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DIE GESCHICHTE DES EISENS IM MITTELALTER. EINLEITUNG. Die prähistorische Zeit in Europa.

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Wie mit der Gewalt der entfesselten Elemente brach im 4. Jahrhundert die feindliche Völkerflut von Osten her in das römische Reich ein und zertrümmerte den kunstvoll gegründeten, in den vorhergegangenen Jahrhunderten so mühevoll aufrecht erhaltenen, stolzen Bau des römischen Weltreiches. Wie ein Chaos fluteten die Völker durcheinander. Den Anstoß hatte das asiatische Volk der Hunnen, ein mongolisch-tatarisches Mischvolk, durch seinen Übergang über die Wolga im Jahre 374 n. Chr. gegeben, doch im Vordertreffen des blutigen Völkerkampfes standen überall germanische Stämme, zum Teil vorgeschoben durch den Stoß von Osten her, meist aber aus eigener Kampfbegier über die bis zum Hochmut selbstbewussten Römer, die den Reichtum und das Mark aller Länder der bekannten Welt zusammengeschleppt hatten, hereinbrechend.

Welcher Reichtum, welche Schätze, welche Kunstwerke gingen damals zu Grunde unter den erbarmungslosen Schwertern der ungebildeten, auf ihre Einfachheit stolzen Barbaren. Aber nicht nur Kunstwerke wurden vernichtet, auch die Sitze alter Industrien wurden zerstört, Erzeugungsstätten herrlicher Arbeiten wurden ausgetilgt. In Kunst und Gesittung trat ein Rückschlag für Jahrhunderte ein. Auch die Eisenindustrie hatte unter dieser furchtbaren Umwälzung zu leiden. Vieles Bestehende verschwand, die kaiserlichen Fabriken wurden zertrümmert, nur langsam entstanden weit bescheidenere Anlagen auf den alten Trümmern. Aber das Eisen war unentbehrlich für den Männermord. Gerade in der bluttriefenden Zeit, die man mit dem harmlosen Namen der Völkerwanderung bezeichnet, bewährte es seine Überlegenheit gegenüber allen anderen Metallen. Die goldschimmernden Renommierschwerter der vornehmen Römer wurden zur Lächerlichkeit gegenüber dem Stahlschwert und der eisernen Streitaxt der Germanen, dem Skramasax und der Franziska. So hat denn auch die Eisenindustrie im großen und ganzen durch die Völkerwanderung doch bei weitem weniger gelitten als alle anderen Metallindustrien, ja sie hat den Sieg davon getragen. Namentlich blieben die eigentlichen Erzeugungsplätze „im einsamen Waldhal“ meist unberührt von dem Kriegsgetümmel und es verdoppelte sich daselbst infolge des größeren Bedarfs die Tätigkeit. In den Gewinnungsmethoden, in dem technischen Verfahren, trat zunächst keine Änderung ein und wir könnten in unserer Darstellung der Entwickelung der Eisenindustrie ohne weiteres, an die römische Zeit anknüpfend, fortfahren, wenn wir durch diese für Europa grundlegende, bestimmende, formgebende Umwälzung der Völkerwanderung nicht veranlasst würden, auch auf die Vorgeschichte der europäischen Völkerfamilien, die von da ab bestimmend für die Geschichte des Erdteils und danach auch für die Geschichte der ganzen Erde wurde, an welche sich auch die ganze weitere Fortbildung der Eisenindustrie knüpft, einen Blick zu werfen.

Direkte Überlieferungen haben uns diese alten Bewohner Europas nicht hinterlassen. Sie verstanden noch nicht die Kunst der Schrift und waren in ihrer Bildung nicht bis zur Aufzeichnung ihrer Erlebnisse vorgeschritten. Was wir über sie wissen, müssen wir kombinieren aus den spärlichen Überlieferungen der Schriftsteller des klassischen Altertums und aus archäologischen Funden. So tritt für diese sogenannte „prähistorische Zeit“ die Archäologie in den Vordergrund, die bekanntlich noch eine sehr junge Wissenschaft ist. Sie führt uns in ein nebelhaftes Land, wo feste Anhaltspunkte fehlen, wo infolgedessen der Phantasie, der Hypothese Tür und Tor geöffnet sind. Da wir auf praktischem Boden stehen und Tatsachen suchen, wollen wir auf diesem Gebiete nicht allzu weit vordringen.

