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Der Ruhestand im Wandel

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In früheren Rentnergenerationen war es üblich, dass das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auch mit einem Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben einherging. Wer in Rente ging, hatte seine Lebensleistung vollbracht und verbrachte die wenigen verbleibenden Jahre im trauten Heim; allenfalls Kaffeefahrten oder Kuraufenthalte sorgten für etwas Abwechslung. Das Wort „Ruhestand“ war wörtlich zu nehmen: Rentner waren in der Gesellschaft so gut wie unsichtbar. Dieses Bild vom Alter ist momentan stark im Wandel, denn alt zu sein ist schon lange nicht mehr das, was es einmal war. Mit der Großmutter, die mit Dutt im Schaukelstuhl sitzt und strickt, oder mit dem griesgrämigen Opa, der Pfeife rauchend über seine Wehwehchen, Politiker oder die Jugend von heute schimpft, haben Rentner von heute so gut wie nichts mehr gemeinsam.

Im Gegensatz zu früher ist die Rente heutzutage kein relativ kurzer Lebensabschnitt mehr. Während die Rentenbezugsdauer im Jahr 1960 bei knapp zehn Jahren lag, können Sie sich heutzutage beim Eintritt in den Ruhestand auf durchschnittlich 20 Jahre in Ihrem neuen Lebensabschnitt freuen. Tendenz steigend. Denn die Lebenserwartung in Deutschland steigt deutlich schneller an als das Renteneinstiegsalter. Es könnte also durchaus sein, dass der neue Lebensabschnitt auch 30 oder sogar 40 Jahre für Sie bereithält. Ein 100. Geburtstag ist schon lange keine Sensation mehr. Laut dem Statistischen Bundesamt lebten in Deutschland 2014 ca. 17.000 Menschen, die 100 oder sogar noch älter waren.

Die gestiegene Lebenserwartung und der Rückgang der Geburtenrate haben aber auch dazu geführt, dass Rentner nicht mehr so wohlhabend sind wie in früheren Generationen. Als der erste Reichskanzler, Otto von Bismarck, im Jahr 1889 die Rentenversicherung einführte, profitierten hiervon nur wenige. Die Bürger mussten bereits über 70 Jahre alt sein, um überhaupt Rente beziehen zu können. Ein Alter, das die meisten Menschen zum damaligen Zeitpunkt nicht erreichten. Hinzukam, dass die Auszahlungsbeträge gering waren und das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern bei 27:1 lag – sodass die Rentenkassen prall gefüllt waren. Verhältnisse, von denen wir mittlerweile meilenweit entfernt sind. Die Prognosen gehen so weit, dass im Jahr 2030 auf 100 Beitragszahler bereits 67 Rentner kommen dürften. So kommt es, dass die Zahl der Rentner, die als armutsgefährdet gelten, in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist; eine Entwicklung, die sich voraussichtlich noch weiter verschärfen wird. Betrachtet man allerdings nicht nur das Einkommen, sondern auch die angesammelten Vermögenswerte, dann steht die Bevölkerungsgruppe der Senioren vergleichsweise gut dar. Die Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen ist mit einer Quote von 56 Prozent diejenige mit dem höchsten Anteil an Immobilienbesitzern.2 Noch geht es dem Durchschnittsrentner finanziell gesehen relativ gut. So ist auch nicht verwunderlich, dass die Werbeindustrie allmählich dem Jugendwahn in der Werbung abschwört und ältere Menschen als relevante Zielgruppe für sich entdeckt hat.

Aber nicht nur die Lebenserwartung und damit einhergehend auch die Länge des Ruhestandes steigen. Die Ruheständler von heute sind auch deutlich aktiver als noch vor einigen Jahrzehnten. Laut der Generali-Altersstudie von 2017 treiben 44 Prozent der über 65Jährigen regelmäßig Sport. Sie geben ihr Geld auch längst nicht mehr nur für ihre Kinder und Enkel aus, sondern wollen ihr eigenes Leben noch in vollen Zügen genießen. Während ein 70Jähriger um 1900 bereits als Greis galt, stehen heute viele Menschen in diesem Alter noch voll im Beruf, reisen um die Welt, gehen in einem Ehrenamt auf, erlernen neue Fähigkeiten oder spielen Fußball mit ihren Enkelkindern. Beispielsweise hat die US-Amerikanerin Ida Keeling im Alter von 100 Jahren noch einen Weltrekord in der Altersgruppe W96 – 100 im 100-Meter-Lauf aufgestellt und hinter der Ziellinie noch ein paar Liegestützen gemacht, womit sie deutlich fitter sein dürfte als so mancher 50Jähriger. Ein anderes Beispiel ist der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Italiener Giuseppe Paterno, der in jungen Jahren nie die Möglichkeit hatte, zu studieren und schließlich im Alter von über 90 Jahren noch ein Studium begann. Mit 96 Jahren schloss er sein Bachelorstudium der Geschichte und Philosophie als Jahrgangsbester ab und schrieb sich direkt für das Masterstudium ein.

Diese Beispiele sind mit Sicherheit Einzelfälle. Wie bei allen anderen Altersgruppen auch sind die Ü-60-Jährigen keine homogene Gruppe. Den typischen Rentner gibt es nicht. Gerade was den gesundheitlichen Zustand und die finanzielle Situation angeht, können die Unterschiede enorm sein. Die genannten Beispiele zeigen aber: Senioren sind geistig und körperlich fitter denn je. Viele von ihnen fühlen sich nicht nur zehn bis zwanzig Jahre jünger. Sie wollen sich noch längst nicht zur Ruhe setzen oder gar zurückgezogen leben, sondern aktiv am öffentlichen Leben teilnehmen und Spaß haben.

Dieser Wandel stellt (zukünftige) Rentner aber auch vor neue Herausforderungen, welche die vorherigen Generationen nicht kannten. Nämlich: Wie der neue, mehrere Jahrzehnte umfassende Lebensabschnitt sinnvoll gefüllt werden kann.

200 Erlebnisse für den Ruhestand

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