Читать книгу Clarissa - Der Auftrag (Band 1) - Doreen Köhler - Страница 8

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Kapitel 4

Ich hatte eine noch grauenvollere Nacht hinter mir, als all die anderen, in denen mich mein Albtraum verfolgt hatte. Am nächsten Morgen hatte ich sogar noch weniger Lust und Energie, um aufzustehen als sonst, und das hieß schon was.

Was sich aber nicht geändert hatte war, dass mich das Weckergepiepse wahnsinnig machte. Genervt schlug ich mit meiner Hand nach der Uhr, um sie auszustellen. Doch anstatt sie zu treffen, warf ich nur ein paar Zeitschriften runter, die sich all die Monate auf meinem Nachttisch angesammelt hatten.

Ich zwang mich aufzustehen, hob die Magazine auf und stellte dann den verdammten Wecker aus.

Danach schleppte ich mich zu meinem Schrank.

Nachdem ich mich ganz in schwarz gekleidet hatte, ging ich ins Badezimmer. Ich wickelte das Handtuch von meiner Hand ab und schmiss es in die Wanne. Meine Hand schmerzte und war voller Kratzer, aber es war mir egal. Die seelischen Schmerzen waren schlimmer.

Müde putzte ich mir die Zähne. Danach nahm ich mir einen feuchten Waschlappen und schrubbte wild in meinem Gesicht herum, bis die verschmierte Wimperntusche von gestern ab war und schminkte mich neu, um die Tränenspuren zu verstecken.

Kurz nach sechs fiel mir ein, dass ich meinen Koffer ja noch gar nicht gepackt hatte. Ohne groß zu überlegen, warf ich einfach den Großteil meines Kleiderschranks und ein paar Pflegeprodukte aus dem Badezimmer, Bücher, meinen Zeichenblock und ein paar Erinnerungsstücke in einen Koffer und meinen großen Rucksack rein. Noch nie war ich so traurig und motivationslos beim Packen gewesen.

Als ich glaubte fertig zu sein, schleppte ich mein Gepäck nach unten und stellte alles an die Haustür. Bevor ich unser Haus verließ, ging ich noch ein letztes Mal durch jedes einzelne Zimmer. Meine Augen füllten sich mit Tränen.

Ich wollte hier nicht weg.

Vielleicht war ich mit meinem alten Leben nicht wirklich zufrieden, aber das, was mich jetzt erwartete, hatte ich mir bestimmt nicht gewünscht.

Während ich von außen den Schlüssel in der Haustür umdrehte, konnte ich die Tränen nicht länger zurückhalten.

Doch egal, wie scheiße ich mich fühlte, mir blieb keine Wahl, ich musste meinen Vater retten.

Auf dem Weg zur Eisdiele kam mir der Gedanke, vielleicht doch die Polizei zu rufen, aber den schlug ich mir schnell wieder aus dem Kopf. Es war einfach zu riskant.

Und wieso hatte man sich ausgerechnet mich als Lockvogel ausgesucht? Wie sollte denn gerade ich, das so was von nicht selbstbewusste Mädchen, Vertrauen zu einem völlig fremden Jungen aufbauen und ihn dazu bringen, sich auch noch in mich zu verlieben? Was war dieser Cody überhaupt für ein Typ? Und was hatte dieser schräge Vampir mit ihm vor?

Es war wahrscheinlich besser, wenn ich sein Schicksal gar nicht erst kannte. Wahrscheinlich war dieser Cody sowieso wie der Rest aus meiner Klasse, gemein und rücksichtslos. Ich wollte ihn gar nicht richtig kennenlernen, ich musste nur so viel von ihm wissen, um meinen Auftrag zu erledigen, damit ich meinen Vater so schnell es ging, befreien konnte.

Je länger ich über diese ganze Geschichte nachdachte, umso merkwürdiger fand ich das alles. Wütend stieß ich mit der Fußspitze gegen einen Stein, der mitten im Weg lag. Er rollte in einen Gully. Als ich wieder aufblickte, stand ich direkt vor der Eisdiele. Es war kurz vor sieben. Meine Hände waren voller Schweiß, weshalb ich sie nervös an meiner Strickjacke abwischte.

Nach einigen endlos langen Minuten hielt ein schwarzer, großer Wagen vor mir.

