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KAPITEL 3

Vom „Charity Club“ zum Fußball-Business

Celtic entwickelt sich vom Charity-Klub zur Speerspitze des schottischen Professionalismus. Der Klub wird von Männern regiert, die ihr Geld als Besitzer von Gasthäusern verdienen. Ein Antrag, die Zahl der protestantischen Spieler zu begrenzen, wird abgelehnt, auch weil er den sportlichen Ambitionen entgegensteht. 1892 bezieht Celtic eine neue Spielstätte im Stadtteil Parkhead, wo man heute noch spielt. 1897 wird Willie Maley Manager von Celtic und bleibt dies 43 Jahre lang. Sein Team gewinnt in den Jahren 1905 bis 1910 sechsmal in Folge die Meisterschaft.

1889 reduziert Celtic die Farben seiner Spielkluft auf Grün und Weiß, das Schwarz entfällt. Bis 1903 spielt man in grün-weiß längsgestreiften Shirts.

Im selben Jahr nimmt Celtic erstmals an einem Wettbewerb teil, dem Scottish Cup, und erreicht das Finale im Hampden Park. Gegner ist Third Lanark aus Glasgow, das vor 18.000 Zuschauern mit 3:0 gewinnt. Aber da der Spielverlauf durch heftigen Schneefall beeinträchtigt wird, ordnet der Verband eine Wiederholung an. Erneut behält Third Lanark die Oberhand, dieses Mal aber nur mit 2:1. Celtic spendet mit 421 Pfund seinen Teil an den Zuschauereinnahmen katholischen Wohlfahrtsorganisationen.

1890 wird die schottische Liga gegründet. Eine der treibenden Kräfte des Projekts ist Celtics John H. McLaughlin, der später auch ihr Präsident wird. Außer John McLaughlin sprechen sich auch John Glass und Pat Welsh vehement für eine Teilnahme an der Liga aus. Bruder Walfrid ist dagegen. Er weiß, dass eine nationale Liga ohne Professionalismus nicht zu haben ist, und der Kirchenmann lehnt die Bezahlung von Fußballern ab. Für Walfrid ist die Hinwendung zum Profifußball ein Verrat an den Gründungsidealen des Klubs.

Trotz seines Einspruchs schließt sich Celtic im August 1890 der Liga an, der zunächst elf Klubs angehören, außer Celtic noch Abercorn, Cambuslang, Cowlairs, Dumbarton, Heart of Midlothian, Rangers, Renton, St Mirren, Third Lanark und Vale of Eleven. Zum ersten Ligaspiel gegen Renton kommen 10.000 Zuschauer. Celtic unterliegt James Kellys ehemaligem Klub mit 1:4. Erste Ligameister werden Rangers und Dumbarton, die die Meisterrunde punktgleich beenden. Ein Entscheidungsspiel endet unentschieden. Celtic werden wegen des Einsatzes eines nicht spielberechtigten Akteurs vier Punkte abgezogen, trotzdem reicht es zu einem dritten Platz.

Professionalismus statt Charity

Offiziell sind Schottlands Topspieler noch immer Amateure, aber die Realität ist eine andere, zumal bei Celtic. Die steigenden Ausgaben für seine Fußballer verringern den Spielraum für Celtics karitatives Engagement. Auch die Verwaltung des Klubs kostet immer mehr Geld. Ab 1892 reduziert Celtic seine Zuwendungen für den Poor Children’s Dinner Table und andere Wohlfahrtsorganisationen. 1891 hat man noch 545 Pfund für wohltätige Zecke gespendet. 1892 sind es nur noch 230 Pfund. Ein Mitglied, das um die Zukunft Celtics als „Charity Club“ besorgt ist, schlägt auf der Jahreshauptversammlung 1894 vor, 200 neue Mitglieder aufzunehmen, die hierfür jeweils 50 Pence bezahlen. Dieses Geld solle dann umgehend den Wohlfahrtsorganisationen ausgehändigt werden. Der Vorschlag wird abgelehnt, woraufhin einige Mitglieder über die Gründung eines neuen Fußballklubs nachdenken.

