Читать книгу Darius - Dennis Borscheid - Страница 3
Prolog
ОглавлениеHinrichtungen sind langweilig. Doch sie werden um einiges spannender, wenn man selbst involviert ist. Damit verhält es sich wohl wie mit Paraden - oder Golf. Es macht eine Menge Müll, niemand versteht wirklich den Sinn dahinter und wirklich genießen tun es nur die Reichen und Mächtigen. Und zuzugucken ist herzlich unspektakulär. Bis es der eigene Kopf ist, der ins metaphorische letzte Loch geschlagen wird.
Hallo, mein Name ist Darius. Willkommen zu den letzten 10 Minuten meines Lebens.
Ich will euch das was folgt von vornherein ersparen, ich wiederhole mich, aber es ist wirklich immer dasselbe. Immer dasselbe große Hubaba, du-wirst-hiermit-im Namen-des-x-beliebigen Herrschers, -Gottes, Demigottes, oder-wer-sonst-gerade-an-der-Macht-war-vor-den-Augen-des-guten,-schlechten, -mittelprächtigen, -oder-sonst-gerade-vor-der-Bühne-stehendem-Volke hingerichtet. Und auch letzte Worte sind, entgegen der Behauptung der Weltliteratur, rhetorisch eher auf Kneipenniveau. Viel unverständliches Gestammeltes, das gelegentliche Einnässen und ab und zu übergibt sich jemand.
Ich habe aber auch an meine letzten Worte nur eine geringe Erwartung. Ich denke ich werde meinen über die Jahre angereicherten Schatz an Sprachwitz ein letztes Mal ausgraben und mein Leben so verlassen wie jede meiner Freundinnen: Hals über Kopf und mit einem schlechten Witz auf den Lippen.
Rückblickend kann ich aber sagen, dass meine Entscheidungen, trotz meiner momentan doch etwas prekären Lage, immer dem Grundsatz gefolgt sind jedweder Gefahr aus dem Weg zu gehen. Diesen Grundsatz habe ich mit einer Entschlossenheit gelebt wie sonst nur meine Liebe zu Wein und Datteln.
Es ist sowieso viel interessanter welche schicksalhaften Ereignisse mich in diese unbequeme Lage gebracht haben.
Wie schon erwähnt, habe ich es mir zum Lebensvorsatz gemacht, jeder Gefahr aus dem Weg zu gehen. Leider lebe ich in einer Zeit in dem so gut wie alles eine grundsätzliche Gefahr mit sich bringt. Von Krieg, über Pest, bis zu Hungernot haben wir alles in diese Jahrzehnte gepackt, wofür wir früher Jahrhunderte brauchten. Ein wirklich rückschrittlicher Fortschritt. Leider ist es nicht ganz möglich sich von diesen Gefahren fern zu halten, sollte man nicht als Einsiedler unter einem Felsen leben wollen. Ihr seht, es ist nicht leicht Ich zu sein. Doch ich war schon immer mit großem Einfallsreichtum gesegnet, so auch hier. Da jede ehrliche Arbeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem harten Leben und frühen Tod führt, und jede unehrliche Arbeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem frühen Ableben und hartem Tod führt, entschied ich mich für den Mittelweg.
Eine Anstellung so unnötig, und doch so geschätzt, sodass ich niemals hart arbeitete, geschweige denn hart lebte. Ich wurde Dichter.
Lasst mich kurz schildern, was in der Arbeitsbeschreibung steht. Sitze den ganzen Tag in einem sonnendurchfluteten Zimmer, oder wetterabhängig einem Park, und philosophiere über die Welt, das Leben, und die Herrlichkeit deines Patrons (nicht in dieser Reihenfolge). Bringe diese Gedanken in sich reimender Form zu Papier in einer Art die lustig, heuchelnd oder geradewegs schmeichlerisch ist. Verständlichkeit ist kein Muss.
Ich fand meine erste Tätigkeit in den Diensten einer Hofdame von Poltras. Ihr Angebeteter war ein großer Befürworter der schönen Künste (solange sie die oben beschriebenen Qualitätsmerkmale erfüllten) und sie erhoffte sich durch meine Anstellung ein gesteigertes Ansehen in den Augen des Schutzheiligen der Künstler. Nach kurzer Zeit hatte ich sie an seine Tafel katapultiert und mir einen Namen als Liebesdichter gemacht, was manche Hofdame als Metapher für männliche Prostitution sah. Es folgten viele klärende Gespräche, und im Falle einer besonders penetranten Dame ein Hilfeschrei nach den Wachen. Nichtsdestotrotz genoss ich die Zeit am Hof von Poltras. Leider starb meine Patronin kurze Zeit später nach einem Jagdunfall (nicht auf mich), und ich zog fort, denn trotz zahlreicher Angebote, wollte ich meinem Ruf als Liebesdichter nicht wortwörtlich gerecht werden.
Nach einigen kleineren Anstellungen in den Städtchen und größeren Dörfern fand ich mich im Jahr 976 in den Diensten eines Barons Rafael Margoza, auch bekannt als der „blutige Baron“, wieder. Und hier beginnt die Geschichte die mich zu einem Gejagten, Geächteten und wohl bald Geköpften machte.