Meine Hände wurden immer schwitziger und mein Herz pochte so schnell, dass es unmöglich war, meine Herzschläge zu zählen.

Der unheimliche Vampirmann aus dem Film stieg aus. Auch heute war sein Gesicht extrem bleich und er war ganz in schwarz gekleidet, aber statt des seltsamen Umhangs mit Kapuze, trug er einen dunklen Anzug und einen kurzen Mantel im gleichen Farbton. Er strich sich über seine schwarzen, ohnehin perfekt anliegenden Haare, die in der Morgensonne ölig glänzten, während er zu mir kam und die Beifahrertür des Wagens öffnete.

»Darf ich bitten?«, fragte er mit schleimig-freundlicher Stimme und grinste boshaft.

Du machst das für deinen Vater, redete ich mir ein und versuchte mich zu beruhigen. Trotzdem zögerte ich kurz, bevor ich einstieg.

Meinen Koffer und Rucksack verstaute der Fremde währenddessen im Kofferraum.

Die ersten paar Minuten der Fahrt verliefen stumm. Ich hatte dem fremden Mann nichts zu sagen und beobachtete stattdessen seine Füße, die in schwarzen, blankgeputzten Schuhen steckten und abwechselnd das Gas- und Bremspedal und die Kupplung bearbeiteten.

Irgendwann unterbrach er die Stille dann.

»Hast du gar keine Fragen an mich? Zum Beispiel, wer ich bin?«

Ich sah auf und begegnete kurz seinen amüsiert funkelnden grünen Augen, ehe er seinen Blick wieder auf die Straße richtete. Nein, er schien keine Kontaktlinsen zu tragen. Ich hatte keine Ränder entdecken können.

»Schon, aber Sie würden mir doch sowieso keine Antwort darauf geben, oder?«, antwortete ich ihm.

»Da hast du vollkommen recht!« Er lachte. »Kluges Mädchen.«

Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte und verdrehte deshalb nur die Augen. Außerdem kam ich mir ziemlich dumm dabei vor, ihn zu siezen. Allerdings wollte ich ihn auch nicht duzen. Wir waren schließlich keine Freunde.

»Was haben Sie eigentlich mit diesem Cody vor, sobald ich ihn Ihnen ausliefere?« Es fiel mir schwer zu sprechen. Mein Hals war trocken, meine Stimme rau und bei dem Wort ausliefern machte ich in Gedanken Gänsefüßchen.

Wann hatte ich eigentlich das letzte Mal was getrunken?

»Das lass mal meine Sorge sein«, antwortete der Fremde grinsend. »Halt dich an Frau Lamin und an das, was ich dir gesagt habe. Spiel Arrington einfach vor, dass du in ihn verliebt wärst und schaff ihn zu mir. Mehr hat dich nicht zu interessieren. Und damit du mich auf dem Laufenden halten kannst, kriegst du das hier.« Er kramte ein altes Tastenhandy aus seiner Jackentasche und drückte es mir in die Hand. »Da rufe ich dich an, um zu hören wie es läuft.«

Widerwillig nickte ich und schob das Handy in meine Jackentasche. »Und wer ist Frau Lamin?«

»Die Schulleiterin vom Läresson Internat. Wir kennen uns gut und sie wird ein Auge auf dich haben.«

Dadurch hatte er eine der Fragen beantwortet, die ich mir heimlich gestellt hatte. Wie hätte er auch sonst mitten im Schuljahr einen Schulwechsel für mich hingekriegt, wenn nicht eine Direktorin ihre Finger mit im Spiel hatte.

Ich ballte meine Fäuste, am liebsten wäre ich ihm an den Kragen gegangen.

Reiß dich zusammen, Lissa.

Um mich abzulenken, sah ich aus dem Fenster. Wir überquerten unzählige Landstraßen, ehe wir eine Gegend erreichten, die mir bekannt vorkam: Dwergte.

Im Sommer kamen mein Vater und ich hier ab und zu zum Baden an den See, der ganz in der Nähe war. Wir fuhren sogar am See vorbei und dann auf die Hauptstraße. Tausende Erinnerungen schossen mir durch den Kopf. Erinnerungen an eine Zeit, in der ich noch so unbeschwert gelebt hatte.

