Читать книгу Prüfungen erfolgreich bestehen im Fach Tierphysiologie - Dietmar Gradl - Страница 20
10 Was sind Micellen und wie kommen sie zustande?
ОглавлениеMicellen sind sogenannte „Fetttröpfchen“, aber nicht zu verwechseln mit einem „Fettauge“, wie es in der Suppe schwimmt. Wesentlich für Micellen ist der amphiphile Charakter der Micellen-bildenden Fette. Dieser amphiphile Charakter sorgt dafür, dass sich im Innern der Micelle die lipophilen Fettsäurereste befinden und außen, also hin zum wässrigen Milieu, die hydrophilen Kopfgruppen. Diese hydrophilen Kopfgruppen können die Phosphatgruppen der Phospholipide sein, aber auch die polaren Komponenten der Gallensalze.
Bei fettreicher Nahrung dominieren Triacylglyceride. Diese sind per se nicht in der Lage, Micellen zu bilden. Die amphiphilen Fette, die wir als Bestandteile der Membranen zu uns nehmen, reichen nicht aus, die große Menge an Triacylglyceriden zu emulgieren. Zur effizienten Micellenbildung sezerniert die Galle die in der Leber produzierten Gallensalze in den Zwölffingerdarm. Gallensalze sind Cholesterinderivate, die durch eine Sulfatgruppe amphiphilen Charakter aufweisen (s. Abb. 1.4). Sie lagern sich zwischen die Triacylglyceride ein und führen spontan zur Micellenbildung.
Abb. 1.4 Cholesterin wird in der Leber zu Gallensalzen, wie z. B. Cholsäure, umgewandelt. Die wesentlichste Veränderung ist dabei der Einbau hydrophiler Gruppen, wie mehrere alkoholische Gruppen, eine Ketogruppe und ein Sulfat-Rest. Dies verstärkt den amphiphilen Charakter und fördert die Micellenbildung.
Die Micellen sind für die Fettverdauung unerlässlich, denn damit werden Angriffspunkte für die enzymatische Aktivität der Pankreaslipasen geschaffen. Erst so kann das hydrophile Enzym Lipase überhaupt in räumliche Nähe zu seinem Substrat, den Esterbindungen zwischen Glycerin und Fettsäuren gelangen. Die Pankreaslipasen spalten aus den Triacylglyceriden freie Fettsäuren, und es verbleiben Diacylglyceride. Diese Diacylglyceride wiederum verstärken die Micellenbildung und der Fettverdauungsprozess kommt in Gang. Freie Fettsäuren, Monoacylglyceride und Glycerin werden dann von den Enterozyten resorbiert.
Entscheidend für die Micellenbildung ist also die Sekretion von Gallensalzen. Tatsächlich werden pro Tag etwa 2–4 Gramm Gallensalze für die Fettverdauung benötigt. Dabei werden aber nur einige Hundert Milligramm Gallensalze pro Tag neu synthetisiert, denn der weitaus größte Teil der Gallensalze pendelt im enterohepatischen Kreislauf zwischen Leber und Darm, d. h. er wird von der Leber über die Galle in den Zwölffingerdarm sezerniert und gelangt nach Resorption im Dünndarm über die Pfortader zurück in die Leber.