Читать книгу Ein beabsichtigter Mord mit unbeabsichtigten Folgen - Denise Remisberger - Страница 5
3
ОглавлениеAm folgenden Abend ging Pendragona in ein Konzert. Sie sauste auf ihrem Velo Richtung Volkshaus, stieg am Trottoirrand ab und wollte das Fahrrad friedlich nach vorne zu einem Velobügel schieben.
Plötzlich sprang ein schwarzhaariger Schwarzgekleideter mit Handy am Ohr aus dem Nichts und hörte bei ihrem Anblick auf zu sprechen. Raum und Zeit waren nicht mehr existent und irgendwo in der Herzgegend knallte es.
Pendragona schob ihr Velo heftig zitternd weiter, schloss es unter zweimaligem Schlüsselrunterfallen endlich ab und torkelte auf die Haupttüre zu.
Als sie auf dem Weg dorthin einen Blick im Rücken spürte und sich umdrehte, blickte sie in die schlitzohrig lachenden Augen des Band-Schlagzeugers der Gruppe, die sie bald hören würde, der augenscheinlich ausgeschickt wurde, um zu prüfen, ob sie auch wirklich ins Konzert wollte.
Der Nicht-ins-Handy-sprech-Typ lehnte sich immer wieder aus einer Seitentüre, um nach Pendragona zu schauen, die lesend und gelegentlich aufschauend am Eingang Schlange stand.
Als die Türe endlich aufging, rannte sie an die vorderste Front und erhaschte noch den letzten Stehplatz, genau vor dem Bass.
Leider befand sich zwischen dem Metallgestell, an das sie sich anlehnte, und der Bühne ein guter Meter Abstand.
Irgendwie fehl am Platz an solch einem alternativen Ort.
Nach einer etwas verkaterten Vorband traten sie auf, die französische Punk-Rock-Band mit den politisch-poetischen Texten.
Und wer begab sich nach vorne ans Mikrophon? Der Handy-Typ. Das war also der Sänger gewesen? Hatte sie das vorhin verdrängt? Den Schlagzeuger hatte sie doch auch erkannt.
Auf alle Fälle sah er sich kurz das Publikum an, fand sie nicht in der Menge und verzog seinen schönen Mund verbittert.
Kaum hatte sie gedacht, ob er eigentlich blind sei, riss er sich zusammen, blickte jede einzelne Person von links nach rechts in der ersten Reihe genau an, entdeckte sie endlich, schoss einen Blitzblick auf sie ab, schloss die Augen mit seligem Lächeln im Gesicht und begann zu singen.
Immer wieder hüpfte er dem Bassisten genau vor die Nase, um in Pendragonas Augen zu versinken, bis der arme Verdeckte ihm und Pendragona so böse Blicke zuwarf, dass diese Hüpferei wieder eingestellt werden musste.
Pendragona fühlte sich wie im siebten Himmel und radelte dann schluchzend nachhause, weil sie wusste, dass sie ihn nie wieder sehen würde. Trotzdem schrieb sie ihm einen langen Brief an die Adresse des Schlagzeugers, welche sie auf der neuesten CD beziehungsweise im Internet fand.
Anstatt einer Antwort von ihrer grossen Liebe erhielt sie im Traum von einer blonden vollbusigen Französin die unfreundliche Aufforderung, deren Freund gefälligst in Ruhe zu lassen.
Natürlich dachte Pendragona trotzdem noch einen ganzen Monat bittersüss an ihn, während sie seine Musik in ihren Ohren hämmern liess und seinen von ihr geträumten Kosenamen vor sich hinflüsterte, «chat rouge».