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Alleinsein muss nicht Einsamkeit bedeuten

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Bevor ich auf die Ursachen der Einsamkeit eingehe, möchte ich auf den Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit zu sprechen kommen. Viele einsame Menschen glauben, dass man sich in dem Augenblick, in dem man alleine ist, auch einsam fühlen muss. Sie sehen das Alleinsein als die Ursache der Einsamkeit an. Und sie sehen die Anwesenheit eines anderen als Heilmittel gegen die Einsamkeit an. Dieser Ansicht kann ich mich nicht anschließen. Ich halte die Trennung der beiden Begriffe Alleinsein und Einsamkeit für sehr wichtig.

Der Zustand des Alleinsein heißt nichts anderes, als dass in diesem Augenblick kein anderer Mensch anwesend ist. Dieser Zustand kann als befreiend und stärkend oder als lähmend angesehen werden. Alleinsein kann eine Chance sein, sich selbst besser kennenzulernen und seine eigenen Kräfte zu erfahren. Das Alleinsein kann es uns ermöglichen, uns absolut nach unseren eigenen Bedürfnissen zu entfalten. Perioden des Alleinseins können die fruchtbarsten unseres Leben sein, wenn wir sie einfach annehmen, um uns selbst zu erfahren. Alleinsein kann als Chance und als Strafe erlebt werden.

Von Einsamkeit sprechen wir dann, wenn wir das Alleinsein oder Zusammensein mit anderen als Ausgeschlossensein und Verlassensein erleben. Einsam sein bedeutet, sich seelisch von sich und anderen Menschen getrennt zu fühlen.

Einsamkeitsgefühle können vorübergehend auftretenoder Dauergast sein. Sie können auftreten,

•obwohl Sie verheiratet sind,

•obwohl Sie einen Beruf haben,

•obwohl Sievon anderen gemocht werden,

•obwohl Sie noch jung sind,

•obwohl Sie Freunde haben,

•obwohl Sie attraktiv sind,

•obwohl Sie erfolgreich sind,

•obwohl Sie Kinder haben,

•obwohl Sie in der Stadt leben,

•obwohl Sie auf dem Land leben,

•obwohl Sie in einem Verein sind.

Sie können auftreten, wenn Sie pensioniert werden,

•wenn Ihr Partner sich von Ihnen trennt,

•wenn die Kinder in die Schule oder aus der Schule kommen,

•wenn die Kinder ausziehen,

•wenn Sie die Stelle verlieren,

•wenn Sie krank sind,

•wenn Sie in einer geselligen Runde zusammensitzen,

•an Festtagen, an Wochenenden,

•wenn der Partner stirbt,

•auf Partys, im Theater, Kino etc.

•im Urlaub, auf dem Bahnhof,

•nachts.

Ich könnte die Aufzählung noch beliebig fortsetzen, aber ich erspare uns das. Sie könnten geradezu den Eindruck bekommen, gegen den Einsamkeitsbazillus sei man nirgendwo gefeit und dafür gebe es kein Heilmittel. Sie haben Recht. Ein dauerhaftes Heilmittel gibt es nicht – aber es gibt Möglichkeiten, unsere Abwehr zu stärken und besser damit umzugehen, wenn die Einsamkeitsgefühle auftauchen.

Es gibt zwei denkbare Erklärungsansätze für Einsamkeit:

1.Einsamkeit entsteht aufgrund äußerer Umstände und Situationen.

2.Einsamkeit entsteht aufgrund bestimmter persönlicher Einstellungen.

Aus den einzelnen Beschreibungen meiner Klienten erkennen Sie, dass Einsamkeit weitgehend unabhängig ist von Alter, Geschlecht und Stand, also davon ledig, verheiratet, geschieden zu sein. Einige Menschen leben nur stundenweise von ihrem Partner getrennt und fühlen sich einsam. Andere leben Monate oder Jahre getrennt und verlieren ihre Sicherheit nicht. Es gibt keine Regel, nach der wir sicher sagen können: „Du und du, ihr werdet euch in dieser Situation einsam fühlen.“ Die erste Erklärung, dass wir uns in bestimmten Situationen einfach einsam fühlen müssen, trifft also nicht zu. Die äußeren Umstände können die Einsamkeit mit beeinflussen, aber nicht verursachen.

Die Fähigkeit, Einsamkeit zu empfinden, besitzt jeder Mensch. Es gibt kaum einen Menschen, der sich nicht schon einmal in seinem Leben einsam gefühlt hat. Generell lassen sich drei Phasen der Einsamkeit unterscheiden:

Einsamkeit überwinden

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