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7 Another Brick In The Wall

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(Havarie, Seite 65)

»Anstrengender Tag?«

»Ja, verdammt anstrengend.«

Sie lebten in einer 80 Quadratmeter Maisonettwohnung in der Holtenauer Straße. Wenn Klaus von der Werft kam, musste er über die Hochbrücke den Nord-Ostsee-Kanal passieren. Für ihn immer der Moment, an dem er sich vom Job verabschiedete. Jedenfalls solange es ging. In letzter Zeit nahm er ihn immer mehr mit nach Haus. Denn die Lage war alles andere als gut.

Seit drei Jahren arbeitete er nun im Familienunternehmen, der großen Werft in Friedrichsort. Als rechte Hand seines Vaters, auf dem Gelände nannte man ihn den Juniorchef. Es war klar, dass er den Betrieb eines Tages übernehmen würde. Doch dass es schon so bald werden würde, war ihm erst seit heute klar. »Junge, ich werde Insolvenz anmelden müssen«, Helmut Neubach tat sich schwer mit diesen Worten. Er saß hinter seinem Empire-Schreibtisch und stütze den Kopf schwer auf dem linken Arm. Mit der rechten Hand klopfte er monoton auf die Schreibtischunterlage. »Wir kriegen das nicht mehr hin, die Krise überspült uns.

Werftenkrise, dieses Schlagwort kannte man in Kiel seit den frühen 70er Jahren. Diese Stadt hatte seine Existenz den Werften zu verdanken. Zehntausende arbeiteten bei den drei größten Arbeitgebern der Stadt. Howaldt, Friedrich und Neubach. Das waren drei Namen, die in Kiel jeder kannte. Inzwischen war die Howaldtwerft, fusioniert mit anderen Werften, vom Thyssen-Krupp-Konzern übernommen worden. Doch die beiden Kleineren blieben Inhaber geführte Unternehmen. Die Werftenkrisen hatten sie mit Spezialisierungen zunächst überstehen können. Neubach konzentrierte sich auf den Bau von Spezialschiffen, besonders die auf der Werft erfundenen Doppelhüllentanker. Aber Kapitalmangel hatte schon Größere in der Branche kaputt gemacht. Denn Schiffe werden von den Werften inzwischen komplett vorfinanziert. Der Reeder zahlte erst bei Übergabe, solange musste jede Schraube und jede Arbeitsstunde vom Planer bis Schweißer aus der Werftkasse bezahlt werden. Umso gefährlicher wurde es, wenn Auftraggeber Konkurs anmelden mussten. Dann blieb meist nur noch der Ramschverkauf, um wenigsten einen Teil der Kosten wieder hereinzuholen. Genauso gefährlich wurde es, wenn die Banken keine ausreichenden Sicherheiten mehr sahen, um Kredite zu geben. Da halfen dann auch volle Auftragsbücher gar nicht mehr.

»Kesselmacher war vorhin hier«, Helmut Neubach bedeutete seinem Sohn sich zu setzen.

»Immerhin kommt er noch und zitiert uns nicht zu ihm.«

»Aber davon können wir uns nichts kaufen. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, drehen die uns den Hahn zu«, er pustete die Backen auf und ließ die Luft mit einem deutlichen Geräusch heraus. »Dann können wir hier einpacken.«

»Aber wir haben doch Folgeaufträge ohne Ende, das können die nicht machen.«

»Oh doch, sie können. Und sie werden.«

»Vater weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll. Er denkt an Konkurs«, Klaus ließ sich in das elegante Designersofa fallen, dass Angela vor weinigen Wochen bei Schöner Wohnen ausgesucht hatte.

»Und was heißt das für uns?« Sie war mehr als irritiert, sie hatte mit einem Mal Angst.

»Das werden wir sehen.«

»Was heißt das, Klaus? Verlierst Du Deinen Job?«

»Ach Quatsch, wir müssen nur über neue Konstruktionen nachdenken.«

»Aber wie ist es denn soweit gekommen, da läuft doch ein Tanker nach dem anderen vom Stapel?«

»Ja, die Auftragslage ist gut, aber uns fehlt Kapital, Vater hat zu viel in die Schiffsbeteiligungen gesteckt.«

Die Neubachwerft hat sich, um die Auslastung zu maximieren, immer an den Schiffsbauten beteiligt. Dadurch war der Kapitaldienst der Auftraggeber natürlich entsprechend geringer. Bei guter Auslastung der Schiffe kamen sogar noch Gewinne herein. Aber jetzt steckte der weltweite Handel und damit auch der weltweite Transport in einer Flaute. Somit hätten die Schiffseigner nun Geld nachschießen müssen. Geld, das nicht da war.

Havarie

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