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Er war mittlerweile sehr gerne Privatdetektiv. Aber doch brauchte er von Zeit zu Zeit Abstand von seinem Beruf. Sein hervorragender Ruf in Fachreisen gestattete es David Buchmann, auch einmal für mehrere Monate zu verreisen, ohne dadurch Aufträge einzubüßen.

Er war früher ein bekannter Theaterregisseur gewesen. Bei einem blutigen Überfall auf das Theater44 hatte David als einziger überlebt. Die grausamen Augenblicke erschienen immer wieder wie ein Film vor seinem geistigen Auge.

Warum habe ich überlebt und alle anderen sind tot?

Immer wieder stellte er sich diese Frage. In der Presse wurde von einem Wunder geschrieben. David konnte nach diesem Erlebnis kein Theater mehr betreten. Er hatte sein Leben komplett verändert und wollte Menschen, die unschuldig in Not geraten waren, helfen.

Daher machte er sich als Privatdetektiv selbständig. Er mietete in der Nymphenburger Straße ein kleines Büro und lebte zu Beginn von seinen Ersparnissen. Aber schnell wurden seine außergewöhnlichen Erfolge bekannt und er konnte sich vor Aufträgen nicht mehr retten.

Viele Leute, insbesondere die Münchner High Society, baten um seine Hilfe, sodass er ständig eine große Auswahl an Aufträgen vorliegen hatte.

David Buchmann hatte es sich auf der kleinen Ledercouch in seinem Büro bequem gemacht, die Schuhe ausgezogen, sich ein Kissen unter den Kopf gestopft und die Beine hochgelegt. Neben ihm stand eine Flasche mit Wodka, Zigaretten und Salzgebäck. Der CD Player verströmte gedämpfte Klänge. Das ewig nervende Handy schwieg. Der Privatdetektiv dachte an seine ehemaligen Freunde, an Linda Mucia, die berühmte Schauspielern, oder an Valentina Burgmeister, das junge attraktive Mädchen. Beide waren tot, zerfetzt von zwei unheimlichen Kreaturen.

Sein Gesicht verdüsterte sich mehr und mehr. Hätte er seine Freunde retten können? Warum hatte er als Einziger überlebt?

Mitten in seinen Überlegungen hinein schrillte die Türklingel. Mit einer eleganten Rolle sprang David hoch und lief zur Tür. Eine Ablenkung von seinen negativen Gedanken war ihm jetzt willkommen.

Durch den Türspion sah er einen Unbekannten mit dunkel getönter Sonnenbrille und gepflegten, schwarzen Haaren draußen stehen. Der Mann mochte etwas vierzig Jahre alt sein und hatte ein intelligentes Gesicht, das zumindest in diesem Moment angespannt und gehetzt wirkte.

David öffnete die Tür, stellte sich vor und ließ den Fremden eintreten.

„Ja, ich erkenne sie von Fotos aus den Zeitungen“, nickte der Unbekannte. „Ich bin Aurelius von Bartenstein, Architekt.“

„Sie sind mir auch nicht unbekannt, wenigstens dem Namen nach“, nickte David lächelnd. Er führte seinen Besucher in den Wohnraum und bot ihm etwas zu trinken an.

„Sie sind meine letzte Hoffnung, Herr Buchmann“, sagte Aurelius mit bebender Stimme. „Auf mich wurde ein Attentat verübt. Ein Vorschlaghammer sollte mich erschlagen.“

Ziemlich hastig und verworren berichtete er von seinem Erlebnis auf der Baustelle. David Buchmann hörte skeptisch zu, dann schüttelte er den Kopf, als Aurelius geendet hatte.

„Wenn der Hammer von allein herunterfiel, war es kein Mordanschlag, Herr Bartenstein“, sagte er geduldig. „Wenn jemand danach wieder den Hammer nach oben brachte, hätten sie diesen Menschen sehen müssen. Irgendetwas stimmt da nicht.“

„Eben“, nickte Aurelius heftig. „Deshalb war ich auch nicht bei der Polizei. Man würde mir nicht glauben und mich höchstens in eine Heilanstalt einweisen. Man würde behaupten, ich wäre geisteskrank. Ich kann ihnen die Stelle zeigen, an welcher sich der Hammer in die Ecke drückte! Und es war niemand in der Nähe, das kann ich beschwören!“

David Buchmann nahm bedächtig einen Schluck Wodka und überlegte, wieweit er dem Architekten glauben konnte. Wenn er sich entschloss, seiner Aussage zu vertrauen, dann hatte er einen Fall, nach dem er suchte. Seit seinen blutigen Erlebnissen im Theater44 lag sein Hauptinteresse an mysteriösen Fällen.

