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3. Iruna von Bass-Teth

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Bericht Atlan:

Fast eine Stunde tobte der Kampf, dann wurde es plötzlich still. Wir kamen aber nicht einmal dazu, richtig aufzuatmen, da brandete die zweite Welle der Schatten heran. Kegelförmige Wesen schwärmten vor unseren Stellungen aus. Ihre Waffen verschossen fingerlange Projektile, die in unseren Schutzschirmen heftige Vibrationen erzeugten. Ich sah, dass ein Exterminator von drei Projektilen gleichzeitig getroffen wurde. Sein Schutzschirm löste sich in einer grellen Leuchterscheinung auf – und ein viertes Projektil tötete ihn.

Sekunden später wurde ich selbst mehrfach getroffen. Mein IV-Schirm brach zwar nicht zusammen, doch tobten derart heftige Entladungen durch das Energiefeld, dass die Ortungs- und Messsysteme des TIRUNS vorübergehend ausfielen. Zum Glück funktionierten meine Waffensysteme weiterhin und ich war nicht gänzlich wehrlos.

20 Minuten später gab es auch diese zweite Angriffswelle nicht mehr.

Dafür wurden wir von zwei schweren Intervallkanonen unter Feuer genommen. Die vernichtende Wirkung des ersten Feuerschlags überstanden wir nur deshalb, weil er sich einige Hundert Meter hinter unseren Stellungen entlud. Ich nahm an, dass die Bedienungsmannschaften die Angriffsspitzen der Grauen Heere, die schon allzu nahe herangekommen waren, mit uns verwechselt hatten. Jedenfalls wurden die Grauen erheblich dezimiert und zogen sich teils fluchtartig zurück.

Ich befahl über Helmfunk den Gegenangriff auf die Intervallkanonen, bevor diese neu ausgerichtet werden konnten. Wir stürmten vorwärts, brauchten fast zweieinhalb Minuten, bis wir hinter Kristallhügeln schmale Antigravplattformen entdeckten, auf die große Projektoren montiert waren. Hominide Geschöpfe mit goldfarbenen Schlangenköpfen bedienten sie.

Sie reagierten hektisch, als sie uns entdeckten, versuchten noch, die Abstrahlmündungen auf uns zu richten, doch es war zu spät. Unsere Waffen rissen große Lücken in die Reihe der Schatten, zumal diese keine Schutzschirmprojektoren trugen. Die sie irgendwo aus der Ferne steuernden Bewusstseine hatten wohl nicht mit unserem Gegenangriff gerechnet.

»Die Projektoren nicht zerstören, sondern erbeuten!«, rief ich, nachdem die Bedienungsmannschaften erloschen waren.

Gemeinsam mit Jen enterte ich eine der Plattformen. Tengri und mehrere Exterminatoren kümmerten sich um die andere. Die Bedienung der erbeuteten Kanonen erwies sich als einfach. Noch wussten wir aber nicht, ob Plattformen und Projektoren echt oder allenfalls nur materielle Hologramme waren, die sich jederzeit auflösen konnten.

Unvermittelt erschienen auf den Kristallhügeln der näheren Umgebung Pulks runder Objekte, die mich an terranische Luftballons erinnerten. Obwohl nichts an ihnen nach einer Waffe aussah, bekamen wir ihre Auswirkung deutlich zu spüren. Die TIRUNS zeigten ebenso schnell ein teilweises Versagen wie die Schutzanzüge der wenigen Exterminatoren, die unseren Ausfall gegen die Schatten mitgetragen hatten. Unsere Schutzschirme erloschen. Nur Tengris semi-organische Kombination schien davon nicht betroffen zu sein.

Ich wollte starten, aber der TIRUN reagierte nicht auf den Gedankenbefehl. Es half auch nicht, dass ich den Befehl laut aussprach – und über Helmfunk bekam ich mit, dass es Jen und den Exterminatoren nicht besser erging.

Nur Lethos-Terakdschan blieb verschont. Er hob von seiner Plattform ab, stieg steil in die Höhe und wurde unsichtbar. Die Wirkung seiner Waffen war indes deutlich zu erkennen. In drei Pulks verpufften in schneller Folge die meisten der ballonähnlichen Gebilde. Jens und meine Waffen dagegen kurvten nur herum und verhielten sich passiv; sie schienen die Pulks nicht zu erfassen. Die Exterminatoren feuerten zwar mit ihren Zeptern, erzielten aber keinerlei erkennbare Wirkung. Immerhin konnte Tengri allein mit den pulkförmigen Schatten aufräumen.

Ruhe bekamen wir dennoch nicht. Aus einigen Seitenschluchten galoppierten Wesen heran, die mich sofort an Zentauren denken ließen. Ihre Gesichter waren allerdings eindeutig nichtmenschlich.

Die Zentauren selbst schienen unbewaffnet zu sein. Jedoch wurden sie von kleinen vierschrötigen Hominiden geritten, die ganz in Metall gekleidet waren und auf den ersten Blick wie Roboter aussahen. Erst als ich genau hinsah, fielen mir Besonderheiten in ihrem Verhalten auf und ich erkannte, dass wir erneut nur materielle Hologramme vor uns hatten. Schatten, die von den Bewusstseinen organischer Lebewesen gelenkt wurden.

Was die Kleinen in Händen hielten, war mir durchaus bekannt. »Fagotte?«, rief ich überrascht.

»Keineswegs«, antwortete mir der weiterhin unsichtbar bleibende Hathor. »Das sind keine Musikinstrumente, sondern Sextadimverzerrer. Diese Art von Waffe wandelt die subatomaren Strukturen von Lebewesen, Ausrüstungen und sogar die Strukturen hyperdimensionaler Schutzschirme um. Wer ihrer Wirkung lange ausgesetzt war, erkennt sich hinterher selbst nicht wieder. Ihr müsst die Intervallkanonen gegen diese Schatten einsetzen!«

Mir lief es kalt den Rücken hinunter. Die Flugfähigkeit unserer Anzüge war weiterhin lahmgelegt, und unsere Waffen erzielten keine Wirkung. Wie sollten wir die Intervallkanonen schnell genug gegen die Zentauren und ihre Reiter einsetzen?

Wir versuchten es dennoch, obwohl es aussichtslos war.

Die Zentauren griffen an, da standen wir gerade erst an den Richtschaltungen der Intervallkanonen. Ich sah, wie einer der Reiter seinen Sextadimverzerrer auf mich richtete, und warf mich hinter den Projektor. Im nächsten Moment brach ein Höllenlärm über mich herein; die Intervallkanone verformte sich zu einem Etwas, das einer abstrakten Skulptur ähnelte.

Schon sah ich einen zweiten Zentauren herangaloppieren. Der Reiter zielte in meine Richtung, und diesmal fehlte mir nahezu jede Deckung. Mit einem letzten mentalen Aufbäumen die Kontrolle über meine Waffensysteme zurückzugewinnen, misslang ebenso wie der Versuch, den TIRUN zum Abheben zu bewegen.

Diesmal ist es aus!, bemerkte der Logiksektor. Warum konntest du dich nicht vor Jahren auf einen paradiesischen Planeten zurückziehen und alles andere vergessen?

Ich antwortete nicht. Ich blickte in die Mündung des Sextadimverzerrers und wartete darauf, dass ich mich in ein Monstrum verwandelte ...

