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1. Myzelhinn

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Hier am Rand der Welt war der Strom der Zeit ein stehendes Gewässer: dunkel und glatt wie ein erblindeter Spiegel, bleiern erstarrt zu ewiger Gegenwart. Am Rand der Welt war die Zeit besiegt.

Aber vielleicht, sinnierte Myzelhinn, war der Sieg über die Zeit in Wahrheit die größte Niederlage. Vielleicht war die Unsterblichkeit der eigentliche Feind des Lebens, eine Krankheit, die nicht einmal durch den Tod geheilt werden konnte.

Er stand hoch über der endlos erscheinenden Weite der Lichtebene, auf dem einzigen Turm der Letzten Bastion, die in majestätischer Pracht die Ebene und den Abgrund trennte. Unter ihm toste die Brandung eines purpurroten Ozeans.

Auf dem Turm, in halber Höhe zwischen Meer und Wolkendecke, herrschte Stille. Irgendwo landeinwärts wühlte ein Wirbel die Atmosphäre auf, und Wind kam über die Ebene heran. Die frische Brise kühlte Myzelhinns Gesicht, nur nicht seine brennenden Augen.

Wie schon so oft vorher wandte er den Blick in jene Richtung, in der er den Grenzwall wusste. Das Tiefenland war flach, keine Krümmung schuf die Illusion der Endlichkeit in Form eines Horizonts. Auch kein Dunst trübte die Sicht. Dennoch blieben die Berge unsichtbar in der Ferne.

Mehr als eine Milliarde Kilometer lagen zwischen der Letzten Bastion und den Bergen; sogar das Licht brauchte eine Stunde, diese Distanz zu überwinden. Und ein Jahr mehr bis Starsen. In der Ferne verschwand alles im Goldlicht des Schöpfungsbergs.

Myzelhinns Augen waren besonders beschaffen. Nach und nach, in visionärer Deutlichkeit, sah er das zerklüftete Massiv des Grenzwalls. Wie ein grimmiges Ungeheuer, das unter seiner eigenen Last zusammengebrochen war, erstreckte sich der Wall von einem Rand des Tiefenlands zum anderen: eine titanische Mauer zwischen der Lichtebene und der grauen Wildnis von Ni. Die zerklüfteten Hänge reichten hinauf zur Tiefenkonstante und vereinten sich dort mit der lückenlosen Wolkendecke, die vom Berg der Schöpfung bis zur verlorenen Stadt am jenseitigen Ende der Welt den Himmel verhüllte.

Das Goldlicht brach sich an Klippen aus Silber und Chrom, an eisernen Graten und kupfernen Steilwänden, an Simsen aus Stahl und aus Bronzemoränen. Uranflöze teilten mit dunklen Strichen Hänge aus blitzendem Zinn; Gletscher aus schillernder Formenergie kalbten lautlos an Wismutbergen; und weit im Osten ergoss sich ein strudelnder Quecksilberfluss in eine Schlucht aus purem Zirkonium.

Dort lag der Platinpass, der einzige gangbare Weg über den Grenzwall.

Myzelhinns Vision verblasste. Er hatte die drei Kundschafter und das Tabernakel von Holt gesehen ...

Sie haben vollbracht, was keinem vor ihnen gelungen ist, erkannte er. Sie haben die wahnsinnigen Wächter der Grube passiert und sind mit dem Tiefenfahrstuhl nach Starsen gelangt. Sie haben die Mauer um Starsen überwunden und die kosmische Weite des Tiefenlands durchquert. Sie haben das Vagenda erreicht und sind als Gefangene der Grauen Lords nach Ni gereist. Dort konnten sie den Verlockungen der Macht und dem Gift des Graueinflusses widerstehen und aus den Kerkern der Lordrichter fliehen. Nun haben sie den Platinpass überquert und sind auf dem Weg zum Rand der Welt, zur Letzten Bastion, zum Berg der Schöpfung – und Zorn begleitet sie. Weil sie unwissend sind ...

Eine Bewegung am Fuß der königsblauen Bastion erregte Myzelhinns Aufmerksamkeit. Er beugte sich über die Brüstung des Turmes und spähte in die Tiefe. Ein Wurm mit fahlweißer Haut, von einem faustgroßen, pulsierenden Organ golden durchschimmert, glitt durch die Fluten aus flüssiger Formenergie. Der Lla Ssann schien nach einem Weg in die Letzte Bastion zu suchen.