1894 betragen die Einnahmen des Klubs 10.414 Pfund und sind damit die höchsten aller Klubs in England und Schottland. Trotzdem plagen Celtic Schulden. Auch weil zu dieser Zeit die Legalisierung des Professionalismus (s. u.) den Klub viel Geld kostet. Auf der Jahreshauptversammlung 1895 erfahren die Anwesenden, dass zwei Spieler, James Kelly und Willie Maley, jeweils 100 Pfund kassiert hätten, als sie zu Profis erklärt wurden. Ein anderer Spieler habe zehn Pfund bekommen. An die Wohlfahrtsorganisationen werden in diesem Jahr nur 91 Pfund ausgeschüttet. Ab 1896 leistet sich Celtic mit Schatzmeister Duncan McKay und Spielobmann Willie Maley bezahlte Angestellte. Beide bekommen ein Jahresgehalt von 75 Pfund. Eine Bitte der Saint Vincent de Paul Society um eine Spende für den Poor Children’s Dinner Table wird dagegen abschlägig beschieden. Der „Glasgow Herald“ kommentiert scharf: Celtic sei der Klub, der die meisten Zuschauer in Schottland mobilisiere, habe aber nicht einen Penny dem Poor Children’s Dinner Table gespendet. Obwohl die Nachfrage nach freien Mahlzeiten stark gestiegen sei – in weniger als einem Jahr von 65.000 auf 97.000. Celtic verspricht vage, man werde wieder helfen, sobald man aus den roten Zahlen sei.

Kein anderer Klub in Schottland verstößt dermaßen massiv und entschlossen gegen das Amateurideal wie Celtic. Und kein anderer Klub agitiert so vehement für die Legalisierung des Professionalismus. Als Celtic sich 1891 vom frischgebackenen englischen Meister FC Everton Dan Doyle schnappt, versuchen die Liverpooler den prominenten Spieler mit Hilfe eines Wochengehalts von fünf Pfund und der Übernahme eines Pubs zur Rückkehr zu bewegen. Zu ihrer großen Überraschung lehnt Doyle ab. Es ginge ihm in Glasgow bestens. Die Zeitung „Scottish Referee“ fragt: „Wie kann es sein, dass ein Amateurklub wie Celtic ein sehr wohlhabendes und professionelles Team wie Everton überbietet?“

Celtics aggressive Rekrutierungspolitik stößt immer wieder auf Protest und Ablehnung – insbesondere bei Queen’s Park. Auch bei vielen anderen schottischen Klubs ist Celtic alles andere als beliebt.

Erste Pokale und neues Stadion

1891 gewinnt Celtic mit dem Glasgow Cup seine erste bedeutende Trophäe, und ein Jahr später holt es auch den schottischen Pokal, der zu dieser Zeit noch mehr zählt als die Meisterschaft. Im Halbfinale besiegt man Rangers mit 5:3. Im Finale geht es gegen Queen’s Park. Die Advokaten des Professionalismus treffen auf die Gralshüter des Amateurismus. Das Finale findet im Ibrox Park statt, dem Stadion der Rangers. 40.000 kommen, das Stadion ist völlig überfüllt. Da die Massen immer wieder von den Rängen aufs Spielfeld drängen, schlagen nach 20 Minuten die beiden Kapitäne dem Schiedsrichter vor, die Partie zum Freundschaftsspiel zu erklären. Das Finale wird vier Wochen später wiederholt, nun schauen nur noch 15.000 zu. Celtic gewinnt mit 5:1. Es ist Celtics erster Sieg über die Pioniere des schottischen Fußballs, und der Cup ist Celtics erste nationale Trophäe. Es ist ein Sieg von sozialer Bedeutung und ähnelt dem Erfolg des von einem Industriellen gesponserten Arbeiterteams Blackburn Olympic über die Fußball-Aristokraten aus Eton im englischen Pokalfinale 1883. Es ist ein Sieg über den Snobismus im Fußball.