Dass es eine Zeit gegeben hat, wo die Menschen den Gebrauch der Metalle noch nicht kannten, sondern sich zu ihren Waffen und Werkzeugen der von der Natur direkt gebotenen Hilfsmittel, der Steine, des Holzes, der Knochen bedienen mussten, ist a priori klar und konnte nur von verschrobenen Theologen, welche daraus, dass Adam nach der Vertreibung aus dem Paradies den Acker graben musste, schlossen, dass Gott ihm einen eisernen Spaten gegeben haben müsse, Adam also schon das Eisen benutzt habe, verkannt werden. Diese Tatsache, der Nachweis einer metalllosen Zeit, der Periode, welche man die „Steinzeit“ nennt, ist durch die Archäologie genügend festgestellt. Ebenso erwiesen ist es aber, dass dieses Steinzeitalter nicht an einen bestimmten Zeitabschnitt gebunden ist, dass diese Kindheit der Völker bei verschiedenen Stämmen in ganz verschiedenen Zeiten ihren Abschluss fand. Denn während bei den Ägyptern und den Kulturvölkern Westasiens der Gebrauch der Metalle, die Anwendung von Steinwerkzeugen schon Jahrtausende v. Chr. verdrängte, so erhielt sich die Steinperiode im Norden von Europa in einzelnen Gegenden bis zum Jahre 1000 unserer Zeitrechnung und bei den Völkern der Südsee finden wir diesen Zustand, wenn auch rasch im Verschwinden begriffen, noch heutzutage. Für uns hat es keine Bedeutung, dass man die Steinperiode, die unzweifelhaft einen viel größeren Zeitraum umfasste, als seit der Entdeckung der Nutzmetalle verstrichen ist, einteilt in tertiäre und quarternäre, oder in die Zeit des Mastodons, des Rentiers u. s. w., oder in die Zeit gespaltener oder geglätteter Steinwerkzeuge. Weit wichtiger ist es für uns, dass das Steinzeitalter im Süden von Europa früher geendet hat, als im Norden. Nach der beliebten Theorie soll auf das Steinzeitalter das Bronzezeitalter gefolgt sein. Wir haben schon in der Einleitung die theoretischen Gründe über die Unhaltbarkeit, ja Unmöglichkeit einer solchen Annahme aufgeführt. Wir haben in dem Verlauf unserer vorausgegangenen Erörterungen überall den Nachweis liefern können, dass sie für die älteren Kulturvölker, für die Ägypter, Assyrer, Perser, Inder, Chinesen, Israeliten, Westasiaten, Griechen auch aller tatsächlichen Begründung entbehrt. Wir haben auch schon darauf hingewiesen, dass eine so paradoxe Theorie nur durch eine ganz einseitige Beobachtung archäologischer Funde ohne Berücksichtigung der metallurgischen Wissenschaft entstehen konnte. Auf der anderen Seite muss eingeräumt werden, dass für Europa, oder wenigstens für einen Teil von Europa, die Priorität der Bronzezeit vielleicht eine gewisse Berechtigung hat, insofern es möglich ist, dass einzelnen Völkern, welche diese Gegenden bewohnten, als sie noch im Steinzeitalter lebten, die Bronze als erstes Metall durch den Handel zugeführt wurde. Wie und woher dies geschah, geschehen konnte und geschehen musste, ist durch die früher aufgeführten Tatsachen genugsam erläutert. Wir würden kein Wort über diesen Gegenstand weiter zu verlieren haben, wenn nicht diese Anschauung von einer Schule von Gelehrten auf das heftigste bekämpft würde. Früher waren es hauptsächlich französische Gelehrte, welche eine originelle, keltische Bronzeindustrie, die älter sei als der südöstliche Einfluss auf die Bewohner Europas, lehrten. Von dieser Seite ist, nachdem durch zahlreiche Funde und kritische Untersuchungen ein reicheres Material zur Beurteilung geboten worden, der Kampf eingestellt, oder wenigstens ein Waffenstillstand geschlossen worden. umso lebhafter wurde dieser Streit von den „nordischen Gelehrten“, das heißt von den skandinavischen Archäologen aufgenommen und haben diese durch ihre große Rührigkeit einen nicht unbeträchtlichen Anhang auch in Deutschland sich erworben. Allerdings geben die Verhältnisse Skandinaviens für die Verteidiger des Bronzezeitalters in Europa die beste Grundlage. Die nordischen Gelehrten gingen aber weiter und behaupteten außer der Priorität der Bronze auch, dass die Metallindustrie des Nordens sich selbständig entwickelt habe, indem die Gegenstände, die man im Norden fände und zwar gerade die hervorragendsten Sachen auch im Norden gefertigt seien. Ja, die Heißsporne dieser Richtung gingen sogar so weit zu behaupten, dass die Bronze überhaupt eine Erfindung der Nordeuropäer gewesen und von diesen erst nach Südeuropa und Asien gebracht worden sei.

