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KAPITEL 5

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Die Enterprise glitt auf das stille, dunkle Schiff zu. Solche Augenblicke waren es, die Jean-Luc Picard daran erinnerten, warum er Beförderungen immer ausgeschlagen und es tunlichst vermieden hatte, sich in den Ruhestand zu verabschieden. Der Gedanke, der erste Mensch zu sein, der eine bisher unbekannte Welt, ein vernunftbegabtes Lebewesen oder ein Relikt wie dieses erblickte, erfüllte ihn mit Vorfreude. Deshalb war er zur Sternenflotte gegangen: um in die Fußstapfen der großen Entdecker zu treten, die er bewunderte – Shackleton, Baré, Archer und Georgiou, um nur ein paar zu nennen –, und wie sie einen bleibenden Beitrag zur Geschichte zu leisten. Auch heute noch, nach Jahrzehnten, fühlte er die gleiche gespannte Erwartung. Sein Herz schlug rascher, und alle seine Sinne waren mit einem Mal hellwach. Sogar sein Atem schien sich ein wenig zu beschleunigen.

Selbstverständlich ließ er sich nichts anmerken: Immerhin musste die Disziplin aufrechterhalten werden.

»Wenn wir unsere derzeitige Geschwindigkeit beibehalten, erreichen wir das Schiff in drei Minuten«, meldete Lieutenant Joanna Faur, die leitende Pilotin der Enterprise. Sie wandte sich in ihrem Sessel zu Picard um. »Es hat seinen Kurs nicht geändert, Sir.«

»Danke, Lieutenant. Behalten Sie Abfangkurs und Geschwindigkeit bei.« Picard betrachtete das Bild auf dem Hauptschirm. Obwohl der Computer es mithilfe der Daten erstellte, die die Sensorphalanx der Enterprise sammelte, schien sich das andere Schiff in Schatten zu hüllen. Es war so gewaltig, dass es trotz niedrigerer Vergrößerungsstufe beinahe den gesamten Schirm ausfüllte. Seine Form war nicht leicht zu beschreiben: Die Achtersektion war abgerundet, darin eingelassen war eine Kugel. Drei Spitzen wuchsen nach vorn, je eine links und rechts der Kugel und die dritte darunter – dadurch erinnerte das Schiff ein wenig an eine Klaue. Überhaupt glich es eher einem Lebewesen als etwas künstlich Geschaffenem. Picard dachte unwillkürlich an Raumstationen, die nach cardassianischem Design erbaut worden waren: an die monumentalen gebogenen Streben, die als Andockrampen für Schiffe dienen konnten, die zu groß waren, um in einen der Häfen im Inneren der Station einzufliegen.

Neben den klauenartigen Auswüchsen des Schiffes wirkte die Enterprise winzig. Die dunkle Außenhülle schien größtenteils glatt zu sein, aber Picard konnte über die verschiedenen Schiffsteile verstreut Höcker erkennen.

»Warum ist das Bild so schlecht?«

»Das Material, aus dem die Hülle besteht, stört unsere Messungen, Sir«, berichtete Dina Elfiki von ihrem Platz an einer der Wissenschaftsstationen. »Die Sensoren werden nicht direkt blockiert, es ist eher so, als würden unsere Scans … ›absorbiert‹, in Ermangelung eines besseren Wortes. Aber je näher wir kommen, desto klarer werden die Messwerte. Wir sollten gleich eine vollständige Darstellung sehen.« Nach einem Augenblick fügte sie hinzu: »Allerdings gibt es auf kurze Entfernung mehr Probleme mit den Langstreckensensoren, Sir. Als sei das Ding von einem Streuungsfeld umgeben.«

Lieutenant Aneta Šmrhová bemannte die taktische Station. »Das stimmt, Sir«, sagte sie. »Die Langstreckensensoren sind betroffen. Wenn wir uns weiter auf das Schiff zubewegen, könnten sie ganz ausfallen.«

»Behalten Sie das im Auge«, sagte Picard. Seine Aufmerksamkeit war gebannt auf den Schirm gerichtet. »Wie groß ist es genau?«

»Der Hauptkörper misst an der breitesten Stelle über sechstausend Meter«, antwortete Elfiki. »Die Durchmesser der drei Fortsätze variieren zwischen einhundert und dreihundert Metern.«

Kurz gesagt: Das Schiff war gigantisch. Es hätte das riesige Raumdock in der Erdumlaufbahn, ja, sogar die Poklori gil dara, das gewaltige Waffenschiff der Raqilan, im Vergleich klein erscheinen lassen.