Myzelhinn erkannte ihn sofort: Suu Oon Hoo, der letzte Tiefenschwimmer, der mit den Vitalenergieströmen des Vagendas zur Lichtebene gelangt war. Nur Suu Oon Hoo konnte so verrückt sein und hoffen, dass sich die Tore der Bastion für ihn öffneten.

In dem Moment entdeckte ihn der Lla Ssann. »Ich verachte dich«, wisperte Hoos telepathische Stimme in Myzelhinns Bewusstsein. »Ich verachte dich für deinen Verrat, für dieses Verbrechen, das beispiellos in der Geschichte der Tiefe und des Hochlands ist. Ich verfluche dich und deinesgleichen für das, was ihr den Völkern der Tiefe angetan habt. Ihr seid schlimmer als die Grauen Lords, schlimmer als der Tod. Es gibt keine Worte, die das Ausmaß eures Verbrechens beschreiben könnten. Über Äonen haben die Völker der Tiefe euch treu gedient, und zum Lohn für ihre Dienste habt ihr sie dem Graueinfluss geopfert. Ich wünschte, ich könnte euch alle töten ...«

Nichts und niemand kann das, dachte Myzelhinn. Wir Raum-Zeit-Ingenieure haben den Tod besiegt.

Er wandte sich ab, drehte dem zornerfüllten Lla Ssann den Rücken zu, und war nach zwei Schritten bei dem Schacht, der 1000 Meter abwärts reichte. Der Schacht glühte im königsblauen Licht der Psi-Energie, die unter dem Willen Myzelhinns die Festigkeit molekular verdichteten Stahls angenommen hatte.

Mit einem letzten Schritt sprang Myzelhinn in die Tiefe.

Kein Kraftfeld bremste seinen Sturz; kein Sicherheitsmechanismus wurde aktiv, um ihn vor dem tiefen Fall und dem Tod am Grund des Schachtes zu bewahren. Nackte, glatte Wände, die fugenlos nach unten führten – das war alles.

Trotzdem stürzte Myzelhinn nicht. Er sank sacht. Die Luft wurde dichter und bildete ein schützendes Polster, und der Boden empfing ihn weich und federnd, wie er es verdient hatte.

Dienstbeflissene Elemente ... Ein Lächeln, bitter und melancholisch zugleich, umspielte Myzelhinns Lippen.

Verstehst du nun, Suu Oon Hoo?, dachte er. Begreifst du endlich, wie unerfüllbar dein Wunsch ist? Wie willst du jemanden töten, der Raum und Zeit, Materie und Energie als Verbündete hat? Wenn die Waffe versagt, die du auf dein Opfer abfeuerst? Wenn das Gift, das du ihm einflößt, zu wohlschmeckendem Wasser wird? Vor allem, wenn sich deine Mordlust in Liebe verwandelt, sobald du mir gegenüberstehst?

Myzelhinn lauschte.

Stille erfüllte die Bastion. Schon vor langer Zeit war Ruhe in den Gewölben der Psi-Festung eingezogen. All die vielen Stimmen, die einst die Säle mit quirligem Leben erfüllt hatten, waren verklungen. Bald würde die Stille endgültig der einzige Bewohner der Bastion sein.

Aber noch war das Werk nicht vollendet.

Myzelhinn dachte wieder an Suu Oon Hoo und seufzte. Dieser Hass ... Es schmerzte, mit einem so negativen Gefühl verfolgt zu werden. Hass, der den Tiefenschwimmer dazu trieb, die Gefahren des Purpurmeers auf sich zu nehmen, um jene zu töten, die er für Verräter hielt ... Was wussten die Lla Ssann schon von Verrat? Sie sahen nur die Oberfläche: das Vagenda versiegt, das Tiefenland grau ... weil Verrat im Spiel war. Sie fühlten sich ungeheuerlich hintergangen und reagierten auf die einzige ihnen mögliche Weise, mit verzweifeltem Hass. Die Lla Ssann, die Hüter des Vagendas, die wie die Tiziden, die Jaschemen, die Chylinen und die Archivare von Schatzen zu den ältesten und zuverlässigsten Getreuen gehörten, versuchten in ihrem Zorn das Unmögliche – sie wollten jene töten, für die der Tod nur ein bedeutungsloses Wort war.

Myzelhinns Lachen hallte kühl von allen Seiten zurück. Nicht einmal die Jaschemen, die so klug und mächtig waren, dass sie lange dem Graueinfluss und den Angriffen der Lords widerstehen konnten, hatten herausgefunden, warum Myzelhinn und die anderen seiner Art gegen jede Gefahr gefeit waren.