Als ich das Frauengesicht im Helmdisplay sah, hielt ich das für eine Halluzination. Mein Unterbewusstsein wollte mir das Ende erleichtern. Doch die vermeintliche Halluzination bewegte die Lippen, und obwohl ich wegen des anhaltenden Lärms fast taub war, wusste ich sofort, dass ich keine Halluzination sah. Der TIRUN projizierte das Abbild einer realen Person, die über Funk zu mir sprach – einer sehr weiblichen Person!

»Nicht abbrechen!«, versuchte ich der Frau zu sagen, ohne zu erkennen, ob ich überhaupt ein Wort verständlich hervorbrachte. Ich hörte nicht einmal meine eigene Stimme. »Ich bin Atlan und habe ein kleines Problem, aber wenn ich es überlebe, möchte ich mit dir reden.«

Die dunklen Augen der Frau weiteten sich. Ihre Gesichtszüge verrieten Überraschung, dann sprach sie erneut. Diesmal konnte ich ihr die Worte von den Lippen ablesen, denn sie benutzte das mir wie keine andere Sprache vertraute Interkosmo. Erst da wurde mir bewusst, dass ich mich selbst der galaktischen Interlingua bedient hatte, statt den Tiefenslang zu verwenden.

»Ich bin Iruna von Bass-Teth!«, las ich von den sanft schimmernden Lippen ab. »Ich werde dir helfen, wenn ich kann. Danach melde ich mich wieder.«

Die Projektion erlosch.

Einen Herzschlag danach hörte ich Jen Salik schreien, dann redeten mehrere Exterminatoren, Lethos-Terakdschan und die Jaschemen durcheinander. Ich war nicht länger taub.

Der Beschuss hat aufgehört!, stellte der Logiksektor fest.

Die Zentauren samt ihren Reitern und den Sextadimverzerrern waren verschwunden, als hätten sie nie existiert. Aber neue Pulks der ballonartigen Gebilde sah ich nicht.

»Alle sind verschwunden!«, hörte ich Domo Sokrat brüllen. »Wir haben die Offensive abgewehrt. Atlan, hörst du mich?«

»Ich höre dich«, antwortete ich eher unbewusst, denn ich musste unablässig an die Frau denken.

Sie war eine Akonin! Für mich gab es keinen Zweifel daran. Ich hatte ihr kupferrotes Haar und die samtbraune Haut gesehen – und ihr ebenmäßiges, edles Gesicht. Diese Symmetrie gab es nur bei Akoninnen.

Außerdem hatte sie mir ihren Namen genannt. Ein akonischer Name, genau genommen der eines alten akonischen Adelsgeschlechts. Obwohl, Bass-Teth erinnerte mich zugleich an das vorzeitliche irdische Ägypten. Wobei ich mir sagen musste, dass die dort gebräuchlichen Namen ihre Wurzeln ebenso im Lemurischen hatten wie die von Akon.

»Ich höre dich!«, brüllte der Haluter in donnerndem Echo. »Ist das alles, mein Ritter? Die Gelegenheit ist günstig. Wir dürfen der Armee der Schatten keine Pause gönnen, sondern müssen nachstoßen und das Nest zerstören, aus dem sie kommen. Gib den Befehl zum Angriff, Atlan!«

Höre nicht auf ihn!, mahnte der Logiksektor. Euer Feind ist nicht die Armee der Schatten, sondern das Grauleben, das sich hinter euch zum neuen Vorstoß formiert.

»Abgelehnt, Sokratos!«, sagte ich heiser. »Wir bleiben in unseren Stellungen und warten ab. Ist Bonsin wieder da?«

»Nein«, antwortete Tengri, der wieder sichtbar geworden war und soeben neben mir landete. »Bonsin muss tief ins Vagenda teleportiert sein, denn ich habe nur sehr schwachen Kontakt zu ihm. Ich schlage vor, dass ich ihm folge und versuche, ihm beizustehen. Ich fürchte, er steckt in Schwierigkeiten.«

»Nein, warte!«, entgegnete ich. »Iruna von Bass-Teth wollte sich wieder melden. Das kann jede Sekunde der Fall sein.«

»Iruna von Bass-Teth?«, fragte er gedehnt und sah mich prüfend an. »Das ist ein akonischer Adelsname.«

Hinter seiner Feststellung stand unsichtbar ein ganzer Fragenkatalog. Ich versuchte, wenigstens einige der unausgesprochenen Fragen zu beantworten.

»Iruna von Bass-Teth ist Akonin. Nein, ich kannte sie bis vor einer Minute nicht. Sie muss sich durch Zufall in meine Standardfrequenz eingeschaltet haben. Jedenfalls erschien plötzlich ihr Gesicht im Funkdisplay. Sie schien darüber ebenso überrascht gewesen zu sein wie ich.«

»Wenn ihr Funkkontakt hattet, muss sie sich im Tiefenland aufhalten«, wandte Jen ein. »Eine Verbindung nach draußen ist jedenfalls unmöglich. Aber eine Akonin im Tiefenland, Atlan? Das ist so unwahrscheinlich wie gerade noch denkbar.«

»In welcher Sprache redete sie?«, fragte Tengri mit seiner wohltuenden Sachlichkeit.

»Zuletzt Interkosmo«, antwortete ich. »Ich las ihr die Worte von den Lippen ab, da ich absolut nichts hören konnte.«

»Das ging mir auch so!«, rief Jen. »Ursache muss die Wirkung des Sextadimverzerrers gewesen sein. Das war scheußlich.«

»Du sagtest, sie hätte zuletzt Interkosmo gesprochen«, fuhr der Hathor unbeirrt fort. »Demnach benutzte sie anfangs eine andere Sprache. Welche?«

»Tiefenslang, nehme ich an. Darum konnte ich ihr auch nichts von den Lippen ablesen.«

»Du beherrschst den Tiefenslang als wäre er deine Muttersprache«, stellte Tengri fest.

»Nicht so gut wie Interkosmo«, widersprach ich.

Der Hathor lächelte fein. »Fast so gut, Atlan. Jedenfalls gut genug, um die Lippenbewegungen umsetzen zu können. Dafür sorgt schon dein fotografisches Gedächtnis. Du hast eben nicht einmal bemerkt, dass ich nicht laut sprach, sondern nur die Lippen bewegte, als ich behauptete, dass du den Tiefenslang ausgezeichnet beherrschst.«

Er hat dich hereingelegt!, wisperte der Extrasinn.

Unsinn!, dachte ich zurück. Tengri würde niemals einen Freund hereinlegen. Er hat mir nur etwas demonstriert.

Laut sagte ich: »Dann hat sie nicht Tiefenslang gesprochen, sondern Akonisch.« Zu spät wurde mir bewusst, dass ich dann ebenfalls alles von ihren Lippen hätte ablesen können. Akonisch war die Urform des Arkonidischen, meiner Muttersprache.

»Er ist der Meinung, dass es völlig unwichtig ist, welche Sprache die Person gesprochen hat«, mischte sich einer der Jaschemen ein. »Notwendig ist eine Analyse, ob die Person die Abschaltung der Schattenwesen veranlasst haben könnte.«

»Ich befürworte Letzteres«, sagte Tengri. »Allerdings halte ich es im Unterschied zu den Jaschemen für sehr wichtig, in welcher Sprache Iruna von Bass-Teth sich zuerst gemeldet hat.«

»Warum?«, murrte einer der Jaschemen.

