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Kapitel Vier Wir können etwas bewirken

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Mir war klar, dass Dakota und ich bei Menschen in Not etwas bewirken konnten. Allmählich kehrte mein Selbstvertrauen zurück und meine Ängste wurden weniger - langsam dämmerte mir, dass ich wieder nützlich und unabhängig sein konnte. Es war die erste große Aufgabe, die ich seit meinen Herzinfarkten und der Operation anging. Während Dr. Attar und Nancy mich begeistert unterstützten, mussten sie mich daran erinnern, auf Erschöpfungsanzeichen und meine Gesundheit zu achten. Da ich immer noch mit Herzattacken und anderen Problemen zu kämpfen hatte, musste ich sämtliche Aktivitäten gelassen angehen.

Einer der ersten Orte, die Dakota und ich besuchten, war das Shriners Kinderkrankenhaus. Es wurde für mich das beeindruckendste Erlebnis von allen. Die bedingungslose Liebe eines Hundes trug deutlich zur emotionalen und körperlichen Heilung der kleinen Patienten und ihrer Familien nach lebensbedrohenden Krankheiten und Radikaloperationen bei.

Wenn es darum ging, mit solchen Kindern umzugehen, zeigte Cody mehr Stärke als ich. Für mich war es fast unerträglich, an ein Kind zu denken, das solche Herausforderungen meistern sollte. Die eigenen Probleme seiner Familie, angefangen beim Kampf gegen die Schmerzen des Kindes über ihre eigenen Schuldgefühle, weil sie nicht mehr für ihr Kind tun konnten, bis hin zu der unsicheren Zukunft, der sie alle ausgesetzt waren, konnte ich noch nicht einmal anfangen zu verstehen. Doch Cody und ich taten, was wir konnten, um den Kindern und ihren Familien zu helfen.

Der technische Begriff für das, was Dakota und ich taten, ist »Aktivitäten und Therapie unterstützt durch Tiere«. Bei den »Aktivitäten« besuchen die Tiere Patienten und Familien und versuchen, sie aufzuheitern und von ihren Problemen abzulenken. Die Theorie ist einfach: Ein Tier zu streicheln und sich mit ihm zu befassen hilft, die Nöte und Sorgen des Menschen zu erleichtern, und senkt seinen Blutdruck. Dies beschleunigt oftmals den Heilungsprozess.

Bei der Tiertherapie arbeiten die Tiere und ihre Halter unter der Anleitung eines Arztes, einer Krankenschwester oder eines Therapeuten (Physio-, Sprach-, Beschäftigungstherapie und ähnliches) in einem für den einzelnen Patienten ausgearbeiteten individuellen Programm. Das kann in Wesen und Zielsetzung körperlich, emotional oder spirituell sein. Die Zielsetzung kann zum Beispiel sein, einen Patienten dazu zu bringen, ein bestimmtes Körperteil zu bewegen - den Arm zu bewegen, um ein Spielzeug zu werfen, das der Hund wiederbringen soll, oder um eine Katze zu bürsten oder ein Tier zu streicheln. Patienten können auch dazu gebracht werden, einen Schritt zu machen oder auf ein Tier zuzugehen, um ihm ein Leckerchen zu geben. Das Tier kann auch einen Menschen motivieren, zu sprechen oder etwas zu lernen - zum Beispiel Lesen oder Zeichnen. Und all diese Aktivitäten können zur emotionalen und seelischen Heilung des Patienten beitragen, was genauso wichtig wie ihre physische Rehabilitation ist.

Im Shriners Hospital war es immer eine Mischung von allem und Dakota meisterte alles. Da war zum Beispiel die kleine siebenjährige Linda. Sie hatte Krebs und ihr rechtes Bein war amputiert worden. Wie die Stationsschwester mir sagte, hatte Linda starke Schmerzen, war verwirrt und psychisch am Ende.

