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1.2.2 Das staatliche Produktionskonto
ОглавлениеStaatliche Dienstleistungen als öffentliche Güter
Der staatliche Sektor zählt zu den inländischen Sektoren (vgl. Abschnitt 1.1.6). Bereits dem Produktionskonto eines Unternehmens (vgl. Abschnitt 1.2.1) ist zu entnehmen, dass Vorleistungen und Investitionsgüter auch an den Staat verkauft werden, wie z. B. der Strom für die Beleuchtung in Bürogebäuden oder der Bau dieser Bürogebäude selbst. Aufgrund des Begriffsinhaltes dieser Güter (vgl. Abschnitt 1.1.4) muss dann jedoch zwangsläufig die Frage auftauchen, was der Staat mit diesen Gütern produziert. Einigkeit besteht noch darüber, dass die staatliche Produktion in erster Linie eine Produktion von Dienstleistungen ist, wie z. B. die Ausbildung durch staatliche Lehrer, die Bereitstellung eines Transportweges (z. B. einer Autobahn), die Rechtsprechung durch einen staatlichen Richter, die innere und äußere Sicherheitsleistung durch die Polizei bzw. das Militär. Die weitergehende Frage allerdings, ob es sich bei diesen Dienstleistungen dem volkswirtschaftlichen Güterbegriff entsprechend um Vorleistungen oder um Konsumgüter handelt – Investitionsgüter (einschließlich Lagerinvestitionen) sind ausgeschlossen, da Dienstleistungen immer kurzlebig sind –, können wir meist nicht mehr entscheiden. Bei der Nutzung dieser Güter kann meist nicht zwischen einer nicht produktionsbedingten Nutzung durch private Haushalte (= Konsumgüter) oder einer produktionsbedingten Nutzung durch Unternehmen (= Vorleistungen) unterschieden werden. Es soll auch meist bewusst nicht unterschieden werden, denn diese Güter sollen als öffentliche Güter (vgl. Abschnitt 1.1.6) allen Gesellschaftsmitgliedern zur Verfügung gestellt werden, d. h., es soll kein Ausschlussprinzip gelten.
Staatliche Dienstleistungsproduktion als Staatskonsum
Wir stehen also vor dem Problem, dass eine vorhandene Güterproduktion sich nicht in das gängige volkswirtschaftliche Begriffsschema der Güter einordnen lässt. Man hat dieses Problem durch Übereinkunft (Konvention) (vgl. Abschnitt 1.1.3) dadurch gelöst, dass man die staatliche Produktion zum Eigenverbrauch des Staates, also aller Bürger, erklärt hat und ihn als Staatskonsum bezeichnet. Da auch meist keine Bewertung mit Marktpreisen (wegen des fehlenden Ausschlussprinzips) erfolgen soll oder kann, ist meist nur eine Bewertung mit Herstellungskosten möglich. Nur z. B. bei staatlichen Genehmigungen oder Entsorgungsleistungen mit entsprechenden Gebühren oder Beiträgen gilt das Ausschlussprinzip. Sie allein sind einer Marktproduktion mit Marktpreisen vergleichbar und können bzw. müssen dann als Vorleistungen oder private Konsumgüter zugeordnet werden. Produktions- und Importabgaben bzw. Subventionen fallen allerdings nicht an. Bis auf diese wenigen Ausnahmefälle kann sonst im staatlichen Sektor wegen des fehlenden Umsatzes auch kein Betriebsüberschuss bzw. -defizit auftreten. Daraus wiederum folgt, dass die staatliche Produktion auch nicht mit dem üblichen betriebswirtschaftlichen Maßstab der Wirtschaftlichkeit bewertet werden kann. Anders ausgedrückt: Das Gehalt des öffentlich Bediensteten (z. B. des Beamten als Eigentümer von Arbeitskraft im Rahmen des staatlichen Produktionsprozesses) ist mit seiner Produktion identisch, weil es Teil der Herstellungskosten dieser Produktion ist, unabhängig davon, ob der betreffende Beamte tatsächlich etwas „leistet“ oder im Dienst z. B. nur die Zeitung liest.
Das staatliche Produktionskonto hat demnach im Gegensatz zum Produktionskonto eines privaten Unternehmens folgendes Aussehen:
Die Positionen 1. – 3. auf der Ertragsseite sind die Einzigen, die – wie beim Produktionskonto eines Unternehmens – zu Herstellungspreisen, nämlich mit Gebühren und Beiträgen, bewertet werden. Sie sind dafür verantwortlich, dass es auch im staatlichen Sektor zu einem Betriebsüberschuss bzw. -defizit kommen kann. Sie sind jedoch im Vergleich zur 4. Ertragsposition von geringer Bedeutung. Die 4. Ertragsposition umfasst den Großteil der staatlichen Dienstleistungsproduktion, betrifft die öffentlichen Güter, kann – wegen des fehlenden Ausschlussprinzips – nur zu Herstellungskosten bewertet werden und macht den Staatskonsum aus.
Situationsbezogene Antwort 2
Die Installation einer Pelletheizung in einer Schule der Stadt München durch Installationsmeister Röhrl führt zu einer staatlichen Investition, gleichzeitig aber auch bereits zu einer anteilmäßigen Abschreibung dieser Heizung in dem betreffenden Jahr. Nur diese Abschreibung erscheint auf dem staatlichen Produktionskonto. Die Investition selbst ist eine Sachvermögensbildung und wird eigenständig auf dem Vermögensänderungskonto gebucht, das wir noch behandeln werden.
Investitionsgüter als langlebige Sachgüter müssen wieder der Produktion dienen, woraus sich bei einer staatlichen Investition die Frage stellt, was mit ihr produziert wird. Handelt es sich um eine Heizung in einer Schule, so wird mit der Heizung offensichtlich die Dienstleistung Ausbildung produziert. Wird diese Dienstleistung ohne Ausschlussprinzip, d. h., ohne Preiszahlung (z. B. in Gestalt eines Schulgeldes) abgegeben, so handelt es sich um die staatliche Produktion eines öffentlichen Gutes, die als Eigenverbrauch des Staates bzw. als Staatskonsum bezeichnet wird. Auch Installationsmeister Röhrl könnte Nutznießer bzw. Abnehmer dieses Staatskonsums sein, wenn z. B. seine Kinder die betreffende Schule besuchen. Wird dagegen für den Schulbesuch eine Gebühr (z. B. in Gestalt des schon genannten Schulgeldes) erhoben, so würde es sich bei den Kindern von Installationsmeister Röhrl um Konsumenten eines privaten Haushalts handeln, da Installationsmeister Röhrl das Schulgeld sicherlich nicht in seiner Betriebsbuchführung auf der Kostenseite absetzen kann. Könnte ein Schulgeld dagegen in einer Betriebsbuchführung abgesetzt werden, so wäre damit die Produktionsnutzung gegeben und es hätte die staatliche Produktion einer Vorleistung vorgelegen.
Situationsbezogene Frage 3
Wie hat Installationsmeister Röhrl mit der Ausdehnung seiner Produktion zur volkswirtschaftlichen Produktionsleistung beigetragen?