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Level 3

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Meine Hand zuckt.

Sie möchte das Rotkehlchen platt hauen.

Aber plötzlich löst sich das Chaos in mir auf und ich ziehe ein Fazit:

Fred ist eliminiert.

Damit habe ich meinen Auftrag erfolgreich erledigt.

Bevor ich diesen Auftrag final abspeichere, sollte ich meine Aufzeichnungen darüber noch mal durchgehen.

Ich finde die Datei sofort und überfliege sie grob:

„Ich freue mich auf morgen.

Fred hat zugesagt, mit mir ins Theater zu gehen.

In letzter Sekunde habe ich noch zwei Karten für „Carmen“ bekommen.

Sehr gute Plätze.

Ganz kurzfristig und gar nicht so teuer.

Fred sagte, er freue sich auf morgen.

Nicht so sehr auf „Carmen“, sondern eigentlich nur auf mich.

Er scheint wenigstens ehrlich zu sein.

Keck bestellte ich mir hochhackige Schuhe, kesse Wäsche und ein kurvenreiches, enges Kleid.

In Rot.

Wir kennen uns noch nicht lange.

Zuerst versuchte er, zu verheimlichen, dass er verheiratet ist.

Es war süß, wie er versuchte, mir vorzumachen, er sei ungebunden und frei. Natürlich nicht für jede, sondern nur für mich.

Seine langweilige Frau interessiert mich nicht.

Ich scheine die perfekte Abwechslung zu sein und sein Wunsch, mich zu treffen, wächst von Tag zu Tag.

Das Schicksal hat uns zueinander geführt und niemand wird uns jemals wieder trennen.

Fred fiel mir damals sofort auf.

Er stand mit seinem glänzenden, grauen Anzug in der Abendsonne und untersuchte den Inhalt des Bücherschrankes, den ich von meinem Fenster aus sehen kann. Ich beobachte oft, wie Menschen Bücher hineinstellen und kurze Zeit später andere Menschen interessiert Bücher begutachten, darin herumblättern und ihre Beute dann schnell einstecken.

Freds türkisfarbene Krawatte flatterte sanft im Wind. Er schien es nicht eilig zu haben und wurde tatsächlich fündig. Er nahm jedoch keines der Bücher mit. Nach sorgfältiger Prüfung stellte er sie wieder, ganz behutsam, mit seinen sanften Händen zurück zwischen all die anderen zerfledderten Werke.

Am übernächsten Abend schlich er wieder um den Bücherschrank.

Er blickte erschrocken auf, als ich ihn ansprach.

Ganz so, als fühle er sich ertappt.

Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was ich sagte.

Doch sein fröhliches Lachen an diesem Abend werde ich nie vergessen.

Ein paar Tage später lauerte ich ihm erneut auf.

Und dann kamen wir irgendwie ins Gespräch, ganz locker und es war, als kannten wir uns bereits seit einer Ewigkeit.

Es ist ja nicht so, dass ich mich langweile und Abenteuer suche.

Ich bin einfach nur neugierig.


Ich fürchte, ich surfe zu viel durch das Internet.

Bin ständig online.

Bin ständig verbunden mit dem Wissen der gesamten Menschheit.

Vor Suchgefahr wird überall gewarnt.

Es gibt unzählige Drogen, die die Menschen süchtig machen.

Es soll Leute geben, die süchtig sind nach Sport, nach Zucker, nach Kaffee, nach Sex oder nach Essen.

Andere wiederum scheinen immun gegen das Verlangen zu sein.

Meist jedoch nur auf den ersten Blick.

Irgendwann dringt sie dann mit aller Macht ans Tageslicht: die Eifersucht, die Kontrollsucht, die Sucht nach Perfektion.

Habe ich gelesen.

An eigenen Erfahrungen bin ich nicht interessiert, denn eigene Erfahrungen bergen Risiken und jede Menge Nebenwirkungen.

Ich bin dumm, wie eine Gummiente.“

Hier breche meine Lektüre ab, rolle mit den Augen, wie ich es von Helena gelernt habe, überspringe den Rest und suche die Stelle, an der Molly mir diese versiffte Dose nach mir geworfen hat. Netter Versuch, mich auszuschalten:

„Ich werfe die Dose zurück und treffe genau.

Molly jault auf und greift sich mit der Hand an die Stirn.

Vielleicht habe ich damit endlich ihre Festplatte defragmentiert.

Ich verschanze mich hinter einem defekten, roten Traktor und setze ihn unter Strom, damit mir die alte Hexe nicht zu nahe kommt.

Molly verlässt den Schuppen und schließt ihn sorgfältig ab. Ich höre, wie sie schluchzend Helena anruft.

Ich zerlege den Schaukelstuhl und packe ihn in den Porsche.

Niemand bemerkt, wie ich ein Loch in die rückseitige Wand des Schuppens brenne und das Auto elegant auf die Straße lenke.

Im Rückspiegel sehe ich einen Lieferwagen.

Mist, ich habe vergessen, meine Bestellung zu stornieren.

Schnell mache ich mich aus dem Staub.“

Alles Schnee von gestern!

Der Eintrag: „Fred eliminiert“, versehen mit dem exakten Datum und der genauen Uhrzeit muss reichen.

Und den Rest meiner Geschichte?

Einfach löschen!

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