Ich holte tief Luft und ließ mich von Cody ins Krankenzimmer führen. Lindas Eltern saßen am Bett ihrer Tochter. Sie standen auf, um uns zu begrüßen. Ich sah, dass Linda lächelte, und das reichte mir schon - ich war sowieso schon den Tränen nahe.

»Schau mal, Linda - ein Hund!«, sagte ihre Mutter. »Ist der nicht schön?«

Linda nickte.

»Möchtest du ihn streicheln?«, fragte ich, während ich immer noch gegen meine Tränen ankämpfte.

Wieder nickte sie.

Ich führte Dakota neben ihr Bett, so dass sie ihn streicheln konnte. »Er heißt Dakota«, erzählte ich ihr.

»Hi, Dakota.«

»Er kommt sehr gerne hierher«, sagte ich ihr. »Er liebt es, wenn die Kinder ihn anlächeln.«

Lindas Eltern lächelten und auch Dakota schien zu lächeln, während er sanft mit dem Schwanz wedelte. Wie ich merkte, spürte er Lindas Schmerzen.

»Hast du zu Hause auch einen Hund, Linda?«, fragte ich.

»Nein, wir haben eine Katze.«

»Wie wär’s, wenn wir uns Dakota teilen, solange du hier bist?«

»Okay«, sagte sie und strahlte.

Dakota stellte sich auf die Hinterbeine und legte die Vorderpfoten auf Lindas Bett. Für mich war das Ganze noch neu und so war ich nicht sicher, was ich tun sollte. Ich nahm ihn etwas fester an der Leine, damit er ihr nicht zu nahe kommen konnte.

Jetzt übernahm Lindas Vater die Führung. »Schau mal, Linny, er will zu dir aufs Bett klettern«, sagte er.

»Manchmal legt er sich zu mir ins Bett, wenn es mir nicht gut geht«, sagte ich. »Aber mein Bett ist ein bisschen größer als deins. Wie wär’s, wenn wir ihn auf einen Stuhl neben dein Bett setzen?«

»Okay.« Linda lächelte immer noch und ihre Augen wurden größer und strahlender. Wenn Augen wirklich das Fenster zur Seele sind, dann zeigte uns Linda, dass ihre Seele ein Stück verdiente Zufriedenheit empfand.

Ich zog einen Stuhl an ihr Bett und setzte Cody mit dem Hinterteil darauf. Dann legte ich ein Handtuch aufs Bett, und er legte die Vorderpfoten und den Oberkörper neben Linda auf die Matratze. Es war zwar nicht gerade ein Kunstwerk, aber es funktionierte einwandfrei. Während sie ihn eifrig streichelte, blieb er ruhig liegen.

»So hat sie nicht mehr gelächelt, seit sie hier ist«, sagte ihre Mutter mit brüchiger Stimme.

»Und uns ist das Lächeln auch vergangen«, fügte ihr Vater hinzu. »Sie bekommt die maximale Stärke an Schmerzmitteln, die ihr System vertragen kann, und die Ärzte geben ihr nicht mehr. Ich glaube, das hier könnte fast so gut wirken wie Schmerzmittel.«

Danach sagten wir nicht mehr viel. Wir standen still da und schauten zu, während Linda Cody streichelte, bis sie irgendwann einschlummerte. Ich hob ihn sanft vom Stuhl und wir gingen hinaus in den Flur, wo ich ihn lange umarmte. Dann vergrub ich das Gesicht tief in sein weiches rotblondes Fell und weinte.


♦ ♦ ♦


Physiotherapie kann ein langer, mühsamer Prozess sein, der von Wiederholungen und Schmerzen dominiert wird. Manchmal lässt sich der Patient nur schwer dazu bringen, die vielen Bewegungen immer wieder auszuführen und durchzuhalten.