Nach etwa einer Viertelstunde bog der Kerl von der Hauptstraße ab und wir fuhren eine Zeit lang über eine einsame Landstraße. Als wir dann das Ende der Straße erreicht hatten, hielt er vor einem großen grauen Gebäude an. Davor stand ein Schild mit der Aufschrift: Herzlich Willkommen im Läresson Internat.

Doch anstatt auf dem Parkplatz anzuhalten, fuhren wir weiter in einen Hinterhof. Dort wurden wir von einer Frau erwartet, die ich auf Mitte Vierzig schätzte.

Ohne sich um mich zu kümmern, stieg der Mann aus, holte meinen Koffer und den Rucksack aus dem Auto und trug alles zu der Frau. Nachdem er die Sachen abgestellt hatte, umarmte er sie und gab ihr einen Begrüßungskuss.

Das musste wohl die Schulleiterin sein, aber diese vertraute Begrüßung …

Auch wenn ich absolut kein Bock auf dieses Internat hatte, musste ich zugeben, dass es hier irgendwie gemütlich aussah. Überall im Hinterhof waren kleine Blumenbeete, die schön bunt und gepflegt aussahen. Der Hof wurde durch einen hohen Zaun begrenzt, auf dem sich ganz oben Stacheldraht befand. Dahinter lag ein Wald.

Weil ich mich neugierig umsah, bemerkte ich erst gar nicht, dass ich beobachtet wurde. Als der Mann mich zu sich und der Frau winkte, setzte mein Herz für einen Moment aus. Ich holte noch einmal tief Luft bevor ich ausstieg. Mit wackeligen Beinen, aber hocherhobenem Kopf, stolzierte ich zu ihnen.

Die Frau hielt mir die Hand hin und lächelte freundlich, obwohl es auf mich irgendwie unecht wirkte.

»Hallo Clarissa, willkommen an der Läresson. Mein Name ist Frau Lamin. Ich bin die Direktorin. Ich schätze mal, du hast schon von mir gehört?«

Ich nickte ihr stumm zu. Meine Hände behielt ich bei mir, anstatt sie ihr zu geben. Allerdings war ich höflich genug, ihr ins Gesicht zu blicken und seltsamerweise kam sie mir irgendwie vertraut vor. Ihre braungrünen Augen erinnerten mich an jemanden, ich wusste nur nicht an wen. Doch ihre grauen Locken, die ihr bis auf die Schultern fielen, passten nicht zu ihrem jugendlichen Gesicht.

»Ich werde dir gleich dein Zimmer zeigen, wo du dein Gepäck abstellen kannst und dann kannst du auch schon sofort in den Unterricht.«

Ihre Stimme war nun bedeutend kühler, doch das war mir egal. Passte eh viel besser zu ihr. Außerdem war ich stolz darauf, ihr nicht meine Hand gegeben zu haben. So glaubten die beiden vielleicht, dass ich nicht so hilflos war, wie ich mich fühlte.

»Sehr gesprächig ist die Kleine ja nicht«, wandte sie sich wieder an dem Mann, der nur die Schultern zuckte.

Die Frau atmete einmal tief ein, setzte erneut ihr falsches Lächeln auf und drehte sich wieder zu mir.

»Kommst du Clarissa? Der Unterricht hat schon seit zehn Minuten begonnen.«

Ich kopierte ihr unechtes Lächeln. »Sicher.«

Der Mann ohne Namen gab dieser Lamin wieder einen Kuss auf die Wange.

»Beeil dich, sonst sieht dich noch jemand«, flüsterte sie ihm zu und schob ihn von sich weg.

Ich hatte es trotzdem gehört und fragte mich, was so schlimm daran wäre, wenn jemand mitbekam, dass er sich hier herumtrieb. War er hier etwa schon bekannt, oder sogar auf der Flucht? Wundern würde es mich nicht.

Der Mann stieg ohne sich von mir zu verabschieden, ins Auto und fuhr davon. Frau Lamin öffnete eine Tür und machte eine auffordernde Handbewegung, und ich folgte ihr ins Innere des Gebäudes.

Ich staunte nicht schlecht, als wir die Eingangshalle betraten. Sie war riesig. Der helle Holzboden harmonierte mit der weißen Tapete, an der ein violettes Muster entlangführte. Die Gestaltung ähnelte eher einem Schloss als einer Schule und sah einfach prachtvoll aus. Hätte ich nicht diesen gruseligen Auftrag gehabt, würde ich mich hier vielleicht sogar wohl fühlen, kam es mir in den Sinn.

