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6. Szene: Lichtmaschine

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Es gibt eine neue Hinrichtungsmaschine.

Ähnlich den elektrischen Mottenlichtern zum Zerstäuben von Insekten, abgeleitet von einem göttlichen Prinzip oder einem urzeitlichen Gesetz, das dem universellen Streben zum Licht seine Gültigkeit verdankt.

Der Delinquent steht in einem runden Raum, einem Hohlzylinder, und die äußere Wand ist so finster, dass sie alles Licht verschluckt. Wenn er nach außen schaut, dann weiß er nicht einmal, ob da wirklich eine Wand ist, denn er wagt es nicht, seine Hände in das strukturlose Schwarz zu halten, von dem er fürchten muss, in ein unendliches Nichts gezogen zu werden. Das ist ihm wie jedem Betrachter schnell zu viel, er dreht sich lieber um und schaut nach innen, versucht den Raum zu überblicken, in dessen Zentrum sich ein zylindrischer Körper aus purem Licht befindet. Drei Meter im Durchmesser, und zwischen dieser inneren Lichtsäule und der äußeren Dunkelheit sind es auch drei Meter. Der Delinquent hat für sich also nur einen rundum laufenden, drei Meter breiten Korridor und darf wählen zwischen vollkommener Dunkelheit und vollkommenem Licht.

Natürlich wählst du das Licht. Es blendet dich, aber das macht dir nichts, denn es ist seine Barmherzigkeit, die dich blendet. Du sehnst dich nach ihm, du willst dem Licht nahe sein, in ihm aufgehen, willst selbst das Leuchtende sein. Das Spektrum der Lichtwellen ist von wohlwollender Wärme, als wäre hinter dieser Säule ein göttlicher Busen, durchströmt von Milch und Honig, und du selbst würdest darin zum Flussbett werden und dein Körper stellte keine Ansprüche mehr. Doch eigentlich wäre dein Körper darin nur ein störendes Element, etwas, das vorher abgestreift gehört. Und dann verstehst du, dass genau das die Aufgabe dieser Membran aus Licht ist: das Abstreifen des alten Fleisches, das du loswerden möchtest, bevor du aufgehst in Unaussprechlichkeit.

Dadurch könnte, so glaubt man, der Vollzug vollkommen werden. Ich hefte meine Tat an meinen Körper, dessen ich mich nun aus freiem Willen entledige. Dies zu entscheiden dauert gewiss nicht länger als ein, zwei Stunden, und auch die anschließende Reinigung ist nicht schwer, da das reinigende Licht nur trockene, schwarze Krusten auf dem schmalen Rundgang zurücklässt, die sich mit einem Besen mühelos beseitigen lassen, während mein Geistiges als weißer Dampf durch einen über der Decke des Raums befindlichen Schornstein nach oben in den Himmel geblasen wird.

>>> Kommentar der Putzfrau: »Aschenbecher voll.«

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