Zur Klarstellung unseres Standpunktes müssen wir auf den Gegenstand näher eingehen.

Wir wenden uns zunächst gegen die letzterwähnte, weitestgehende Ansicht, weil sie gerade vom chemisch-metallurgischen Standpunkte vorgetragen und verteidigt worden ist. Herr Dr. Wibel behauptet und will beweisen, „dass die Kultur der Bronzezeit eine durchaus einheimische ist, ihrem ersten Ursprunge nach auf Großbritannien zurückführt“. Er behauptet, dass man in Britannien die Bronze erfunden und zuerst dargestellt hat und zwar durch direktes Ausschmelzen eines Gemisches von Kupfer und Zinnerzen, dass man in Britannien auch die ersten Waffen aus Bronze gegossen habe und dass die Bronze und die Bronzegeräte von England aus verbreitet worden seien.

„Unbekümmert um diese lokalen Wandlungen ursprünglicher Geschlechter ging die Ausdehnung der Bronzekultur allmählich weiter und weiter. In Frankreich war das Vordringen nicht schwer, bis endlich das Meer einerseits und der Pyrenäenzug anderseits eine Schranke zogen; in der Schweiz eröffnete das Rhonetal die Straße nach dem Süden an das Meer, der Ticino zu den großen Seeen Italiens; und zu dem Lande führten die Stromgebiete der Elbe, Oder, Weichsel und Donau. Immer begleitet von den auf den Norden zurückweisenden Stoffen (Zinnerz und Bernstein) und auf dem Wege mündlicher Belehrung über die Darstellung und Verarbeitung der Bronze unterrichtet, mussten die südwärts wandernden Völker, sei es, dass sie zu einem Stamme, sei es, dass sie zu verschiedenen gehörten, mehr und mehr eine künstlerisch fortgeschrittene und selbständige Haltung gewinnen. Wenn auch der Norden, mit welchem sie ja in lebhaftem Handelsverkehre blieben, ebenfalls nicht stille stand, so mussten doch mit der Zeit, beeinflusst durch die Berührung mit neuen Völkerschaften und durch die natürlichen Ortsverhältnisse, divergierende Geschmacksrichtungen in den Artefakten hervortreten.

So hat sich die Bronzekultur von ihrer natürlichen Quelle, Britannien, über ganz Europa bis an die Nordküste Spaniens, an die Nordufer des Mittelländischen Meeres und bis in die apenninische Halbinsel, Italien, ausgebreitet. Die Beweise hierfür geben die Funde, die man an allen diesen Stätten gemacht und deren Ähnlichkeit mit den nordischen so großes Erstaunen und so mannigfaltig abweichende Deutung erfahren hat. Besonders betone ich die in neuester Zeit enthüllten Pfahlbauten Oberitaliens mit ihrem ergiebigen Inhalt, deren nördlicher Ursprung ebenso wahrscheinlich ist, als es zweifelhaft bleibt, ob wir sie den Etruskern zuschreiben dürfen. Ihr durchaus vorgeschichtlicher Charakter lässt jeden Versuch einer Namengebung als erfolglos bezeichnen.“