»Was sind das für Gebilde an der Außenhülle?«, fragte Commander Worf, der zu Picards Rechter saß. »Teile eines Waffensystems? Haben unsere Sensoren eine Bedrohung erkannt?«

»Bis jetzt noch nicht, Commander«, sagte Glinn Ravel Dygan. Der junge Einsatzoffizier war Teil eines Austauschprogramms der Sternenflotte mit der Cardassianischen Union.

»Und immer noch keine Lebenszeichen?«, fragte Picard. Als das Schiff entdeckt worden war und Elfiki ihren ersten Bericht abgegeben hatte, hatte es diesbezüglich noch keine Ergebnisse gegeben.

»Nein, Sir«, erwiderte der Cardassianer. »Die Sensoren werden noch immer gestört, aber die Scans, die wir durchführen konnten, zeigen weder Lebenszeichen noch Aktivitäten, die auf die Gegenwart von Lebewesen hindeuten.«

»Captain«, sagte die Sicherheitschefin, »soll ich Gelben Alarm geben? Bis wir sicher sein können, dass von dem Schiff keine Gefahr ausgeht …« Šmrhová war anzusehen, dass ihr die Auswirkungen des gewaltigen Schiffs auf die Sensoren der Enterprise gar nicht gefielen.

»Tun Sie das, Lieutenant, aber aktivieren Sie nur die Schilde. Es gibt keinen Anlass, aggressiv aufzutreten.«

Picard war bewusst, dass Šmrhová – und Worf erst recht – es vorgezogen hätten, die Waffensysteme der Enterprise einsatzbereit zu machen, doch ohne triftigen Grund war er nicht bereit dazu. Zu leicht konnte das als Provokation aufgefasst werden. Das riesige Schiff war schon vor Stunden von den Sensoren erfasst worden, und bisher hatte es keine Anzeichen dafür gegeben, dass es eine Bedrohung für die Enterprise oder ihre Besatzung darstellen könnte. Sämtliche Kommunikationsversuche waren gescheitert, Glinn Dygan konnte nicht einmal bestätigen, dass die Funksprüche empfangen worden waren. Das Schiff schien nicht viel mehr zu sein als ein verlassenes Wrack, das durchs All trieb.

»Was ist das Ergebnis der Energiemessungen?«, fragte Picard.

»Den Scans zufolge gibt es geringfügige Schwankungen, Sir«, berichtete Elfiki. »Es lässt sich nicht feststellen, was da drüben Energie erzeugt, der Output ist sehr niedrig. Ein Antriebssystem konnte ich immer noch nicht orten. Soweit ich sagen kann, treibt das Ding bloß durchs All.«

»Wie lange denn schon?«, fragte Worf.

»Das kann ich nicht beantworten, Sir«, erwiderte die Wissenschaftsoffizierin. »Zumindest noch nicht … Die Sensoren haben größere Schäden an der Front und den Seiten festgestellt. Möglicherweise ist das Schiff in einen Ionensturm geraten, es gibt allerdings auch Anzeichen für Zusammenstöße mit Meteoriten oder Asteroiden. Das muss Jahrzehnte her sein.«

»Sieht ganz so aus, als seien wir auf ein neues Mysterium gestoßen.« Picard warf Worf einen Seitenblick zu. Er konnte es sich nicht verkneifen hinzuzufügen: »Und wir wissen ja, wie problemlos die immer zu lüften sind.«

Der Klingone brummte nur leise.