Celtic ist längst ein Zuschauermagnet. Daher erhöht der Besitzer des gepachteten Stadiongeländes die Pacht, von 50 auf 450 Pfund pro Jahr. John H. McLaughlin: „Für einen irischen Klub war es nichts Besonderes, dass der Landlord gierig war.“ Aber Celtics Landlord hat daran gearbeitet, unter den gierigen Landlords einen Spitzenplatz zu erobern. „Im alten Land (gemeint ist Irland, Anmerk. d. A.) waren die Gentlemen damit zufrieden, wenn sie die Miete verdoppeln oder schlimmstenfalls verdreifachen konnten. Aber dieses helle Genie, das sich mit dem Besitz von Celtic Park brüstete, wollte die Miete verneunfachen.“

Der Klub beschließt deshalb 1892 einen Umzug. Man entscheidet sich für ein Gelände neben dem Friedhof an der Janefield Street im East-End-Stadtteil Parkhead. Ein Journalist beschreibt den Umzug mit „it’s like moving from graveyard to Paradise“. Fortan wird der neue Celtic Park auch „Paradise“ genannt. Erneut helfen viele Freiwillige beim Bau.

1893 verlässt Celtic-Gründer Walfrid Glasgow. Seine Vorgesetzten holen ihn für eine neue Aufgabe ins Londoner East End. Auch hier organisiert Walfrid Fußballspiele, um die Ernährung der Kinder der Armen in den Bezirken Bethnal Green und Bow zu finanzieren. Bruder Walfrid stirbt am 17. April 1915. Sein Grab befindet sich auf dem St-Michael-Friedhof in Dumfries.

Celtic vor Rangers

1893 wird auch in Schottland der Profifußball legalisiert – acht Jahre nachdem England als erstes Land der Welt den Beruf des Fußballspielers zugelassen hat. Auch hier ist Celtics John H. McLaughlin die treibende Kraft hinter dieser Neuerung, die der Klub entschlossen umsetzt. Insgesamt setzt sich in Europa der Professionalismus in den katholischen Regionen schneller durch als in den protestantischen. Zwar befinden sich unter den Pionieren des Fußballs auffallend viele Protestanten, aber bei der Professionalisierung haben katholische Klubs und Regionen anscheinend weniger Probleme.

In den ersten Jahren seiner Existenz ist Celtic den älteren Rangers klar überlegen. Bis zur Saison 1893/94 begegnen sich die Klubs zwölf Mal. Die Rangers gewinnen nur eines dieser Spiele: Im Finale des Glasgow Cup 1893 besiegen sie Celtic mit 3:1.

Celtics Vormarsch provoziert einen Ruf nach einer „protestantischen Antwort“. Rangers wird nun protestantischer. Zunächst ist Celtic stärker „ethnisch“ geprägt als der Lokalrivale, der sich anfangs nicht protestantischer gibt als andere Klubs in Schottland. Man lebt in einem „protestantischen“ Land – folglich bewegen sich viele Klubs in einem protestantischen Milieu. Aber mit Celtics Vormarsch beginnt die Suche nach einer explizit protestantischen/unionistischen Antwort auf die irisch-katholische Herausforderung. Rangers wird erst nun zum Bollwerk gegen den irisch-katholischen Einfluss im schottischen Fußball und darüber hinaus.

In der Saison 1893/94 gewinnt Celtic zwar die Meisterschaft, wird aber in der Liga von den Rangers im Ibrox Park mit 5:0 geschlagen. Am 17. Februar 1894 messen sich beide Teams im Pokalfinale. Im Hampden Park besiegen die Rangers erneut Celtic mit 3:1. Es ist Rangers’ erster Triumph im schottischen Pokal. Zu diesem Zeitpunkt ist Rangers der Klub mit dem größten Zuschauerzuspruch, auch weil viele der Anhänger der Glasgower Klubs Queen’s Park und Third Lanark sowie einiger weiterer aus dem ländlichen Umland zu Rangers konvertieren. Sie sehen den Klub als Bollwerk gegen den irisch-katholischen Einfluss im schottischen Fußball.