»Das Warum steht auf einem anderen Blatt«, meinte Tengri. »Man kann nicht alles Wissen sofort anwenden, sondern erst dann, wenn es gerade gebraucht wird.«

»Soll hier darüber diskutiert werden, ob Iruna uns in eine Falle locken will?«, brauste ich auf.

»Das wäre völlig falsch ...«

Ich unterbrach mich, denn erneut projizierte der TIRUN Irunas Konterfei.

»Ich danke dir, dass du unser Problem gelöst hast, Iruna von Bass-Teth«, sagte ich sofort auf Interkosmo. »Wo bist du?«

»Dein Problem ist noch nicht gelöst, Atlan«, entgegnete die Akonin, ohne auf meine Frage nach ihrem Aufenthaltsort einzugehen. »Ich konnte Suu Oon Hoo dazu bewegen, die Angriffe der Schatten auszusetzen. Wenn ich ihm aber nicht beweisen kann, dass ihr nicht in feindlicher Absicht ins Glaslabyrinth eingedrungen seid, lässt er die Angriffe wieder aufnehmen.«

»Suu Oon Hoo«, wiederholte ich. »Ist das ein Lla Ssann?«

»Ja«, bestätigte Iruna von Bass-Teth.

»Dann möchte ich mit ihm reden«, sagte ich.

»Das geht leider nicht.«

»Wir sind nicht seine Feinde!«, rief ich. »Ganz im Gegenteil. Wir sind Ritter der Tiefe.«

»Ritter der Tiefe!«, hauchte sie ehrfürchtig. »Ich fühlte es von Anfang an, Atlan. Welche Ritter der Tiefe sind außer dir da?«

»Tengri Lethos und Jen Salik«, antwortete ich. Zugleich blickte ich mich nach dem Terraner um, sah ihn aber nirgends. Immerhin spürte ich ihn über den TIRUN, folglich konnte er sich nicht weit entfernt haben.

»Tengri Lethos auch!«, rief die Akonin. Der Hathor war also kein Unbekannter für sie.

Tengri schaltete sich in das Gespräch ein. »Wenn Suu Oon Hoo unsere Ritteraura wahrnimmt, wird er die Armee der Schatten bestimmt zurückhalten. Anscheinend ist die Entfernung zwischen uns noch zu groß. Kannst du ihn bitten, er solle uns näher an sich herankommen lassen, Iruna von Bass-Teth?«

Irunas Gesicht wirkte auf mich angespannt lauschend. In ihren Augen glaubte ich sogar sekundenlang Furcht zu sehen. Ich warf Tengri einen forschenden Blick zu, aber er schien so friedlich und ausgeglichen wie meist.

»Suu Oon Hoo wird euch nicht näher kommen lassen, wenn er nicht vorher die Ritteraura spürt«, beantwortete Iruna Tengris Frage. »Zumal sich im Vagenda ein Wesen herumtreibt, das wahrscheinlich zu euch gehört.«

»Bonsin!«, rief Lethos-Terakdschan. Ein schwaches Lächeln huschte über seine Züge. »Er ist ein Abaker und mein Orbiter, außerdem ein Teleporter. Ich hoffe, er ist nicht erneut in den Sog geraten, der schon einmal beinahe sein Bewusstsein an sich gerissen hätte. Er befindet sich in Gefahr, das spüre ich. Wenn ich zu euch kommen könnte ...«

»Das würde Suu Oon Hoo nicht zulassen«, entgegnete die Akonin fast heftig. »Ich versuche, deinen Orbiter zu finden und ihn zu euch zurückzuschicken, Hüter des Lichts.«

Tengri neigte leicht den Kopf. »Danke, Katzengöttin«, erwiderte er.

Ein Schatten legte sich über Irunas Gesicht, dann unterbrach sie die Verbindung.

»Katzengöttin?«, wiederholte ich vorwurfsvoll. »Damit hast du sie beleidigt, Tengri.«

»Keine Absicht«, sagte der Hathor. »Der Name Bass-Teth erinnert mich zu sehr an den Namen der altägyptischen Katzengöttin Bastet.«

»Wahrscheinlich ist Bastet lemurischer Herkunft.« Ich seufzte. »Da ist es nur logisch, dass der Name modifiziert bei den Akonen vorkommt.«

»Lemurischer Herkunft«, wiederholte Tengri. »Ja, das ist richtig, wenngleich nur die halbe Wahrheit. Der Name Bastet ist eigentlich viel älter.« Er wiegte nachdenklich den Kopf. »Ich bringe Iruna von Bass-Teth besser nicht mit den uralten Überlieferungen meines Volkes in Verbindung. Das liegt so weit zurück, dass sie nichts damit zu tun haben kann.«

»Schon gut«, sagte ich versöhnt. »Überlieferungen und Erinnerungen können durchaus auch zu einer Last werden. Hoffen wir, dass Iruna nicht so betroffen ist, dass sie uns ihre Hilfe versagt.«

»Das wird sie nicht«, meinte der Hathor. »Ich denke, dass sie dich lebend haben will – und das kann sie nur, wenn sie dir und damit auch uns hilft, am Leben zu bleiben.«

Sein Blick wurde starr – und ich erkannte sofort, warum. Ich spürte ebenfalls, dass die Verbindung zu Jen soeben zerrissen war.

Als ob wir nicht schon genug Probleme hatten.

»Es hilft nichts, wir müssen Jen suchen!«, stellte Tengri fest.

»Es ist schon wieder das Krysoptera«, sagte Tengri Lethos-Terakdschan, während wir uns durch Kristallschluchten vorsichtig in die Richtung bewegten, aus der die emotionalen Emissionen Jens zuletzt gekommen waren.

»Also wird es sich um den zweiten Versuch handeln, Jens Bewusstseinsinhalt anzuzapfen«, entgegnete ich. »Warum wendest du nicht wieder das Diddor-Sanskari an?«

»Ich habe es versucht. Leider gibt es im Bereich des Glaslabyrinths so starke psionische Emissionen, dass die Konzentration mir kurz vor dem Ziel zerrinnt. Aber wenigstens kann ich durch die Streustrahlung des Krysoptera ziemlich genau den Ort bestimmen, an dem es angewendet wird und an dem wir Jen mit großer Wahrscheinlichkeit finden werden.«

»Wo?«, erkundigte ich mich.

Tengri schwieg. Bald darauf deutete er mit einer Geste an, dass er abstoppen wollte. Ich verlangsamte meinen Flug ebenfalls. Wo die Schlucht eine Biegung beschrieb, verharrten wir, wenige Meter über dem Boden schwebend.

Tengri zeigte nach unten. »Von hier kam die Streustrahlung des Krysoptera«, erläuterte er mir. »Sie erlosch, als du mich nach dem Ort fragtest. Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, doch nachsehen müssen wir auf jeden Fall. Es war rund fünfzig Meter tief im Boden.«

Er schwebte langsam weiter, folgte der Schlucht über die Biegung hinaus und hielt nach wenig mehr als 30 Metern wieder an.