Herr Dr. Wibel stellt also die bekannte Tatsache direkt auf den Kopf und macht das barbarische Britannien zum Ausgangspunkt der Weltkultur. Es genügt wohl, hiergegen anzuführen, dass Cäsar in seiner Schilderung von Britannien ausdrücklich erwähnt, dass das Kupfer zu seiner Zeit von auswärts eingeführt wurde. Eine bereits zu Cäsars Zeit seit Jahrhunderten verschwundene und untergegangene höhere Kultur anzunehmen ist allzu gewagt, umso mehr, da auch die archäologischen Funde nicht den geringsten Anhalt für eine solche Annahme bieten. Die chemischen und metallurgischen Gründe, welche aber Herr Wibel für seine Behauptung anführt, sind gänzlich unhaltbar. Er behauptet, dass seine Urbriten Bronze erhalten hätten durch. direktes Einschmelzen von zinnhaltigen Kupfererzen. In Cornwall kommen allerdings Zinnerze und Kupfererze in demselben Gebiete in unmittelbarer Nachbarschaft vor, selten auf denselben Gängen oder Lagerstätten. Niemals hat man aber in diesen Gegenden weder heutzutage noch in historischen Zeiten Bronze auf diese Art durch direktes Ausschmelzen eines Gemenges beider Erze dargestellt oder darzustellen vermocht. Wäre dies so leicht möglich, so wäre nicht einzusehen, warum man diese bequeme Methode der Bronzebereitung nicht beibehalten und weiter entwickelt hätte. Eine solche Bronzegewinnung direkt aus den Erzen ist aber überhaupt gar nicht möglich. Die Schmelztemperaturen der Kupfer- und Zinnerze liegen viel zu weit auseinander. Wollte man versuchen Zinn- und Kupfererze gleichzeitig auszuschmelzen, so würde das Zinn längst reduziert, ausgeschmolzen und wieder verschlackt sein, ehe das Kupfer nur anfinge zu schmelzen. Überdies ist das Kupfer in den Erzen von Cornwall in Form von Kupferkies, also von geschwefeltem Kupfer enthalten und diese Erze bedürfen vor dem Einschmelzen zum mindesten einer vorausgehenden Röstung. Wenn sich Herr Wibel auf das „hardmetal“ oder die „bottoms“ bei dem englischen Kupferhüttenprozess beruft, weil diese mehr oder weniger zinnhaltig sind, so kann er dies nur tun, weil er von dem Kupferhüttenprozess und von der Bronzebereitung praktisch keinerlei Kenntnis hat. Diese Zwischenprodukte haben mit der zähen, schmiedbaren, in Formen giessbaren Bronze, wie sie die Alten in so vorzüglicher Qualität darzustellen verstanden, weniger Ähnlichkeit als eine Kupferspeise mit Garkupfer. Die „bottoms“ sind ein Produkt, das nur bei der Reinigung des Kupfers, bei der Herstellung der sogenannten „best selected copper“ fällt, es ist deshalb geradezu monströs für einen Hüttenmann, wenn jemand zu sagen wagt, diese alten Britannier hätten Bronze wie die bottoms im englischen Raffinierverfahren gemacht und Kupfer wäre dabei höchstens als Nebenprodukt gefallen, wie es nicht minder verkehrt ist, zu behaupten, diese Britannier hätten die Bronze wohl gekannt und dargestellt, das Zinn aber, welches doch aus dem Zinnstein so ohne alle Mühe bei ganz niedriger Temperatur ausschmilzt, nicht; dieses hätten sie erst später kennen und benutzen gelernt. Von demselben Wert ist denn auch die weitere Beweisführung, dass man aus den fremden Beimischungen mancher unreiner Bronzen, welche die Ausnahme bilden, während die reinen und gleichmäßig zusammengesetzten bei weitem die Regel sind, ersehe, dass die Bronze von den Britanniern auf direktem Wege aus Erzgemengen dargestellt worden wäre. Welche Produkte würden bei einem solchen Verfahren fallen? Wie wäre alles dem Zufall anheimgestellt gewesen, während wir doch sehen, wie auffallend gleichmäßig die Bronzen der Alten zusammengesetzt waren und wie sie für jeden Zweck mit Bewusstsein eine bestimmte Mischung wählten.

Die ganzen Behauptungen und Schlussfolgerungen des Herrn Wibel müssen wir deshalb mit Entschiedenheit zurückweisen.

