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Es könnte Marx gewesen sein. Oder vielleicht auch Engels. Wie auch immer, jedenfalls hat mal jemand gesagt, die Menschheit wäre erst dann befreit, wenn sie den letzten Priester an den Eingeweiden des letzten Bankers aufgehängt hätte. Ungefähr in diesem Sinn. Komischerweise hat er die Anwälte nicht erwähnt. Vielleicht dachte er, es wäre unmöglich, die auszurotten, genau wie Kakerlaken oder die Hoffnung. Ich war mir da nicht so sicher. Eine silberne Kugel, die zuvor in Knoblauch getunkt wurde, ein Holzpflock durchs Herz – es wäre zumindest einen Versuch wert.

Jimmy blieb mir erspart. Gillick fuhr selbst. Der Saab klang wie ein aufgegeilter Engel, still und leise bis auf ein selbstgefälliges Summen. Die Innenausstattung war aus glänzendem Leder und Walnussholz. Die Armaturen leuchteten in Blau und Rot und sahen aus, als hätte man sie aus einem Learjet-Cockpit ausgebaut. Als wir an der Kirche in Drumcliffe vorbeifuhren, brach er endlich das Schweigen. Wie zufällig und ganz locker. »Also, was hat Finn denn nun gesagt?«

»Worüber?«

»Bitte, Mr Rigby. Ich dachte, wir hätten diese Spielchen hinter uns gelassen.«

»Nein, Sie dachten, Sie hätten mich gekauft.«

»Das ist nicht …«

»Und in Wahrheit wollen Sie vor allem wissen, was er über Sie gesagt hat.«

»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«

»Einen Scheiß können Sie nicht. Deshalb gurken Sie doch um fünf Uhr morgens durch die Stadt und holen Desperados aus Verhörzellen. Damit Mrs Hamilton mit mir spricht, nicht mit Ihnen, und vergisst zu fragen, warum Sie im Hafengebäude waren und Finn genervt haben.«

»Ich war dort, weil Mrs Hamilton mich darum gebeten hat. Und ich verwahre mich gegen …«

»Sind Sie aus gesundheitlichen Gründen so früh aufgestanden? Was kommt dann als nächstes, ein Sitzbad?«

Ein Seufzen. »Mrs Hamilton ist nicht nur eine langjährige Mandantin aus gutem Hause. Sie ist mit mir befreundet, genauso wie ihr Ehemann mit mir befreundet war. Wenn sie mich zu einer ungewöhnlichen Uhrzeit anruft, dann ist das nur ein Beweis dafür, wie dringend meine Hilfe benötigt wird.«

»Stets ihr ergebenster Diener.«

Wir erreichten die Kreuzung in Monaneen. Er setzte den Blinker links, schaltete runter und bog ab Richtung Küste. Der Horizont war jetzt grau, die Donegal Mountains schimmerten rötlich im Dunst. »Ein leichter Minderwertigkeitskomplex kann durchaus heilsam sein, Rigby. Er darf Sie nur nicht allzu sehr behindern.«

»Wo ist denn der ›Mister‹ geblieben?«

Das gefiel ihm. »Möchten Sie lieber, dass ich Sie Mr Rigby nenne?«

»Sie werden ja gut dafür bezahlt. Und ich schätze, in Ihrem Fall läuft es wegen der unchristlichen Urzeit auf das Dreifache des Maßlosen hinaus, plus Spesen.«

Er wurde langsamer, weil eine Kreuzung kam, und fuhr geradeaus weiter. »Darf ich fragen, warum Sie unserem Freund Tohill nichts davon gesagt haben, dass ich gestern Abend bei Finn war?«

»Er hat nicht danach gefragt.«

Er lachte vor sich hin. »Jimmy wird das zu schätzen wissen.« Er wartete. »Und das ist definitiv alles, mehr nicht?«

Er hätte Jimmy mitbringen sollen. Je mehr er redete, desto mehr fragte ich mich, warum er Angst hatte, ich könnte etwas gegen ihn in der Hand haben.

Er blinkte links und wir fuhren durch das schmiedeeiserne Tor über den knirschenden Kies hinein in den kleinen Wald aus Eichen und Ahornbäumen. Weiter vorne huschte ein Dachs über die Straße und verschwand im Straßengraben. Seine Augen schimmerten grünlich auf im Licht der Halogenscheinwerfer. »Wie ich hörte, haben Sie mal als Privatdetektiv gearbeitet«, sagte er.