»Es gibt dort unten einen Tunnel«, sagte er. »Einen Zugang entdecke ich leider nicht in der Nähe. Wir könnten uns mit den Desintegratoren Zugang verschaffen, aber die Emissionen würden in dem ansonsten ruhigen Bereich deutlich auffallen und eine Patrouille der Grauen anlocken. Ich überlege, ob wir dorthin weiterfliegen ...«, er deutete in die Richtung, aus der die Grauen Heere kamen, »... oder entgegengesetzt.«

Ich wandte mich in die Richtung, in die er deutete. »Dorthin«, sagte ich. »Bislang haben wir Ruhe vor den Grauen, obwohl wir uns in ihrem Aufmarschgebiet bewegen. Wenn wir tiefer ins Glaslabyrinth vorstießen und die Lla Ssann uns entdecken, bekommt Iruna womöglich Schwierigkeiten.«

Tengri nickte.

Wir bewegten uns weiter durch das Schluchtengewirr. Wiederholt mussten wir umkehren und einen neuen Weg suchen, weil wir auf Truppen der Grauen stießen, die sich in Tälern sammelten.

Schließlich kamen wir doch ans Ziel.

Ich hätte es wahrscheinlich niemals gefunden, denn die Ortung des TIRUNS sprach erst an, als wir nur mehr knapp zehn Meter entfernt waren. Mein Respekt vor der Technik der Hathor war schon immer groß gewesen, nun wuchs er weiter. Das Netzwerk, das Tengris Kombination durchzog, war – unter anderem – ein phantastisches Ortungssystem. Es hatte den Zugang schon mehr als 100 Meter entfernt punktgenau angepeilt.

Wir schwebten an einem schmalen Sims entlang, das sich an einem Steilhang aus Kristallknollen hinzog. Ein schmaler Spalt ermöglichte es uns, in einen Schacht einzudringen. Hier verlief eine Art Wendeltreppe.

Wir schwebten die Stufen hinab bis in den Stollen. Da er geradlinig verlief, konnten wir stärker beschleunigen. Nach einer Weile gab Tengri erneut das Zeichen zu stoppen. Wir ließen uns auf den Boden sinken. Ich sah mich aufmerksam um, entdeckte aber nichts Besonderes.

»Die Anzahl freier Elektronen in der Luft ist hier in einem kugelförmigen Sektor um rund siebenhundert Prozent höher als sonst in der normalen Tiefenatmosphäre«, stellte der Hathor fest.

Meine Überlegungen jagten einander. Zwei Möglichkeiten, die diese hohe Abweichung erklären konnten, hatte ich sofort präsent. Das waren der Einsatz schwerer Strahlwaffen und kosmische Strahlung.

Der Waffengebrauch schied aus. Jeder Schusswechsel hätte im Stollen drastische Spuren hinterlassen.

Blieb die kosmische Strahlung. Doch das durfte ich nur in Erwägung ziehen, wenn ich ignorierte, wo wir uns befanden. Da die Tiefe kein Bestandteil des Standarduniversums war, konnte es keine kosmische Strahlung geben, die ihre Atmosphäre bombardierte. Und selbst wenn, dann hätte die Tiefenatmosphäre den größten Teil der Strahlung schon in den oberen Schichten absorbiert. Da die Anzahl der freien Elektronen um 700 Prozent höher lag als die Norm, konnte das nur bedeuten, dass der davon betroffene Bereich dem Einfluss der kosmischen Strahlung unmittelbar ausgesetzt worden war.

Im Klartext: Vor kurzer Zeit musste eine Verbindung zwischen diesem Ort und dem Weltraum des normalen Universums bestanden haben.

Durch diese Verbindung wurde Jen Salik entführt!, folgerte der Logiksektor.

Ich sah den Hathor fragend an.

Er nickte knapp. »Wer immer hinter Jen her war, nun wissen wir wenigstens, dass derjenige von außerhalb kam.«

»Das würde bedeuten, dass er nicht auf die Grube als Zugang angewiesen war«, stellte ich fest. »Der oder die ist sozusagen in die Tiefendimension eingebrochen.«

»Und wieder ausgebrochen«, bestätigte Lethos.

»Wir können ihm auf diesem Weg nicht folgen. Also können wir Jen nicht beistehen. Oder siehst du es anders?«

»Unsere Möglichkeiten reichen dazu nicht aus.«

»Aber irgendetwas müssen wir tun!«, begehrte ich auf.

»Wir müssen weitermachen – das wäre auch in Jens Sinn. Wenn wir dem Stollen weiter folgen, müssten wir bald in der Nähe des Vagendazentrums ankommen – und vielleicht tauchen wir so überraschend auf, dass Suu Oon Hoo uns erst bemerkt, wenn wir vor ihm stehen und er unsere Ritteraura spürt.«

»Dann wird er uns helfen, anstatt uns zu bekämpfen!«

Das klang beinahe enthusiastisch. Dabei musste ich mir eingestehen, dass es mir durchaus schon um mehr ging als nur darum, das Missverständnis zwischen uns und den Lla Ssann beenden zu können. Zumindest in gleicher Weise war daran die Aussicht beteiligt, Iruna von Bass-Teth endlich direkt gegenüberzustehen.

Seit beinahe fünf Minuten flogen wir wieder durch den Stollen, da wurde der Hathor erneut langsamer. »Ich messe Energieentladungen an«, sagte er. »Desintegratoren, Impulsstrahler und ...«, ein überraschter Tonfall schwang plötzlich in seiner Stimme mit, »... eine Art Niveautransmitter.«

»Niveautransmitter?«, wiederholte ich. Ich wusste, welche phantastische Ausrüstung der Hathor früher mitgeführt hatte. Aus Gründen, die ich nicht kannte, war es ihm unmöglich, seinen materiellen Projektionen diese Ausrüstung mitzugeben.

Tengri atmete tief durch. »Es ist kein richtiger Niveautransmitter, nur ein minderwertiger Abklatsch«, stellte er danach fest. »Immerhin wurde das Prinzip beinahe richtig getroffen.«

Ich reagierte ebenfalls erleichtert. Ein echter Niveautransmitter, womöglich im Besatz der Grauen Lords, wäre mir unheimlich gewesen.

»Wer kämpft gegen wen?«, fragte ich. »Wenn deine Ortung es dir nicht sagt, sollten wir es uns ansehen.«

»Schatten«, antwortete Tengri. »Soeben löste sich eines dieser Wesen auf, deshalb konnte ich es identifizieren. Die Schatten greifen anscheinend jemanden an, der einen SERUN trägt. Ich orte die charakteristische Streustrahlung eines Paratronschirms.«

»Das wäre ja verrückt!«, erwiderte ich. »Finden wir außer der Akonin womöglich auch einen Terraner in der Tiefe?«

Oder wird Iruna von Schattenwesen angegriffen?, durchfuhr es mich.

Ich beschleunigte und flog an Tengri vorbei. Zugleich setzte ich sechs meiner Waffensysteme aus den Passen frei und ließ die Pfeile ausschwärmen. Die Befürchtung, Iruna von Bass-Teth könnte praktisch vor meinen Augen den Schatten zum Opfer fallen, war mir unerträglich.

Ich aktivierte meinen Schutzschirm.

Im nächsten Augenblick durchschlug ich ein energetisches Tarnfeld. Der TIRUN bremste ab, denn wenige Meter vor mir stand eine humanoide Gestalt mitten im Stollen. Mit einem faustdicken, unterarmlangen Stab verteidigte sie sich gegen mehrere Schatten, die vom Fuß einer Wendeltreppe aus feuerten und mit verschiedenen Waffen schossen.