Wie viele medizinische Fachleute bestätigen, haben sie es leichter, ihre Patienten - vor allem Kinder - zu motivieren, wenn ein Tier dabei ist. Eine Physiotherapeutin berichtete mir, dass ihre Patienten in Dakotas Anwesenheit ihre Aufgaben sofort bewältigten, statt wie gewöhnlich zwei bis drei Tage zu brauchen, bis sich ein Erfolg bei ihnen einstellte. Ein Hund wie Dakota kann die Alltagsroutine lebendiger machen: Wenn er sich um seine Patienten kümmerte, wedelte er mit dem Schwanz, gab ihnen feuchte Küsse, und dann war der Raum von Gelächter erfüllt. Es war keine Arbeit für den Patienten, sondern ein glückliches Erlebnis.

Statt jemanden dazu zu bringen zu laufen, sagte der Therapeut zum Beispiel: »Bring Dakota den Hundekuchen.« Um einen Patienten dazu zu bringen, den Arm zu bewegen, forderte der Therapeut ihn auf: »Wirf den Ball für Dakota«, und so fort.

Und die Reaktion der Patienten änderte sich von »Das will ich nicht tun« in »Ja, das kann ich«.

Ich habe Kinder gesehen, die nur wegen Cody ihre ersten Schritte des Reha-Prozesses machten. Ich habe gehört, wie Schlaganfallpatienten ihren ersten vollständigen Satz als Antwort auf eine Frage über meinen Hund sagten - und das nach vielen Wochen einsilbiger Antworten. Ich habe Kinder lächeln gesehen, die nichts mehr hatten, worüber sie lächeln konnten, bevor Dakota schwanzwedelnd in ihr Leben trat. Glauben Sie mir: Die gehobene Stimmung ist für den Heilungsprozess genauso wichtig wie jeder körperliche Fortschritt.

Die Motivierung funktioniert auch für Schulkinder. Cody und ich besuchten zum Beispiel die T. H. Rogers Schule in Houston, in der Kinder mit schweren geistigen Behinderungen unterrichtet wurden.

Jan fragte mich, ob wir Interesse hätten, dort zu arbeiten. »Sie brauchen einen besonderen Hund, und so habe ich ihnen gesagt, wir hätten einen für sie.«

Ohne zu zögern, stimmte ich zu.

Cody hatte eine besondere Art, mit Kindern umzugehen, die möglicherweise von unseren Spaziergängen in der Nachbarschaft herrührte. Und obwohl er bei Kindern in seinem Element war, würde dieses Projekt nicht ganz einfach werden. Das merkte ich an der Begrüßung, die wir an unserem ersten Schultag erhielten. Es gab sechs Kinder im Alter zwischen sechs und neun Jahren und die meisten von ihnen hatten große Angst vor ihm. Ein paar weinten sogar bei seinem Anblick. Doch Cody zuckte nicht mit der Wimper, und das half uns Erwachsenen, dieselbe richtige Einstellung zu bekommen.

Lehrer, die behinderte Schüler unterrichten, sind selbst etwas Besonderes. Die Lehrer der T. H. Rogers Schule nahmen Dakota sehr herzlich in Empfang. Vielleicht war das aus demselben Grund, aus dem Physiotherapeuten ihn so gern sahen: Er lieferte ihnen den Vorteil, ihnen bei der Motivierung der Kinder zu helfen, ihre Aufmerksamkeit zu fördern und sie dazu zu bringen, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Eine der von den Lehrern entwickelten Aufgaben war eine lustige Übung, die den Kindern die Grundfarben beibringen sollte. Dafür brachten wir Dakota hinter eine Leinwand und steckten einen von verschiedenen bunten Schals in den Rucksack, den er trug. Dann führten wir Dakota zu den Kindern, und eins von ihnen öffnete seinen Rucksack und zog den Schal heraus.

»Welche Farbe ist das?«, fragten die Lehrer dann die Kinder. Das Kind, das die richtige Antwort wusste, durfte Dakota umarmen und ihm ein Leckerchen geben. In den ersten Wochen wussten die Kinder nur selten die richtige Antwort. Doch wenn sie kam, war die Freude so groß, dass das Feiern fast in ein Chaos mündete.

