für die eine oder die andere hegen kann. Ich komme gleich darauf zurück.)

Man könnte die derzeitigen Fifty-fifty-Beziehungen der zweiten Phase so zusammenfassen: Wenn Männer und Frauen selbst in intimen Momenten an einer politisch korrekten Gleichheit festhalten, geht die sexuelle Anziehungskraft verloren. Ich meine damit nicht nur den Wunsch nach Geschlechtsverkehr, nein, die gesamte Beziehung verliert an Saft und Kraft. Die Liebe kann so stark sein wie zuvor, die Freundschaft kann so stark sein wie zuvor, aber die sexuelle Polarität verblasst – es sei denn, der eine Partner ist in Augenblicken sexueller Nähe bereit, den maskulinen Pol auszuspielen und der andere den femininen. Sie müssen die maskulinen und femininen Unterschiede beleben, wenn Sie auf dem Spielfeld sexueller Leidenschaft am Ball bleiben wollen.

Das gilt für homosexuelle ebenso wie für heterosexuelle Beziehungen. Tatsächlich sind sich Schwule und Lesben sehr bewusst, dass die sexuelle Polarität nicht vom Geschlecht abhängt. Aber auch sie brauchen zwei Pole, um das leidenschaftliche Spiel der Sexualität in ihren Beziehungen zu erhalten: männlich und weiblich, oben und unten, Geben und Nehmen – wie immer man diese sich ergänzenden Rollen im sexuellen Spiel nennen will.

Es liegt an Ihnen: Sie können eine langjährige Freundschaft mit einem Menschen haben, der Ihnen gleicht, aber wenn Sie eine starke sexuelle Polarität wünschen, brauchen Sie einen Partner, der maskuliner oder femininer ist als Sie.

Es kommt nicht darauf an, ob beide Partner Männer oder Frauen sind. Es macht keinen Unterschied, ob in einer heterosexuellen Beziehung der Mann die feminine Rolle oder die Frau die maskuline Rolle spielt. Es ist egal, wenn beide jeden Tag die Rollen tauschen. Sie brauchen für die sexuelle Polarität nur zwei energetische Pole, einen anziehenden Unterschied zwischen maskulin und feminin. Sie brauchen diese Unterschiede nicht für die Liebe, sondern um die sexuelle Leidenschaft aufrechtzuerhalten.

Manche Menschen, deren sexuelle Essenz ausgeglichener ist, brauchen gar keine sexuelle Polarität. Sie wollen nicht so viel Leidenschaft in ihrer Intimität. Sie wollen kein liebevolles Gerangel, keine sexuelle Inspiration, keine spielerischen Anzüglichkeiten. Sie hätten lieber eine zivilisierte Freundschaft in Liebe und mit vielen Gemeinsamkeiten, ohne die Höhen und Tiefen der Leidenschaft. Solche Menschen brauchen dieses Buch nicht, ja, sie finden es vielleicht sogar anstößig.

Das Buch wurde für Menschen mit einer maskulinen Essenz sowie für ihre Partner/innen geschrieben, die eine eher feminine Essenz besitzen, denn man zieht immer sein sexuelles Gegenteil an. Diese Menschen fühlen sich von Beziehungen angezogen, die auf einem Unterschied basieren, ob sie es wollen oder nicht, im Gutem wie im Schlechtem.

Ihre sexuelle Essenz entspricht Ihrer tiefsten sexuellen Veranlagung. Ist Ihre Essenz eher maskulin, können Sie es zwar genießen, zu Hause zu bleiben und mit den Kindern zu spielen, aber im Grunde werden Sie von einer Aufgabe, einer Mission getrieben. Sie kennen Ihre Mission vielleicht noch nicht, aber solange Sie diesen tiefen Lebenssinn noch nicht entdeckt haben und voll ausleben, fühlt sich Ihr Leben sinnlos und leer an, selbst wenn Ihre intimen Beziehungen und Ihr Familienleben voller Liebe sind.

Haben Sie eine eher feminine Essenz, kann Ihr Berufsleben zwar unglaublich befriedigend sein, doch in der Tiefe Ihres Wesens finden Sie erst Erfüllung, wenn auch Ihre Beziehung oder Ihr Familienleben voller Liebe sind.