Auf eine ganz andere Basis stellen sich denn auch die skandinavischen Gelehrten. Diese halten ebenfalls bestimmt daran fest, dass die Bronze das älteste Metall war, welches die Völker der Steinzeit des Nordens kennen lernten. Die meisten geben aber zu, dass dieselbe keine eigene Erfindung der Skandinavier gewesen sein kann, weil weder in Dänemark noch in Schweden und Norwegen Zinnerze vorkommen und an eine Kupfergewinnung in Skandinavien in der Steinzeit nicht gedacht werden kann, dass die Bronze vielmehr vom Auslande zuerst eingeführt wurde. Einige nehmen an, dass ein fremdes Bronzevolk das Steinvolk unterjocht und ihre Metallindustrie in dem neuen Lande fortgesetzt habe. Andere räumen ein, dass die ersten Geräte aus Bronze durch den Handel vom Auslande importiert wurden. Nach dieser ersten Anregung hätte sich im Norden und zwar speziell in Skandinavien aber alsbald eine selbständige Bronzetechnik entwickelt von solcher Bedeutung, dass dieselbe ganz Nordeuropa beherrschte. Sowohl in Beziehung auf technische Fertigkeit, als auf Erfindungsgeist, Geschmack stände die nordische Bronzezeit der etruskischen und griechischen Kunst selbständig und ebenbürtig zur Seite. Die Zeit dieser Blüte der nordischen Metallindustrie fiele in das erste Jahrtausend v. Chr. und wird von den skandinavischen Gelehrten meist etwa von 800 bis 600 v. Chr. bis etwa zum 2. Jahrhundert n. Chr. geschätzt. Wir können auch dieser Darstellung der Kulturentwickelung Nordeuropas nicht beistimmen. Der erste Einwand, der sich gegen diese Theorie sofort aufdrängt, ist der: Wie konnte eine so entwickelte Technik so spurlos verschwinden? Denn wenn es wahr wäre, dass es nordische Künstler waren, welche alle diese zum Teil hervorragenden Kunstarbeiten in Bronze ausgeführt hätten, so müssten wir für die Zeit der sechs Jahrhunderte v. Chr. einen Kulturzustand im Norden annehmen, der etwa mit dem Westasiens in derselben Zeit zu vergleichen wäre. Wo sind aber die Spuren einer solchen Kultur hingekommen? Unmöglich kann man doch annehmen, dass die Kultur des Nordens sich nur auf diesen einzigen Zweig der Technik und auf diese einzige Metalllegierung der Bronze beschränkt hätte; dass diese Nordländer in allen übrigen Dingen in dem primitiven Zustand des Steinzeitalters verharrt wären und einzig in Bezug auf die Verarbeitung der Bronze die höchste Kunstfertigkeit, die höchste Erfindungsgabe und reifen Geschmack entwickelt hätten. Läge es nicht näher zu erwarten, dass diese hochbegabten Nordländer statt kunstvolle Prunkgeräte anzufertigen, sich solide Häuser gebaut hätten, um sich gegen die Härte des rauen Klimas zu schützen, dass sie von den Fremden, welche ihnen die Bronze zuführten, auch den Gebrauch des Eisens gelernt hätten, dessen Erze sich so reichlich bei ihnen fanden, dass sie endlich sich außer vielen anderen Dingen auch die Kunst der Schrift von jenen südlichen Händlern angeeignet haben würden? Von all dem finden wir aber keine Spur. Wir finden nicht den Trieb, Städte zu gründen zu einer Zeit, in der das stolze Ninive schon zu einem Schutthaufen geworden war, wir finden keine schriftliche Überlieferung zu einer Zeit, als die Veden, der hebräische Kanon, die unsterblichen Gesänge Homers längst niedergeschrieben waren. Auch erwähnt kein Werk der reichen Literatur des Südens dieser nordischen Glanzzeit, dieses nordischen Reichtums, dieser nordischen Kultur, während wir doch wissen, dass bereits Verkehr zu Wasser und zu Lande zwischen den Ländern des Mittelmeeres und Nordeuropa bestand. Treten wir aber der Frage in technischer Beziehung näher, so wird sich erst recht die Unhaltbarkeit der ganzen Theorie erweisen. Die nordischen Gelehrten behaupten, und zwar gerade die neuere Schule mit besonderem Nachdruck, eine strikte Folge einer Bronzekultur auf die Steinzeit, mit Ausschluss des Eisens. Dass sie diese Bronzeperiode, die etwa ein Jahrtausend bestanden haben soll, in eine ältere und in eine jüngere teilen, ebenso wie sie dies bei der nachfolgenden Eisenzeit tun, hat für uns hier wenig Bedeutung. Dieser Schematismus ist in den Museen von Stockholm und Kopenhagen erfunden worden. Diese bedeutenden Sammlungen, die ganz nach der Theorie der nordischen Gelehrten geordnet sind, bilden überhaupt die Grundlage und das Beweismaterial der skandinavischen Gelehrten, nicht die Funde, wie sie wirklich gemacht worden sind, sondern die Weise, in der sie in den nordischen Museen erhalten, aufgestellt und gruppiert sind. Danach freilich müsste es wahr sein, dass es in der nordischen Bronzezeit kein Eisen gegeben habe, ebenso wie dass die schönen Bronzekunstwerke nur das Erzeugnis nordischer Schmiede gewesen wären.