„Six publicans – only one glass“

1895 scheitert auf Celtics Jahreshauptversammlung ein Antrag, die Zahl der Protestanten im Team auf drei zu beschränken. Wäre der Antrag angenommen worden, wäre Celtic nie zu einer nationalen und internationalen Topadresse aufgestiegen. Als Team einer katholischen Minderheit konnte sich Celtic eine derartige Selbstbeschränkung nicht leisten. Insbesondere die Geschäftsleute in der Celtic-Führung, die längst im Klub das Sagen haben, widersetzen sich dem Antrag.

Am 25. Februar 1897 beschließt eine Mehrheit der Celtic-Mitglieder eine Umwandlung des Klubs in eine Limited Liability Company, vergleichbar einer deutschen GmbH. Celtic gehört zu den ersten Klubs in Großbritannien, die diesen Schritt vollziehen. Die von John Glass geleitete Versammlung findet in der St Mary’s Hall statt, also jenem Ort, wo Celtic zehn Jahre zuvor als „Charity-Klub“ gegründet wurde. Celtic heißt nun offiziell „The Celtic Football and Athletic Company Ltd“. Erster Boss des nun privaten Unternehmens wird John McLaughlin. Der Vorstand wird durch Michael Dunbar, John Glass, James Grant, James Kelly, John McKillop und John O’Hara komplettiert. Sechs der sieben Vorstandsmitglieder machen ihr Geld im Gastronomiegewerbe, nur John Glass nicht, der Bauunternehmer ist. Der Celtic-Vorstand gilt als „six publicans – only one glass“ („Sechs Gastwirte – aber nur ein Glas“).

Celtic gibt zunächst 5.000 Anteilsscheine zum Stückpreis von einem Pfund aus. Jedes der 201 Klubmitglieder bekommt einen An teilsschein. Der Rest bleibt in den Händen von 23 Leuten, von denen neun mit dem Beruf eines Gastwirts oder Bierbrauers aufgeführt werden.

Sieben der 23 sind Vorstandsmitglieder, die zunächst 1.400 Scheine in ihren Händen halten. Berücksichtigt man auch die Familienangehörigen der sieben Vorständler, halten sie allerdings deutlich mehr als „nur“ 1.400 Anteilsscheine. Ein Jahr später besitzen die Vorstandsmitglieder bereits 2.952 Anteilsscheine. Größter Aktionär ist mit 801 Anteilsscheinen James Grant, ein Gastwirt aus der irischen Grafschaft Antrim, der in Glasgows Stadtteil Gorbals einen Pub („Grant Arms“) besitzt. Ihm folgt der Anwalt Joseph Shaughnessy (651), einer der Gründer von Celtic und Aktivist der St Vincent de Paul Society. 1889 hatte Shaughnessy Michael Davitt als Celtic-Patron vorgeschlagen. Seine Kanzlei berät sowohl Celtic wie einige Gewerkschaften in juristischen Fragen.

Diese Besitzstruktur hat zur Folge, dass Celtic nun über Jahrzehnte von einigen Familien geführt wird – namentlich den Kellys, den Grants und den Whites. Der Besitz von John O’Hara geht nach dessen Tod 1904 zunächst auf John Glass über. 1906 stirbt auch John Glass, dessen Aktien nun Tom White erwirbt, ein Ziehkind von Glass und wie dieser in der Home Government Branch der Irish National League aktiv. White ist eng mit John Wheatley befreundet, Celtic-Fan, Labours erster Gesundheitsminister und der Mann, der in Glasgow Katholizismus und Sozialismus miteinander versöhnen wird.