Mit schnellen Schritten durchmaß er den Bogengang, der den Turm an der Südmauer der Bastion mit dem Saal der Zeit-Porträts verband. Niemand begegnete ihm. Die Bastion war groß und der Weg zum Bildersaal weit, dennoch verzichtete Myzelhinn darauf, den Raum oder die Zeit seinen Wünschen gefügig zu machen, sodass aus Metern Millimeter und aus Minuten Sekunden wurden.

Selbst er, dem die Zeit nichts bedeutete, hatte zuweilen Anlass, sich ihren Gesetzen zu unterwerfen.

Myzelhinn war verwirrt von seinem plötzlichen Bedürfnis nach Ruhe. Nach einer Atempause vor der entscheidenden Begegnung mit den Kundschaftern der Hohen Mächte, den drei Rittern der Tiefe, die den Platinpass im Grenzwall überquert hatten und nun in die Lichtebene eindrangen. Ungezählte Generationen waren im Tiefenland geboren worden und gestorben, ohne dass sich in der Letzten Bastion etwas verändert hatte. Und nun, da die größte Umwälzung seit dem Scheitern der Rekonstruktion bevorstand, versuchte er Zeit zu gewinnen ...

Es ist die Furcht vor dem Versagen, dachte er. Die Furcht vor einem erneuten Fehlschlag unserer Pläne. Zweimal sind wir schon gescheitert, mit katastrophalen Folgen. Versagen wir erneut, werden die Konsequenzen extrem: Dann wird das Tiefenland untergehen und alle unsere Schutzbefohlenen werden sterben ...

Myzelhinn blieb schwer atmend stehen. Er war lange Fußmärsche nicht gewohnt.

Schnurgerade verlief der Gang durch die Bastion. In kilometerweiter Ferne, wo Wände, Boden und Decke zu einem vagen blauen Fleck zu verschmelzen schienen, war das Tor zum Saal der Zeit-Porträts.

Des Laufens müde, befahl er dem Raum, sich stärker zu krümmen, damit die Entfernung zum Bildersaal schrumpfte. Binnen eines Augenblicks lag das Halbrund des riesigen offenen Tores vor ihm. Er brauchte nur mehr einen Schritt, dann befand er sich am Ziel.

Der Bildersaal war keineswegs das größte Gewölbe in der Letzten Bastion, jedoch das einzige, das Myzelhinn eine gewisse Ehrfurcht einflößte. Die Decke wölbte sich in schwindelerregende Höhe, die Rückwand lag so weit entfernt, dass die perspektivische Verzerrung sie in ein handtellergroßes Rechteck verwandelte, und jeder Laut erzeugte ein fernes, vielfach reflektiertes Echo.

Myzelhinn zögerte. Die Leere und die Stille bedrückten ihn. Er war lange nicht hier gewesen, hatte diesen Bereich gemieden. Die Atmosphäre im Allerheiligsten seines Volkes weckte Erinnerungen an die Zeit der Hoffnung, an Tausende Gesichter, die er seit Äonen nicht mehr gesehen hatte, an Freunde, die den grauen Weg gegangen waren.

Myzelhinns Herz krampfte sich zusammen, gequält von dem einzigen Schmerz, den ein Wesen wie er fühlen konnte. In endlosen Reihen hingen Bilderrahmen aus goldenem Licht und verstofflichter Vitalenergie an den Wänden aus goldenem Licht – 150.000 Rahmen, und fast alle waren leer.

Er sah hinauf zu jener Stelle, wo ein Farbtupfer zwischen den leeren Rahmen aufblitzte: ein Zeit-Porträt. Sein Blick glitt weiter, fand das zweite, das dritte, das vierte und schließlich das fünfte Porträt.

Nur fünf, dachte er bedrückt. Fünf von 150.000!

Es brauchte eiserne Willenskraft, im Saal der Zeit-Porträts zu bleiben und nicht vor dem Entsetzen zu fliehen. Stumm und von endloser Traurigkeit erfüllt, hielt Myzelhinn den Blick auf das letzte der fünf Bilder gerichtet.

Es war das Porträt eines verwachsenen, knapp einen Meter großen Humanoiden mit brauner, faltiger Haut, runzlig und verschrumpelt wie die Schale eines alten Apfels. Der Rumpf war schmächtig, schien kaum kräftig genug, die Last des wuchtigen, kahlen Kopfes zu tragen. Das Gesicht wurde von großen braunen Augen beherrscht, und sie muteten dunkel und tief wie Brunnenschächte an. Die Nase und der Mund waren dagegen verschwindend klein. Die schlenkernden Arme reichten bis zu den Knien der kurzen Beine, die unter dem Gewicht von Rumpf und Kopf krumm geworden waren; die Füße zehenlos, von dunklem Horn überzogen und auf grotesk anmutende Weise überdimensioniert.