Die Sache verhält sich aber in Wirklichkeit ganz anders. Es sind gar nicht selten eiserne Gegenstände neben den allerdings weit besser erhaltenen und kunstvoller gearbeiteten Gegenständen von Bronze gefunden worden. Ja, solche Eisenfunde sind bekannt aus Zeiten, die der „Bronzeperiode“ vorausgehen, die nach dem Schema der nordischen Gelehrten dem „Steinzeitalter“ zuzurechnen wären.

In einer 16 Fuß langen Steinkiste bei Banzelwitz auf Rügen, welche 1793 aufgedeckt wurde, fand man mit Feuersteinäxten und einer Bernsteinperle ein altes, stark verrostetes Stück Eisen, das, wie der Augenschein lehrte, vormals geschliffen gewesen war. Die ganze Einrichtung des Grabes und der Fundbestand lassen keinen Zweifel darüber, dass wir es hier mit einem uralten und völlig unberührten Steingrabe zu tun haben.

Ferner fand sich im sogenannten Pfennigkasten, einem großen Steingrabe bei der Stubnitz auf Rügen, Eisenschlacke.

In Norddeutschland sind ähnliche Funde mehrfach beschrieben. Schaffhausen fand in einem mit Skeletteilen vollgepackten Gangbau neben Feuersteinsachen, durchbohrten Wolfszähnen und Bernsteinkorallen auch zwei unförmlich gewordene Stückchen Eisen und einen Streifen Kupfer. In den großen Totenkammern bei Beckum, welche der Steinzeit angehören, fand man neben zahlreichen Stein- und Knochengeräten eine wirtelförmige eiserne Kugel, ein eisernes Messer, einen eisernen Nagel und einen schmalen Streifen Kupferblech, aber keine Bronzen. Ebenso fand man Eisen in einem Steingrabe bei Achim in Ostfriesland. Ein völlig unberührtes, 20 bis 30 Fuß langes Steingrab bei Wersabe im Hannöverschen enthielt neben Feuersteinäxten und fünf Urnen mit verbrannten Knochen auch zwei kleine Eisenstücke, die sich bei der Untersuchung als wirklich metallisches Eisen herausstellten.

In den Hünengräbern der Altmark wurden mehrfach Eisengeräte aufgefunden.

Lisch berichtete über die Steingräber Mecklenburgs: „Das vorherrschende Material in diesen Gräbern ist allerdings Feuerstein und man hat sie daher einer uralten Zeit zugeschrieben, in welcher der Gebrauch der Metalle noch nicht bekannt war. Aber es ist unleugbar, dass in Mecklenburg in denselben auch Spuren von Eisen vorkommen; gewöhnlich ist dieses Metall vergangen, aber man hat auch einzelne noch ziemlich gut erhaltene Gegenstände aus ihnen herausgeholt. Die nordischen und holländischen Forscher leugnen zwar das Vorkommen von Eisen in diesen Gräbern, aber es lassen sich sichere Ausgrabungen in Mecklenburg nicht wegleugnen. Dieses Vorkommen von Eisen setzt die Bestimmung der Hünengräber einen Augenblick in Zweifel, aber ein Hinblick auf die geographische Verbreitung derselben gibt Mut zu weiterer Forschung. Die Hünengräber finden sich nämlich in allen den Gegenden, in welchen die germanischen Kegelgräber vorkommen und sind daher altgermanisch. Die spätere Zurückdrängung des Eisens durch das römische Erz bleibt allerdings auffallend, aber der Mangel an Technik zur vollkommeneren Bearbeitung des Eisens mag wohl Veranlassung zur allgemeineren Aufnahme der schönen Kupferkomposition durch die Bekanntschaft mit den Römern geworden sein, auch kommen allerdings Beispiele vor von dem fortgesetzten Gebrauche des Eisens in den Kegelgräbern.“

Diese Ausführung Lischs an dieser Stelle ist sehr objektiv und bemerkenswert.

