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Der Blick Gottes (1,4a)
Оглавление„Und Gott sah, dass das Licht gut war.“
Das ist der dritte Augenblick in Gott, wenn er sein geschaffenes Werk ansieht, ein Augenblick, der für uns ebenso wie die beiden ersten nicht getrennt zu denken ist von den anderen. Dass Gott sein Werk ansieht und sein Wohlgefallen an ihm hat, weil es gut ist, das heißt, dass Gott sein Werk liebt und darum erhalten will. Schaffen und Erhalten, das sind zwei Seiten des einen Tuns Gottes; es kann ja nicht anders sein, als dass das Werk Gottes gut ist und dass er das Werk nicht verwirft, vernichtet, sondern liebt und erhält. Im Blicke Gottes kommt sein Werk zur Ruhe, vernimmt es sein Wohlgefallen. Der Blick Gottes bewahrt die Welt vor dem Zurückstürzen ins Nichts, vor der gänzlichen Vernichtung. Der Blick Gottes sieht die Welt als gute, als geschaffene – auch wo sie gefallene Welt ist –, und um des Blickes Gottes willen, mit dem er sein Werk umfängt und nicht lässt, leben wir. Dass Gottes Werk gut ist, heißt keinesfalls, dass die Welt die beste aller denkbaren Welten ist, sondern es heißt, dass sie ganz vor Gott lebt, dass sie von ihm her und auf ihn hin lebt und dass er ihr Herr ist. Es ist das vom Bösen ununterschiedene Gute, das hier gemeint ist, das darin besteht, dass es unter der Herrschaft Gottes ist. Es ist also das Werk selbst, das gut ist, die Schöpfung ist das gute Werk Gottes, das er für sich selbst tut. Dass das Werk gut ist und sein soll und nicht allein der Wille, das ist biblische gegen kantische Einsicht. Dass das Getane, der Zustand, die Verleiblichung des Willens, dass die Welt gut ist, dass Gottes Reich auf Erden sei, dass sein Wille auf der Erde geschehe, Tat werde, darum geht es in der ganzen Bibel. Weil die Welt Gottes ist, darum ist sie gut. Gott will eine gute Welt, ein gutes Werk, er, der Schöpfer und Herr der Welt ist. Die Flucht aus dem geschaffenen Werk in den leiblosen Geist, in die Gesinnung, ist untersagt. Gott will sein Werk ansehen, lieben, gut nennen und erhalten. Es ist ein wesenhafter Unterschied zwischen creatio continua und Erhaltung. Im Gedanken der creatio continua wird die Welt je und je dem Nichts entrissen. Dieser Gedanke beraubt aber durch den Begriff einer diskontinuierlichen Kontinuität das Schöpfertum Gottes seiner schlechthinnigen Freiheit und Einmaligkeit. Gerade dies, dass wir das Tun Gottes nicht vorwegnehmen können, ist hier nicht respektiert. Der Begriff der creatio continua ignoriert aber auch die Realität der gefallenen Welt, die nicht die immer neu geschaffene, sondern die erhaltene Schöpfung ist. Dass Gott die geschaffene Welt erhält, ist das Urteil, das den gegenwärtigen Augenblick in seiner Wirklichkeit von Gott hinnimmt; es bedeutet, dass die „einmal“ dem Nichts entrissene Welt in ihrem Sein erhalten wird; das aus dem Nichts durch das Wort Geschaffene, zum Sein Hervorgerufene, bleibt durch den Blick Gottes gebannt, es versinkt nicht im Augenblick des Werdens wieder, sondern Gott sieht es an, sieht, dass es gut ist, und sein auf dem Werk ruhender Blick erhält das Werk im Sein. Erhalten ist die Welt also allein durch den, der ihr Schöpfer ist, und allein für den, der der Schöpfer ist; nicht um ihrer selbst willen, sondern um des Blickes Gottes willen. Aber noch ist das erhaltene Werk das gute Werk Gottes.
Schöpfung heißt dem Nichtsein entreißen, Erhaltung heißt das Sein bejahen. Schöpfung ist wirklicher Anfang, immer „vor“ meiner Erkenntnis und vor der Erhaltung. Schöpfung und Erhaltung sind hier noch eines, sie sind bezogen auf denselben Gegenstand, auf das ursprünglich gute Werk Gottes. Erhaltung ist immer in Bezug auf die Schöpfung, und Schöpfung ist in sich selbst. Aber etwas anderes ist die Erhaltung der ursprünglichen und die Erhaltung der gefallenen Schöpfung.