Für einen Menschen mit einem maskulinen Wesenskern hat die „Mission“ oder die Suche nach der Freiheit Priorität, für einen Menschen mit einem femininen Wesenskern die Suche nach der Liebe. Das ist der Grund, warum Menschen mit einer maskulinen Essenz beim Fernsehen lieber ein Fußballspiel oder einen Boxkampf betrachten als eine Liebesgeschichte: Im Sport geht es darum, Freiheit zu erlangen und sich zum Beispiel aus dem Griff des Gegners zu befreien oder sich seinen Schlägen zu entziehen. Es geht darum, seine Mission erfolgreich zu erfüllen, den Ball ins Tor zu schießen oder nach zwölf Runden im Boxring immer noch aufrecht dazustehen. Die Mission, der Wettstreit und das Gefühl, alles zu riskieren (ja, dem Tod ins Auge zu sehen), bedeuten reine Ekstase für das maskuline Wesen. Sie brauchen sich nur anzusehen, wie beliebt Kriegsgeschichten, gefährliche Heldentaten und sportliche Entscheidungskämpfe unter Männern sind.

Doch das feminine Wesen wird zutiefst von der Suche nach Liebe berührt. Die Sehnsucht nach Liebe erfüllt alle femininen Formen der Unterhaltung – sei es in Seifenopern, Liebesgeschichten oder in Gesprächen über Beziehungen.

Das Feminine will mit Liebe erfüllt werden, und wenn die Seligkeit einer echten Liebe nicht auftaucht, tun es auch Schokolade, Eis oder ein erquickendes romantisches Drama. Das Maskuline will sich an einem Leben auf Messers Schneide ergötzen, und wenn der Betreffende nicht genug Schneid hat, es selbst zu leben, schaut er sich im Fernsehen Sportveranstaltungen und Krimis an.

Natürlich schauen sich auch glückliche und erfüllte Männer und Frauen gerne Sportsendungen an und genießen es, Eisbecher zu löffeln. Ich möchte nur etwas klarstellen: Obwohl alle Menschen sowohl maskuline als auch feminine Eigenschaften haben und jederzeit einsetzen können – zum Beispiel, um sich in der Firma zu behaupten oder ihre Kinder zu versorgen –, sind die meisten Männer und Frauen im Kern mehr maskulin oder mehr feminin. Und das zeigt sich in ihrer bevorzugten Unterhaltungsform ebenso wie in ihren sexuellen Vorlieben.

Überlegen Sie doch mal: Haben Sie es lieber, wenn Ihre sexuelle Partnerin stärker ist als Sie, oder möchten Sie lieber ihre physische Verletzlichkeit spüren? Was erregt Sie mehr: Ihre Partnerin kraftvoll unter sich zu halten oder selbst unter Ihrer Partnerin zu liegen? Von einer einfühlsamen und starken Liebhaberin mitgerissen zu werden oder zu spüren, wie die Geliebte sich hingibt und in Ihren Armen zerfließt? Vielleicht mögen Sie beides – aber was erregt Sie häufiger?

Oder erregen Sie all diese Möglichkeiten gleichermaßen? Das heißt, fühlen Sie sich von einer körperlich schwächeren Partnerin ebenso angezogen wie von einer stärkeren und gleich starken?

Die meisten Menschen, so in etwa neunzig Prozent, haben anscheinend klare Vorlieben. Entweder wünschen sie sich, dass ihr Partner die Küchenschabe zerquetscht, die auf sie zukrabbelt, oder sie übernehmen es gerne selbst, vielleicht sogar mit sportlicher Inbrunst. Die meisten Menschen ziehen im Fernsehen einen Liebesfilm eindeutig einem Boxkampf vor oder umgekehrt. Sie können vielleicht beides genießen, werden aber im Kern mehr von dem einen oder dem anderen emotional mitgerissen. Wenn Sie jemals eine Gruppe maskuliner Menschen bei einem wichtigen Fußballspiel beobachtet haben, wissen Sie, wie emotional der maskuline Kern werden kann, wenn er zusieht, wie jemand eine gute Mission erfüllt, auf Messers Schneide lebt und alles gibt – oder abgeschlachtet wird, weil er versagt hat.

Etwa neunzig Prozent aller Menschen besitzen also eine eher männliche oder eher weibliche Essenz und würden es sich wünschen, neben einer liebevollen freundschaftlichen Beziehung zumindest manchmal von ihrem Partner leidenschaftlich, liebevoll und kraftvoll mitgerissen zu werden oder ihn mitzureißen. Das gilt für Homosexuelle und Heterosexuelle gleichermaßen.

Ungefähr zehn Prozent der Menschen, Männer wie Frauen, Homosexuelle wie Heterosexuelle, haben eine ausgeglichene Essenz. Sowohl Boxkämpfe als auch Liebesgeschichten erregen ihre Gefühle oder beides lässt sie kalt. Es macht ihnen nicht wirklich etwas aus, ob ihr Liebhaber körperlich stärker oder verletzlicher ist als sie. In ihren Beziehungen spielt die sexuelle Polarität keine wichtige Rolle.

