Читать книгу TRIXIE - Dean Koontz - Страница 10

»Falls diese Hündin irgendetwas falsch macht, wird es nicht an ihr, sondern an euch liegen«

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Linda, eine Computerexpertin und Alleskönnerin, ist schon so lange Gerdas und meine wichtigste Assistentin, dass sie ihr ganzes restliches Leben lang mit Sicherheit Therapie brauchen wird.


Andererseits hatte sie, ehe sie zu uns kam, einen Werkvertrag mit dem Bundesstaat Kalifornien und instruierte Bürokraten im Gebrauch der Software, die sie verwendeten. Und im Öffentlichen Dienst des Bundesstaats Kalifornien geht es im Vergleich zum Reich des Ehepaars Koontz so ineffizient und chaotisch zu, dass Linda dieses Reich wie eine Zuflucht vorgekommen sein muss und unser kleiner Winkel der Welt wie ein ruhiger Kurort. 1998 hatte Linda ihr Büro in unserem Haus auf dem Hügel. Elaine, die zu uns gekommen war, nachdem sie aus Altersgründen aus einem Unternehmen ausgeschieden war, arbeitete in einer von uns angemieteten Bürosuite, die in einem Gewerbekomplex namens Newport Center lag.

Linda und Elaine hatten gefragt, ob sie Trixie kennenlernen dürften, wenn sie bei uns eintraf. Die beiden Frauen waren sowohl unsere Freundinnen als auch unsere Angestellten und sie freuten sich für uns über den Familienzuwachs. (Außerdem suchten sie ständig nach diesem oder jenem Vorwand, ihre Arbeit ruhen zu lassen, und dieser Vorwand war sehr viel einleuchtender, als zum sechzehnten Mal zu behaupten, die geliebte Großmutter oder Tante sei gestorben.)

Auch Vito und seine Frau Lynn warteten auf Trixies Ankunft. Sie waren aus Michigan angereist und machten zwei Wochen Urlaub in unserem Strandhaus. Sie hatten ihren geliebten Hund dabei, einen lebhaften Labrador Retriever, deshalb nahmen wir an, sie könnten uns dabei helfen, uns an unsere neue Tochter zu gewöhnen.

Judi kam zusammen mit Julia Shular an, die Trixie in ihrer Welpenzeit großgezogen hatte. Julia hatte ihren schwarzen Labrador mitgebracht, der jetzt vom CCI ausgebildet wurde. Beide Frauen schleppten einiges mit: Trixies Lieblingsspielzeuge, eine große Tüte von ihrem Trockenfutter und jede Menge Anweisungen für Trixies Pflege (die mir wie ein Handbuch von 9.324 Seiten vorkamen).

Eine Gelenkoperation zieht bei jedem Assistenzhund die Frührente nach sich, denn in einer Notsituation kann es passieren, dass der Hund den Rollstuhl seines Partners oder seiner Partnerin ziehen muss. Selbst nach der Genesung stellt das problematische Gelenk eine Gefahr für das Tier dar. Doch nachdem sich unsere neue Tochter ein halbes Jahr lang von der Operation erholt hatte, war sie nun wieder völlig fit.

Trixie, die nicht angeleint war, betrat das Haus mit schwungvollem Schritt und wissbegieriger, forschender Miene. Sie wedelte eifrig und kam sofort zu Gerda und mir, so als hätte man ihr Fotos von uns gezeigt und als wäre ihr klar, dass wir von jetzt an ihr Herrchen und Frauchen sein würden. Dann begrüßte sie Linda, Elaine, Vito und Lynn höflich und ließ sich von ihnen streicheln.

Zyniker behaupten, dass Liebe auf den ersten Blick ein Mythos ist, aber man sollte ihre Meinung nicht ernst nehmen – sie offenbart nur den traurigen Zustand ihres Herzens. Wir verliebten uns auf den ersten Blick in Trixie, schon wegen ihrer Schönheit. Ihre Mutter, Kinsey, war eine prächtige Hündin, und ihr Vater – ein »Kinsale Bugoboo Boy« – hatte bei Hundeshows schon viele Preise gewonnen. Auch Trixies Großvater namens Expo war Sieger bei zahlreichen Hundeshows gewesen. Trixie hatte ein gutes breites Gesicht, die dunklen Augen hatten die richtige Größe und saßen an der richtigen Stelle, und die schwarze Nase wies keine Sprenkelung auf. Kopf und Hals bildeten eine stark ausgeprägte harmonische Linie, und ihre Haltung war königlich.

Doch noch wichtiger als Trixies Schönheit war ihre Persönlichkeit. Obwohl sie gute Manieren und ein sanftmütiges, liebevolles Gemüt hatte, besaß sie auch einen gewissen Übermut. Während unserer ersten Begegnung schien sie entweder ständig zu lachen oder bereit zum Lachen zu sein. Judi erzählte, Trixie sei bei der Abschlussprüfung des CCI der Klassenclown ihrer Gruppe gewesen.

Da Julias schwarzer Labrador, ein Rüde, noch in der Ausbildung war, hatte sie ihm den Befehl zum Stillsitzen gegeben. Trixie nutzte ihren neuen Status als »normaler« Hund dazu, ihn zur Missachtung dieses Befehls zu verlocken. Während wir Judi und Julia zuhörten, die uns die grundlegenden Kommandos für Trixie beibrachten, konnten wir beobachten, wie sie dem Labrador drei verschiedene Spielzeuge brachte, ihm fast vor die Nase hielt und damit fröhlich quietschte, um ihm vorzuführen, welcher Spaß ihm entging.

