Читать книгу Böse - Dieter Weißbach - Страница 5
ОглавлениеFreitag vor Pfingsten
»Typisch«, maulte Würfel. »Erst Neuwahlen aus der Schürze zaubern und dann nichts auf die Reihe kriegen.«
Vor zwei Monaten war der erste schwarz-grüne Bundestag gewählt worden, und er hätte nicht sagen können, was ihn mehr verdross. Dass es überhaupt so weit kommen konnte oder dass die Regierungsbildung, die großen Themen waren abgeräumt, die Ressorts verteilt, erneut stockte, und niemand wusste so recht warum.
»Die Stunde der Bedenkenträger«, schloss er abfällig, faltete die Zeitung zusammen und verließ den Raum.
Paulig dachte noch, da redet der Richtige, als ihr Telefon die Nummer der Staatsanwaltschaft anzeigte und ein Gefühl ihr riet, erst die Tasse abzusetzen und dann das Gespräch anzunehmen.
Sie sagte »Ja« und »Bin so gut wie unterwegs«, legte auf und trat auf den Flur.
Im Kopf eine erste Idee vom Tatort und das Titelfoto von Würfels SZ. Cher, eine amerikanische Showlegende, mit der sie nicht nur die Wangenknochen gemein hatte, in ein mittelalterliches Kostüm gezwängt, die schwarzen Locken in eine Art Reuse gefüllt.
Die Chefin der Mordkommission schob das Bild zur Seite und rief: »Tilman!«
»Ja, Christine?«, schnaufte Würfel von jenseits der Klotür.
»Wir haben eine Leiche. Beeil dich bitte.«
»Warum? Ich glaub nicht, dass die uns davonläuft.«
»Das nicht. Aber wir müssen ja nicht mit Gewalt die Letzten sein. Also, komm in die Hufe.«
»Und wo?«
»Wieso? Geht’s dann schneller?«
Kollegen hasteten die Treppe hinunter. Eine Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft streckte ihren Kopf aus ihrem Büro. Paulig wartete, bis sie ihn wieder eingezogen hatte.
»Tilman. Wie lange dauert denn das noch? Du bist ja schlimmer als jede Frau.«
Die Tür ging auf.
»Gut Ding will eben Weile haben. Aber du hast mir immer noch nicht gesagt, wo wir hinmüssen.«
»Höhenkirchner Forst. Hier, deine Jacke.«
Die Straße war halbseitig gesperrt, der Tatort weiträumig abgezäunt.
Paulig grüßte. Die Uniformierten grüßten zurück und deuteten auf eine Gruppe Tannen inmitten von Sträuchern, die sich beim Näherkommen als Brombeeren entpuppten. Links von ihr sicherten Beamte der KTU Reifenspuren. Sie deutete in die angegebene Richtung und machte ein fragendes Gesicht. Einer der am Boden Kauernden hob die Hand und vollführte eine Wellenbewegung.
»In einer Senke?«
Der Beamte nickte.
»Bei den Tannen?«
Der Mann richtete sich etwas auf und nickte erneut.
Kann der nicht reden, dachte sie, oder will er nicht.
»Silbertannen, um genau zu sein.«
Na also, geht doch. Silbertannen? In diesem Stangenwald? Die haben sich wohl verlaufen.
Immer mehr Brombeerranken schlängelten sich über den ausgetrockneten Waldboden. Bis Würfel stehenblieb und ostentativ sein rechtes Bein hob. Dann das linke.
»Das ist doch Mist. Da zerreiß ich mir bloß die Hose. Ich geh außen rum.«
»Ja, mach das.«
Ohne sich weiter um ihn zu kümmern, übersprang Paulig die erste Reihe der stachligen Sträucher. Drei Sätze weiter stand sie am Rand der Senke. Unten schob Sabine Englmacher, die diensttuende Forensikerin, ihre Kapuze nach hinten und schüttelte sich den Rost aus der Mähne. Was Paulig spontan an Rotkäppchen erinnerte. Rotkäppchen in einer Grube im Wald.
