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Оглавление„Beneidenswert, diese Sonnenbräune!“
Kriminalhauptkommissar (KHK) Albrecht B. Schubert, vom Kommissariat K 11, in der Hansastraße in München, ließ seine mächtige Faust auf den Schreibtisch in seinem kleinen Büro niederdonnern, dass die Fensterscheiben leise klirrten.
„Lassen sie sich ansehen, David. Sie sehen fabelhaft aus, es scheint alles in Ordnung zu sein, oder?“
„Vielen Dank, mittlerweile sind die schlimmsten Gedanken verschwunden. Nur noch manchmal“, David blickte traurig aus dem Fenster, „denke ich noch an diese Nacht zurück.“
Albrecht Schubert war der leitende Ermittler in den Mordfällen „Theater44“. Damals wurden in der Privatwohnung des Theaterproduzenten Clément de Réunion insgesamt sechs Menschen auf grausame Weise ermordet.
David Buchmann hatte als Einziger überlebt!
Die Mörder konnten nicht ermittelt werden. Es war eine merkwürdige und mysteriöse Zeit, dabei haben sich die beiden Männer kennen und schätzen gelernt. Als David seinen Job beim Theater aufgab und sich als Privatdetektiv selbständig machte, hat ihm Albrecht Schubert viel geholfen.
„Lenken sie sich immer noch mit Arbeit ab“, fragte der Kommissar weiter.
„Ja“, antwortete David, „das hilft mir. Wir werden die Mörder meiner Freunde finden, das weiß ich!“
Seine Augen glühten bei diesen Worten.
Fünf seiner besten Freunde wurden bestialisch ermordet!
„Ich habe einen neuen Fall angenommen“, sprach David nach einer kurzen Pause weiter.
„Lassen sie mich raten.“ Albrecht Schubert beugte sich blinzelnd über seinen Schreibtisch und senkte seine Stimme zu einem geheimnisvollen Flüstern.
„Es ist ein sehr rätselhafter Fall mit sehr merkwürdigen Begleitumständen, ein Fall also, der nichts für die Münchner Kriminalpolizei ist, sondern nur von einem berühmten Privatdetektiv wie David Buchmann geklärt werden kann. Habe ich recht?“
„Sie haben immer recht“, antwortete David mit einem feinen Lächeln. „Vor allem mit dem berühmten Privatdetektiv. Da haben sie den Hammer auf den Kopf getroffen.“
„Den Nagel, David“, verbesserte ihn der Kriminalhauptkommissar. „Es sollte richtig heißen, da habe ich den Nagel auf den Kopf getroffen.“
„Nein“, schüttelte David beharrlich den Kopf. „Sie haben den Hammer getroffen, da es sich in meinem neuen Fall um einen Hammer dreht.“
Der Kriminalhauptkommissar starrte ihn an, als befürchtete er bereits, dass die schlimmen Ereignisse der Mordnacht den Verstandeskräften des Detektivs geschadet haben könnten.
„Sonst fühlen sie sich aber gut, nicht wahr?“, erkundigte er sich besorgt. „Ich meine keine ernstlichen Krankheiten?“
„Sie verstehen nicht, was ich meine“, antworte David freundlich. „Es dreht sich in meinem Fall um einen Hammer, der beinahe einem Mann namens Aurelius von Bartenstein auf den Kopf gefallen wäre. Dieser Hammer...“
David Buchmann unterbrach sich erstaunt, weil der Kriminalhauptkommissar bei der Nennung des Namens ein Gesicht machte, als habe er irrtümlich anstatt eines Glases mit Wasser, reine Essigsäure geschluckt.
„Aurelius von Bartenstein, das Schreckgespenst der Münchner Kriminalpolizei!“, rief Albrecht Schubert halb verzweifelt, halb wütend. Er stand auf, stampfte auf seinen kurzen Beinen quer durch den Raum und holte mit sicherem Griff eine dicke Akte aus einem der Regale. Als er sie auf den Schreibtisch knallte, wirbelte eine Staubwolke auf, die David zum Husten reizte.