Im ersten Jahr als Kapitalgesellschaft erwirtschaftet Celtic Einnahmen in Höhe von 16.267 Pfund, was ein neuer Rekord für einen britischen Fußballklub ist. Der Klub entwickelt sich zu einem blühenden Wirtschaftsunternehmen. 20 Prozent werden als Dividende ausgeschüttet. Die Dividenden, die sich die Vorstandsmitglieder einstecken, gehören zu den höchsten, die im britischen Fußball ausgezahlt werden. Die Wohlfahrtsorganisationen gehen leer aus.

Mithilfe des „frischen Geldes“ aus der Ausgabe von Anteilsscheinen erwirbt Celtic für 10.000 Pfund das Gelände, auf dem der Celtic Park steht. Damit ist Celtic der erste Klub in Schottland, der das Stadion, in dem er spielt, auch besitzt.

Willie Maley und „die beste Mannschaft der Welt“

1897 wird der erst 29-jährige „Willie“ Patrick Maley Manager von Celtic (d. h. Geschäftsführer und Trainer) und bleibt dies bis 1940. In diesen 43 Jahren, die mit Abstand längste Amtszeit eines Celtic-Trainers, gewinnt der Klub 16-mal die Meisterschaft und elfmal den Pokal. Maley arbeitet nie auf dem Platz und verfolgt die Spiele von der Tribüne aus. Weder in der Halbzeit noch nach dem Spiel spricht er zur Mannschaft. Die Aufstellung erfahren die Spieler aus der Zeitung.

Der neue Manager verändert Celtics Rekrutierungspolitik. Bis dahin hat man vor allem erfahrene Profis von anderen Vereinen gekauft, nun setzt man stärker auf junge Spieler und Eigengewächse. Maley ist der Pionier von Celtics Nachwuchsarbeit.

Zwischen 1905 und 1910 wird Celtic sechsmal in Folge Meister. In den Spielzeiten 1906/07 und 1907/08 gelingt sogar das Double aus Meisterschaft und Pokal. 1908 verkündet Maley, Celtic sei „die beste Mannschaft der Welt“, und kaum jemand will ihm widersprechen. Die Stars des Teams sind Rechtsverteidiger Alec McNair, der „Napoleon“ getaufte Läufer und Stratege Jimmy McMenemy sowie Mittelstürmer Jimmy Quinn.

Die Celtic-Fans widmen Maley später ein Lied, „The Willie Maley Song“:

Oh, Willie Maley was his name,

He brought some great names to the game, When he was the Boss at Celtic Park,

He taught them how to play football,

He made the greatest of them all …

„Hoops“ und „Old Firm“

1903 führt Celtic die sogenannten „Hoops“ (Reifen) ein: Die grünweißen Streifen sitzen nun quer. Der Klub lässt sich dabei von den Trikots inspirieren, die der ältere Hibernian FC in Edinburgh in seiner Gründungsphase getragen hat. Erstmals wird das neue Design am 15. August beim kleinen Lokalderby gegen Partick Thistle getragen. Mit den „Hoops“ gewinnt Celtic auch den Pokal der Saison 1903/04. Vor 65.000 Zuschauern im Hampden Park schlägt man Rangers mit 3:2. Zur Halbzeit hat man 0:2 zurückgelegen, aber Jimmy Quinn dreht das Spiel mit einem Hattrick. Der Flügelstürmer, der für den Klub von 1900 bis 1915 spielt, ist der erste Spieler, der im Celtic-Dress 200 Tore erzielt. In insgesamt 331 Spielen für Celtic trifft er 217-mal. Als Quinn 1945 stirbt, sagt Willie Maley über ihn: „Er war der Grundpfeiler des größten Teams, das Celtic jemals hatte.“

1904 prägt die Zeitschrift „Scottish Referee“ den Begriff von der „Old Firm“ für das Celtic-Rangers-Derby. Gemeint ist damit: Die Rivalität und die Lokalderbys seien für beide Klubs ein einträgliches Geschäft. Eine Karikatur zeigt Fans, die sich bekriegen, während die Vereinsbosse im Hintergrund einträchtig ihr Geld zählen.