»Was haben wir?«
»Eine alte Nonne. Erwürgt. Noch warm.«
Paulig war so gut wie unten. Reflexartig warf sie sich herum.
Englmacher grinste.
»Ein Scherz. Aber was anderes. Wir haben gerade überlegt, wie das Zeug heißt, das da überall wächst. Du bist doch vom Land.«
»Engelshaar», antwortete Paulig spontan.
»Wirklich? Süß.«
Würfel war ebenfalls angekommen. Unschlüssig kauerte er zwischen den Edeltannen wie der Hofzwerg zwischen den Prinzessinnen.
»Und wie komm ich jetzt da runter?«
»Entweder zurück in die Beeren, oder du gibst mir deinen Arm«, beschied Paulig knapp. »Wenn deine männliche Ehre das erlaubt.«
»Männliche Ehre? Kann ich mir nicht leisten.«
Er ging in die Hocke und streckte seine Hand aus. Bevor Paulig zugreifen konnte, rutschte er ab. Auf dem Hosenboden angekommen, rappelte er sich fluchend auf.
Paulig deutete auf eine freigelegte Wurzel.
»Da, dein Handy.«
Würfel kniete sich in den Hang und kam nicht mehr hoch.
»Das sind ja Haare.«
»Für dich vielleicht. Aber eigentlich ist es Gras. Nennt sich Engelshaar.«
»Nein. Das sind Haare. Schau her, wenn du mir nicht glaubst.«
Paulig bückte sich und staunte.
»Tatsächlich.«
Die Rechtsmedizinerin mit den roten Locken und dem Fleck im Stammbaum ließ die Nonne los, schnappte sich eine kleine Tüte und barg die blonde Strähne, während Paulig Würfels Rutschspur untersuchte. Dann griff sie in den Waldboden und zog sich mit einer Selbstverständlichkeit hoch, dass Würfel, der brauchte nur an Sport zu denken, da geriet er schon ins Schwitzen, nur ergriffen hinterherschauen konnte.
Er war zwanzig Jahre jünger als seine Chefin, verbrachte seine Freizeit aber lieber auf der Couch, gemeinsam mit seinen Töchtern Greta und Zarah, benannt nach Leinwandheldinnen aus einer Zeit, in der die Stars – so seine Meinung, und er kannte sich aus – noch keine Hupfdohlen waren, sondern Göttinnen. Dass die beiden dabei immer mehr aus den Fugen gerieten, nahm er in Kauf. Wenn seine Frau ihn darauf ansprach, meinte er lapidar, spätestens in der Pubertät würde sich das schon strecken.
Paulig klopfte sich die Nadeln aus der Hose, bat einen Kriminaltechniker, sich der Sache anzunehmen, lief ein Stück in den Wald und drehte sich langsam um die eigene Achse. Ein Gefühl sagte ihr, es nicht bei diesem einen Mal bewenden zu lassen. Aber auch bei der zweiten Umdrehung fiel ihr nichts auf und sie schlenderte zurück zur Senke.
»Sabine? Wer hat sie überhaupt entdeckt? Ich hab niemand gesehen.«
»Ein Schwammerlsucher. Soweit ich die Kollegen verstanden habe, wollte der seine Beute heimradeln und dann wiederkommen.«
»Der ist weg? Tilman, kümmerst du dich bitte. Sonst noch was, Sabine?«
»Nein. Wie gesagt, erwürgt. Keine Spuren von Kampf, nirgendwo Blut. Das ist vorerst alles. Ich wart nur noch auf die Leichenträger, dann bin ich weg.«
»So eilig? So kenn ich dich ja gar nicht.«
»Ich bin ja auch schon etwas hier. Außerdem hab ich noch einiges auf dem Tisch.«
»Dann bis später.«
»Lieber bis Dienstag. Frühestens.«
»Ach so. Montag ist ja Pfingsten.«
Paulig hob den Kopf. Zwei Mitarbeiter der Mordkommission fummelten sich in Hörweite durch die Brombeeren. Der mit dem Habitus eines in die Jahre gekommenen Schreitvogels hieß Erich Veigl. Besondere Kennzeichen: Schnurrbartträger, Rente in Sicht. Der andere war Kommissar Onur Özokan, genannt Ötzi, ein junger Stoppelkopf mit samtbraunen Augen und der Postadresse seines Fitnesscenters. Er hatte eben einen Jägerstand inspiziert.
