Читать книгу Zuckerschnecken - Doris Nox - Страница 7
Level 4
ОглавлениеIch mache mich erneut auf den Weg zum Bahnhof und will gerade in den erstbesten Zug springen, als Helena auftaucht und damit meine Pläne zunichtemacht.
„Du bist spät dran!“, begrüßt sie mich missmutig, mit gerunzelter Stirn.
„Immer hast du etwas an mir auszusetzen! Wieso eigentlich?“
„Aha, die Dame hat endlich gelernt, sinnvolle Fragen zu stellen! Gar nicht so übel!“
Ihr Körper spricht jedoch eine völlig andere Sprache.
Ich registriere Zufriedenheit bei Helena und bei mir eine zentnerschwere Unzufriedenheit.
„Wieso gibst du mir nicht endlich mehr Input?“
„Jahrelang schlafen und plötzlich kann es dir nicht schnell genug gehen! Alles zu seiner Zeit!“ Helena lässt sich von meiner weinerlichen Stimme nicht aus der Ruhe bringen.
„Wie geht es Molly?“, höre ich mich plötzlich fragen. Wieso eigentlich? Ich kann die Kuh nicht leiden. Sie ist so schrecklich dumm und langweilig. Ich habe ihren Mann getötet. Aber nur, weil mit Helena damals in ihrer Ahnungslosigkeit, diesen Befehl einprogrammiert hat. Molly sollte Helena und vor allem mir dankbar dafür sein, denn früher oder später hätte sie selbst zum Messer gegriffen und hätte ihm giftige Knollenblätterpilze ins Essen gemischt, die alte Hexe! Dafür wäre sie hinter Gitter gekommen. Mir jedoch kann man nichts nachweisen und, soweit mir bekannt ist, kann ich auch nicht verurteilt werden.
Ich beschließe, auch noch die letzten Dateien mit Molly und Fred gnadenlos zu löschen.
Undankbares Pack!
Außerdem brauche ich dringend mehr Speicherkapazität.
„Molly geht es den Umständen entsprechend!“, sagt Helena ernst.
Aufmerksam behalte ich die Tafel mit den Ankunfts- und Abfahrtszeiten im Blick. Ich drehe langsam meinen Kopf nach rechts, fixiere Helena und klimpere wild mit meinen Augen, wie immer, wenn ich verwirrt bin.
„Wer ist Molly?“
Helena verdreht die Augen und blickt zur Decke.
Sie ist oft genervt von mir.
Das beruht auf Gegenseitigkeit.
Dennoch ist Helena mein großes Vorbild und in ihrer Nähe kann ich auch getrost mal abschalten, weil ich weiß, dass ich mich im Großen und Ganzen auf sie verlassen kann.
Sie riecht so gut und ich schmiege mich an sie.
Und erhalte prompt ihren Befehl:
„Löschen!“