Читать книгу Praxisführer E-Commerce - Dr. Joachim Stoll - Страница 10

Best Practice Leder-Stoll und koffer24.de: Tradition trifft Moderne

Оглавление

Das Traditionsunternehmen Leder-Stoll in Frankfurt am Main ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein Händler in der „echten“ Welt startet und gerade deshalb auch im Internet erfolgreich ist. 1920 gründete der Urgroßvater des heutigen Inhabers in der Frankfurter Schäfergasse seine erste kleine Lederhandlung. Seit den 1990er Jahren arbeitet Dr. Joachim Stoll in dem Familienunternehmen. Da er nicht nur in die Fußstapfen seiner Eltern treten wollte und Studienerfahrung aus den USA mitbrachte, eröffnete er parallel zum 350 Quadratmeter großen Ladengeschäft 1998 den Onlineshop koffer24.de.

Damals war das ein erster Versuch überhaupt in Deutschland, Koffer und Taschen online zu verkaufen. Heute ist koffer24.de eine florierende Onlineplattform für Lederaccessoires, Koffer und Taschen mit rund 5000 Markenartikeln von 60 Herstellern wie Samsonite, Bree, Picard oder Rimowa. Der Händler aktualisiert den Onlineshop selbst, die komplette Lagerhaltung sowie den Versand hat er ausgelagert. „Wir haben uns zu Beginn über jede einzelne Bestellung gefreut. Wir waren von Anfang an zweisprachig und haben weltweit versendet“, berichtet Joachim Stoll. Zudem ist koffer24.de auch im Geschäftskundenbereich (B2B) tätig und liefert die Lederwaren für andere, teils große Versandhändler.

„Bis heute ergänzen sich unser Ladengeschäft und der Webshop aufs Beste“, erläutert Stoll. „In unseren beiden Filialen steht die persönliche Beratung an erster Stelle, was wiederum den Onlinekunden zugutekommt. Denn unsere Mitarbeiter stehen den Kunden per Hotline mit Rat und Tat zur Seite.“ Andersherum hat der Onlineshop auch positive Effekte auf das stationäre Geschäft.

Seit 2010 hat der Konkurrenz- und Preisdruck im Onlinebereich zugenommen, beobachtet der Händler, neuerdings verstärkt auch durch ausländische Anbieter. „Die Fixierung auf niedrige Preise im Internet ist grundsätzlich ein Problem für uns stationäre Händler“, räumt Stoll ein. „Wir gleichen das durch zum Teil unterschiedliche Sortimente und Angebote aus. Mit dieser Zweigleisigkeit fahren wir gut: Es gibt Artikel, die im stationären Handel nicht gut laufen, aber im Internet Verkaufsschlager sind.“ Manche Artikel müssen also aufgrund des niedrigen Deckungsbeitrags aus dem stationären Sortiment genommen werden, da sich ein Verkauf mit Beratung nicht lohnt – der vollautomatisierte Internetkauf jedoch kann nach wie vor sinnvoll sein.

Darüber hinaus kann der Händler auch einzelne Produkte wie beispielsweise teure Lederwaren, von denen er in der Filiale nur ein Exemplar vorhält, einfach mal ins Netz stellen. „Zwar wollen die meisten Kaufinteressenten die hochwertigen Lederwaren anfassen, aber vielleicht findet sich auch jemand, der sie online bestellt.“

Die Kunden bewegen sich ohnehin selbstverständlich in beiden Welten: „Manche informieren sich online und kommen dann in unsere Läden, weil sie die Ware anfassen wollen. Bei hochwertigen Produkten beispielsweise wollen sie auch ein entsprechendes Einkaufserlebnis haben. Manche Kunden wiederum bestellen der Bequemlichkeit halber aber auch mal von zu Hause aus. Es gibt darüber hinaus auch Kunden, die unser Geschäft in Frankfurt kennen, aber inzwischen in einer anderen Stadt wohnen. Somit ist unser Onlineshop auch eine gute Gelegenheit, weiter mit ihnen Kontakt zu halten“, berichtet der Händler.

Seit zwei Jahren nutzt Joachim Stoll koffer24.de auch als „Regalverlängerung“ für das Ladengeschäft. Denn ein klassisches Kofferfachgeschäft kann heutzutage nicht die zahlreichen Produktlinien der Hersteller in allen möglichen Größen und Farben vorhalten. „Doch es ist heute kaum noch möglich, einem Kunden zu sagen: Ich kann das von Ihnen gewünschte Modell Ende der Woche bestellen, und Ende nächster Woche können Sie es abholen. Im Sinne der Kundenbindung muss das heute schneller gehen.“

Seit Juni 2013 arbeitet Leder-Stoll daher mit einer Softwarelösung des Anbieters Storeplus, die als sogenannte Middleware die Filialsysteme mit dem Onlineshop verbindet. In der Filiale sind die Verkäufer mit zwei iPads ausgestattet, für die Kunden gibt es ein Terminal mit einem solchen Tablet-PC. „Wenn ein Artikel, eine gewünschte Größe oder Farbe im Laden nicht vorrätig ist, wählt der Verkäufer oder der Kunde selbst das Produkt im Shop von koffer24.de aus“, beschreibt Joachim Stoll den Bestellvorgang. „Daraufhin wird ein Bon ausgedruckt. Mit diesem bezahlt der Kunde an der Ladenkasse.“

Der Vorteil: Der Kunde muss kein Konto einrichten und keine Zahlungsdaten angeben. Die Bestelldaten werden dann entweder direkt vom Warenwirtschaftssystem der Kasse übertragen oder von dem Verkäufer eingescannt. „Der Kunde kann sich aussuchen, ob er das Produkt in der Filiale abholt oder es sich nach Hause schicken lässt. Seine Adresse muss er nur für den letzteren Fall im System angeben“, berichtet Joachim Stoll. „Das ist kein Onlinekauf mit Fernabsatz-AGBs. Der Kunde bekommt einen normalen Kassenzettel, den er dem Händler auch um die Ohren hauen kann, wenn ihm etwas nicht gefällt.“

Vor der Installierung bei Leder-Stoll haben der Handelsunternehmer und Storeplus das System als Pilotprojekt in einem Rewe-Markt im hessischen Hungen getestet. Dort gab es einen Aktionsstand mit integrierten Kundenterminals und einigen Koffermodellen, die zum Kauf anregen sollten. Stoll: „Es hat funktioniert, nach zwei Wochen waren die geplanten Koffer verkauft.“ Aber dann war das Kundenpotenzial ausgeschöpft: „Man hätte nach 14 Tagen wie Tchibo ganz andere Produkte vorstellen müssen.“

Joachim Stoll bietet das von Storeplus unterstützte System der „erweiterten Ladentheke“ auch anderen Kollegen aus dem mittelständischen Lederwarenhandel an. „Dabei tritt der angeschlossene Händler immer unter seinem Namen auf. Für den Kunden ist die Verbindung zu koffer24.de nicht ersichtlich, das Design der iPads und Belege erscheint im Corporate Design des Händlers“, erläutert Joachim Stoll. Der Händler habe Zugriff auf das Lager von koffer24 und schließe einen Systemvertrag mit Storeplus.

Zuerst testete der nordrhein-westfälische Lederwarenfilialist Hausfelder diese Möglichkeit in vier Filialen. Seitdem interessieren sich immer mehr Kollegen dafür. Zwar sei die Gewinnspanne eines Händlers durch den Verkauf über Storeplus etwas reduziert, aber: „Lieber eine reduzierte Spanne als gar kein Verkauf“, so Joachim Stoll.

Praxisführer E-Commerce

Подняться наверх