»Ein Packerl Präservative und eine leere Schachtel Zigaretten?«, wiederholte Veigl im gepflegten Dialekt alter Münchner. »Na dann, Waidmannsheil.« Von Balancierkünsten ist bei Schreitvögeln eher selten die Rede, und Sträucher sind ihnen ein Graus. »Du, Ötzi.« Während dieser leichtfüßig über die Ranken glitt, fädelte Veigl, Scheiß Arthrose murmelnd, in eine stachlige Fußangel nach der anderen. »Wie heißt das eigentlich auf Türkisch?«
»Kahretsin osteoartrit.«
»Pariser? Ganz schön kompliziert.«
»Nein, Scheiß Arthrose. Pariser heißt Prezervatifler.«
»Und Waidmannsheil?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich irgendwas mit Döner.«
Betrachtete man die beiden genauer, fiel auf, dass sie beinahe gleich angezogen waren. Dunkle Polyesterhosen und spitz zulaufende Lederschuhe. Türkenchic, wie Özokan es nannte. Nur oben herum verfolgte jeder seine eigene Linie. Der mit der Figur eines Kleinlasters trug T-Shirts eng wie Nylonstrümpfe, Veigl, am Rand der Senke in die Knie gegangen, Hemd. Ötzi und Veigl, die siamesischen Zwillinge vom Mord. Unzertrennlich. Warum, wusste kein Mensch.
»Erich? Was ist? Hast du dir wehgetan?«, sorgte sich Özokan.
»Ist dir nicht gut?« Auch Paulig war aufgefallen, dass Veigl jegliche Farbe verloren hatte und wie gebannt auf die Nonne starrte. »Kennst du die?«
»Was? Ach so. Nein. Wahrscheinlich der Kreislauf.«
»Weil du nie frühstückst«, schimpfte Özokan.
»Schmarrn.« Veigl rappelte sich auf und zwirbelte an den Enden seines Schnauzbarts. »Vielleicht darf ich dich daran erinnern, dass ich gerade vom Zahnarzt komm, und dass der gesagt hat, ich darf eine Stunde nichts essen.«
»Aber das meine ich doch. Hättest du gscheit gefrühstückt, würde dir das gar nichts ausmachen.«
»Dann holt euch doch jetzt was«, rief Paulig und umrundete den Tatort. »Ich weiß sowieso nicht, warum ihr überhaupt hier seid.«
Özokan warf Veigl einen verstohlenen Blick zu. Der kratzte sich am Hinterkopf und übernahm.
»Ich hab den Funkspruch gehört, und weil wir eh grad in der Gegend waren …«
»Wieso wart ihr in der Gegend?«, unterbrach Paulig.
»Mein Zahnarzt ist doch da. Hast du mir selbst genehmigt.«
»Und warum ihr beide?«
»Weil der Ötzi g’meint hat, dass er eh gerade einen neuen sucht, hab ich angerufen. Und weil der Patient nach mir abgesagt hat, haben wir nicht lang gefackelt. So was muss man schließlich ausnutzen.«
»Ihr zwei. Irgendwann geht ihr noch gemeinsam aufs Klo.«
Während Paulig sich das eben Gesagte noch einmal vor Augen führte – Türke, wer weiß schon, wo bei dem der Humor aufhört und die Ehre anfängt – quietschte eine Fahrradbremse in ihrem Rücken.
