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Оглавление„Architekt müsste man sein“, murmelte David, als er seinen dunkelroten Mercedes 280 SLC Coupe, Baujahr 1978, die asphaltierte Auffahrt zu dem herrschaftlichen Wohnhaus entlangsteuerte. Es ging ihm nicht schlecht, er hatte früher als Theaterregisseur gut verdient. Auch seine Aufträge als Privatdetektiv brachten einen regelmäßigen und guten Umsatz. Aber einen solchen Palast könnte er sich nie leisten.
Das Wohnhaus der Familie Bartenstein lag im noblen Grünwald am Stadtrand von München. Die Villa war umgeben von einem großen Park hinter einer geschützten Mauer. Die Bezeichnung Garten wäre eine hoffnungslose Untertreibung gewesen. David wunderte sich nur, wie sich ein Architekt ein solches teures Domizil leisten konnte.
Der Wagenpark neben dem Hauptgebäude war sehenswert. Neben einem schwarzen Rolls Royce parkten zwei Audi Q 7, ein italienischer Sportwagen sowie ein weißer Porsche 911 Cabrio.
Langsam begann David daran zu zweifeln, dass Aurelius von Bartenstein das alles von seinen Honoraren als Architekt hatte erwerben können.
Vielleicht hatte er eine reiche Frau geheiratet?
Dem Hausdiener, der ihn auf den Stufen der Villa erwartete, überreichte der Privatdetektiv seine Karte, ohne eine Person zu benennen, mit der er zu sprechen wünschte.
Der Diener wartete vergeblich, dann deutete er eine Verbeugung an und verschwand in den oberen Stockwerken. David hätte gar nichts sagen können, da er nicht wusste, wer alles zur Familie von Bartenstein gehörte.
Einige Minuten später kam eine sehr attraktive, schwarzhaarige Frau die Treppe herunter. Sie hatte ein schmales, energisch wirkendes Gesicht mit wachsamen grauen Augen.
„Ich bin Desiree von Bartenstein“, stellte sie sich vor. „Was führt Sie zu uns, Herr Buchmann. Sie sind Privatdetektiv?“
David folgte ihr auf die Terrasse, wo sie ihm Platz in einer Garnitur Korbstühle anbot.
„Ihr Mann, Frau von Bartenstein, hat mich beauftragt, die Attentatsserie aufzuklären, von der er seit geraumer Zeit verfolgt wird“, begann David vorsichtig.
„Ach, das“, meinte die Frau wegwerfend und schenkte dem Hausdiener einen gelangweilten Blick, der abwartend neben ihnen stand.
„Was trinken Sie, Herr Buchmann?“, fragte sie ihn. David winkte jedoch dankend ab.
„Nichts? Dann will ich auch nichts, Azag. Danke!“, sagte sie zu ihrem Diener. David schaute diesem kurz nach, etwas verwundert über den seltsamen Namen.
„Die Attentate“, versuchte David weiter, doch Frau von Bartenstein winkte ab. Sie nahm sich eine Zigarette, David reichte ihr sein Feuerzeug. Kostbare Diamanten blitzten an ihren Fingern.
„Mein Mann verdient sehr gut“, sagte die Dame des Hauses, während sie einen tiefen Zug Nikotin inhalierte. „Aber sein Einkommen wird nie an mein Vermögen heranreichen. Das hat er ihnen wohl verschwiegen?“
David war unangenehm davon berührt, das sie einen so privaten Punkt zur Sprache brachte, auch wenn er als Privatdetektiv von solchen Informationen lebte.
„Ich sehe keinen Zusammenhang zu den Anschlägen auf das Leben ihres Mannes“, sagte er schärfer als beabsichtigt.
„Ich schon“, lachte sie laut auf. „Er kann es nicht ertragen, dass ihm seine Desiree, das bin ich, auf einem Gebiet überlegen ist. Also gleicht er es dadurch aus, dass er sich interessant macht. Auf mich hat noch niemand ein Attentat verübt, also ist er mir in diesem Punkt voraus. So einfach ist das.“
David dachte an den schweren Vorschlaghammer, der zwischen dem dritten Stock eines Rohbaus und dem Erdboden spurlos verschwunden war und er wusste, dass es eben nicht so einfach war, wie Desiree von Bartenstein vermutete.
Doch er verschwieg seine Gedanken.
„Meine Kinder sind übrigens der gleichen Meinung“, fügte sie träge hinzu
„Wie viele Kinder haben Sie, wenn ich fragen darf?“ David zerdrückte seine Zigarette im Aschenbecher.
„Zwei, Henri unser Sohn ist mittlerweile zweiundzwanzig und Louise unsere Tochter ist einundzwanzig. Genau genommen sind es drei, wenn man Clara, Aurelius Tochter aus erster Ehe, mitzählt. Aber was hat das mit ihrer Arbeit zu tun, Herr Buchmann?“
„Gab es in ihrer Familie oder in ihrem Bekanntenkreis mysteriöse Todesfälle?“, wich David einer Antwort aus. „Ich meine, kam jemand ums Leben, ohne das die näheren Umstände bekannt wären?“
„Eine sehr interessante, aber auch merkwürdige Frage.“
Desiree von Bartenstein verzog ihren wunderschönen, sinnlichen Mund zu einem spöttischen Lächeln. „Nein, ich muss sie enttäuschen. Fast alle leben noch. Diejenigen, die nicht mehr unter uns weilen, fanden einen sehr langweiligen Tod.“
„Sie sprachen von einer Tochter aus erster Ehe“, nahm er den Faden wieder auf. „Ist Herr von Bartenstein geschieden oder Witwer?“
„Witwer!“ Desiree senkte ihre Stimme zu einem geheimnisvollen Flüstern. „Seine erste Frau starb, aber an ihrem Tod war auch nichts Mysteriöses. Es war ein simpler Autounfall.“
David Buchmann stand ruckartig auf.
„Ich muss mich verabschieden, denn ich habe noch einen wichtigen anderen Termin.“
Er wollte nur schnell raus aus diesem Haus, denn die Gespräche über Tod, ob mysteriös oder nicht, brachten die Erinnerung an das viele Blutvergießen in der Schwabinger Wohnung zurück.
Gedanken über den Unfalltod von Aurelius erster Frau machte er sich nicht. Dazu nahm er diesen Vorfall zu wenig ernst. Als er seinen dunkelroten Mercedes SLC hinaus auf die Straße rollen ließ, war er überzeugt, dass sein Besuch ein Misserfolg geworden war.
Er irrte sich!
Das war nicht der einzige Irrtum seinerseits in diesem Fall.