In Dänemark ist eine ganze Reihe ähnlicher Funde zu verzeichnen. Prinz Friedrich, der nachmalige König, ließ 1834 einen Grabhügel bei Jägerspriis auf Seeland öffnen, der neben Feuersteinwaffen einen großen zusammengerosteten Eisenklumpen von 15 Zoll Länge enthielt, der an der dicksten Stelle 5 Zoll Durchmesser hatte. Ebenso fand er auf der Insel Möen im Jahre 1827 bei Eröffnung einer großen Steinkammer in einem Hügel bei Elmelunde als Totenbeigabe neben den Stein- und Knochengeräten ein kleines 1½ Zoll langes, oben vierkantiges, unten spitziges Stück Eisen nebst einem kleinen Stückchen Kupfer. Ebenso versichert Paludan, dass er in den Dolmen von Möen sowohl verarbeitetes Eisen wie Erzstücke gefunden habe.

Worsaae, der jetzt der hervorragendste Führer der strengen Dreiteilung der Kulturperioden geworden ist, fand selbst im Jahre 1838 im Kirchspiele Veibye, Amt Frederiksborg, in einer großen Steinkammer außer vielen Keilen, Messern, Hämmern, Pfeilspitzen von Flintstein auch „ein Stück krumm gebogenes Eisen, 2½ Zoll lang und 2 Zoll breit, das in der Mitte durchbohrt, dessen Bestimmung aber nicht mehr zu erkennen war“. Ein zweiter Fund desselben Gelehrten an demselben Orte ergab außer den Knochenfunden und einem gewöhnlichen Flintmesser ein Eisenstück in Form eines Messers, 2½ Zoll lang und ¾ Zoll breit. Mittels eines seitlichen Nagels war dasselbe befestigt an einem Holzstückchen, das vermutlich als Griff gedient hatte, aber beim Berühren sofort in Staub zerfiel. Worsaae fügt hinzu: „Es ist höchst merkwürdig, dass man gerade in diesen größten Steingräbern des Kirchspieles Eisensachen finden musste, von denen, ihrer Lage nach zu urteilen, nicht angenommen werden kann, dass sie in späterer Zeit hineingekommen sind.“ Und trotzdem ist es gerade Worsaae, der dem starren Schematismus zu lieb im Jahre 1854 behauptete, das Steinzeitalter hätte jeder Kenntnis der Metalle ermangelt.

Was nun Schweden anlangt, so sind auch dort Fälle genug bekannt geworden, wo man in charakteristischen Steingräbern Eisen, aber keine Bronze fand.

Nilsson fand in einem Gang- bau Steinkisten, die nur mit Erde und Rasen überdeckt sind. Man hält sie mehr für Wohnungen, als für Grabkammern. Sie enthielten neben Steingeräten, Topfscherben, Asche und Kohlen, Eisenstücke, in jedem meist ein, selten zwei Stücke. Nilsson, der, obgleich er in der Erklärung der Bronzeperiode nicht den beschränkt patriotischen Standpunkt der jüngeren Gelehrten einnimmt, doch ein eifriger Verfechter eines reinen Bronzezeitalters ist, sucht dies in sehr geschraubter Weise dadurch zu erklären, dass man diese Eisenstücke erst später, um die Gespenster zu vertreiben, hineingetan habe. Diese wunderbare Theorie, dass alle diese Eisenbeigaben in die zum Teil sorgfältig verschlossenen Gräber erst nachträglich durch Zufall hineingelegt seien, ist der Rettungsanker der strengen Schematisten des Nordens geworden. Zunächst war es Danneil, der zuerst die Behauptung aufstellte, die alten Hünengräber wären später von Slaven zum zweiten Mal als Begräbnisstätten benutzt worden und auf diese Art wäre das Eisen in die Grabkammern gekommen. Selbst der ehrliche Lisch atmete auf, als diese Erklärung ans Licht kam und nennt es „eine interessante Beleuchtung über die Eisenfrage“. Wir sind geneigt, diese Absurdität mit einem weniger lobenden Worte zu kennzeichnen. Denn die meisten der oben erwähnten Eisenfunde entstammen Gegenden, die nie von Slaven bewohnt waren.