Mein Schutzschirm berührte den schon flackernden Paratronschirm des Fremden. Es gab eine sehr heftige Entladung. Der Mann taumelte von mir weg und wandte sich zugleich mir zu. Als ich sein Gesicht sah, durchfuhr es mich siedend heiß.

Ich hatte den Humanoiden aus dem notgelandeten Gleiter vor mir, den vermeintlichen Terranerabkömmling, der sich als Lordrichter Wraihk bezeichnet hatte. Der sich, nachdem er durch Highspeed-Geschosse aus einem Gewehr getötet worden war, irgendwie in einen echten Grauen Lord verwandelt hatte.

Aber das war unmöglich!

Es ist ebenso unmöglich, dass es dieses hellrotbraune Gesicht mit dem schwarzen Zottelhaar und den geschlitzten Augen zweimal gibt!, raunte der Logiksektor. Schon gar nicht mit dieser unvergleichlichen Hakennase.

»Atlan!«, flüsterte der Fremde auf Interkosmo. Ich las es ihm von den Lippen ab. Gleichzeitig schaltete die Automatik seines SERUNS den Helmfunk auf meine Funkfrequenz. »Atlan!«, erklang es deutlich in meinem Empfang. »Bei allen Dimensionen, das gibt es doch gar nicht!«

Ich kam nicht gleich, ihm sofort zu antworten. Die Schattenwesen an der Treppe hatten ihre Überraschung überwunden und kamen näher.

Tengri schwebte an mir und dem Fremden vorbei. Zweifellos wollte er die Schattenwesen abwehren. Aber dazu kam es nicht. Die Spindeltreppe herab schwebte eine gedrungene hominide Gestalt, eingehüllt in eine goldfarbene Aura, die alles ringsum aufleuchten ließ, ohne zu blenden.

Bonsin!

Der junge Abaker landete am Fuß der Treppe zwischen den aggressiven Schatten. Sie griffen ihn jedoch nicht an. Im Gegenteil, sie schienen über sein Erscheinen freudig erregt zu sein. Außerdem ließen sie von dem Fremden und mir ab.

Ich wusste, was geschehen war. Es war nicht das erste Mal, dass Tengris Orbiter Vitalenergie aufgenommen hatte. Nur war diesmal seine Zapfstelle das Zentrum des Vagendas gewesen.

Als die Schattenwesen erloschen, war mir klar, dass die von Bonsin ausgehende Vitalenergie Tengris und meine Ritteraura derart verstärkt hatte, dass die Lenker der Schatten sie spürten und ihre materiellen Hologramme zurückholten.

Wir schalteten demonstrativ unsere Schutzschirme ab. Alles in mir drängte danach, die Treppe hinaufzustürmen und Iruna von Bass-Teth zu suchen. Sie musste in der Nähe sein, denn nur sie hatte dem Abaker helfen können. Doch der Fremde vor mir stellte ein Rätsel dar, das ich nicht ungelöst zurücklassen durfte.

»Ja, ich bin Atlan«, ging ich auf seine Feststellung ein. »Du bist ein Mensch, aber vermutlich kein Terrageborener. Immerhin trägst du einen SERUN terranischer Produktion, also kommst du nicht von einer vergessenen Siedlungswelt. Richtig?«

Ich holte mit einem Gedankenbefehl meine Waffen zurück und ließ sie wieder in den Passen des TIRUNS verschwinden.

Mein Gegenüber blickte mich forschend an – und wie bei dem Wesen, das sich im Tode verwandelt hatte, nahm ich auch an ihm einen schwachen goldfarbenen Schimmer der Haut und einen schwachen grünlichen Schimmer des Haares wahr.

»Ich bin ein Mensch«, bestätigte er. »Leider habe ich vergessen, wo ich geboren wurde. Mein Name ist Giffi Marauder, aber meine Freunde nennen mich Shaggy. Ich komme weder von einer vergessenen noch von sonst einer Siedlungswelt, sondern bin eine Art Nomade. Eigentlich wollte ich zur Hundertsonnenwelt, nachdem ich mitgeholfen hatte, 1-1-Helm und Kazzenkatt eine Niederlage zu bereiten. Aber der Raumriese muss versehentlich diesen Ort angepeilt haben, den man Tiefenland nennt.«

»1-1-Helm ...?«, fragte ich nachdenklich.

»Ein Helfer des Chaotarchen«, erklärte Giffi Marauder. »So wie Kazzenkatt.«

»Oh!«, entfuhr es mir. »Tobt die Auseinandersetzung mit den Mächten des Chaos immer noch? Jen Salik und ich mussten ins Tiefenland, als es gerade angefangen hatte. Weißt du, wie es Perry Rhodan geht – und Gesil?«

»Als ich mich zuletzt in der BASIS aufhielt, waren sie wohlauf und unterwegs zur Hundertsonnenwelt«, erklärte der Nomade. »Ich muss es wissen, schließlich habe ich sie indirekt gerettet, indem ich Taurec und Vishna aus Zeitkinds Gedankennetz befreite und Kazzenkatt demoralisierte.«

Meine Gedanken wirbelten durcheinander. »Zeitkind?«, wiederholte ich, denn mit diesem Namen konnte ich absolut nichts anfangen.

Verzettele dich nicht!, mahnte der Logiksektor. Ein guter Rat, doch es war praktisch unmöglich, ihn zu beherzigen. Ich musste Iruna von Bass-Teth kennenlernen, musste mit den Lla Ssann verhandeln, musste wieder Verbindung mit den Gefährten bekommen. Und da war der Schmerz über den Verlust Jen Saliks und die bohrende Unruhe über sein Schicksal, ebenso über unsere Ohnmacht, ihm zu helfen.

Ein schmerzliches Lächeln war über Giffi Marauders Gesicht geglitten, als ich ihn nach Zeitkind fragte. Aber schon veränderte es sich wieder, und nun lächelte er in reinster Freude.

»Shiva!«, flüsterte er.

Im selben Moment spürte ich über den TIRUN, dass Jen Salik wieder da war. Ich drehte mich um – und da sah ich ihn.

Der Terraner flog in seinem TIRUN aus dem Stollen auf uns zu. Auf seinen Armen trug er eine anscheinend leblose Gestalt. Ich sah schwarze Haare und einen gefiederten Vogelkopf, der mich spontan an einen terranischen Uhu erinnerte.

Tengri Lethos rief etwas, das ich nicht verstand. Der Hathor stand da, als wäre er zur sprichwörtlichen Salzsäule erstarrt. Der Unglaube war ihm ins Gesicht geschrieben.

Wieder rief Tengri ein Wort. Diesmal hörte ich so etwas wie »Horach-Teh« heraus.

Die Gestalt auf Jens Armen drehte schwach den Kopf. Ich sah, dass es sich nicht unbedingt um den Kopf eines Uhus handelte. Ebenso gut konnte es ein Falkenkopf sein.

Horus, Himmelsgott der alten Ägypter – ein Wesen in Menschengestalt mit Falkenkopf!, wisperte mein Logiksektor.

Eine Flut von Erinnerungen überschwemmte mich und drohte, die Gegenwart zu ertränken. Ich biss mir auf die Lippen, weil ich spürte, dass ich zu schwach sein würde, die Erinnerungen aufzuhalten.

