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3 Phase I: Nicht-Wahrhaben-Wollen
Оглавлениеdu schreist:
bleib weg von hier
ich zittere
will bleiben
will weggehen
hast du keine angst
ich könnte mich zu tode stürzen
in die leere des freiraums
Anja S., 45 Jahre alt, entschied sich zu einer Therapie, weil sie unter starken Depressionen, Appetitverlust und Schlafstörungen litt. Sie hatte schon zweimal versucht, sich das Leben zu nehmen. Jetzt wusste sie nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Sie nahm täglich 20 Beruhigungstabletten und konnte ohne Schlaftabletten nicht zur Ruhe kommen. Frau A. war 29 Jahre verheiratet gewesen und hatte zwei erwachsene Kinder. Sie schilderte, dass sie und ihr Mann seit zehn Jahren nur noch nebeneinander her gelebt hätten. An ihr alleine hätte die Erziehung der Kinder und der Haushalt gehangen. Ihr Mann und sie hätten keinerlei Sex mehr gehabt. Ihr Mann sei auch nie mit ihr ausgegangen. Vor einem Jahr sei ihr Mann schließlich aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Er schaue ab und zu noch bei ihr und den Kindern vorbei, gehe und komme aber, wann er wolle. Sie verhalte sich dann so, als ob alles in Ordnung sei. Sie mache ihm keine Vorwürfe, weil er sonst überhaupt nicht mehr kommen würde. Jederzeit wäre sie bereit, wieder mit ihm zusammenzuleben. Sie habe in der Wohnung alles so belassen, dass er sofort wieder einziehen könne. Aber jetzt könne sie diesen Zustand des Wartens nicht mehr ertragen. Sie sei mit ihren Nerven am Ende.
Anja S. befand sich in der Phase I, als sie zu mir kam. Sie lebte seit einem Jahr in der Hoffnung auf eine Versöhnung.
Wenn Sie mehrere der folgenden Fragen mit „ja“ beantworten können, dann befinden Sie sich ebenfalls in der Phase I der Trennungserfahrung. Jeder, der heiratet oder sich zu einer festen Lebensgemeinschaft entschließt, tut das in dem Gedanken „bis an das Lebensende“. Scheidung oder Trennung werden als Ereignisse angesehen, die nur anderen passieren: „Mir und meinem Partner passiert das nicht!“
Warten Sie den ganzen Tag darauf, dass Sie Ihr Partner anruft? | ja/nein |
Beschäftigen Sie sich täglich damit, an die schönen gemeinsamen Erlebnisse in der Vergangenheit zu denken? | ja/nein |
Suchen Sie nach Entschuldigungen, um Ihren Partner anrufen oder treffen zu können? | ja/nein |
Glauben Sie häufig, Ihren Partner oder sein Auto zu sehen, oder seine Stimme zu hören – und hinterher stellt es sich als Irrtum heraus? | ja/nein |
Schreiben Sie Ihm, um Ihre Liebe zu ihm zu beweisen? | ja/nein |
Bemühen Sie sich darum, besonders attraktiv auszusehen, um ihn umzustimmen? | ja/nein |
Haben Sie die Lieblingsgetränke und Gerichte zuhause, falls er zurückkommt? | ja/nein |
Lassen Sie die Wohnung unverändert, falls er zurückkehrt? | ja/nein |
Warten Sie auf Post von Ihrem Partner? | ja/nein |
Versuchen Sie, Ihren Partner zu verführen, um ihn zurückzugewinnen? | ja/nein |
Sagen Sie sich immer wieder: „Das darf nicht wahr sein. Er wird wiederkommen.“? | ja/nein |
Bitten Sie den Partner, es nochmals zu versuchen? | ja/nein |
Verschweigen Sie anderen gegenüber die Trennung? | ja/nein |
Machen Sie den Partner eifersüchtig, um ihn zurückzugewinnen? | ja/nein |
Versuchen Sie den Partner durch Schuldgefühle zur Rückkehr zu bewegen? | ja/nein |
Entscheidet sich unser Partner zur Trennung, sind wir wie vor den Kopf gestoßen. Wir wollen es nicht glauben und wahrhaben. Unser ganzes Märchenschloss bricht zusammen. Vielleicht haben wir gemerkt, dass es in den letzten Monaten oder Jahren nicht mehr so gut geklappt hat, aber an Trennung haben wir nicht gedacht. Vielleicht hat unser Partner öfter mal angedeutet: „Dann trennen wir uns eben.“, aber wir haben es nicht ernst genommen.