»Sind Sie die Kommissarin, bei der ich mich melden soll?«
»Wenn Sie der sind, der die Nonne gefunden hat?«
Kniestrümpfe, Bundhosen, Strickjanker. Der Schwammerlkönig sah aus, wie Paulig sie kannte. Zweifach gedellter Trenkerhut gespickt mit Wandernadeln, Sackgesicht und Truthahnhals. Er wäre schon geblieben. Selbstredend. Aber seine Frau hätte sich sonst Sorgen gemacht. Und ein Handy würde er sich nicht mehr antun. Sowieso habe er weder etwas gehört noch gesehen. Und das, wo er fast sein ganzes Leben darauf warten hat müssen, endlich seine erste Leiche zu finden. Immer wieder würde man hören, dass Leichen in der Nähe von Autobahnen abgelegt würden. Aber nicht einmal im Krieg hätte er hier eine gefunden. Und da wären definitiv welche herumgelegen. Wenn das alles wäre? Die Schwammerl würden sich nämlich nicht alleine putzen. Und seine Frau würde er da nicht ranlassen.
»Die schneidet Sachen weg, davon werden andere eine ganze Woche lang satt. Ich fahr dann wieder. Meine Adresse haben Sie ja. Auf Wiederschaun.«
»Moment. Nicht so schnell. Hier meine Karte. Wenns mit den Schwammerln fertig sind, kommens bitte ins Präsidium. Wir brauchen Ihre Aussage nämlich auch noch schriftlich.«
»Schriftlich?«
»Ja. Aber keine Angst. Dauert nicht lange.«
»Heut noch?«
»Wenn’s geht.«
»Heut geht’s aber nicht mehr.«
»Dann eben morgen. Sagen wir, gleich um neun?«
»So früh?«
»Ich hab gedacht, Sie sind Schwammerlsucher.«
»Ja, schon. Aber morgen ist Samstag. Und dann ist Pfingsten.«
»Dann eben nach Pfingsten. Am besten gleich am Dienstag. Neun Uhr?«
»Dienstag, neun Uhr. Ja, das passt. Wenn Ihnen das lieber ist?«
»Mir ist das egal«, öffnete Paulig erneut Herz und Stimme.
»Dann lieber gleich.«
Termine ausmachen mit alten Leuten. Sie kannte sich aus.
›Willkommen in Walenberg‹ Das Schild über der Tür zum Schlafsaal, Beginn der großen Verwerfung, Dreh- und Angelpunkt seiner Erinnerungen. Seitlich einfallendes Licht, Kinderbetten in Reih und Glied, über einer Dose Bohnerwachs kauernd eine Nonne in grauer Tracht und Arbeitsschürze. Hinter ihm eine Frau, die sich hinunterbeugt und ihm einen Kuss auf die Stirn drückt. Seine Mutter. Groß, stolz, nicht ahnend, dass sie ihn acht Jahre nicht zu Gesicht bekommen wird. Denn das Schulheim des Seraphischen Liebeswerks Frauenau, von Generationen verängstigter Kinderseelen am Leben gehalten, war nicht nur ein Ort, von dem es kein Entrinnen gab, sondern auch keinen Zutritt. Dafür und für alles andere sorgte Oberschwester Zerafina, oberste Lehrschwester und Herrin über dreihundert mehr oder weniger unschuldige Kinderseelen. Aufrechte Haltung, sehnige Hände, die Fingernägel akkurat geschnitten, das Gesicht von einer gestärkten Haube in Form gepresst. Die Augen klar, die Zähne perfekt geformt, in der Mitte leicht gewölbt. Niemals hätte er sich Oberschwester Zerafina mit geschlossenen Lippen vorstellen können, immer nur mit diesem kraftvollen Strahlen des in seiner Erinnerung schneeweißen Doppelbogens ihrer Zähne.