Seit Hunderttausenden von Tiefenjahren hing das Porträt an der Wand des Bildersaals im Herzen der Letzten Bastion, und in diesem eigentlich unvorstellbaren Zeitraum hatte es sich ebenso wenig verändert wie Myzelhinn selbst.

Das Porträt war dreidimensional, doch kein Holo. Es war stofflich-materiell, aber keine Materieprojektion. Es zeigte eine Sekunde aus dem Leben einer Intelligenz, deren Dasein schon Milliarden Jahre währte – eine Sekunde, aus dem Zeitstrom herausgeschnitten und in einem Rahmen aus Vitalenergie konserviert.

Porträt und Porträtierter waren identisch. Zwei Ausgaben ein und derselben Person, vom Abgrund der Zeit getrennt, aber durch eine Technik vereint, die viele Naturgesetze zu ihren Werkzeugen gemacht hatte.

Myzelhinn konzentrierte sich auf das Bild, und wie so oft vorher erfüllte es seine Bitte um ein Zwiegespräch. Das Porträt erwachte übergangslos aus tausendjährigem Schlaf. Der Schädel drehte sich, die dunklen Augen glänzten, und die schmalen Lippen öffneten sich.

»Myzelhinn!«, sagte das Porträt mit seiner hohen, fast piepsend klingenden Stimme. »Bist du es wirklich? Ich habe geträumt ... Viele Träume ... Wie lange, Myzelhinn? Wie viele Tiefenjahre sind seit deinem letzten Besuch verstrichen?«

»Fast tausend Jahre«, antwortete er.

Tausend Jahre, Jahre, Jahre, wisperte das Echo, bis es sich in der Weite des Gewölbes verlor.

»Tausend!« Das Porträt sah nach rechts und links, nach oben und unten. Es blickte zur gegenüberliegenden Wand, zu den goldgefassten leeren Rahmen, die sich lückenlos aneinanderreihten, vom Boden bis hinauf zur hohen Decke, von der äußersten rechten bis zur äußersten linken Seite. Nur Rahmen, keine Bilder.

»Nildefin!«, schrie das Zeit-Porträt verzweifelt. »Wo ist das Bildnis Nildefins? Wo? Bei deinem letzten Besuch hing es noch dort, mir genau gegenüber ... Und Jhaam! Jhaams Porträt ist auch verschwunden! Außerdem Foolgal, Douburlen, Laschiin ... Alle sind fort! Was ist seit deinem letzten Besuch geschehen?«

»Tausend Tiefenjahre sind eine lange Zeit«, sagte Myzelhinn leise. »Schon bei unserem letzten Gespräch gab es nicht einmal mehr vierzig von uns. Dann, vor elf Tiefenjahren, geschah das Unglück. Wir entdeckten, dass die psionischen Siegel des Tores am Berg der Schöpfung schwächer geworden waren. Nildefin, Jhaam, Foolgal, Douburlen, Laschiin und fünfundzwanzig andere zogen zum Berg, brachen die Siegel und öffneten das Tor – gerade weit genug, um eine Nachricht ins Hochland zu senden, einen Hilferuf an die Kosmokraten. Aber das Tor wurde instabil, und als die dreißig versuchten, die Verbindung aufrechtzuerhalten, da atmete die Tiefe sie ein. Wir konnten ihnen nicht helfen, wir kamen zu spät.«

»Also sind auch sie den grauen Weg gegangen«, stellte das Porträt bekümmert fest. »War es tatsächlich ein Unglück, oder ...?«

»Es war eine Falle der Lords«, antwortete Myzelhinn. »Sie haben irgendwie von unserem Vorhaben erfahren und versucht, den Ruf an die Kosmokraten zu verhindern. Als ihnen das nur unvollständig gelang, zerrten sie die dreißig in die Tiefe.«

»Und der Hilferuf?«, fragte das Porträt. »Wurde er beantwortet? Haben die Kosmokraten Hilfe geschickt?«

Myzelhinn presste die Lippen zusammen. Die alte Bitterkeit schnürte ihm sekundenlang die Kehle zu.

