Читать книгу Das Perpetuum mobile - Dr. Frida Ichak - Страница 4

1. Einleitung.

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Inhaltsverzeichnis

Was helfen Fakeln Licht oder Briln,

So die Leut nicht sehen wollen.

(Aus H. Khunrath: Amphiteatrum

sapientiae aeternae. Hanau 1609.)

Die Geschichte des Perpetuum mobile gehört zum seltsamsten Kapitel aus der Romantik der Wissenschaft. Einem tiefen Bedürfnis des menschlichen Geistes entsprungen, hat diese Idee jahrhundertelang die Köpfe beschäftigt. Wir sehen eine schier unendliche Kette der verschiedenartigsten Versuche vor uns, die eins gemeinsam haben: das negative Resultat. Aber die Menschheit läßt sich durch die unzähligen Mißerfolge von der Unmöglichkeit des Unternehmens nicht überzeugen: hier ist der Wunsch mächtiger als die Vernunft.

Die Rolle, die das Perpetuum mobile in der Geschichte gespielt hat, ist zu den verschiedenen Zeiten verschieden. Die Idee des Perpetuum mobile, die als Problem nur den Denkenden zugänglich war, hat zunächst lediglich die Gelehrtenwelt interessiert. Dann kommt eine Zeit, da die Frage aus dem Rahmen einer Fachangelegenheit heraustritt und breite Schichten zu interessieren anfängt. Die Folge ist, daß das Perpetuum mobile, durch die angeblichen Erfolge dieses oder jenes »Erfinders« und die Anpreisungen von Charlatanen populär gemacht, zur Sensation wird. Da tritt zu Ende des 18. Jahrhunderts eine Wendung ein: im Jahre 1775 fühlt sich die Pariser Akademie der Wissenschaften gezwungen zu erklären, sie nehme ein für allemal kein Projekt eines Perpetuum mobile zur Prüfung mehr an, ganz gleich, was für Prinzipien diesem Projekt zugrunde liegen mögen. Aus dieser Erklärung allein geht schon hervor, wie überhäuft die oberste Instanz aller wissenschaftlichen Fragen in Frankreich zu jener Zeit mit Perpetuum-mobile-Erfindungen war. Durch diese Erklärung gerät die Idee arg in Mißkredit. In der bekannten »Geschichte der Mathematischen Wissenschaften« von Montucla, die nach dem Tode des Verfassers von Lalande weitergeführt wurde, lesen wir in der Ausgabe von 1802 die Bemerkung: »Es ist eher ein Schimpf als ein Lob, von jemandem zu behaupten, er suche das Perpetuum mobile«. Aber die Perpetuum-mobile-Sucher müssen auch damals noch zahlreich gewesen sein. Arago, der große Astronom und Mathematiker, macht sogar die Beobachtung, daß »die Perpetuum-mobile-Projekte besonders zahlreich im Frühling sind«.

Das 19. Jahrhundert liefert durch das Gesetz von der Erhaltung der Energie den endgültigen Beweis dafür, daß das Perpetuum mobile unmöglich ist, und daß die Idee auf einer falschen Auffassung vom Wesen der Arbeit und der Arbeitsüberträgerin, d. h. der Maschine beruht. Mit diesem Nachweis verliert das Perpetuum mobile seine wissenschaftliche Bedeutung und gilt für den Physiker als erledigt. Aber damit wird die Frage nicht aus der Welt geschafft. Bis in unsere Tage werden die Versuche fortgesetzt, ein Perpetuum mobile zu konstruieren.

Für uns hat das Problem des Perpetuum mobile heute eine eigentümliche historische und erkenntnistheoretische Bedeutung. Wir fragen: auf welchem logischen, mehr noch, auf welchem weltanschaulichen Fundament ruht die Idee des Perpetuum mobile? Ferner: welchen Ursprung hat dieser Gedanke, mit welchen Mitteln wurde er zu verwirklichen gesucht? Was hat das Suchen nach dem Perpetuum mobile der Menschheit gegeben?

Man ist gewohnt, das Perpetuum mobile in einem Atemzug mit dem Stein der Weisen zu nennen. Eine landläufige Meinung ist die, daß ebenso wie das Experimentieren und Kochen der Alchemisten zu vielen wertvollen Entdeckungen (Gewinnung des Phosphors, Bereitung des Porzellans) und schließlich indirekt zum Gesetz der Erhaltung des Stoffes geführt hat, so habe auch das Suchen nach dem Perpetuum mobile uns notwendigerweise zum Gesetz von der Erhaltung der Energie gebracht. So verlockend an sich dieser Vergleich auch ist, so stimmt er doch nicht.

Die Geschichte des Perpetuum mobile ist mit nichts zu vergleichen. Sie hat keinen Anfang und kein Ende. Es ist auch keine Geschichte im eigentlichen Sinne des Wortes. Wir haben es hier nicht mit einem stetigen Fortschreiten und Weiterentwickeln zu tun, sondern mit einem verwirrenden Durcheinander von Versuchen und Bemühungen, die immer von der Tradition (von der Legende, möchte man fast sagen) eines Begriffes zusammengehalten werden, aber in keinem inneren Zusammenhang der geleisteten Arbeit miteinander stehen. Jeder »Erfinder« fängt von vorne an, ohne von den Erfahrungen seiner Vorgänger etwas gelernt zu haben; jeder experimentiert auf eigene Faust und mit seinen eigenen Mitteln, und jeder muß auf eigene Kosten zu der Überzeugung der Unmöglichkeit gelangen.

Das historische Material, das über das Perpetuum mobile existiert, ist fast unermeßlich. Wie die Idee selbst, so sind viele Dokumente, die auf sie Bezug haben, unklar und verworren. Man kann von verschie denen Gesichtspunkten aus an diese Idee herantreten. Es gilt indes, aus dem riesigen Stoß von Material die interessantesten und bemerkenswertesten Exemplare herauszugreifen, sie zu schildern und ihren Wert vom Standpunkt der heutigen Wissenschaft zu zeigen. Die Details der rein technischen Seite der Frage sollen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie für das allgemeine Verständnis notwendig sind.

Charakteristisch für das Problem des Perpetuum mobile erscheint uns auch der Umstand, daß es bis jetzt in der ganzen Literatur keine systematische Behandlung dieser Frage gibt. Von den zwei bis jetzt existierenden Büchern, die sich mit der Geschichte des Perpetuum mobile beschäftigen, ist das eine (H. Dircks: The perpetuum mobile, London 1861-72. 2 Bde.) eine fleißige, aber unvollständige, ungeordnete und vollkommen wahl- und kritiklose Zusammentragung von Material, und das andere (Daul: Das Perpetuum mobile, Wien 1900) eine Kompilation des ersteren. Es wird sich also für uns darum handeln, den Quellen nachzugehen und die Dokumente zu prüfen. Die Aufgabe wird sein, das Material gleichzeitig vom Standpunkt der Physik und in seiner historischen Bedeutung zu gruppieren.

Das Perpetuum mobile

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