Ein Junge namens Brett war der erste Schüler, der die Farbe ohne hilfreiche Hinweise richtig benennen konnte. Er war darüber so aus dem Häuschen, dass er sie ein Dutzend Mal wiederholte: »Rot, rot, rot, rot ...« Er rannte zu Cody, umarmte ihn und gab ihm ein Leckerchen, während die anderen Kinder jubelten und die Farbe wiederholten.

Die Kinder waren grob, laut und kräftig, und es war nicht einfach, sie zu bändigen. Cody half dabei. Mehr als einmal sah ich ein Kind, das ein Büschel von Dakotas rotgoldenen Haaren in der Hand hielt. Das muss ihm wehgetan haben, doch er rührte sich nicht und knurrte auch nie.

Wir gingen zweimal in der Woche für jeweils zwei Stunden in die Schule. Manchmal schien es, als sei jeder Tag dort unser erster. Natürlich erinnerten die Kinder sich an den Hund, doch die Farben waren für sie immer noch ein Rätsel. Die Nachmittage waren lang und voller Wiederholungen einfacher Übungen und die Kinder ermüdeten rasch. Die Lehrer machten häufig eine Pause, damit die Kinder sich hinlegen und ausruhen konnten. Cody legte sich zu ihnen. Er richtete seine ganze Energie und Konzentration auf die Kinder, und ich tat es ihm gleich. Es wurde mein persönliches Projekt - ich wollte unbedingt, dass diese Kinder einen Lernerfolg hatten.

Wir übten zu Hause. Dafür holten wir jedes seiner Spielzeuge aus dem Rucksack, machten Lärm und tanzten um ihn herum, damit er auf alles vorbereitet war. Wie ich sehr schnell merkte, lenkte ich die Energie, die ich früher darauf verschwendet hatte, mir Sorgen um mich zu machen, auf die Vorbereitung unserer wöchentlichen Besuche.

»Komm, wir gehen in die Schule, Cody«, war alles, was er hören musste, um zur Haustür zu gehen. Und wenn wir dort ankamen, ging er schnurstracks zur Tür des Klassenzimmers. Er liebte die Kinder, und ich glaube, er wusste auch, dass er ihnen half. Über die nächsten paar Monate hinweg machten wir allmählich Fortschritte: Nacheinander begannen die Kinder, die Farben korrekt zu benennen. Wenn sie merkten, dass sie es richtig machten, strahlten ihre Gesichter. Ich sah ihr wachsendes Selbstvertrauen und die Entwicklung ihrer sozialen Kompetenzen. Nichts auf der Welt würde ich gegen den Ausdruck auf ihren kleinen Gesichtern eintauschen, den sie bekamen, wenn sie eine Farbe richtig erkannten und zu Dakota rannten, um ihn zu umarmen.

Bald fingen die Lehrer damit an, Buchstaben in Dakotas Rucksack zu packen, und wir begannen, die Namen der Kinder zu buchstabieren. Für mich war das ein unglaubliches Erlebnis. Sobald die Kinder gemerkt hatten, dass sie mit Dakota lernen konnten, wollten sie mehr davon. Auch sah ich die Begeisterung ihrer Lehrer über die Lernerfolge der Kinder. Ein wichtiger Aspekt von Dakotas Rolle war, den Lehrern dabei zu helfen, in ihrem äußerst schwierigen täglichen Job etwas Lohn und Erfolg zu erfahren.

Cody war nach den zwei Stunden erschöpft, doch die Kinder wollten ihn nie mehr gehen lassen. Sie bettelten ihn an, zu bleiben und noch weiter mit ihnen zu spielen. Und auch wenn ich die Arbeit stressig, doch befriedigend fand, musste ich sie nur zwei Mal in der Woche leisten. Für die Lehrer der Kinder - und für ihre Eltern - war es eine tägliche Herausforderung.