»Hilfe ... Ja, sie haben Hilfe geschickt, die Hohen Mächte jenseits der Materiequellen. Wir haben sie um die sofortige Entsendung einer Streitmacht gebeten, mächtig wie die Heerscharen Ordobans. Wir haben sie angefleht, schnellstens Hilfe zu schicken. Wir haben eingestanden, dass wir die Kontrolle über das Tiefenland verloren haben und dass es ohne Unterstützung von außen zur Katastrophe kommen muss. Wir haben erklärt, dass es nicht um uns geht, sondern um die Rettung der Tiefenvölker. Wir haben die Situation schonungslos dargelegt ...« Myzelhinns Stimme überschlug sich vor Erregung. Er zwang sich zur Ruhe, sprach gepresst weiter. »Für diesen Hilferuf mussten dreißig von uns den grauen Weg gehen. Wir, die wir übrig blieben, trösteten uns mit der Hoffnung, dass uns die Kosmokraten nicht im Stich lassen würden. Also warteten wir. Auf eine Armee oder auf Beauftragte der Kosmokraten vom Rang der Sieben Mächtigen, ausgerüstet mit den notwendigen Mitteln, die es ermöglichten, die Verbindung von der Tiefe zum Hochland wiederherzustellen, die Macht der Lords zu brechen und den Graueinfluss zu besiegen.«

»Und?«, drängte das Zeit-Porträt. »Wie schnell ist die Armee eingetroffen? Ist die Verbindung von der Tiefe zum Hochland bereits wiederhergestellt? Wen haben die Kosmokraten geschickt?«

»Drei Kundschafter«, sagte Myzelhinn stockend. »Nur drei. Sie tragen die Aura der Kosmokraten und sind Ritter der Tiefe!«

Myzelhinn und das Zeit-Porträt sahen einander an.

»Du weißt, was das bedeutet?«, fragte das Porträt.

Myzelhinn reagierte mit einer bestätigenden Geste. »Das Tiefenland hat für die Pläne der Kosmokraten seine Bedeutung verloren. Sie sind überzeugt, nicht mehr auf unsere Hilfe bei der Reparatur des Moralischen Codes angewiesen zu sein. Die Kosmokraten werden das Tiefenland opfern.«

»Weil Ordobans Suche nach Äonen erfolgreich war«, sagte das Porträt. »Ordoban hat TRIICLE-9 endlich gefunden! Und ...«, es zögerte, »... die Kosmokraten haben das Kosmonukleotid vielleicht schon für die Rückkehr in die Tiefe präpariert. TRIICLE-9 wird sich endlich wieder in die Doppelhelix einfügen und ... und ...«

»Und das Tiefenland wird im selben Moment in das Normaluniversum stürzen.« Myzelhinns Stimme klang ausdruckslos; nur seine Augen verrieten etwas von seinen Gefühlen: Verbitterung, Entsetzen, Zorn – und Resignation. »Dann unterliegt das Tiefenland den anderen physikalischen Gesetzen und wird in Myriaden Bruchstücke zerfallen. Die Völker der Tiefe werden dabei sterben.«

»Ausgeschlossen«, hauchte das Porträt. »So etwas können die Kosmokraten nicht zulassen!«

»Sie sind allwissend. Ihnen ist bekannt, welche Folgen es haben wird, wenn der Moralische Code beschädigt bleibt. Sie opfern die Tiefenvölker, um sehr viel größere Opfer zu vermeiden. Das ist es, was Allwissenheit bedeutet: der Zwang, grausam zu sein, damit noch schrecklichere Grausamkeiten vermieden werden ...«

Und alles ist unsere Schuld, dachte Myzelhinn verzweifelt. Wir haben versagt, haben unsere Chance vertan, den Moralischen Code zu reparieren. Den Kosmokraten bleibt deshalb keine andere Wahl, unabhängig davon, welche Folgen dies für uns und das Tiefenland haben wird.

Er wandte sich ab, ging mit stockenden Schritten davon. Das Gespräch mit dem Zeit-Porträt hatte ihn aufgewühlt, statt seine Gedanken zu klären.

»Ihr müsst etwas tun!«, rief ihm das Porträt hinterher. »Ihr müsst die Tiefenvölker vor der Katastrophe retten!«

»Wir versuchen es«, sagte Myzelhinn; er sprach leise, mehr zu sich selbst als zu dem Zeit-Porträt. »Aber wir sind nur noch fünf.«

»Ihr seid Raum-Zeit-Ingenieure!«, erinnerte das Porträt. »Ihr seid die Einzigen, die es schaffen könnten!«

Perry Rhodan 152: Die Raum-Zeit-Ingenieure (Silberband)

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