»Berater für Recherchen.«

»Natürlich.« Er lachte wieder vor sich hin. »Wissen Sie, eines Tages könnte ich vielleicht die Dienste eines Rechercheberaters benötigen.«

»Ihre Art von Geschäft braucht solche Dienste doch tagtäglich. Was stimmt denn nicht mit den Beratern, die Sie zurzeit beschäftigen?«

»Nichts, die arbeiten alle zur Zufriedenheit. Aber ich habe zu meinem Glück eine sehr große Zahl von Mandanten. Manchmal muss auch etwas ausgelagert werden.«

»Manche zieren sich ein bisschen, wenn’s ums Schuldeneintreiben geht, was?«

»In der jetzigen Situation muss man sich breit aufstellen, Mr Rigby, sonst geht man unter.« Nur der Hauch eines spöttischen Untertons. »Ich könnte mir vorstellen, dass Sie das mehr als die meisten anderen zu schätzen wissen.«

»Und Sie glauben, ich wäre der Richtige, weil ich nicht gleich alles überall hinausposaune.«

»Falls Sie damit fragen wollen, ob Vertraulichkeit für meine Mandanten eine große Rolle spielt, dann lautet die Antwort Ja.«

»Ich hab mich zur Ruhe gesetzt.«

»Auch das kam mir zu Ohren.« Er räusperte sich. »Harry J. Rigby, ehemaliger Berater für Recherchen und freischaffender Journalist. Im Jahr 2004 angeklagt des Mordes an Edward Rigby, genannt Gonzo, jedoch nicht verurteilt, aufgrund der Tatsache, dass Sie auf zeitweilige Unzurechnungsfähigkeit plädierten und daher anschließend in die psychiatrische Klinik zur abschließenden Beurteilung eingewiesen wurden, wo Sie dann den größten Teil der folgenden vier Jahre verbrachten.« Er warf mir einen Blick zu. »Ich bin kein Fachmann, aber ich könnte mir vorstellen, dass die Ermordung des eigenen Bruders die auf Diskretion angewiesenen Geschäfte eines Privatschnüfflers nicht gerade beflügelt.« Er wartete. »Dass Sie noch hier sind, liegt entweder an dem Jungen oder an Ihrer mangelnden Vorstellungskraft.« Wieder wartete er ab. »Ich wette, es ist der Junge.«

»Wenn Sie meinen Sohn noch einmal erwähnen, schmeiß ich Sie durchs Fenster.«

»Wie dramatisch.« Er rieb sich die Nase, um ein schiefes Grinsen zu kaschieren. Seine Blofeld-Imitation bekam Kratzer. »Ich bin beeindruckt.«

»Bleiben Sie das, dann bleiben auch die Fenster intakt.«

Er kniff die Augen zusammen. »Sehen Sie mal, Rigby, es geht hier nicht um moralische Fragen. Was Sie getan haben, haben Sie getan, und Ihre Handlungen konnten nach unseren zivilisatorischen Standards nicht gebilligt werden. Aber was mich betrifft, haben Sie Ihre Zeit abgesessen und damit Ihre Schuld gegenüber der Gesellschaft abgezahlt.«

»Aber die Gesellschaft verlangt noch Zinsen.«

»Zweifellos. Andernfalls würden Sie ja nicht Taxi fahren.« Ich ließ das mal so durchgehen. »Ich kann Ihnen natürlich keine feste Anstellung auf Dauer versprechen. Aber Ihnen eilt ein gewisser Ruf voraus, und Ihr Verhalten in der vergangenen Nacht beweist, dass Sie ein vertrauenswürdiger Mann sind, wenn es darum geht, sagen wir mal, potenziell betrügerischen Machenschaften entgegenzutreten, ohne einem zu starken Redebedürfnis nachzugeben.«

»Sie brauchen jemanden mit Durchsetzungskraft. Einen, der schon durch seine Präsenz wirkt, weil er die Aura eines Killers hat, und einen, der die Klappe hält, wenn die Bullen Fragen stellen. So jemanden wie Ihren Freund Limerick-Jim zum Beispiel.«