„Was ist das?“, fragte der Privatdetektiv ungehalten.
„Die Akte Aurelius von Bartenstein!“
Zu allem Überfluss knallte Schubert auch noch seine Faust auf die staubigen Blätter, sodass eine zweite Wolke seinen Besucher einnebelte.
„Seit über zehn Jahren geht uns dieser Irre auf die Nerven. Er meint, nur weil er aus einem alten fränkischen Rittergeschlecht abstammt, uns hier ständig die Zeit stehlen zu dürfen. Er hat schon einen Kollegen von mir fast an den Rand des Wahnsinns getrieben. Unser leitender Kriminaldirektor hat die Akte nun mir übergeben. Jetzt habe ich den Kerl am Hals.“
„Das verstehe ich nicht“, meinte David kopfschüttelnd. „Das müssen sie mir schon genauer erklären. Und außerdem brauche ich etwas, um den vielen Staub hinunterzuspülen.“
Schubert holte ein Glas und füllte es mit Mineralwasser, reichte es David und erzählte dann weiter:
„Seit nunmehr zehn Jahren vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht dieser Aurelius von Bartenstein bei der Polizei aufkreuzt und behauptet, es wäre ein Attentat auf ihn verübt worden. Mit schöner Regelmäßigkeit versuchen
Autofahrer ihn über den Haufen zu fahren. Wir können diese Autofahrer aber nie finden. Oder es fallen ihm Gegenstände beinahe auf den Kopf. Wir können diese Gegenstände aber nie finden. Oder er stürzt in irgendeinen Abgrund und bleibt nur durch einen Zufall am Leben. Wir können aber niemanden finden, der ihn hinuntergestoßen haben könnte! Und jetzt kommen sie daher und behaupten, ihm wäre ein Nagel...“
„Ein Hammer, Albrecht!“, fiel ihm der Privatdetektiv ins Wort. „Ein Hammer wäre ihm beinahe auf den Kopf gefallen. Hinterher lag er aber wieder auf dem Gerüst, von dem er herunterkam.“
Das undefinierbare Herumfuchteln von Schuberts Händen sollte wohl eine abfällige Geste sein.
„Dachte ich es mir“, grinste der Kommissar. „Und sie glauben diesen Unsinn?“
„Ich bin geneigt, ihm zu glauben“, antwortete David ruhig. „Ich selbst habe nämlich diesen Hammer probeweise aus dem dritten Stockwerk eines Rohbaus geworfen. Der Hammer kam aber nie unten an.“
David bedauerte in diesem Augenblick, keinen Fotoapparat bei sich zu haben. Das verblüffte Gesicht des Kriminalhauptkommissars wäre es wert gewesen, festgehalten zu werden.
„Sagen sie das noch einmal“, murmelte Schubert. Doch er wartete nicht ab, bis der Detektiv seiner Aufforderung nachkam.
„Die Einzelheiten“, verlangte er knapp.
David ließ sich nicht zweimal bitten. Zwischen ihnen gab es keine Eifersüchteleien, sondern sie unterstützten einander bei der Lösung ihrer Fälle, vor allem bei solchen, in denen herkömmliche Mittel nicht ausreichen.
„Was werden sie unternehmen?“, fragte Schubert weiter, als der Privatdetektiv mit seiner Erzählung geendet hatte.
„Heute nichts mehr“, erwiderte David und warf einen Blick auf die Uhr, die bereits nach Mitternacht zeigte.
„Morgen Vormittag gehe ich zu Aurelius von Bartenstein. Dann lasse ich mir mehr über sein Leben erzählen. Ich halte sie auf dem Laufenden. Wenn sie etwas in den Akten finden sollten...“
„Lasse ich es sie wissen“, nickte der Kriminalhauptkommissar.