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Die ersten Hamiltons kamen mit Cromwell auf die Insel und schlachteten genug Papisten ab, um sich einen besonderen Platz in der Hölle zu sichern. Oder in Connaught, wie die Einheimischen dazu sagen. Die Ortschaft, das kleine Dörfchen Manorhamilton in der Grafschaft Leitrim, ist immer noch da, auch wenn man dort heutzutage nicht mehr unter »Wuchermieten«, sondern unter »Sparmaßnahmen« leidet und eher McBurgers als schorfige schwarze Kartoffeln spachtelt.

Der Punkt ist, dass die Hamiltons und ihre geschäftstüchtigen anglo-irischen Verbündeten erst seit fünfhundert Jahren in Irland ansässig sind.

Und hier bei uns bedeutet das allenfalls, dass man mal kurz reingeschaut hat.

Ich war schon einmal in The Grange gewesen, anlässlich einer Hochzeitsfeier, trotzdem brauchte ich eine ganze Weile, um mich in diesem Gewirr labyrinthischer Wege auf der Halbinsel südlich des Ortes Grange zurechtzufinden. Das Anwesen war in pseudo-georgianischem Stil erbaut worden, allerdings muss man fairerweise dazu sagen, dass es nur deshalb Fake war, weil das ursprüngliche georgianische Gebäude 1921 während der IRA-Kampagne zur ethnischen Säuberung Irlands von den Protestanten, vor allem der Klasse der Landbesitzer, abgebrannt worden war. Aber die Hamiltons waren eine zähe Sippe und sehr ausdauernd. Von der Sorte, die unter kriegerischen Bedingungen erst so richtig gedeiht. Da schadete es auch nicht, dass einer von Donald Hamiltons Brüdern, einer der weniger bedeutenden Vertreter der Irischen Renaissance, der heute vollkommen von Jack Yeats überstrahlt wird, 1924 als Alibi-Protestant des Freistaats in den Senat gewählt worden war.

Der Audi schnurrte durch den kleinen Wald aus Eichen und Ahornbäumen in eine Senke mit Wiesen, die sich vom Waldrand bis zum Haus erstreckten und dahinter wieder hinaufführten, sodass sich ein Talkessel mit hohen Rändern ergab. Ein Kiesweg führte beinahe ganz um das Anwesen herum, durchaus elegant, konkurrierte aber mit einem rechtwinkligen Brunnen, einem Trio von Cherubim mit Pfeil und Bogen, die sich über seine Ränder reckten, einem Mexican Stand-off in Marmor. Der obligatorische Mercedes stand vor dem Eingang, dahinter parkten ein schwarz gelackter Lexus und einer von diesen lächerlichen urbanen Jeeps, ein RAV 4. Scheinwerfer gingen an, als ich den Wald verließ, und das Haus erstrahlte in bläulichem Glanz. Ein breiter, schwerfällig wirkender Klotz mit drei Stockwerken, der trotzigen Widerstand ausstrahlte. Rötlicher Efeu gab der grauen Fassade ein wenig Farbe, hatte aber den perversen Effekt, die strengen Linien und scharfen Kanten zu betonen. Breite Stufen führten zu einem Säulenportal, das Lord Elgin offenbar zusammen mit den Marmorstatuen mitgebracht hatte. Die Blumen in den Rabatten waren so akkurat wie ein doppelter Gin.

Ich schleppte mich über die breite Treppe nach oben. Zitternd, weil eine salzige Atlantikbrise um die Hausecke wehte. Abgesehen von dem Efeu war die feuerrote Eingangstür der einzige Farbtupfer des Gebäudes. Der Türklopfer aus Messing in Form eines Elefantenkopfes sah verführerisch aus, nach einem beherzten Griff wurde man allerdings eines Besseren belehrt, es war nur eine Attrappe. Ich drückte auf den Klingelknopf in einer Stahlplatte rechts neben der Tür. Beinahe sofort meldete sich eine verzerrte Stimme im Lautsprecher darüber.

»Ja?«

»Harry Rigby. Ich bin ein Freund von Finn.«

»Ja?«

»Es hat einen Unfall gegeben.«

Das Luftholen deutete darauf hin, dass er schon eine weitere Ja-Frage stellen wollte, aber dann wurde ein Riegel zurückgeschoben. Als die Tür weit genug aufgegangen war, dass ich hindurchpasste, betrat ich eine Halle, die offenbar dafür gedacht war, sehr fetten Giraffen eine Heimstatt zu bieten. Er wollte etwas sagen, trat aber zur Seite und ließ mich durch. »Ich bin Simon«, sagte er und führte mich durch die geflieste Halle in ein Herrenzimmer mit Verandatüren, die sich über die gesamte hintere Wand erstreckten. Die übrigen Wände wurden von Bücherregalen mit ledergebundenen Bänden eingenommen, hier und da unterbrochen von grotesk übertriebenen, modernen Porträtgemälden, die schräge Blicke in den düsteren Raum warfen.