»Nicht ganz«, sagte er. »Zum einen fehlt Ihnen seine Statur.«

»Zum anderen seine Geschicklichkeit mit der Klinge.«

»Das ist Schnee von gestern, Mr Rigby. Und jemand wie Sie wird Jimmy sicherlich nicht das Recht auf Rehabilitation und Reintegration absprechen.«

Wir fuhren um den Brunnen herum, vorbei an dem Mercedes und dem Lexus und dem RAV4. Den roten Mini Cooper dahinter hatte ich bei meinem vorherigen Besuch nicht bemerkt. Gillick parkte neben der breiten Treppe und schaltete den Motor aus. Er war viel zu massig, um sich ganz zu mir herumzudrehen, also warf er mir über seine gut gepolsterte Schulter hinweg einen fragenden Blick zu. »Können Sie denn ernsthaft behaupten, dass es Ihnen Spaß macht,Taxi zu fahren?«

»Mehr als alles in der Welt.«

»Es gibt doch noch profitablere Methoden, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.«

»Ich bin mein eigener Chef. Ich arbeite, wann ich Lust dazu habe. Und ich kann die Rechnungen bezahlen.«

»Und das ist die Summe all Ihrer Ambitionen?«

»Meine fehlenden Ambitionen brechen mir das Herz. Ich wache jeden Morgen weinend auf und sehne mich nach dem Drang, einen Vorschlaghammer zu nehmen, um irgendeinem armen Teufel die Tür einzuschlagen. Was ist daran so witzig?«

»Ihre Selbstdarstellung. Ihre übertriebene Antipathie gegenüber Geld. Dabei brauchte es bloß fünfhundert Euro in bar, um Sie am frühen Morgen hierher zu locken.«

Das Wort »locken« in diesem Zusammenhang gefiel mir gar nicht.

»Geld ist nicht das Thema«, sagte ich. »Geld ist okay. Falls die Sonne irgendwann mal verlöschen sollte, haben wir wenigstens noch was, um die Welt am Laufen zu halten.«

»Also geht es nicht per se ums Geld, sondern darum, wer es anbietet.«

»Und um das Warum.«

»Zweifellos. Aber Geld ist ein wunderbares demokratisches Konzept, Mr Rigby. Es interessiert sich nicht im Geringsten für die Geschichte oder die soziale Position der Person, die es ausgibt.«

»Geld ist eine Waffe. Es ist so lange harmlos, bis es geladen in den falschen Händen landet.«

»Geladen?«

»Mit Einfluss, Zugangsmöglichkeiten, Eigennutz. Dieses schöne demokratische Konzept scheint sehr darauf angewiesen zu sein, die richtige Krawatte am richtigen Ort zu tragen.«

»Wer wählen will, muss eine Wahlkabine betreten«, säuselte er. »Und man wird Sie kaum hineinlassen, wenn Sie nackt dort auftauchen, oder?«

»Keine Ahnung. Hängt wohl davon ab, wie wichtig es für die Deutschen ist, dass das nächste Referendum durchgeht.«

Er nickte und lächelte nachsichtig. »Ich fordere Sie nicht auf, für mich zu arbeiten, Mr Rigby. Ich deute nur an, dass Sie, gesetzt den Fall die Gelegenheit ergibt sich, eventuell …«

»Ich bin allergisch gegen Zwangsräumungen, Gillick. Wenn ich weinende Kinder sehe, kriege ich einen Ausschlag.«

Er neigte den Kopf und warf mir ein weiteres öliges Grinsen zu. »Denken Sie darüber nach. Sprechen Sie mit Jimmy darüber, wenn Sie möchten. Falls Sie Ihre Meinung ändern sollten, steht meine Tür Ihnen immer offen.«

»Bei allem Respekt für Jimmy, meine Bewährungsauflagen verlangen von mir, dass ich mich nicht wissentlich mit Kriminellen zusammentue.«

»Jeder, der zu mir kommt, gilt als unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen wurde. So steht’s im Gesetz.«

»Im Gesetz steht das, was die Justiz behauptet.«

»Zu Ihrem Nachteil.«

»Ich komm drüber weg.«

»Ja«, sagte er und verzog entschuldigend das Gesicht. »Aber wie gut?«

Slaughter's Hound

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