Tatsächlich freute sich Picard über die Stimmung, die mit einem Mal auf der Brücke herrschte. In den letzten Wochen waren die Schichten reine Routine gewesen. Die Besatzung der Enterprise kartografierte noch immer den Odysseeischen Pass, und seit die Wahrheit über Sektion 31 ans Licht gekommen war – und über Picards eigene Rolle in der Zife-Affäre –, war kaum etwas geschehen, das die Aufmerksamkeit der Führungsoffiziere beansprucht hätte.

Dies hier, dachte er, war genau das, was er und seine Crew brauchten. Ein faszinierendes Rätsel, das es zu studieren und zu lösen galt. Welche Geheimnisse barg dieses Schiff? Wer hatte es entworfen und gebaut? War es verlassen worden oder nie bemannt gewesen? Wo waren diejenigen, die es geschaffen hatten, welches noch unentdeckte Sonnensystem war die Wiege ihrer Zivilisation? Wenn der Herkunftsort des fremden Schiffs bestimmt werden konnte, würde die Enterprise vielleicht erneut Gelegenheit bekommen, Kontakt zu einem Volk herzustellen, von dessen Existenz die Föderation bisher nichts gewusst hatte … Picards Puls beschleunigte sich beim bloßen Gedanken daran.

Wir sind wieder Entdecker!

»Wir erreichen das Schiff in nicht einmal einer Minute, Captain«, meldete Faur.

»Die Messergebnisse werden immer klarer, Sir«, sagte Elfiki. »Die Sensoren können jetzt an mehreren Punkten die Hülle durchdringen. Das Schiff ist eindeutig mit einem Überlichtantrieb ausgestattet. Wie die Hauptenergieversorgung ist der Antrieb jedoch abgeschaltet. Große Bereiche im Hauptteil des Schiffs – zumindest glaube ich, dass es der Hauptteil ist – sind abgeschirmt, und unsere Sensoren schaffen es nicht, die Schilde zu durchdringen.«

»Lässt sich mittlerweile sagen, wozu diese Erhebungen nütze sind?«, fragte Worf.

»Das sind Solarenergie-Kollektoren, Sir. Sie speisen die gesammelte Energie in ein Verteilernetz ein, das einen ausgeklügelten Eindruck macht … Ich kann die Leitungen durch das Schiff verfolgen.«

Picard erhob sich von seinem Kommandosessel und trat an der Steuer- und der Ops-Konsole vorbei. Vor Faur und Dygan blieb er stehen. Er verschränkte die Arme und betrachtete das Schiff auf dem Hauptschirm. Die neuen Daten, die die Sensoren der Enterprise fortwährend lieferten, ermöglichten eine vollständigere Darstellung des scheinbaren Wracks.

»Arbeiten die Kollektoren?«, fragte Picard.

»Die meisten ja, Sir. Ein paar sind ausgefallen, entweder weil sie beschädigt wurden oder aufgrund eines anderen Problems, das ich noch nicht identifizieren kann. Offenbar kommt da drüben nur über die Kollektoren Energie rein … Natürlich sammeln sie nicht viel, solange kein Sonnensystem in Reichweite ist. Jetzt sind wir nah genug, dass ich einen sehr niedrigen Energieverbrauch feststellen kann. Wahrscheinlich automatisierte Kontroll- und Wartungssysteme.«

Sie hielt inne, und Picard wandte sich zu ihr um. Sie schüttelte den Kopf, ehe sie fortfuhr:

»Sieht so aus, als würde eine Menge Aufwand für nichts und niemanden getrieben.«

»Sie orten also immer noch keine Lebenszeichen?«, fragte Worf.

»Nein, Commander«, antwortete Elfiki, »nichts dergleichen. Die gesammelte Energie wird in Energiespeicher oder auf direktem Weg zum Hauptcomputer des Schiffs geleitet – zumindest schätze ich, dass es sich um den Hauptcomputer handelt. Wie das Schiff selbst ist er gewaltig. Ich habe Raumstationen gesehen, die kleiner sind als der Prozessorkern! Selbst wenn wir die Sprache derjenigen verstünden, die den Computer gebaut haben – ich kann nicht darauf zugreifen. Das ganze Ding wird von einem Kraftfeld umschlossen.«

Picard konnte sich auf nichts davon einen Reim machen. »Warum sollte jemand einen riesenhaften Computerkern ins All schießen und dort unbewacht in einem Schiff ohne Crew herumtreiben lassen? Was ist der Zweck? Könnte dieses Schiff das Äquivalent zu unserem Memory Alpha sein?«

Die bloße Erwähnung der großen Bibliothek der Föderation erinnerte ihn wieder an den Skandal, dessen Mittelpunkt Memory Alpha und Memory Prime bildeten – und all die Geheimnisse, die dort geschlummert hatten und die von Ozla Graniv öffentlich gemacht worden waren.