In diesen Jahren absolviert Celtic seine ersten Auslandstourneen. 1903 reist die Mannschaft nach Wien und Prag, wo kontinentale Fußballmetropolen entstehen. Die vier Spiele gegen Union und AC Wien, Slavia Prag und dessen Lokalrivalen DFC werden souverän gewonnen.

1906 bereist Celtic erneut den Kontinent. Dabei trifft man erstmals auf deutsche Teams. In Leipzig besiegt Celtic den VfB, 1903 erster deutscher Fußballmeister, mit 9:1. Gegen Viktoria Berlin, das 1908 Meister wird, behalten die prominenten Gäste mit 4:1 die Oberhand. Der schottische Fußball ist dem deutschen noch klar überlegen. In Budapest verbucht man einen weiteren Kantersieg. MTK, eine Dekade später der vielleicht beste Klub auf dem Kontinent, wird mit 8:1 vom Platz gefegt. Erst 1907 muss sich Celtic auf dem Kontinent erstmals geschlagen geben, als man in Kopenhagen einer Stadtauswahl mit 1:2 unterliegt. Es ist bereits Celtics zehnter Auftritt auf dem Kontinent.

Bei den Unterhauswahlen 1906 gewinnt die Liberal Party in Glasgow die Mehrheit. Die Liberal Unionists (die sich von der Liberal Party wegen der Home-Rule-Frage abgespalten haben und mit der Conservative Party in England kooperieren) holen zwei Sitze. Labour gewinnt erstmals einen Wahlkreis in Glasgow – dank der Unterstützung durch die irischstämmigen Wähler. Bis 1914 dominiert in Glasgow die Liberal Party. Glasgows irischstämmige Katholiken unterstützen sie noch mehrheitlich als Home-Rule-Befürworter. Anschließend gilt die erste Präferenz der irischstämmigen Wähler der Labour Party.

Ausschreitungen und kein Sieger

Um Celtics Vorherrschaft zu brechen, verpflichtet Rangers drei Katholiken. Zwei der Spieler bleiben aber nur eine Spielzeit im Klub. Lediglich Punch Kyle bleibt länger, von 1904 bis 1908. Celtic dominiert auch weiterhin, wird sechsmal in Folge – 1904/05 bis 1909/10 – Meister. Aber bereits 1908 beginnt die große Mannschaft auseinanderzubrechen. Der Protestant Alex Bennett geht zu den Rangers – nach 124 Spielen und 47 Toren. Im Ibrox wird er maßgeblich dazu beitragen, dass die Rangers Celtic überflügeln. Bis 1918 bleibt Bennett bei den Rangers und schießt in 188 Spielen 51 Tore für den Klub. Im Tausch mit ihm wechselt Willie Kivlichan zu Celtic. Kivlichan war einer der drei Katholiken im Rangers-Team. Er wird später Polizeiarzt und fungiert zeitweise als Celtics Klubarzt.

In der Saison 1908/09 trennen sich Celtic und Rangers im Pokalfinale vor 70.000 Zuschauern 2:2. So muss eine Neuauflage her. Unter den Fans beider Klubs verbreitet sich das Gerücht, das Spiel sei manipuliert worden. Beide Klubführungen hätten ein zweites Spiel gewollt, um ein weiteres Mal große Kasse zu machen. Vor 60.000 Zuschauern endet auch die Neuauflage unentschieden (1:1 – Jimmy Quinn erzielt alle drei Celtic-Treffer in diesen Partien). Die Zuschauer gehen davon aus, dass es nun eine Verlängerung gibt. Als sie jedoch hören, dass es auch noch eine dritte Partie geben soll, stürmen Celtic- und Rangers-Fans den Rasen. Die Tore werden umgeworfen und Kassenhäuschen in Brand gesetzt. Polizei und Feuerwehr werden angegriffen und am Ende über 100 Verletzte gezählt. Der Spielbeobachter der „Glasgower Evening Times“ schreibt anschließend: „Ich würde die Polizei bei Fußballspielen durch bewaffnete Soldaten ersetzen.“ Celtic und Rangers bitten nun den schottischen Verband darum, auf ein weiteres Spiel zu verzichten. Die SFA willigt ein, und so gibt es in der Saison 1908/09 in Schottland keinen Pokalsieger.

