Читать книгу Big Ideas. Das Wissenschafts-Buch - Douglas Palmer - Страница 47
ОглавлениеDIE NATUR SCHREITET NICHT IN SPRÜNGEN VORAN
CARL VON LINNÉ (1707–1778)
IM KONTEXT
GEBIET
Biologie
FRÜHER
um 320 v. Chr. Aristoteles ordnet ähnliche Organismen nach zunehmender Komplexität in eine Rangfolge.
1686 In seiner Historia Plantarum definiert John Ray die biologische Art.
SPÄTER
1817 Georges Cuvier erweitert die Linné’sche Hierarchie auch auf Fossilien.
1859 Charles Darwin erklärt in seiner Evolutionstheorie, wie Arten entstehen und miteinander verwandt sind.
1866 Der deutsche Biologe Ernst Haeckel begründet die Abstammungslehre, die sogenannte Phylogenese.
1950 Willi Hennig gründet eine neue Klassifikation auf die Kladistik, die nach evolutionären Verbindungen sucht.
Die hierarchische Klassifizierung der Lebewesen in Gruppen von wohlbeschriebenen Organismen war ein Grundstein für die Biologie. Sie erleichterte die Übersicht über die Vielfalt des Lebens und erlaubte es, Millionen einzelner Organismen zu vergleichen und zu identifizieren. Die moderne Taxonomie – die Identifikation, Benennung und Einordnung von Lebewesen – wurde von dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné begründet. Als Erster entwarf er eine Systematik auf Basis seiner detaillierten Untersuchungen der Merkmale von Pflanzen und Tieren. Er führte auch ein Verfahren zur Benennung verschiedener Organismen ein, das noch heute in Gebrauch ist.
Die einflussreichste frühe Klassifizierung stammte von dem griechischen Philosophen Aristoteles. In seiner Geschichte der Tiere fasste er ähnliche Tiere in Gruppen zusammen und erstellte mit seiner scala naturae (»Leiter des Lebens«) eine elfgliedrige Rangordnung nach zunehmender Komplexität, mit den Pflanzen am unteren und dem Menschen am oberen Ende.
In den folgenden Jahrhunderten entstand eine chaotische Vielfalt an Namen und Beschreibungen der Pflanzen und Tiere. Im 17. Jahrhundert bemühten sich die Forscher um ein stimmigeres, einheitlicheres System. 1686 führte der englische Botaniker John Ray das Konzept der biologischen Art ein. Das Hauptkriterium war die Fähigkeit, sich miteinander fortzupflanzen, und das ist noch heute die üblichste Definition. 1735 brachte Linné seine Klassifikation in einem zwölfseitigen Heft heraus, doch bis zur 12. Auflage von 1778 war sie zu einem mehrbändigen Werk herangewachsen, in dem Linné das Konzept der Art zu einer Hierarchie von Gruppen mit gemeinsamen körperlichen Merkmalen ausbaute. Ganz oben standen drei Reiche: Tiere, Pflanzen und Mineralien. Sie teilten sich in Stämme, Klassen, Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten. Und Linné vereinheitlichte die Benennung der Arten durch einen zweiteiligen lateinischen Namen: Die beiden Teile bezeichnen Gattung und Art, wie z. B. bei Homo sapiens. Damit war Linné der Erste, der den Menschen ins Tierreich einordnete.
Linné ordnet Organismen nach gemeinsamen Merkmalen. Ein Tiger gehört zur Familie der Felidae (Katzen) und diese zur Ordnung der Carnivora (Raubtiere) in der Klasse der Mammalia ( Säugetiere).
Gottgegebene Ordnung
Für Linné zeigte die Klassifizierung, dass »die Natur nicht in Sprüngen voranschreitet«, sondern einer gottgegebenen Ordnung folgt. Seine »natürliche Hierarchie«, nach der jede Art einer Gattung oder Familie durch Abstammung und Divergenz mit einem gemeinsamen Vorfahren verbunden war, ebnete Charles Darwin den Weg, der die evolutionäre Bedeutung des Schemas erkannte. Ein Jahrhundert nach Darwin entwickelte der deutsche Biologe Willi Hennig einen neuen Ansatz zur Klassifikation, die sogenannte Kladistik (griech.: klados, »Ast«), die die evolutionäre Verbindung von Organismen zeigt. Lebewesen werden darin anhand eines oder mehrerer gemeinsamer Merkmale, die sie von ihrem letzten gemeinsamen Vorfahren ererbten und die bei entfernteren Vorfahren fehlen, auf »Kladen« (Äste) verteilt. Die Ausarbeitung der Kladistik dauert noch an.
Carl von Linné
Carl von Linné (bis 1757 Carl Linnæus) wurde 1707 in der südschwedischen Provinz geboren. Er studierte Medizin und Botanik in Lund und Uppsala und promovierte 1735 in den Niederlanden im Fach Medizin. Im selben Jahr brachte er ein zwölfseitiges Heft mit dem Titel Systema Naturae heraus, in dem er ein System zur Klassifikation der Lebewesen skizzierte. Nach weiteren Reisen durch Europa ließ sich Linné 1738 in Schweden als Arzt nieder, bis er 1741 in Uppsala eine Professur für Medizin und Botanik erhielt. Seine Studenten, darunter Daniel Solander, durchstreiften die Welt und sammelten Pflanzen. Mit dieser gewaltigen Sammlung erweiterte Linné seine Systema Naturae zu einem mehr als 1000 Seiten umfassenden, zwölfbändigen Werk, in dem er über 6000 Pflanzen- und 4000 Tierarten beschrieb. Als er 1778 starb, war er einer der gefeiertsten Forscher Europas.
Hauptwerke
1753 Species Plantarum
1778 Systema Naturae, 12. Auflage