»Vielleicht ist das Schiff bloß vom Kurs abgekommen«, spekulierte Glinn Dygan an der Ops-Konsole. »Irgendein unerwartetes Ereignis könnte eingetreten sein, mit dem die Konstrukteure des Schiffs nicht gerechnet haben.«

»Gut möglich.« Elfiki zuckte mit den Schultern. »Aber was ursprünglich auch der Zweck dieses Dings gewesen sein mag – es muss eine Fundgrube von unschätzbarem Wert sein.«

Picard hörte die Begeisterung in der Stimme seiner Wissenschaftsoffizierin. Zweifellos hoffte sie darauf, das Schiff näher zu untersuchen. Er konnte Geordi La Forge beinahe vor sich sehen: Sein Chefingenieur verfolgte sicher sehr genau die Sensormessungen, während er bereits seinen eigenen Bericht vorbereitete, der sich mit dem Aufbau des Schiffs, der Antriebsart, der Bewaffnung und allem möglichen anderen beschäftigen würde. La Forge würde diese neue Entdeckung genau in Augenschein nehmen und jeden Millimeter katalogisieren wollen, um Erkenntnisse über die fremdartige Technologie zu gewinnen.

»Es scheint ganz so, als müssten wir uns die Sache näher ansehen, nicht wahr, Nummer eins?« Picard sah den Ausdruck widerwilliger Zustimmung auf Worfs Gesicht und musste sich ein Lächeln verbeißen. »Schließlich könnte es ja sein, dass wir herausfinden, wem das Schiff gehört. Dann könnten wir es den Besitzern zurückgeben oder sie wenigstens wissen lassen, wo sie es abholen können.«

Wie erwartet, fing Worf sich sofort. »Da wir nicht wissen, was uns erwartet, schlage ich vor, dass zunächst ein kleines Außenteam hinüberbeamt, das wir schnell zurückholen können. Nur ich, Lieutenant Elfiki, Lieutenant Chen …« Eine Pause, kurz, aber wahrnehmbar. »Und Lieutenant Commander Taurik, Sir.«

Es war kein Wunder, dass Worf zögerte, wenn man bedachte, wie angespannt die Beziehung zwischen Picard und dem stellvertretenden Chefingenieur vor ein paar Wochen noch gewesen war. Im Großen und Ganzen war das Picards Schuld gewesen – Admiral Akaar hatte Taurik in eine schwierige Position gebracht, und Picard hatte wenig Nachsicht mit dem vulkanischen Offizier gezeigt. Die Enterprise hatte in Akaars Auftrag den Planeten Sralanya besucht, und im Zuge dessen hatte sich herausgestellt, dass die Vergangenheit der Menschheit auf unglückselige Weise mit der indigenen Bevölkerung Sralanyas, den Eizand, verwoben war. Vor mehr als dreihundert Jahren – in der Mitte des 21. Jahrhunderts, zur selben Zeit, als die Vulkanier Kontakt zu den Menschen aufgenommen hatten – waren sich auch die Menschen und die Eizand zum ersten Mal begegnet. Picard und seine Besatzung hatten eine Schlüsselrolle dabei gespielt, die schreckliche Wahrheit über dieses Zusammentreffen aus dem Halbdunkel der Geschichte herauszuschälen und ans Licht zu holen.