Ungeachtet Ihrer Geschlechtszugehörigkeit oder sexuellen Ausrichtung: Wenn Sie tiefe spirituelle und sexuelle Erfüllung wünschen, müssen Sie Ihre natürliche sexuelle Essenz kennen – sei sie maskulin, feminin oder ausgeglichen – und ihr in Ihrem Leben gerecht werden. Sie können Ihre wahre sexuelle Essenz nicht leugnen, indem Sie sie jahrelang unter Schichten falscher Energie verbergen, und dann erwarten, Ihren authentischen Lebenssinn zu erfahren und frei im Strom der Liebe zu schwimmen. Dieses Buch ist ein Leitfaden für das Ablegen der falschen Rollen und ein Leben, das Ihrem wahren Wesenskern entspricht, besonders für Menschen mit einer maskulinen sexuellen Essenz, sowie für ihre weiblichen Geliebten, die mit ihnen umgehen müssen.

In dem gut gemeinten Versuch, Männern und Frauen gleiche Chancen und Rechte zu verschaffen, unterdrücken viele Menschen unabsichtlich ihre wahre sexuelle Essenz. Das muss nicht so sein. Es ist durchaus möglich, Gleichberechtigung anzustreben und gleichzeitig seinen femininen oder maskulinen Kern auszuleben. Aber die meisten Menschen tun das nicht. Also leiden sie.

Die meisten Menschen vergessen, dass die Gleichberechtigung, die im Büro funktioniert, in der Intimsphäre bei neunzig Prozent der Paare fehl am Platz ist, das heißt, wenn deren Essenz nicht ausgeglichen, sondern bei einem Partner feminin und bei dem anderen maskulin ist. Damit die sexuelle Leidenschaft in solchen polarisierten Beziehungen strömen kann, sollten die Unterschiede zwischen feminin und maskulin in intimen Momenten betont, nicht aber gemindert werden. Verringern sich die Polaritäten aufgrund familiärer oder beruflicher Belastungen, nimmt auch die sexuelle Anziehung ab – ebenso wie die spirituelle Tiefe und die körperliche Gesundheit.

Wenn Sie Ihre maskuline oder feminine Essenz in eine fälschlich ausgeglichene Persona zwängen, schadet das all Ihren Anteilen. Viele Menschen mit einer wahren femininen Essenz weisen eine ganze Serie physischer Symptome auf, wenn ihre feminine Energie „austrocknet“, weil sie Jahr um Jahr versuchen, ihrem Körper zu viel maskuline Energie zuzumuten, um sich einem maskulinen Arbeitsstil anzupassen. Und viele Menschen mit maskuliner Essenz, die versuchen, sich an die feminine Art der Kooperation und der fließenden Energie anzupassen, schneiden sich von ihrem Lebenssinn ab und unterbinden ihre tiefste Wahrheit aus Angst vor den Konsequenzen, die es haben könnte, zu ihrer wahren Männlichkeit zu stehen. Daher auch die häufigen Beschwerden über zu viele „Mannsweiber“ und „Waschlappen“.

Wenn Sie Ihren wahren Kern leugnen, leugnen Sie auch die Möglichkeit wahrer und echter Liebe. Liebe ist Offenheit, durch und durch. Und wahre Spiritualität bedeutet, Liebe zu praktizieren, Offenheit zu praktizieren. Ein Mensch, der seine eigene Essenz leugnet und sein wahres Begehren verbirgt, ist zerrissen und unfähig, sich entspannt auf die Offenheit der Liebe einzulassen. Sein Geist wird eingeengt und verdreht. Unfähig, die natürliche Leichtigkeit und uneingeschränkte Kraft seines eigenen Kerns zu spüren, fühlt er sich bedroht und fürchtet sich. Diese Furcht ist die Wurzel seiner Unfähigkeit, sich in der Liebe ganz zu öffnen. Ein solcher Mensch ist spirituell behindert, sein Herz ist verschüttet, selbst wenn er sich vielleicht eine sichere Beziehung und eine erfolgreiche Karriere aufgebaut hat.

In unserer Kultur mögen wir in Bezug auf persönliche Freiheit, Gleichberechtigung der Geschlechter und soziale Rechte weitergekommen sein, doch in spiritueller Hinsicht sind wir eingeschränkt und ängstlich geblieben. Im Interesse der individuellen Autonomie und sozialen Gerechtigkeit haben wir – mit den besten Absichten – begonnen, die Unterschiede zwischen maskulin und feminin irrtümlicherweise zu nivellieren. In diesem Prozess kommen viele an den Punkt, wo sie ihre tiefsten Sehnsüchte leugnen, die in ihrer wahren sexuellen Essenz verwurzelt sind. Viele Menschen glauben heute zwar, eine ausgeglichene sexuelle Essenz zu besitzen, doch die meisten unterdrücken in Wirklichkeit ihre natürlichen Wünsche, die ihrem wahren maskulinen oder femininen Kern entspringen.

