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Die Taylorwanne

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Lassen Sie uns noch einmal einen weiteren Schritt zurück in der Zeit gehen, in die Zeit vor der aufkommenden Industrialisierung. Damals kaufte man beispielsweise Kleidung beim Schneider vor Ort, die sehr individuell angepasst wurde. Ein Schneider sah sich unterschiedlichsten Wünschen gegenüber und musste in der Lage sein, diese zu erfüllen. Zum Glück hatte er keine allzu große Konkurrenz zu befürchten, weil die Leute aus seinem Ort nur zu ihm gehen konnten.

Dann kam das Industriezeitalter. Maschinen übernahmen Aufgaben, die vorher noch von Menschen erledigt wurden und eine Massenproduktion begann. Während am Anfang, wie zu Zeiten Taylors, noch die Menschen die Arbeiten ausführten, wurde dies zunehmend von Maschinen übernommen. Die Menschen, die nicht in den denkenden Abteilungen arbeiteten, wurden nur noch benötigt, um Maschinen zu bedienen und einfache Arbeitsschritte auszuführen. Nun herrschte ein Verkäufermarkt, das heißt, die Unternehmen konnten ihre Produkte so auf den Markt bringen, wie es ihnen beliebte. In dieser Zeit und unter diesen Bedingungen, wo es eine große Nachfrage gab und noch keinen allzu großen Wettbewerb, spielte die tayloristische Struktur ihre großen Stärken aus.

Im Vergleich zu unserem vorindustriellen Dorfschneider wurde nun zum Beispiel Kleidung als Massenware hergestellt. Dabei überlegte sich eine Abteilung, welche Kleidungsstücke wohl großen Anklang finden würden. Dann gaben sie entsprechende Schnittmuster und Vorlagen an eine andere Abteilung weiter, die dafür sorgte, dass die maschinelle Produktion diese Kleider herstellen konnte. In den Läden hing dann später das entworfene T-Shirt in vielfacher Ausführung und in unterschiedlichen Größen zu verlockenden Preisen, mit denen der Schneider nicht mithalten konnte.

Dann setzte, zuerst langsam, dann immer deutlicher, das Wissenszeitalter ein. Neue Technologien hielten Einzug. Das Internet vernetzte Menschen auf der ganzen Welt. Die Märkte wurden globalisiert. Nun war es möglich, sich günstigere Produkte von der anderen Seite der Welt zu kaufen. Der Markt wandelte sich von einem Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt. Der Kunde stellte plötzlich Ansprüche und konnte aus einer großen Auswahl von Produkten wählen, was ihm am besten gefiel oder die gewünschte Qualität aufwies. Plötzlich fand man sich wieder in einem hochdynamischen Umfeld. Zwar konnte man immer noch auf die Herstellungskraft von Maschinen zurückgreifen, aber die Kunden verlangten nach sehr individuellen Lösungen. Innovation und Kreativität wurden immer wichtiger.

In der heutigen Zeit herrscht ein großer globaler Wettbewerb. Disruptionen bedrohen bisher erfolgreiche Geschäftsmodelle. Ganze Märkte werden durcheinandergeworfen. Klassische Unternehmen, die nach tayloristischen Grundsätzen aufgebaut sind, sehen sich hochdynamischen und adaptiven Start-ups gegenüber, die sehr schnell auf Veränderung reagieren können

Die Taylorwanne zeigt diese Veränderung noch. Erinnern Sie sich an den Schneider, der seine Produkte noch in Handarbeit herstellte, bevor Maschinen diese Aufgaben erledigen konnten? Diese Manufaktur zeichnet sich dadurch aus, dass die Aufgabe zwar eine gewisse Komplexität besaß, denn schließlich musste auf die Kunden gehört und einen Teil der Wünsche erfüllt werden, insgesamt war sie aber noch recht überschaubar. Durch direkten Kontakt und einen hohen Anteil an Handarbeit besaß die Arbeit eine gewisse Dynamik. Wenn es einer Anpassung der Arbeitsweise bedurfte oder eine Entscheidung zu treffen gab, dann passte der Schneider sie an oder traf die Entscheidung.

Abb. 1:

Taylorwanne (eigene Darstellung nach Pfläging 2018)

In Zeiten der Industrialisierung veränderte sich dies. Die Dynamik nahm deutlich ab, denn vereinheitlichte Produktionsprozesse sorgten dafür, dass hochwertige Produkte in großer Stückzahl kostengünstig hergestellt werden konnten. Für die Käufer veränderte sich der Markt, indem sie statt einem Kleidungsstück, dass der Schneider speziell für sie anfertigte, ein Kleidungsstück von der Stange kauften. Diese waren deutlich günstiger und machten den Handarbeiten der Schneider Konkurrenz.

Später dann stieg, durch neue Technologien und globale Märkte, die Komplexität an, und der Markt wurde immer dynamischer. Die Produktion selbst war optimiert und funktionierte hervorragend. Die Herausforderung war, dass man schneller sein musste als die Konkurrenz, neuartige Produkte auf den Markt zu bringen. Bis Anpassungen oder Entscheidungen an die entsprechenden Positionen transportiert worden waren und dort getroffen wurden, verging oft zu viel Zeit. Bis dahin hatte die schnellere Konkurrenz schon gehandelt und wichtige Marktanteile gewonnen.

Die Taylorwanne hilft zu erklären, warum die funktionale Aufteilung und die Trennung unterschiedlicher Arbeiten in Abteilungen in diesem Umfeld so gut funktionierte.

Der TaylorismusTaylorismus war im Rahmen seiner Zeit ein sehr sinnvoller Ansatz, um hocheffizient und erfolgreich zu sein. Die Aufgaben, mit denen wir heute konfrontiert sind, werden aber zunehmend komplexer und erfordern neue Bewältigungsstrategien. Wie diese aussehen, werden wir uns mit Hilfe eines Modells im nächsten Kapitel ansehen.

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