Meine Rettung kam in Gestalt einer wohl ebenso alten Göttin. Ich fühlte ihre Anwesenheit in meinem Rücken. Es war, als sei ein loderndes Feuer in mir aufgeflammt.

Mit einem Ruck fuhr ich herum. Sie stand am Fuß der Wendeltreppe, bekleidet mit einer TIRUN-ähnlichen Kombination.

Iruna von Bass-Teth!

Sie war nicht besonders groß für eine Akonin, ich schätze sie auf 1,70 Meter. Aber ihre Ausstrahlung war ungeheuerlich – und das lag nicht nur daran, dass ihr kupferrotes Haar mit Hochenergie aufgeladen zu sein schien und ihre samtbraune Haut schimmerte wie mit Goldpuder bestäubt. Es lag an ihrer ganzen Persönlichkeit, angefangen von der edlen Haltung bis hin zu den dunklen Lotusteichen ihrer Augen, in denen ich nur zu bereitwillig ertrunken wäre.

Nur ein einziges Mal in all den Jahrtausenden, die schon hinter mir lagen, hatten Augen mich so sehr in ihren Bann gezogen: Gesils Flammenaugen.

Doch Irunas Augen waren anders. In ihren loderten keine Flammen. Trotzdem waren sie unbeschreiblich.

Ich schritt gleichsam schlafwandelnd auf sie zu, sank vor ihr auf ein Knie und sagte: »Ich bin dein Ritter der Tiefe, über den du nach Gutdünken verfügen kannst, denn du bist meine Göttin.«

Ich weiß nicht, was geschehen wäre, wenn die Akonin und ich allein in diesem Gewölbe gewesen wären und dieses Gewölbe nicht so nahe am Brennpunkt von Ereignissen mit kosmischer Bedeutung. Und wenn Iruna von Bass-Teth nicht so viel Verständnis und Vernunft bewiesen hätte.

»Steh auf!«, bat sie und legte mir ihre Hände auf die Schultern.

Es durchzuckte mich wie ein Stromstoß, aber es verbrannte mich nicht, sondern riss mich in die Realitäten zurück. Ich war Iruna von Bass-Teth sogar dankbar dafür. Zögernd erhob ich mich.

Du bist unverbesserlich!, zürnte mein Extrasinn. Kaum entflammt eine schöne Frau dein Herz, schon ist sie für dich eine Göttin, und es gibt nichts anderes mehr im Universum.

Ich sah es ein. Nach all meinen Erfahrungen schien ich mit der Zeit reifer zu werden. Doch vielleicht war es nur Irunas auffordernder Blick, der mich an die Pflichten erinnerte, die mir auferlegt waren.

Ich kam zur Besinnung. Meine Gefühle blieben allerdings unverändert, auch wenn ich mir wieder aller Realitäten bewusst wurde.

»Danke, Iruna!«, sagte ich.

Sie nahm lächelnd die Hände von meinen Schultern und blickte auffordernd an mir vorbei.

Ich wandte mich um. Tengri, Jen und Giffi Marauder standen mir gegenüber. Ich gewann den Eindruck, als hätten sie lange darauf gewartet, dass mir ihre Anwesenheit wieder bewusst wurde.

»Entschuldigt, bitte!«, sagte ich. »Vor allem du, Jen, dass ich nicht gebührend auf deine Rückkehr reagierte. Es war wohl alles ein bisschen zu viel für mich.«

»Ich war draußen gewesen«, erklärte Jen.

Ich erschrak. Seine Stimme klang, als wäre jedes Wort gefroren und würde beim Sprechen zersplittern. Er musste Schreckliches erlebt haben.

Im nächsten Moment sank Jen Salik gleichsam im Zeitlupentempo in sich zusammen. Gemeinsam mit Tengri sprang ich hinzu. Ich fing ihn auf, während der Hathor ihm die Gestalt mit dem Horuskopf abnahm und sachte zu Boden gleiten ließ.

»Es ist Larch«, sagte Giffi Marauder und half mir, den bewusstlosen Terraner mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden abzusetzen. »Ich meine den Vogelköpfigen«, fügte er hinzu.

»Larch?«, wiederholte ich, aber der Name sagte mir nichts. »Was ist er für ein Wesen?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete der Nomade.

Irgendwie erweckten Giffi Marauders Anblick und seine Stimme in mir das Gefühl, als wäre ich ihm schon irgendwann begegnet.

Das ist nicht möglich!, wisperte der Logiksektor. Du würdest dich erinnern. Du hast ein fotografisches Gedächtnis.

Ich gab es auf, darüber nachzugrübeln, obwohl etwas in mir bohrte und behauptete, dass da eine Lücke in der Argumentation des Logiksektors sei.

Ein Blick auf Jen zeigte mir, dass er wieder ins Bewusstsein zurückkehrte. Der Cybermed seines TIRUNS hatte wahrscheinlich großen Anteil daran.

Als Jen Salik gleich darauf die Augen öffnete, war sein Blick schon sehr viel klarer als zuvor. »Gut so, mein Freund!«, sagte ich, und wandte mich Tengri zu.

Der Hathor kniete neben dem Vogelköpfigen, eine Mischung aus Trauer, Wehmut und Schmerz im Gesicht. Ich ahnte, was geschehen war, und ging neben Tengri in die Hocke.

»Er ist tot?«, flüsterte ich.

Tengri nickte stumm.

»Kanntest du ihn?«

Er lächelte flüchtig.

»Nicht ihn. Aber ich kannte Wesen, die ähnlich waren wie er. Nur hatte ich vor seinem Auftauchen nicht geahnt, dass es noch einen von ihnen gäbe – Horach-Teh, die Abgesandten der Alten, der Könige oder der Großen oder wie immer sie genannt wurden.«

»Giffi Marauder nannte ihn Larch. Weißt du, was er hier suchte, Tengri?«

»Nein, aber ich kann mir denken, dass er das Wesen war, das Jagd auf Jen machte. Anscheinend hat er ihn aus der Tiefe ins Standarduniversum befördert, auch wenn mir das nahezu unvorstellbar erscheint. Und noch rätselhafter ist für mich, dass Jen in die Tiefe zurückkehren konnte.«

»Wir waren nicht im normalen Universum«, meldete sich Jen. »Larch entführte mich nur in eine Art Subtiefe – in ein strahlenerfülltes Mikrouniversum unter diesem Kontinuum, das unter dem Einsteinraum liegt. Ich weiß nicht, was er dort von mir wollte. Die Tiefe holte uns unvermittelt zurück – und wir gingen dabei durch tausend Höllenfeuer. Er hat es offenbar nicht verkraftet. Er ist tot, oder?«

»Ja, er ist tot«, bestätigte Tengri. »Nun werde ich niemals erfahren, ob er aus eigenem Antrieb hier war oder ob ihn jemand schickte.«

»Möglicherweise wurde er von Wesen geschickt, die er ›die Großen‹ nannte«, warf Giffi Marauder ein. »Er fand eine geistige Verbindung zu DNS-Molekülen, die angeblich eine Sextadimkomponente besitzen, wie sie für Angehörige des Harpoon-Clans charakteristisch waren. Als jemand diese Verbindung trennte, sagte Larch etwas von Spielarten des Sanskari. Und dass niemand im Universum mehr auch nur eine Spielart davon beherrscht – außer den Großen, die aber niemals persönlich in die unteren Ebenen kämen. Es muss trotzdem einer von ihnen in der Tiefe sein, denn jemand hat schließlich Larchs geistige Verbindung mit dem Diddor-Sanskari abgetrennt.«

»Das war ich«, stellte Tengri klar.