Um die Fortschritte zu feiern, die wir an der T. H. Rogers Schule machten, kaufte ich vor Weihnachten einen großen roten Sack und füllte ihn mit Teddybären für jeden der Schüler. Cody und ich saßen im Klassenzimmer, und jedes Kind kam zu uns, um seinen Bären abzuholen. Ich ließ es mir seinen Namen sagen, bevor es den Teddy überreicht bekam. Jedes Kind schaffte es. Mein schönstes Weihnachtsgeschenk aller Zeiten war eine Sammlung von Karten, die die Kinder für uns gemacht hatten - selbst geschrieben!

Auch eine andere Schule für Kinder mit ähnlichen Behinderungen besuchten Dakota und ich. Die behinderten Schüler waren in die normale Schule »integriert«, was jedoch leider zur Folge hatte, dass sie beinahe täglich von Mitschülern gemobbt wurden. Als diese Mitschüler herausfanden, dass Dakota ihre behinderten Klassenkameraden einmal in der Woche besuchte, wollten auch sie sich mit ihm anfreunden. Cody kümmerte sich um alle, da er alle Kinder gleich liebte. Hunde machen keinen Unterschied, ob jemand behindert oder anders ist. Ich glaube, seine bedingungslose Akzeptanz der Kinder, die anders waren, war für die anderen Kinder eine lehrreiche Erfahrung.

Ich brauchte nicht viele Besuche im Krankenhaus und den Schulen, bevor ich feststellte, dass auch ich eine lehrreiche Erfahrung machte: Jetzt, da ich es freiwillig tat, konnte ich plötzlich meine Probleme bewältigen und mein Leben leben. Im Gegensatz dazu mussten diese Kinder jeden einzelnen Tag gegen ihre Behinderungen ankämpfen. Ich lernte viele Kinder kennen, die nur wenig Hoffnung auf eine schmerzfreie Zukunft oder ein einfaches Leben hatten. Und trotzdem konnten sie lächeln, vor allem wenn Cody auftauchte. Bei unserer Ankunft wollten die Kinder immer wissen, was wir an dem Tag mit ihnen anstellen würden. Und sie arbeiteten daran. Sie schienen bei jedem Schritt auf Dakotas Zustimmung zu warten und teilten ihre Erfolge mit ihm. Es war ein beeindruckendes Erlebnis, das ich fast täglich machte.


♦ ♦ ♦


Wir haben auch viele Senioren besucht. Das war natürlich ein ganz anderes Szenario als das mit den Kindern. Hier erlebten wir Reaktionen, die von reiner Freude über Codys Gegenwart bis hin zu therapeutischen Wirkungen reichten, die durch Streicheln und Umarmungen erzielt wurden.

Alle Senioren wollten sich mitteilen. Manchmal waren sie melancholisch und manchmal wollten sie glückliche Erinnerungen mit uns teilen. Cody erinnerte James an den Hund aus seiner Kindheit, doch für Sylvia war er wie der Hund ihrer Kinder, was sie daran erinnerte, dass sie von den Kindern nicht oft genug besucht wurde.

»Schwimmt er gern?«, wollte Donald wissen und dachte an seine Jagdzeiten zurück. »Kann er Vögel apportieren?«

»Klar, er ist ein ausgezeichneter Jagdhund«, erzählte ich ihm. Soweit ich wusste, hatte Cody zwar noch keinen Tag in seinem Leben gejagt, aber was machte das schon? Meine Antwort brachte Donald dazu, sich ausführlich mit mir über Jagdhunde, Vögel und die Jagd zu unterhalten.

Das Wichtigste war nicht das, was sie sagten, sondern dass sie überhaupt etwas sagten. Dakota lockte sie aus ihrer Innenwelt heraus und brachte sie dazu, ihre Gefühle auszudrücken - etwas, was ein Therapeut nicht immer schafft. Viele Fachleute und Pflegekräfte sahen verblüfft zu, während einige der Heimbewohner die ersten vollständigen Sätze aussprachen, die sie je von ihnen gehört hatten ... und diese Sätze sagten sie zu einem Hund.