Akaar hatte Taurik auserkoren, ihn über die Bemühungen Picards und seiner Crew auf dem Laufenden zu halten. Der Vulkanier war auf dem Waffenschiff der Raqilan auf Informationen über zukünftige Ereignisse gestoßen – die Poklori gil dara war selbst in der falschen Zeit gewesen – und hatte mit seiner Diskretion Akaars Interesse geweckt. Es blieb abzuwarten, ob Akaar Taurik lediglich für die Mission auf Sralanya als »kommissarischen Mediator« eingesetzt hatte oder ob er davon ausging, dass die Enterprise hier draußen noch weitere zukunftsrelevante Entdeckungen machen würde. Die Art und Weise, auf die er Taurik in die Rolle eines Informanten gedrängt hatte, hatte Picard jedenfalls fuchsteufelswild gemacht – so sehr, dass er den vulkanischen Ingenieur schließlich seiner Pflichten enthoben und ihn unter Quartierarrest gestellt hatte. Im Nachhinein betrachtete er das als Fehler. Er hatte sich bei Taurik entschuldigt und ihm versichert, dass sie von nun an zusammenarbeiten würden, um durch die schwierigen Gewässer zu navigieren, die sie hier draußen vorfinden mochten – gleichgültig, ob die Probleme zukunftsrelevanter Natur sein würden oder nicht.

Aber die Tatsache, dass Tauriks Wissen für alles, was ihnen begegnete, Relevanz haben konnte, ließ sich nicht leugnen. Ihn mit ins Außenteam zu nehmen, war in jeder Hinsicht die richtige Entscheidung. Worf wusste das, ohne es zur Sprache bringen zu müssen.

»Stellen Sie Ihr Team zusammen«, befahl Picard. »Verfolgen Sie weiterhin die Messungen. In einer Stunde beamen Sie auf das Wrack hinüber.«

»Trotz der Schwierigkeiten mit unseren Sensoren sollte es keine Probleme mit den Transportern geben«, sagte Šmrhová. »Wahrscheinlich können wir ihre Reichweite nicht voll ausnutzen, das dürfte aber die einzige Beschränkung sein.«

»Wir müssen außerdem Raumanzüge tragen«, erklärte Elfiki. »Keine Lebenserhaltung da drüben.«

Worf sagte nichts, aber Picard hörte ihn knurren. Wieder zuckten seine Mundwinkel. Jeder an Bord wusste, wie sehr der Klingone es verabscheute, einen Raumanzug zu tragen. Die Sache wurde noch schlimmer, wenn er ohne Schwerkraft zurechtkommen musste.

»Tut mir leid, Nummer eins. Aber Sie müssen zugeben: Es war Ihre Idee.«

»Ich werde mich in Zukunft zurückhalten, Sir«, erwiderte Worf stoisch.

Amüsiert gab Picard noch ein paar Anweisungen, dann ging er auf die Tür seines Bereitschaftsraums zu. Erst auf dem Weg dorthin fiel ihm auf, dass Worf noch nicht im Turbolift verschwunden war, um sich seinen Vorbereitungen zu widmen. Stattdessen folgte er Picard.

»Gibt es noch etwas zu besprechen, Nummer eins?«

»Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich, Sir?«, fragte Worf in gedämpftem Tonfall.

»Natürlich.« Picard betrat den Bereitschaftsraum und führte den Klingonen zu seinem Schreibtisch. Er setzte sich und deutete einladend auf die beiden Besuchersessel.

»Mister Worf?«, fragte er schließlich, nachdem ein Augenblick verstrichen war und sein Erster Offizier Platz genommen, aber noch nichts gesagt hatte. »Bedrückt Sie etwas?« Dann, bevor der Commander antworten konnte, fügte er in leichterem Tonfall hinzu: »Es geht nicht um die Raumanzüge, oder?«

»Nein, Sir.« Trotz der schroffen Antwort war es offensichtlich, dass der Klingone sich des Effekts bewusst war, den seine Abneigung gegen Schutzanzüge auf seine Kameraden hatte. »Ich möchte ein anderes Thema mit Ihnen diskutieren. Bisher habe ich es nicht als angemessen erachtet, es zur Sprache zu bringen.«