»Du?«, hauchte der Nomade. »Du bist einer der Großen?«

»Nein«, wehrte der Hathor ab. »Die Großen ...« Er schüttelte den Kopf. »Sie können nicht mehr existieren! Und doch ...« Er musterte den Toten, schüttelte wieder den Kopf. »Nein, das ist kein echter Horach-Teh, sondern eher ein modifizierter Nachkomme der durch die alte Gentechnik geschaffenen Königsboten.«

Lethos-Terakdschan blickte den Nomaden durchdringend an. »Giffi Marauder, hat dieses Wesen darüber hinaus etwas ausgesagt?«, fragte er beinahe inquisitorisch und deutete auf den toten Larch.

Der Nomade öffnete den Mund, als wollte er antworten, aber dann runzelte er die Stirn und schloss den Mund wieder, als hätte er es sich anders überlegt.

»Nein«, erklärte er nach einer Weile.

»Ich verstehe«, sagte Tengri bitter. »Vielleicht änderst du deine Meinung noch, Giffi Marauder.«

Der Nomade zuckte die Schultern. »Meinetwegen könnt ihr Shaggy zu mir sagen«, seufzte er in verändertem Tonfall. »Hilda nennt mich immer so.«

»Wer ist Hilda?«, fragte Jen.

Shaggy grinste lausbubenhaft. »Die Positronik meines SERUNS.«

»Gut, wechseln wir das Thema!«, schlug Tengri Lethos vor. »Jen, du sagtest, Larch hätte dich in eine Art Subtiefe entführt. Ich denke, ich weiß, was damit gemeint ist. Nur hätte die Tiefe euch in dem Fall nicht zurückholen können.«

»Shiva ...!«, flüsterte Shaggy.

Lethos-Terakdschan fuhr ruckartig zu ihm herum. »Shiva?«, rief er ungläubig.

»Oh, ich habe nur einen alten Gott angerufen«, behauptete der Nomade, wenngleich ihm die Verlegenheit dabei deutlich anzumerken war. »Keinen richtigen Gott«, fügte er sofort hinzu, »eher eine Art Gottheit.« Sein Gesicht nahm einen grüblerischen Ausdruck an. »Wenn ich nur wüsste ...!«, sagte er im Selbstgespräch und schüttelte den Kopf.

Von ihm erfahrt ihr nichts!, raunte mein Extrasinn. Hört endlich auf mit dem unfruchtbaren Geplänkel, sonst werdet ihr von den Ereignissen überrollt. Die Grauen Armeen bleiben euretwegen nicht stehen.

Ich stemmte mir die Fäuste in die Seite. »Nur noch eine Frage, Shaggy, danach geht es wieder an die heißesten Eisen. Ich sah kürzlich ein Wesen von deinem Aussehen sterben und sich dabei in einen Grauen Lord verwandeln. Gab es irgendeine Beziehung zwischen euch?«

»Dieses Wesen war Lordrichter Wraihk«, entgegnete Marauder.

»Ja, das behauptete es jedenfalls.« Ich musterte ihn eindringlich.

»Es hatte mein Aussehen angenommen«, ergänzte er. »Aber Wraihk ist nicht tot.«

»Und du hast längst nicht alles gesagt, was du darüber weißt«, behauptete ich.

»Es gibt Worte, die einem einfach nicht über die Lippen kommen«, erklärte der Nomade. »Ich kann sie kaum denken, denn sie sind zu phantastisch. Gib dich mit dem Gesagten zufrieden, Atlan. Glaube mir, mehr brauchst du nicht zu wissen.«

»Shaggy steckt voller Geheimnisse, mein Freund«, sagte Tengri zu mir und lächelte dabei so weise, wie nur er zu lächeln vermochte. »Bestimmt wird er nicht immer so verschwiegen bleiben. Dafür ist er viel zu kommunikationsfreudig.«

Ich nickte wohl oder übel und wandte mich wieder Iruna von Bass-Teth zu.

»Folgt mir!«, sagte die Akonin sanft, aber bestimmt. »Ich bringe euch zur Vagendakrone. Dort werdet ihr Suu Oon Hoo treffen.«

So ganz steckte ich meine Neugierde nicht zurück. Tengri Lethos-Terakdschan wusste mehr, das war mir bewusst. Ebenso, dass er nicht daran dachte, sein Wissen mit jemandem zu teilen. Er war selbst davon überrascht worden, das hatte ich erkannt.

Wer keine Antwort auf seine Fragen bekommt, schärft seine Sinne, lästerte mein Logiksektor. Ich ging nicht darauf ein.

Bonsin war schon wieder teleportiert. Giffi Marauder hatte sich kurz nach ihm umgesehen und dann mit den Schultern gezuckt. Der Nomade wirkte verwirrt. Immer wieder musterte er Lethos, der nun vor Larchs sterblicher Hülle stand und Worte in einer fremden Sprache murmelte. Eine Trauerrede, eine Beschwörung, ich wusste es nicht.

Dann brachen wir auf. Der Leichnam des Horach-Teh blieb im Gewölbe zurück. Giffi wandte sich noch einmal um und warf einen scheuen Blick zurück. Redete er mit jemandem? Mit einem unsichtbaren Begleiter – oder nur mit sich selbst? Ich gewann diesen Eindruck, weil er ab und zu fast unmerklich die Lippen bewegte.

Shiva. Mit ein wenig Phantasie konnte ich ihm den Namen von den Lippen ablesen. Und dann: Ja ... müssen nicht alles über Larch wissen. Wegen ihr, meinst du?

Iruna von Bass-Teth, die unsere Gruppe führte, schritt allmählich schneller aus. Als Jen Salik aus einer Unachtsamkeit stolperte und kurz ins Taumeln geriet, war Giffi Marauder sofort neben ihm. Mir erschien es geradezu, als hätte er auf eine solche Gelegenheit gewartet. Giffi stützte den Terraner, und dabei flüsterte er geradezu beschwörend:

»Sag mir mehr über diese rätselhafte Frau, Jen!«

Jen Salik blieb in gebückter Haltung stehen, massierte sich den rechten Knöchel und flüsterte zurück: »Sie ist Akonin und heißt mit vollen Namen Iruna von Bass-Teth. Mehr weiß ich auch nicht – außer dem Offensichtlichen.«

»Und was ist das Offensichtliche?«

»Sie hat Atlan den Kopf verdreht.« Jen lächelte flüchtig und richtete sich wieder auf. »Warum meinst du, ist sie rätselhaft?«

Giffi wiegte den Kopf. »Weil sie mir so erscheint«, meinte er ausweichend. »Wie sehr vieles, übrigens. Ich weiß nicht einmal richtig, was das Tiefenland überhaupt ist und was sich hier für Auseinandersetzungen abspielen. Wäre ich nur wieder bei Perwela!«

»Perwela?«, echote Salik, während er die nächsten Schritte machte, noch ein wenig vorsichtig, wie mir schien. Vorsichtig, weil er herausfinden wollte, was Giffi antrieb?