Trixies Lieblingsspielzeug war etwas, das wir einen »Baumelball« nannten. Es war ein großer flauschiger Ball, der an einer Schlinge aus geflochtenem Seil hing. Dieses Spielzeug schwenkte Trixie vor dem Kopf des Labradors hin und her, so wie ein Hypnotiseur einen Anhänger an einer Kette hin und her schwingen lässt. Und als er das Maul durchhängen ließ, um nach dem Spielzeug zu schnappen, zog sich Trixie ein paar Schritte zurück, um ihn zum Aufstehen zu zwingen.

Trotz der clownesken Neigungen unseres Mädchens würden wir ihr Verhalten wohl nur selten korrigieren müssen. Judi sagte, Trixie sei so gut erzogen und so schlau, dass es, so Judi wörtlich, »nicht an ihr, sondern euch liegen wird, wenn diese Hündin irgendetwas falsch macht. Dann habt ihr Trixie entweder ein falsches Kommando gegeben oder etwas in ihrer täglichen Routine versehentlich ausgelassen. Diesen regelmäßigen Tagesablauf braucht sie aber, da sie an einen bestimmten Zeitplan gewöhnt ist.«

Linda und Elaine verabschiedeten sich, allerdings nicht, um zurück an die Arbeit zu gehen (wie wir wohl gehofft hatten), sondern um Vorkehrungen für die Bestattung geliebter Tanten zu treffen, die an diesem Morgen plötzlich verstorben waren. Wie traurig die Welt bei derart gehäuften unerwarteten Todesfällen sein muss …

Als auch Judi und Julia wenige Minuten später gingen, brach Trixie auf, um von unten bis oben jeden Winkel des Hauses zu erkunden. Das wiederholte sie im Laufe der Jahre auch in den Häusern all unserer Freundinnen und Freunde, sofern sie mit eingeladen war. Mit einer einzigen Ausnahme nahm sie sich dort niemals Freiheiten heraus. Das Einzige, das bei ihr ebenso stark ausgeprägt war wie die Neugier, war die Überzeugung, sie dürfe gern überall herumschnüffeln.

Vito, Lynn, Gerda und ich gingen mit Trixie an diesem Abend zum Essen in ein Restaurant, in dessen Innenhof Hunde willkommen waren. Als wir ihr den Befehl »Platz« gaben, legte sie sich unter den Tisch und beobachtete von dort aus die anderen Gäste. Sie zeigte kein Interesse an unserem Essen, wurde die ganze Zeit über nicht unruhig und gab keinen Laut von sich.

Später am Abend brachten wir sie zum ersten Mal in unser Haus auf dem Hügel, das sie sofort genauso erforschte wie vorher unser Strandhaus. Gerda und ich stellten Trixies Hundebett in eine Ecke unseres großen gemeinsamen Schlafzimmers, und sie machte es sich darin bequem. Obwohl wir sie dazu einluden, am Fußende unseres Bettes zu schlafen, was sie offenbar auch in ihren früheren Heimstätten gedurft hatte, zog sie es vor, in dem ihr vertrauten Hundebett zu nächtigen.

Während wir in der Dunkelheit lagen und auf den Schlaf warteten, sagte Gerda: »Leicht beängstigend, wie?«

Mir war klar, was sie damit meinte: Jetzt lag die Verantwortung für dieses wunderschöne Geschöpf allein bei uns. Trixies Gesundheit, ihr Wohlbefinden, das Bewahren dessen, was sie in ihrer Ausbildung gelernt hatte (und sie nicht nur zu einem perfekten Hund gemacht, sondern auch zu ihrem Selbstvertrauen beigetragen hatte, so dass sie wusste, wo ihr Platz in dieser Welt war): All diesen Dingen mussten wir uns genauso pflichtbewusst widmen, wie wir uns den Bedürfnissen eines Kindes gewidmet hätten.

Irgendwann in der Nacht wachte ich mit dem Gefühl auf, dass jemand mich beobachtete. Gerda und ich schliefen in einem stockdunklen Zimmer, in dem wir abends die Holzläden vor den Fenstern zuklappten. Ich wollte nicht die Taschenlampe anknipsen, die sich stets auf meinem Nachttisch befand. Während ich auf der Seite liegen blieb, spähte ich ins Dunkle und hielt nach glänzenden Tieraugen Ausschau, konnte jedoch keine erkennen. Vorsichtig streckte ich die rechts Hand zur Seite aus und spürte sofort Trixies Kopf. Ein paar Minuten lang rieb ich ihr mit Daumen und Zeigefinger über den empfindlichen Teil an einem ihrer Ohren. Sie genoss diese Liebkosung und neigte sich mir zu. Dann seufzte sie, kehrte in ihr Bett in der Ecke zurück und schlief bald darauf ein.

Ich malte mir aus, wie sie dort gestanden, meinen komplexen Geruch erschnüffelt und mit ihrer hochempfindlichen Nase analysiert hatte. Sicher hatte sie sich dabei gefragt, ob ich sie freundlich behandeln, sie liebhaben und ich es wert sein würde, diese Liebe zu erwidern. Jedenfalls nahm ich mir vor, ihr niemals Grund zu geben, irgendeine dieser Fragen zu verneinen.


TRIXIE

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