Viele Senioren umarmten Cody auch einfach nur und alle hielten irgendein Leckerchen für ihn bereit. Manche von ihnen kauften sogar eine Schachtel Hundekuchen nur für seine Besuche. Sie machten auf der Couch oder in ihrem Bett Platz für ihn. Sie redeten mit ihm, als wäre niemand sonst im Zimmer. Einige von ihnen, die unter Altersdemenz oder Alzheimer litten, hielten ihn für ihren eigenen Hund. »Bitte sorgen Sie gut für ihn. Ich vermisse ihn so«, hörte ich mehr als einmal. Ich versprach den Leuten jedes Mal, mich so um ihn zu kümmern, als wäre er mein eigener Hund.

An einem glühheißen, schwülen Sommertag erlebte ich zum ersten Mal, wie Dakota mit Sterben und Tod umging. Annette war über neunzig, und sogar in der unerträglichen Hitze lag sie unter der Decke, weil sie ständig fröstelte. Zum Glück hatte ich einen 45 Kilo schweren Bettwärmer dabei. Cody beschnüffelte sie kurz und dann kletterte er ohne Aufforderung vorsichtig neben ihr aufs Bett. Da er so sanft vorging, ließ ich ihn machen. Er kuschelte sich an sie.

Annette legte die Hand auf ihn und lächelte. Ich beugte mich hinunter, um ihre leise Stimme zu verstehen. »Er ist so warm«, sagte sie. »Er fühlt sich so gut an.«

Ich lächelte ihr zu und legte meine Hand auf ihren Arm, um ihr zu zeigen, dass ich sie verstanden hatte. Wie ihr Gesichtsausdruck und ihre Stimme mir sagten, hatte sie ihren Frieden gefunden und wusste, dass jetzt alles in Ordnung war. Sie lächelte ein letztes Mal und schloss die Augen. Innerhalb von wenigen Minuten war Annette von uns gegangen - Dakota hatte ihr geholfen, ihre letzte Ruhe zu finden.


♦ ♦ ♦


Wir machten im Namen der Paws for Caring eine Menge Besuche. Da ich mich um keinen Job mehr zu kümmern brauchte, hatte ich viel Zeit. Mir war klar, dass der wahre Star unseres Teams Dakota war und ich nur dazu da war, ihm die Besuche zu ermöglichen. Und es war mir eine Ehre.

Als Cody in mein Leben trat, hatte ich mich aufs Sterben vorbereitet. Nun war alles anders. So wurde ich im Sommer 1996 von Paws for Caring dank Dakota zum Ehrenamtlichen Mitarbeiter des Jahres im Raum Houston ernannt. Ich hatte von Anfang an gespürt, dass Jan und die anderen Mitarbeiter bei Paws for Caring verstanden, wie stark ich von diesen Aktivitäten profitierte, und sie sorgten dafür, dass auch ich einen Vorteil hatte. Es funktionierte wunderbar für mich. Dakota war mein Lehrer und ich war sein Schüler. Er brachte mir bei, im Augenblick zu leben und jeden Tag, so wie er war, zu genießen. Allmählich verstand ich die Lebenseinstellung der Golden Retriever. Er lehrte mich bedingungslose Liebe, und das war die stärkste Medizin, die ich nehmen konnte. Und er erfüllte mein geschundenes Herz jeden Tag mit Freude.

Ich hatte einen neuen Lebenssinn und ich war glücklich und produktiv. Es war noch gar nicht so lange her, dass ich überlegt hatte, wie ich mein Leben beenden könnte. Jetzt konnte ich morgens gar nicht erwarten, aufzustehen und mein Leben mit Dakota zu teilen - und ihn mit allen zu teilen, die ihn brauchten. Es war der Zeitpunkt, an dem ich anfing zu merken, dass Cody wirklich ein Schutzengel war, der keine Stunde von meiner Seite wich.

Der Engel an meiner Seite

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