»Meine Chefin.« Der Nomade seufzte. »Jedenfalls meine ehemalige Chefin, denn zu ihr führt offenbar kein Weg zurück. Deshalb wollte ich, unter anderem, mit Perry Rhodan zusammentreffen und ihm meine Dienste anbieten.«

»Perry Rhodan ist weit«, gab Jen zurück. »Du musst schon mit uns vorlieb nehmen, Shaggy. Wir werden uns viel zu erzählen haben, denke ich.«

Ich stutzte. Von fern dröhnte Kampflärm heran.

»Bitte, führt euer Gespräch ein andermal fort!«, rief ich und winkte, die beiden zur Eile mahnend. »Die Grauen Heere drängen ungestüm vorwärts. Wenn wir sie nicht bald aufhalten, werden sie das Vagenda erobern. Wir müssen zu Suu Oon Hoo!«

»Du hast es gehört!«, sagte Jen zu Giffi und nickte mir kurz zu. »Beeilen wir uns!«

Jen flog einfach weiter, und Giffi Marauder schaltete das Flugaggregat seines SERUNS ein, um nicht zurückzufallen. Die anderen hatten das ebenfalls schon getan und sich bereits ein Stück weit entfernt.

Geraume Zeit später verließen wir den Tunnel über einen Treppenschacht, wie wir ihn schon kannten. Zweifellos hatten wir alle weitere Hügel und Schluchten aus Kristallen erwartet, aber was wir sahen, war völlig anders.

Dicht an dicht ragten eiförmige Vitalenergiespeicher in den Himmel. Sie schimmerten wie flüssiges Gold – und sie bildeten geradezu eine Art Mauer.

Die Vagendakrone!

Es war ein erhebender Anblick, die Speicher so zu sehen. Ihr goldener Schein verbreitete Hoffnung.

Wir schwebten zwischen zweien der riesigen Großspeicher hindurch, aber nicht bis zur anderen Seite. Iruna von Bass-Teth, die uns immer noch führte, blieb ungefähr in der Mitte zwischen den Speichern stehen.

»Suu Oon Hoo, melde dich!«, rief sie. »Ich bin hier: Iruna von Bass-Teth – und ich habe die Ritter der Tiefe mitgebracht.«

Giffi Marauder blickte interessiert um sich. Zweifellos hatte er nicht die geringste Ahnung, was er eigentlich erwarten sollte.

»Ich habe dich gehört!«, erklang eine mentale Stimme. »Ich spüre auch die psionische Ritteraura. Andernfalls hätte ich die Armee der Schatten nicht bewogen, ihre Angriffe gegen die Ritter der Tiefe und ihre Verbündeten einzustellen und gegen die Grauen Heere zu kämpfen. Allerdings bin ich nicht sicher, wie lange sie kämpfen können. Die Vitalenergie schwindet dahin – und dementsprechend schwächt sich der Widerstand gegen den Graueinfluss ab.«

»Wo bist du, Suu Oon Hoo?«, fragte Jen Salik.

»Er befindet sich in einem der Vitalenergiespeicher und lenkt von dort aus die Armee der Schatten«, erklärte die Akonin.

»Er allein?«, wollte Tengri wissen. »Wo sind die anderen Lla Ssann?«

»Ich bin der letzte Lla Ssann innerhalb des Vagendas!«, antwortete Suu Oon Hoo. »Alle anderen sind bei ihrem Abwehrkampf im Tiefenland entweder dem Graueinfluss erlegen oder von der aufsteigenden Vitalenergie zur Lichtebene mitgenommen worden.«

»Können sie nicht zurückkehren?«, fragte Salik.

»Das ist unmöglich!«

»Der Sog ist zu stark«, mischte sich Bonsin ein. »Er reißt immer mehr von der Vitalenergie des Vagendas an sich. Ich wäre ihm beinahe erlegen, wenn mir nicht jemand geholfen hätte.«

»Jemand?«, fasste Tengri sofort nach.

»Jemand oder etwas«, meinte der Abaker. »Ich war entstofflicht, deshalb konnte ich nichts Körperliches wahrnehmen. Ich spürte nur eine mentale Kraft und empfing das Versprechen, dass mir geholfen würde – was ja dann geschehen ist.«

Warst du das, Shiva?, las ich Giffi Marauder gerade noch von den Lippen ab.

Ich sah, dass er nach dem Ausrüstungsbeutel griff, den er auf dem Rücken trug. Aber ebenso unvermittelt ließ er die Hand wieder sinken, als sei ihm jäh klar geworden, dass er sich mit einer unbedachten Bewegungen verraten konnte.

»Was bedeutet es, dass die Vitalenergie aufsteigt?«, fragte Giffi, als wolle er jeden ablenken, der seinen unbedachten Griff bemerkt hatte.

»Die Raum-Zeit-Ingenieure leiten die Vitalenergie zur Lichtebene!«, übermittelte Suu Oon Hoo. »Außerdem schließen sie das Vagenda. In Kürze wird die Vitalenergie endgültig versiegen. Das war auch der Grund für unseren Hilferuf an die Ritter der Tiefe.«

»Für euren Hilferuf?«, fragte ich verwundert. »Hat nicht das Vagenda den Hilferuf ausgesandt?«

»Das Vagenda könnte das niemals tun«, antwortete mir Suu Oon Hoo. »Es lebt weder, noch ist es intelligent – und das gilt ebenso für die Vitalenergiespeicher. Jedes Mal, wenn ihr einen mentalen Ruf des Vagendas vernahmt, stammte er von Bewusstseinen von Lla Ssann beziehungsweise Tiefenschwimmern. Wir Lla Ssann wirkten nämlich in erster Linie als Tiefenschwimmer. Das heißt, wir lösten uns in der Vitalenergie zu körperlosen Bewusstseinen auf und steuerten in dieser Existenzform die Vitalströme überall im Tiefenland. Dabei kam es immer wieder vor, dass Bewusstseine so stark mit der Vitalenergie verschmolzen, dass sie sozusagen in ihr ertranken. Diese quasi-ertrunkenen Tiefenschwimmer gingen in den Aktivatorspeichern auf und verliehen ihnen Seelen und Stimmen.«

»So ist das also«, stellte ich fest. »Aber warum leiten die Raum-Zeit-Ingenieure die Vitalenergie zur Lichtebene und schließen das Vagenda?«

»Sie versuchen, ihre eigene Haut zu retten!«, sagte der Lla Ssann verbittert. »Dafür opfern sie das ganze Tiefenland dem Graueinfluss.«

»Lordrichter Krart hat also nicht gelogen«, stellte ich betroffen fest. »Die Raum-Zeit-Ingenieure sind egoistisch und skrupellos.«

»Das sind die Grauen Lords auch«, platzte Giffi Marauder heraus. »Lasst euch von Krart nicht weichklopfen. Genau das hat er nämlich vor. Es würde mich nicht wundern, wenn er schon bald wieder bei euch auftauchte und versuchte, euch zu beschwatzen, ebenfalls Graue Lords und Mitglieder der Grauen Kammer zu werden.«

»Woher weißt du das?«, fragte ich scharf.

»Von den Lordrichtern, natürlich«, erwiderte er. »Ich habe doch selbst an der Sitzung der Grauen Kammer teilgenommen und bin anschließend zusammen mit Krart zum Vagenda geflo...« Er klappte den Mund zu, als er merkte, welche Dummheit er begangen hatte – und ich war sicher, in dem Moment wünschte er sich weit fort.

Perry Rhodan 152: Die Raum-Zeit-Ingenieure (Silberband)

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