Es war nicht schwer zu erraten, worauf Worf hinauswollte. »Es geht um meine Situation, nicht wahr? Um den erzwungenen Rücktritt Zifes und meine Beteiligung daran.« Er seufzte. »Ich wollte schon früher mit Ihnen darüber reden, habe mir aber, um ehrlich zu sein, Sorgen gemacht, welche Wendung ein solches Gespräch nehmen könnte. Wenn man bedenkt, was Zife getan hat, welche Auswirkungen seine Machenschaften auf das Klingonische Reich hatten … Ich wusste einfach nicht, was ich Ihnen hätte sagen können.«

Worfs Gesichtsausdruck war undeutbar. »Damals glaubten wir alle bereitwillig, er hätte sich aus ebenjenen Gründen dazu entschlossen, sein Amt niederzulegen. Da ich mir über seinen Charakter im Klaren war, hätte ich wissen müssen, dass mehr dahintersteckte. Bedauern Sie die Rolle, die Sie bei seinem Sturz gespielt haben?«

»Ich bedauere, dass es dazu gekommen ist«, sagte Picard. »Recht und Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen … Das ist keine Entscheidung, die ich auf die leichte Schulter nehme, Mister Worf. Aber es standen so viele Leben auf dem Spiel. Wäre zwischen den Klingonen und der Föderation erneut Krieg ausgebrochen, hätte das zu schweren Verlusten auf beiden Seiten geführt. Deshalb erschien mir der Coup gegen Zife wie das geringere Übel. Ich wünschte jedoch, ich hätte vorhergesehen, dass andere Kräfte die Gelegenheit nutzen würden, um ihr Verständnis von Gerechtigkeit durchzusetzen. Im Nachhinein kommt es mir so offensichtlich vor.«

Er senkte den Blick und fuhr mit einer Hand über die glatte, glänzende Oberfläche seines Schreibtischs. »Den Frieden zwischen unseren Völkern gefährdet zu sehen, nachdem wir so hart dafür gearbeitet haben … Bedroht durch ein paar korrupte Individuen! Sie fragen mich, ob ich Bedauern empfinde. Ich bedauere, dass ich mich auf das Niveau dieser Leute hinabgelassen, mich ihrer Taktiken bedient habe, um eine Lösung herbeizuführen, von der ich im Innersten wusste, dass sie nur vorübergehender Natur sein konnte. Und ich bedauere, dass durch diese Entscheidung nun ebenjener Friede erneut in Gefahr geraten ist. Mir schaudert beim Gedanken daran, was das für einen Eindruck auf Ihr Volk machen muss. Ich habe sogar schon daran gedacht, Martok zu kontaktieren, um mit ihm persönlich darüber zu sprechen.«

Obwohl frühere Begegnungen mit Martok zumeist turbulent verlaufen waren, respektierte Picard das Oberhaupt des Hohen Rates. Dass der klingonische Kanzler Worf als Mitglied seiner eigenen Familie betrachtete, steigerte seine Wertschätzung noch. Sich an Martok zu wenden, war der ehrenhafte Weg, Picard fürchtete aber, dass er mit einem solchen Vorgehen den Föderationsrat und das Sternenflottenkommando weiter gegen sich aufbringen würde – die beiden Instanzen, die seinen Kopf rollen sehen wollten.

Worf richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Wäre Präsident Zife ein klingonischer Kanzler gewesen und hätte mit seinen verwerflichen Taten das Klingonische Reich entehrt, wäre er öffentlich zur Verantwortung gezogen und in der Großen Halle hingerichtet worden.«

Beinahe hätte Picard gegrinst, aber es gelang ihm, sich zurückzuhalten. »Wollen Sie damit sagen …«

»Durch die Absetzung Präsident Zifes haben Sie in den Augen der Klingonen ein Unrecht wiedergutgemacht. Ich bin überzeugt davon, dass Kanzler Martok Ihr Vorgehen als gerechtfertigt betrachtet.«

»Nun denn«, sagte Picard. »Wenn nur der Föderationsrat und das Sternenflottenkommando seine Meinung teilen würden …«

»Er wird sicher tun, was er kann, um den Verantwortlichen seine Sicht der Dinge nahezubringen.«

Da lächelte Picard doch. »Ich wünschte, ich könnte Akaars Gesicht sehen, wenn es so weit ist.«

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