Er deutete auf einen mit grünem genoppten Leder bezogenen Sessel und wartete, bis ich mich gesetzt hatte, bevor er auf dem Rand des zweiten Sessels Platz nahm. Auf einem niedrigen Tischchen neben seinem Sessel standen eine Kristallkaraffe, eine Lampe mit grünem Schirm und ein leeres Ballonglas. Ein Buch mit Ledereinband lag aufgeschlagen und umgedreht auf der Sessellehne, aber ich konnte den Titel nicht entziffern. Er selbst war genauso wenig zu entschlüsseln. Irgendwie in den Vierzigern, vorsichtig geschätzt, mit Geheimratsecken und grauen Schläfen. Auch seine Augen, die mich alarmiert musterten, waren grau. Wodurch er älter wirkte und klug genug, um sich nicht in schwarzer Hose mit gleichfalls schwarzen Satinstreifen auf der Naht in der Öffentlichkeit zu zeigen.

»Es ist also schlimm«, sagte er. »Andernfalls hätten Sie angerufen.«

»Ganz schlimm. Es tut mir leid.«

Seine Augen schienen aufzugehen, dann zogen sie sich zu Schlitzen zusammen. »Ist er tot?«

Ich nickte. Er musste schlucken. Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Wie ist es passiert?«

Noch während ich es ihm erzählte, runzelte er die Stirn und schüttelte den Kopf. »Selbstmord?«, sagte er, als ich fertig war. »Finn?«

»Deshalb dachte ich, Mrs Hamilton sollte davon erfahren, bevor die Polizei hier auftaucht.«

»Selbstverständlich. Sie wird das zu schätzen wissen. Vielen Dank.« Er schien sich nicht bewusst zu sein, dass er die ganze Zeit über den Kopf schüttelte. »Sind Sie sicher?«, fragte er dann. Ich nickte. »Aber warum sollte er …?«

»Keine Ahnung. Tut mir leid.«

Er fuhr sich mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen. »Sie schläft, natürlich. Ich sollte sie wecken, aber …«

Er bewegte sich nicht.

»Morgen früh werden die Neuigkeiten auch nicht schlimmer sein als jetzt«, sagte ich.

»Nein, das denke ich auch.« Er redete mir nach dem Mund, spielte auf Zeit. Gleichzeitig war er innerlich meilenweit entfernt oder vielleicht auch bloß ein Stockwerk höher und versuchte einer Frau die schlimmste Nachricht ihres Lebens zu überbringen. »Haben Sie Kinder, Mr Rigby?«

»Einen Sohn.«

»Wenn Sie in der Situation wären«, sagte er zögernd, »würden Sie es lieber gleich wissen wollen?«

»Würde ich, ja.«

»Ich denke, ich auch.« Er dachte darüber nach. Dann bemerkte er meine nervösen Finger und verschrieb mir einen Brandy zur Beruhigung. Er schenkte uns beiden großzügig ein. Dann kippte er seinen weg, ohne sich mit einem Trinkspruch aufzuhalten. Ich sehnte mich so sehr nach diesem Brandy, dass ich den Inhalt des Glases beinahe inhaliert hätte, aber ich war Taxifahrer und musste gleich wieder zurückfahren und mich mit den Bullen auseinandersetzen. Also ließ ich ihn kurz meine Lippen benetzen, um der Zeremonie zu genügen.

»Ich wecke sie jetzt«, sagte er mit dem Mut des Angetrunkenen. »Sie muss es erfahren.«

Ich stand auf und zog eine Visitenkarte aus der Jeanstasche. »Falls Sie mit mir Kontakt aufnehmen wollen, warum auch immer, erreichen Sie mich unter dieser Nummer.«

Er warf einen zerstreuten Blick darauf und brachte mich zur Tür, nachdem er mir erneut gedankt hatte. Er stand immer noch oben am Ende der breiten Treppe, als ich davonfuhr. Schlaffe Haltung, herabhängende Schultern. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass er dort noch den ganzen Winter über stehen geblieben wäre, wenn es ihn davor bewahrt hätte, die Treppen hinaufzusteigen und eine Frau zu wecken, die dort in glückseliger Unwissenheit schlief.

Slaughter's Hound

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