»Das ist das Forum. Du kannst dich hier in der Pause aufhalten, wenn es mal regnet«, teilte mir Frau Lamin mit.

Rechts und links vom Forum führten zwei große weiße Treppen ins obere Stockwerk.

»Die linke Treppe führt zu den Schlafzimmern der Jungs und die rechte zu denen der Mädchen. Übrigens, der Gang dahinten, zwischen den Treppen, führt zu den Klassenräumen, der Sporthalle und der Cafeteria.« Frau Lamin wandte sich der rechten ziemlich steil wirkenden Treppe zu. »In jedem Stock sind achtzig Zimmer.« Die Schulleiterin setzte ihre Führung fort, während ich mich mit dem schweren Koffer abmühte. Es war eine ganz schöne Herausforderung, den Koffer die lange Treppe hinaufzuschleppen und auch noch den Rucksack auf dem Rücken zu haben, ohne Hilfe, denn Frau Lamin stöckelte vor mir her, ohne mein Stöhnen zu beachten.

»Du hast Zimmer 316 im dritten Stock.«

»Wie viele Stockwerke gibt es denn?«, keuchte ich.

»Drei plus Erdgeschoss.«

»Gibt es keinen Fahrstuhl?« Ich blieb erschöpft stehen, um kurz Pause zu machen.

Frau Lamin setzte erneut ihr falsches Lächeln auf. »Siehst du etwa einen?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Damit ist die Frage dann wohl beantwortet.«

Als wir endlich im dritten Stock angekommen waren, mussten wir durch einen langen Gang, der mit den vielen Türen wie ein Hotelflur aussah. Vor der Zimmernummer 316 holte Frau Lamin aus ihrer Rocktasche einen Schlüssel heraus und schloss die Tür auf.

»Stell dein Gepäck rein und komm dann wieder raus. Sachen einräumen kannst du später noch. Jetzt müssen wir in den Unterricht. Bis zu deinem Klassenraum werde ich dich noch begleiten.«

Gehorsam stellte ich meinen Koffer und Rucksack ins Zimmer und sah mich rasch um. Es war zwar nicht besonders groß, sah aber ganz gemütlich aus. Es war alles da. Ein Bett, ein Schreibtisch, ein Schrank. Durch eine Tür konnte ich sogar ein kleines Badezimmer mit einem Waschbecken und einer Toilette ausmachen.

Trotzdem hätte ich es lieber gegen mein schäbiges Schlafzimmer zu Hause eingetauscht.

»Die Duschen sind am Ende des Flures.«

Die Direktorin hielt mir den Schlüssel hin.

Nachdem ich abgeschlossen hatte, machten wir uns auf den Weg zu meinem Klassenraum.

»Du hast in der ersten Stunde Biologie bei Frau Rehmer. Sie weiß Bescheid, dass wir dich heute erwarten. Ach ja, und komm heute nach der sechsten Stunde ins Lehrerzimmer, damit du deine Schulbücher abholen kannst.«

Wieder sagte ich nichts, was sie glaube ich etwas wütend machte. Aber auch das war mir egal.

»So, da sind wir.« Sie blieb vor einer roten Tür stehen und als sie klopfte, rutschte mir mein Herz fast in die Hose.

»Herein«, ertönte es hinter der Tür.

Mein Körper fing an zu beben und ich schwitzte noch mehr, als gerade beim Kofferschleppen.

Frau Lamin öffnete die Tür und wir betraten das Klassenzimmer.

»Guten Morgen, Frau Lamin«, sangen die Schüler im Chor, während von ihr nur ein knappes und wenig freundliches Guten Morgen zurückkam.

»Ich habe euch jemanden mitgebracht.«

Alle Augen richteten sich auf mich und ich sah schnell zu Boden. Ich erwartete sofort Gelächter oder zumindest Getuschel, schließlich kannte ich es nicht anders, aber nichts dergleichen geschah.

Trotzdem blickte ich auch weiter nicht auf.