Wenn Sie Ihr Leben wirklich in die Hand nehmen wollen, müssen Sie sich zunächst die Wahrheit eingestehen. Der Weg des wahren Mannes beleuchtet viele Themen, an denen wir uns oft vorbeimogeln oder die wir leugnen. Wenn Sie zum Beispiel eine wirklich ausgeglichene sexuelle Essenz haben, dann üben sexuelle Signale keine große Wirkung auf Sie aus. Sind Sie jedoch ein heterosexueller Mann mit einer wirklich maskulinen Essenz, dann sind Sie mehr oder wenig konstant von allen femininen Frauen angezogen, die Ihnen im Laufe des Tages am Arbeitsplatz oder auf der Straße begegnen. Verheiratete Frauen, Teenager … solange sie das feminine Leuchten ausstrahlen, verspüren Sie den Sog. Wie verwandeln Sie dieses potenzielle sexuelle Problem in eine spirituelle Gabe?

Wenn Sie eine maskuline Essenz besitzen und einmal absolut ehrlich sind, müssen Sie wahrscheinlich zugeben, dass Ihre intime Beziehung Ihnen nicht so wichtig ist wie Ihre „Mission“ im Leben – dennoch wünschen Sie sich eine erfüllte und dynamische intime Beziehung, vielleicht sogar sehr. Wie gehen Sie mit diesem häufig missverstandenen Dilemma um?

Um derartige Fragen so klar wie möglich zu beantworten, habe ich dieses Buch für den typischsten Fall von maskuliner sexueller Essenz formuliert: Für den heterosexuellen Mann mit einer maskulinen sexuellen Essenz. Wie schon gesagt gibt es viele verschiedene Kombinationen von Geschlecht, Essenz und sexueller Vorliebe. Beispielsweise könnten Sie eine heterosexuelle Frau mit einer maskulinen Essenz sein, die mit einem Mann mit einer femininen Essenz verheiratet ist, oder Sie sind ein homosexueller Mann mit einer maskulinen Essenz, der mit einem Mann mit femininer Essenz zusammenlebt – in beiden Fällen treffen die Prinzipien dieses Buches auch auf Sie zu. Ich vertraue der Fähigkeit des Lesers, meine Worte auf seinen individuellen Fall zu beziehen, wenn er sich von den meisten unterscheidet.

Ich nehme an, das Buch hätte auch den Titel „Der Weg des wahren Menschen mit maskuliner Essenz“ tragen können. Aber das Ganze wäre zu sperrig geworden, hätte ich versucht, jede mögliche Variation von „er“ und „sie“, von „maskuliner sexueller Essenz“ und „ausgeglichener sexueller Essenz“ in jeder Form von heterosexueller, bisexueller und homosexueller Beziehung aufzuführen. Am Ende habe ich mich für die Einfachheit entschieden. Sie können die Variationen selbst einfügen. Wenn Ihr Partner ungeachtet seiner Anatomie, Geschlechtszugehörigkeit oder sexuellen Vorlieben eine maskuline sexuelle Essenz hat, wird Ihnen dieses Buch helfen, Klarheit in Ihr Leben zu bringen und Sie befähigen, Ihr Bestes zu geben, privat und bei der Arbeit, sexuell und spirituell.

Der Weg des wahren Mannes wurde ausdrücklich für Menschen geschrieben, die das andere Geschlecht und Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen schon jetzt mit Respekt betrachten, und die Männer und Frauen gesellschaftlich, ökonomisch und politisch für gleichwertig halten. Jetzt sind wir bereit, die nächste Stufe zu erklimmen: Auf der Basis von Gleichheit und gegenseitigem Respekt können wir nun die sexuelle und spirituelle Leidenschaft feiern, die der maskulin-femininen Polarität innewohnt.

Es ist an der Zeit, über das platte Macho-Ideal – nur Rückgrat und kein Herz – hinauszugehen. Es ist auch an der Zeit, das Ideal des sensiblen und mitfühlenden Waschlappens – nur Herz und kein Rückgrat – hinter sich zu lassen. Herz und Rückgrat müssen sich in einem Mann vereinen und dann transzendiert werden, um den vollsten Ausdruck der Liebe und des Bewusstseins zu erlauben. Das verlangt eine tiefe Entspannung in die unendliche Offenheit dieses gegenwärtigen Augenblicks. Und es verlangt eine neue Art von Mut. Das ist der Weg des wahren Mannes.

Der Weg des wahren Mannes

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