Читать книгу Slaughter's Hound - Declan Burke - Страница 15

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Es war eine eigenartige Zeit, eine Art früher irischer Sommer, der zwei Monate oder auch nur zwei Stunden dauern kann, sich aber immer zu lang anfühlt. Eine Woche voller Sonnentage und milder Nächte lag hinter uns, und das Abendrot war durchaus verheißungsvoll. Es würde also ein heller, warmer und wunderschöner Morgen sein, wenn ich Herb mitteilen musste, dass er sein Taxi abschreiben konnte, dank Finn, diesem unzuverlässigen Fuck du jour.

Ich fragte mich, ob Herbs Vollkaskoversicherung auch für Selbstmordsprünge aus dem neunten Stock einstand. Was eigentlich egal war, denn jede anschließende Beitragserhöhung würde sowieso mich treffen. Alles, was während meiner Fahrzeit passierte, ging auf meine Kappe, so war die Abmachung.

Zu allem Überfluss waren auch noch die drei Beutel von Toto McConnells allerfeinstem Gras in Rauch aufgegangen.

Noch so eine beschissene Sache …

Ich fuhr die Bundoran Road nach Norden. Immer noch zittrig. Meine Daumen trommelten unkontrolliert auf dem Lederbezug des Lenkrads. Ich war zutiefst verstört, mein Herz raste, mein Mund war ausgetrocknet. Irgendwas in mir war zerrissen, ob man es nun mein Gemüt, meine Seele oder die Batterie nannte, die die Maschine am Laufen hielt. In mir sprühten Funken, Blitze schlugen durch düstere Wolken, die sich am Horizont zusammenballten, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Sturm losbrach und die Einsamkeit mir entgegenstürmte, laut aufheulend wie ein Rudel schwarzer Hunde, denen vor Anstrengung die Lunge barst.

Die Furien entfesselt und Gonzo vorneweg, erbarmungslos, mit gebleckten Zähnen und weit aufgerissenem Rachen.

Finn war der Einzige gewesen, der das verstanden hatte. Er hatte mir von seinen Träumen erzählt, in denen es von Kraken wimmelte und Kreaturen, die halb Hai, halb Tintenfisch waren und aus unsichtbaren Tiefen aufstiegen, um ihn am Strand zu packen und nach unten zu ziehen. Auch Träume vom Ertrinken oder solche, in denen er auf dem Grund des Ozeans hockte und versuchte, den Atlantik leerzutrinken. Aber die Träume, in denen sich die schleimigen Tentakeln in die Arme seines Vaters verwandelten, waren die schlimmsten, wenn er die Hand nach Finn ausstreckte und dieser versuchte, sie zu packen, es immer wieder versuchte, die Hand aber so glitschig war, dass sie ihm entglitt und unter der Oberfläche versank und verschwand.

Man musste kein Freud sein, um das zu deuten. Wir brauchten keine Therapeuten, die in unserem Innern herumstocherten.

Nur, wie lebt man mit so etwas? Darüber steht nirgendwo etwas geschrieben. Keine Hinweise auf irgendwelchen Klemmbrettern, keine Hieroglyphen, die in unsichtbarer Tinte zwischen den Zeilen auf ihren endlosen Fragebögen stehen.

Ich schwelgte in Selbstmitleid, na klar. Immer noch besser, als sich mit dem zu beschäftigen, was mir bevorstand, die Konfrontation mit einer Mutter, einer Witwe, der ich das Schlimmste mitteilen musste, was sie je zu hören bekommen würde.

Und anschließend würde ich hineinkriechen in dieses tiefe dunkle Loch und Erde über mich rieseln lassen, um nichts mehr sehen und hören zu müssen um mich herum, nichts, was mich daran erinnern könnte, dass ich noch lebte.

Der Audi schnurrte in einem weiten Bogen hinunter nach Rathcormack, dann geradeaus nach Drumcliffe, überragt vom kahlen Gipfel des Benbulben. Das Dorf mit der hübschen kleinen, hell erleuchteten Kirche, in der W. B. Yeats einen kalten Blick auf das Leben, auf den Tod wirft – ich fuhr weiter. McIlhatton, du Maulheld, wir brauchen dich, so ruft eine Million zitternder Männer, und welch rohes Tier, dessen Zeit jetzt gekommen, kriecht auf eine Mutter zu, um ihr Herz zu brechen …

Mir brach der Schweiß aus. Der Audi schlenkerte über die weiße Linie. Ich setzte mich aufrecht, schnippte die Kippe aus dem Fenster und drehte die Stereoanlage auf. Radiohead, »Paranoid Android«, Thom Yorkes Klage über den Regen, der aus großer Höhe fällt. Gutes Timing, Thom. Der Hammer war, dass Finn das Radio des Audi auf McCool FM eingestellt hatte, seine persönliche Playlist, die er Abend für Abend auf die Welt losließ oder zumindest den Teil der Welt, der in einem Radius von zwanzig Kilometern um das alte Hafenamtsgebäude lag.

Nicht auszuhalten.

Ich nahm seine Songs-zum-Kinderzeugen-CD und schob sie in den Player. In der Hoffnung auf etwas Ablenkung. Finns Compilations waren musikalische Kreuzworträtsel, jeder Song ein Hinweis. Nur dass Rollerskate Skinny zuerst drankamen mit »Swingboat Yawning«, und das war wirklich ein bisschen zu dicht dran, heaven to be overcome, what are you going through the only thing I can ask you, sogar noch bevor sie diesen seltsamen Haken schlagen, Now my future is all behind me

Ich schaltete die Anlage aus und fuhr weiter. Ich schwankte zwischen Entsetzen über Finns Tod und dem Gefühl der Erleichterung – es hätte auch mich treffen können, was Gott gnädig verhütet hat. Mein Hirn schlug Funken bei dem Versuch, zwei unvereinbare Wahrheiten zusammenzubringen: auf der einen Seite Finn, der leichtfertige Typ mit den großen Plänen und dem frechen Ist-mir-scheißegal-Grinsen, auf der anderen dieser zusammengedrückte Klumpen aus verbranntem Fleisch und zerschmetterten Knochen. Es war kein Sinn darin zu erkennen, keine Logik.

Aber genau das war Finn. So war er immer gewesen. Ein Puzzle aus zwei Teilen, die nicht zusammenpassten.

Now my future is all behind me …

Vielleicht hatte Herb ja recht. Er hatte Finn immer einen Teilzeit-Philanthropen genannt, einen reichen Jungen, der sich in der Armut suhlte, wenn Pressetermine anstanden oder es steuerlich günstig war. »Pro bono, leck mich doch«, höhnte er, wenn Finns Bild im Champion oder im Weekender erschien. Herb fand es überaus passend, dass Finn gern Skiurlaub machte oder Snowboard fuhr. »Weil’s da immer bergab geht.«

Ja, klar, kann schon sein. Es geht nicht viel weiter bergab als neun Stockwerke, wenn die Schwerkraft ihren Sirenengesang anstimmt.

Slaughter's Hound

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