Читать книгу Suche Frosch mit Krone - Denise Remisberger - Страница 7
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ОглавлениеSpäter, um vier Uhr morgens, als unser Roberto schon ins schwarz bezogene Bett gefunden hatte, läutete es an der Tür. Schlaftrunken stolperte er in Richtung des schrillen Tons und fand dort, nach mehrmaligem Drehen des Schlüssels in beide Richtungen, Ronald vor. Ronald überragte Roberto um einen halben Kopf, obwohl jener seine 1.80 vorzuweisen hatte. Vielleicht war die Ursache des Grössenunterschiedes aber auch die ewig gebückte Haltung Robertos, die ihn kleiner erscheinen liess. Ronalds kurz geschnittenes dunkelbraunes Haar mit der grünen langen Strähne, an der ein silbernes Glöckchen baumelte, hing ihm tropfend in die Stirn, da er seinen Weg zu Robertos Heim zu Fuss bewältigt hatte, obwohl es in Strömen regnete. Auch die braune Lederjacke mit dem kaputten Reissverschluss tropfte. Das einzige Stück, das der Regen verschont hatte, war seine mit einem Lederdeckel versehene Uhr. Das Ganze sah aus wie ein riesiges braunes Armband. Er war sehr stolz darauf. Ronalds Wangen glühten in einem feuerroten Ton und er miefte nach Fahne. Er hielt noch den Becher Bier in der Hand, den er sich am „Bunten Abend“ von Karla geben liess. Diese war offensichtlich sehr erpicht darauf gewesen, ihn fortgehen zu sehen. Er trampte also in Robertos Wohnung und wartete, bis dieser ihm ein Lager im Wohnzimmer vorbereitet hatte. Dieser Raum vermittelte einen etwas kargen Eindruck, denn ausser dem Fernseher und einem bequemen Sessel davor, beherbergte er nur noch eine Matratze, die mit einem alten karierten Tischtuch bedeckt war.
Ronald wohnte in einer anderen Stadt, da er dort eine Stelle als Grafiker in einem Atelier ergattern konnte, und der letzte Zug war schon lange weg.
„Wieso bist du nicht auch gekommen?“, lallte Ronald. „Ich musste zu meinen Eltern nachhause, sie haben mich eingeladen“, war die lahme Antwort. „Wie alt bist du?“, kam es prompt zurück. Nach dem hervorgepressten „Fuck off“ marschierte Roberto zurück ins nicht mehr ganz so warme Bett.
Kaum aber war er wieder eingeschlafen, schreckte er auf, da jemand nach ihm tastete. „Ronald, spinnst du jetzt vollends?! Verpiss dich!“ Der Eindringling, der sich bei sich zuhause wähnte, wurde unsanft zurück ins Wohnzimmer geschoben, wo er sich auf sein Lager legte, allerdings nur mit dem Kopf; der restliche Körper kuschelte sich auf dem Parkettboden in eine imaginäre Decke. Roberto stapfte kopfschüttelnd zurück in sein Schlafzimmer und schloss die Türe sicherheitshalber ab.
Am nächsten Morgen fand er Ronald auf dem hellblau gekachelten Badezimmerfussboden schnarchend, was seine allgemeine Empörung noch ins Besondere steigerte. Als er ihn beim Frühstück zur Rede stellen wollte, wusste der inzwischen Ausgenüchterte nichts mehr.