„Also gut“, nickte David. „Versuchen wir es!“

„Sie übernehmen meinen Fall?“ Aurelius richtete sich erfreut auf und streckte David die Hand entgegen.

„Langsam“, lächelte der Privatdetektiv. „Noch sage ich nicht zu. Ich möchte erst die Baustelle sehen, danach sprechen wir weiter.“

Sie fuhren gemeinsam in dem Audi von Aurelius. Der Architekt fuhr schnell, nervös und unkonzentriert, sodass David leichte Schweißausbrüche bekam. Die kurze Fahrt von der Nymphenburger Straße zur Landsberger Straße ging jedoch ohne Zwischenfall über die Bühne. An der Baustelle stieg David aus und nickte dem Architekten zu.

„Zurück fahre ich, wenn sie nichts dagegen haben“, sagte er trocken. Dann holte er eine Taschenlampe hervor, die er mitgenommen hatte.

Der Lichtkegel kreiste über den Boden, bis er die Stelle fand von der Aurelius gesprochen hatte. Deutlich war der Abdruck zu erkennen, scharf gezeichnet, als hätte jemand eine Form für einen Ausguss herstellen wollen.

Der Lichtstrahl wanderte nach oben. David suchte die Bretter des Gerüsts ab und fand das gefährliche Werkzeug.

„Das sehe ich mir näher an“, entschied er. „Setzen sie sich in den Audi, damit sie nicht getroffen werden, falls das Ding noch einmal herunterkommt.“

Er wartete, bis der Architekt seinen Wunsch erfüllt hatte, dann hänge er sich die Taschenlampe an den Gürtel seiner Hose und begann den Aufstieg.

Für einen sportlich, durchtrainierten Menschen wie David, war es nicht schwer, bis zum dritten Stock empor zu turnen. Auch die Höhe machte ihm nichts aus. Er war auch nicht außer Atem, als er sich auf das Brett schwang, auf dem der Hammer lag.

Das Werkzeug konnte von einem der Arbeiter vergessen worden sein. Achtlos hingeworfen lag es auf dem Brett. Was stimmte nun? Die Geschichte von Aurelius, nach welcher der Hammer heruntergefallen und von allein wieder hier hinaufgelangt war? Oder Davids heimliche Vermutung, dass der Architekt Unsinn redete?

David schaute über die Kante in die Tiefe. Aurelius saß noch immer im Audi, niemand war auf der Straße. Mit einem kurzen Schwung warf David den Hammer in den Abgrund, damit er ihn unten besser untersuchen konnte.

Vergeblich wartete er auf den dumpfen Aufprall.

Es blieb totenstill!

Als er mit der Taschenlampe den drei Stockwerke unter ihm liegenden Bürgersteig ableuchtete, presste er hart die Zähne zusammen.

Der Hammer war nicht angekommen!

Er hatte sich unterwegs in Nichts aufgelöst.

Aurelius hatte alles vom Auto aus verfolgt. Jetzt kam er David aufgeregt entgegengelaufen.

„Wo ist der Hammer?“, rief ihm David zu, noch während er die Leiter herunterkletterte. „Sie müssen gesehen haben, wo er abgeblieben ist!“

„Ich weiß es nicht!“, rief Aurelius zurück. „Er war auf einmal nicht mehr da, aber ich konnte nichts sehen!“

David sprang auf den festen Untergrund. Rasch blickte er sich um, dann nickte er langsam.

„Ich glaube, Herr Bartenstein“, sagte er halblaut und mit eigenartiger Betonung, „dass mich ihr Fall genug interessiert, um ihn zu übernehmen. Halten sie sich morgen Vormittag in ihrem Büro für mich bereit. Ich werde ihnen eine Menge Fragen stellen müssen, wenn wir jemals auf den Grund dieses Rätsels kommen wollen.“

Mit einem letzten Blick auf die Baustelle, auf der sich so rätselhafte Vorfälle zugetragen hatten, stiegen beide in den Audi und fuhren los.

Animalische Sinnlichkeit

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