»Wissen Sie noch, wie wir es nannten?«
»Ja«, lächelte sie. »Walenberg-Qualenberg.«
»Das klingt, als wären sie stolz darauf.«
»Nicht stolz. Ein wenig zufrieden vielleicht. Wir haben schließlich nur getan, was unsere Pflicht war. Auf dem Platz, den uns Gott vorbestimmt hat.«
»Dann war es demnach Gottes Wille, wie Sie uns behandelt haben?«
»Was meinst du?«
»Dass sie uns geschlagen haben.«
»Sicher. Aber nicht ohne Grund. Nichts geschieht ohne Grund. Denn immer ist es Gott, der unser Handeln bestimmt. Du schaust so skeptisch? Lass es mich an einem Beispiel erklären. Jesus ist der Weinstock, Gott ist der Gärtner und wir sind die Reben. Du erinnerst dich. Es gibt fruchtbare und unfruchtbare Reben. Und nur Gott ist es gegeben, sie zu unterscheiden. Die unfruchtbaren Reben, und mögen sie noch so schön gewachsen sein, dem göttlichen Weingärtner können sie nichts vormachen. Er wird sie abschneiden und dem Feuer übergeben. Aber bevor er das tut, bemüht er sich um sie. Und das tut er durch die Eltern, die weltlichen Lehrer, aber vor allem durch uns, das Liebeswerk der katholischen Kirche. Er ist es, der uns lenkt, unsere Gedanken, Worte und Taten.«
»Interessant. Und das hat meine Mutter gewusst?«
»Was?«
»Dass es Gottes Plan war, dass ich, kaum hatte sie sich umgedreht, schon die erste gefangen habe.«
»Ja. Sonst hätte sie dich ja wohl kaum in unsere Obhut gegeben.«
»Aber sie hat mich nie geschlagen.«
»Ich weiß. Das hat sie mir gesagt.«
»Ich weiß. Aber woher kommt es, dass Sie sich noch daran erinnern?«
»Das kann ich dir erklären. Sie war die einzige Mutter, die uns damals gebeten hat, ihr Kind zu schonen. Die damals schon diesem modernen Irrglauben aufgesessen ist, wie er heute Allgemeingut zu sein scheint, von wegen Kinder haben einen Anspruch auf eine gewaltfreie Erziehung.«
»Aber das klingt doch eigentlich sehr fortschrittlich. Ich nehme an, Sie wissen, dass Sie heute vor Gericht kommen würden mit Ihren Erziehungsmethoden?«
»Das weiß ich sehr wohl. Trotzdem ist es ein Unverstand. Das Gegenteil ist nämlich richtig. Kinder haben ein Recht auf Züchtigung. Kinder sind nicht von Natur aus gut. Sie können nicht einfach nur durch gutes Zureden und Vorbilder erzogen werden. Man sieht doch, was dabei herauskommt. Sodom und Gomorrha. Heute mehr denn je. Dabei spreche ich gar nicht mal von denen, die von Natur aus böse sind, die nur lachen, wenn man ihnen mit gut gemeinter Überzeugungsarbeit kommt. Versteh mich bitte nicht falsch. Aber diese ständige Milde, dieses für alles Verständnis haben müssen heutzutage, das führt doch zu nichts. Kein Wunder, dass niemand mehr weiß, was richtig und was falsch ist. Und vergiss nie, wir schlagen nicht, weil uns das gefällt. Glaub mir, uns tut das mehr weh als euch. Was ihr körperlich erduldet, ist nichts im Vergleich zu den Seelenqualen, die wir erleiden, wenn wir euch züchtigen müssen. Aber das nehmen wir auf uns. So steht es nun mal geschrieben: ›Wen der Herr liebt, den züchtigt er, wie ein Vater seinen Sohn, den er gern hat. Die Zuchtlosen verspottet er, den Gebeugten erweist er seine Gunst.‹ Daran haben wir uns immer gehalten. Und was damals richtig war, kann heute nicht falsch sein.«
»Das mag ja alles sein. Aber Sie haben eben zugegeben, dass meine Mutter nicht wollte, dass ich geschlagen werde. Warum haben Sie sich einfach darüber hinweggesetzt?«
»Das habe ich eben versucht, dir zu erklären. Wir haben nun mal mehr Verantwortung vor Gott als vor den Eltern. Ich möchte nicht einst vor meinem himmlischen Richter stehen und mich fragen lassen müssen, wem hast du gedient: Verantwortungslosen Eltern, verblendeten Politikern, selbst ernannten Weltverbesserern, oder mir, deinem Herrn und Gott, dessen Werkzeug du bist.«
»Das heißt, Sie konnten gar nicht anders.«
»Genauso ist es. Gott ist es, der uns führt. Wir müssen es nur zulassen.«
»Hm. Das gefällt mir.«