Jetzt ist es passiert und wir kämpfen gegen diese Tatsache an. „Das darf einfach nicht wahr sein!“ „Ich möchte noch eine Chance.“ „Ich will alles anders machen.“ „Bestimmt kommt er wieder zurück.“, sind Gedanken, die uns bewegen. Wir wünschen uns, alles sei nur ein böser Traum, aus dem wir nur zu erwachen brauchen, und dann finden wir alles beim Alten vor. In dieser Geschwindigkeit können wir nicht all unsere Erinnerungen und Zukunftspläne, die den Partner miteinbeziehen, fallenlassen und vergessen.
In dieser Geschwindigkeit können wir uns weder einen Ersatz für das suchen, was der Partner uns gegeben hat, noch selbständig ohne Partner werden. Wir fühlen uns, als ob wir plötzlich in eine Grube fallen, und wünschen, unser Partner solle uns die Hand reichen und wieder herausziehen. Wir fühlen uns wie gelähmt, können nicht mehr klar denken, so als ob wir schon gestorben seien. Manche von uns brechen bei der Nachricht der Trennung in einen Weinkrampf aus, andere gehen zur Tagesordnung über, als ob nichts geschehen wäre. Sie laufen wie in einem dichten Nebel umher.
Die einzige Rettung, die wir haben, um diese „Katastrophe“ ertragen zu können, ist, sie zunächst zu verneinen.
Verleugnung ist eine normale menschliche Reaktion auf eine Krise, die plötzlich kommt und zu überwältigend ist, um sich ihr zu stellen. Verleugnung schafft Zeit, um Kräfte zu sammeln. Während dieser Zeit ziehen wir uns in die Phantasien zurück, in denen der Verlust noch nicht eingetreten ist oder wieder ersetzt ist.
„Er wird sich nicht von mir trennen. Wenn ich nur ein bisschen warte, wird alles wieder gut werden und mein Partner zurückkommen.“, sind Gedanken, die uns durch den Kopf gehen. Solange wir auf eine Versöhnung hoffen, verspüren wir keine Trauer und weniger Wut. Ja, wir dürfen keine Wut zulassen, denn Wut würde unseren Partner noch weiter von uns wegtreiben. Solange wir hoffen, brauchen wir nicht von unseren Wünschen Abschied nehmen und uns keine neue Lebensperspektive aufbauen. Wir können in unserem Zustand verharren.
Wir bitten unseren Partner, es doch noch einmal zu probieren. Wir beteuern unsere Liebe zu ihm, und dass wir dachten, eine gute Partnerschaft zu haben. Wir betteln um Bedenkzeit. Unser Partner begründet seine Trennung damit, dass er es nicht mehr aushält in der Partnerschaft. Er würde uns zwar noch mögen, aber nicht mehr lieben. Er hat den Wunsch, nur noch eine gute Freundschaft mit uns zu haben. Er bittet um Zeit, sich über sich selbst klarzuwerden. Er fühlt sich schuldig an unserem Schmerz. Wir wollen an der Partnerschaft arbeiten, der Partner an sich und seiner eigenen Entwicklung.
Bisweilen sind wir im Innern ärgerlich auf unseren Partner, drücken den Ärger jedoch nicht aus, aus Furcht, ihn zu verlieren. Wir sind besonders freundlich zu unserem Partner.
Wir quälen uns in dieser Phase mit der Frage: „Warum nur?“ Wir haben nicht gemerkt, dass unser Partner sich im Stillen schon lange schrittweise aus der Partnerschaft zurückgezogen hat. Wir haben den Ernst der Situation nicht erkannt. Jetzt fühlen wir uns als Versager und seelisch vernichtet. Wir möchten niemandem von der Trennung erzählen aus Scham und aus Furcht vor der Reaktion der Freunde.
Wenn Sie sich in dieser Phase befinden, dann ist der erste Schritt zur Heilung, die Trennung als gegeben anzunehmen. Erst dann können Sie die Gründe für das Scheitern der Partnerschaft analysieren. Erst dann können Sie Schmerz und Wut erleben, die zur Verarbeitung einer Trennung dazugehören. Erst dann können Sie wieder genesen.
Ich weiß, dass es schmerzhaft ist, zuzugeben, dass die Partnerschaft zu Ende ist. Aber dieser Schmerz ist notwendig, um diese Krise als Chance für Ihr inneres Wachstum anzusehen. Trennung und Tod sind die Ereignisse im Leben eines Menschen, bei denen er am meisten seelischen Schmerz verspürt.
Nehmen Sie den Schmerz an, anstatt ihn zu verleugnen. Sie können ihn als Anlass nehmen, um in Zukunft unglücklich und hasserfüllt zu leben. Sie können ihn aber auch als Chance sehen, um mehr über sich zu erfahren und innerlich stärker zu werden.