„Protestants only“ wird Meister

In der Saison 1910/11 gelingt Rangers schließlich die Wachablösung – mit einem rein protestantischen Team, wodurch diejenigen Stimmen gestärkt werden, die keine Katholiken dabeihaben möchten oder ein Werben um katholische Akteure für überflüssig halten. Schließlich ist man Teil der Mehrheitsgesellschaft und kann sich deshalb eine andere Rekrutierungspolitik als Celtic leisten. Außerdem zieht es die talentiertesten katholischen Spieler ohnehin zum Lokalrivalen.

Auch die politische Entwicklung füttert Rangers’ Sektierertum. 1910 gewinnt John Redmonds Irish Parliamentary Party (IPP) bei den Wahlen zum britischen Unterhaus in Irland 84 Sitze und spielt nun bei der Regierungsbildung das Zünglein an der Waage. Ohne die Unterstützung durch die IPP können die Liberalen nicht regieren. Und der Preis für eine Unterstützung durch die IPP heißt Home Rule. Im Norden der irischen Insel formiert sich unter der Führung von Edward Carson und James Craig eine Anti-Home-Rule-Bewegung, die von protestantischen Industriellen gesponsert wird und auch das politische Klima in Glasgow mitprägt.

Im Mai 1911 begibt sich Celtic zu einer ausgiebigen Tournee auf den Kontinent. In 15 Tagen läuft man neunmal auf. Die Spielorte sind Prag, Dresden, Budapest, Wien, Basel und Paris. Beim Dresdner SC siegt Celtic mit 6:1, beim FC Basel mit 5:1 und Red Star Paris wird sogar mit 9:1 geschlagen. Am Tag der Rückreise lautet die stolze Bilanz sieben Siege und zwei Remis, die der DFC Prag und Ferencváros Budapest den Schotten abtrotzen konnten.

Patsy Gallacher, Celtics Garrincha

Auch in der Saison 1911/12 heißt der Meister Rangers. In dieser Spielzeit beginnt Willie Maley bei Celtic mit dem Aufbau seines zweiten großen Teams. Dessen Schlüsselfigur ist Patrick „Patsy“ Gallacher, der in einem Arbeitshaus von Milltown in der irischen Grafschaft Donegal zur Welt gekommen ist. Als Gallacher drei Jahre alt ist, flüchtet die Familie vor der Armut aus der Heimat nach Clydebank bei Glasgow. Sein erstes Fußballteam ist die Schulmannschaft der Holy Redeemer Primary School, die er selber gründet und formt. Gallacher fungiert zugleich als Kapitän und Sekretär, da die Lehrerschaft an der Schule nur aus Frauen besteht, die für Fußball nichts übrig haben.

1911 nimmt Celtic den 20-Jährigen unter seine Fittiche. Gallacher ist schmächtig, aber technisch stark und enorm beweglich. Dies ermöglicht ihm, den mitunter brutalen Attacken seiner Gegenspieler zu entkommen – ähnlich wie später der Brasilianer Garrincha. Außerdem ist er sehr torgefährlich. Bald tauft man ihn „The Mighty Atom“. Der Rechtsaußen spielt 15 Jahre für Celtic (bis 1926), in denen er in 464 Liga- und Pokalspielen 192-mal trifft. Nur Jimmy McGrory, Bobby Lennox, Henrik Larsson, Stevie Chalmers und Jimmy Quinn sind im Celtic-Dress noch erfolgreicher. Zeitweise ist Gallacher Celtics teuerster Spieler. 13-mal wird er für Irland auflaufen. Mit einer auf Patsy Gallacher zugeschnittenen Mannschaft geht Celtic nun daran, seine Dominanz im schottischen Fußball zurückzugewinnen.

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