»Komm doch bitte zu mir«, hörte ich die Lehrerin sagen und wagte es, sie jetzt doch anzusehen. Sie winkte mich zu sich. Dabei lächelte sie und es wirkte ehrlich. Sie war vielleicht Anfang fünfzig, sah aber trotzdem hübsch und vor allem irgendwie gütig aus. Das Gegenteil von Frau Lamin.

Ihre langen roten Haare fielen ihr locker um die Schultern und sie musterte mich interessiert aus ihren blaugrauen Augen, während ich nervös zu ihr an die Tafel trat.

»Gut, ich verabschiede mich dann mal«, meinte Frau Lamin und verließ den Raum.

»Ich bin Frau Rehmer, deine Biologie- und Erdkundelehrerin«, stellte sich die Rothaarige vor und schüttelte mir sogar die Hand.

»Willst du dich vielleicht auch kurz der Klasse vorstellen?«

Nein, mit Sicherheit nicht!

Ich nickte und richtete meinen Blick tapfer auf die Schüler. Wer von den Jungs war wohl dieser Cody? Falls er überhaupt in meine Klasse ging.

Entschlossen holte ich tief Luft. »Ich heiße Clarissa Sommer und bin siebzehn Jahre alt.« Das war alles, was mir einfiel.

Fünfzehn neugierige Augenpaare musterten mich erwartungsvoll, was meinen Puls ziemlich in die Höhe schießen ließ.

»Schön Clarissa, und wo kommst du her und wieso bist du hier?«, half mir Frau Rehmer.

»Ich komme aus Fahrendsberg und bin hier, weil … äh, weil …« Unsicher starrte ich wieder den Fußboden an und ballte meine rechte Hand zur Faust. »Ich bin hier, weil mein Vater meinte, dass ich meine Noten aufbessern sollte«, log ich schließlich.

»Und was machst du so in deiner Freizeit?«

Das war leicht. »Ich zeichne gern.«

»Eine schöne Sache, aber nur solange du dafür nicht meinen Unterricht nutzt, so wie Cody das immer macht, nicht wahr, Cody?«, sagte sie in einem mahnenden, aber doch freundlichen Ton und sah dabei zu einem Jungen hinüber, der seinen Bleistift gerade in diesem Augenblick über einem Blatt Papier schweben ließ. Sein Tischnachbar, stupste ihn mit seinem Ellenbogen leicht in die Rippen. Als der seinen Blick hob, wirkte er ziemlich desinteressiert.

Währenddessen hoffte ich, dass niemand mitbekam, dass ich knallrot geworden war. Der Typ sah, um es in einem Wort zu beschreiben, göttlich aus. Seine kurzen, fast schwarzen Haare, umschmeichelten sein kantiges Gesicht, und seine wunderschönen dunkeln braunen Augen verursachten sofort ein heftiges Kribbeln in meinem Magen.

»Dann setz dich doch bitte dort hinten hin, Clarissa. Neben Laura.«

Frau Rehmer zeigte auf einen freien Stuhl neben einem etwas korpulenten Mädchen mit roten Locken, das eine große Nerdbrille trug.

So geräuschlos wie möglich, schlängelte ich mich zu dem Platz.

Gleich nachdem ich mich gesetzt hatte, verirrte sich mein Blick wieder zu diesem Cody. Er war ziemlich groß und seinem muskulösen Körperbau nach, musste er viel Sport treiben. Jedenfalls hatte er das typische Aussehen eines Mädchenschwarms, wie man es aus amerikanischen High-School-Filmen kannte. Nur noch heißer.

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich es erst gar nicht schnallte, dass wir Augenkontakt hatten, vielleicht lag es daran, weil er keine Miene verzog.

Mit glühenden Wangen wandte ich mich hastig ab. Zur Ablenkung wollte ich meine Sachen herausholen, nur hatte ich gar keine dabei. Nicht mal eine Tasche. Seufzend wandte ich mich wieder nach vorn. Doch auch den Rest der Stunde, konnte ich nicht verhindern, dass ich den Jungen immer wieder ansehen musste. Und mit jedem weiteren Blick brannte sich immer mehr die bittere Erkenntnis in meinen Kopf, dass ich niemals eine Chance bei ihm haben würde.

Ich verwettete insgeheim sogar meinen Zeichenblock darauf, dass er schon eine Freundin hatte. Oder mehrere?

Clarissa - Der Auftrag (Band 1)

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