Worsaae fand den Ausweg. Obgleich er beim Auffinden der Eisensachen von Veibye es für unmöglich erklärt hatte, dass dieselben später hineingeraten seien, meinte er doch bald darauf, es sei sehr wahrscheinlich und wohl zu beachten, dass das Eisen in jüngerer Zeit niedergelegt und zufällig hineingefallen sei. Dieses „zufällige Hineinfallen“ wurde von da an ein Schlagwort der nordischen Schematisten und ist es noch heute. Ein solches Verleugnen klarer, nackter Tatsachen ist für uns aber unannehmbar und es verlohnt sich gar nicht der Mühe, die Unhaltbarkeit dieser Behauptung im Einzelnen nachzuweisen, denn wer zu solchen Ausflüchten greift, der will der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen.

Wie weit eine solche Methode, welche die „nordischen Forscher“ mit Stolz eine „wissenschaftliche“ nennen, führt, erhellt zur Genüge daraus, dass Cartailhac auf dem Londoner archäologischen Kongress 1868 ganz freimütig eingestand „es seien ihm Eisenfunde in gallischen Gräbern mehrfach vorgekommen, doch habe er dieselben auf Anraten Mortillets unerwähnt gelassen“.

In gleicher Weise haben Worsaae und Nilsson in späteren Auflagen und Berichten die früher von ihnen bekannt gemachten bezüglichen Tatsachen unterdrückt.

Diese Verhüllung und Verdrehung von Tatsachen der Theorie zuliebe sticht grell ab gegen die ruhige Unbefangenheit der früheren nordischen Gelehrten. Die Kommission der dänischen Gelehrten des Jahres 1842 erklärte ausdrücklich: „Man darf durchaus nicht annehmen, dass das Eisen während der Bronzezeit unbekannt war, sondern nur, dass man es in geringerer Menge kannte und verwendete.“ Und Thomsen, der als der Erfinder der nordischen drei Kulturperioden zu betrachten ist, setzte die Erbauung der Steinkammern in eine Zeit, als die ersten Metalle nach und nach im Norden in Gebrauch kamen.

Wir glauben aus den angeführten Tatsachen folgern zu dürfen, dass das Eisen das erste Nutzmetall war, welches die Bewohner Nordeuropas kannten. Aus der Einfachheit und Spärlichkeit der Eisenfunde dürfen wir allerdings schließen, dass seine Anwendung ursprünglich beschränkt war, dass es aber in den betreffenden Ländern selbst bereitet und nicht durch den Handel eingeführt wurde, denn in diesem Falle würde man analog den Bronzefunden kunstvollere Produkte erwarten müssen. Das Eisen war in jener fernen Zeit selten und kostbar, wie dies ja nach Tacitus’ Bericht noch der Fall war, als die Römer mit den Germanen zuerst in Berührung traten. Nun erscheint plötzlich im Norden die Bronzezeit und diese tritt uns von Anfang an in künstlerischer Ausbildung entgegen. Wäre die Bronze eine Erfindung der Nordländer, so müsste man erwarten, dass sie von den rohesten Produkten ganz allmählich zu kunstvolleren sich fortentwickelt haben müsste. Dies ist aber durchaus nicht der Fall. Eher das Gegenteil, wenigstens sind die nordischen Gelehrten darin einig, dass die „ältere Bronzeperiode“ kunstvollere und exaktere Arbeiten aufzuweisen hat, als die jüngere.

Die Erfindung und unabhängige Entwickelung dieser Metallindustrie im Norden ist deshalb unmöglich. Wie ist die Erscheinung zu erklären? Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder hat ein bronzekundiges Volk das Steinvolk besiegt und unterdrückt, oder die kunstvollen Bronzegeräte kamen von außen durch Handel und Raub in das Land. Erstere Erklärung ist recht bequem, aber ganz unhaltbar. Zunächst ist so ziemlich erwiesen, dass der Übergang aus der Steinzeit in die Bronzezeit kein gewaltsamer war. Sitten und Gebräuche der Völker der späteren Steinzeit und der älteren Bronzezeit sind nicht wesentlich verschieden. Wo sollte ein solches nur mit Bronzegeräten ausgerüstetes Volk herkommen um Skandinavien zu erobern? Wo sollte es in der Folge seinen ausgedehnten Bedarf an Bronze her beziehen, welche es für seine nationale Industrie in dem Jahrtausend seiner Herrschaft bedurfte? Diese Fragen sind nicht zu beantworten und wenn man es versuchen will ihnen nahe zu treten, erweist sich die Unmöglichkeit der ganzen Hypothese. Wir können deshalb keine andere Ansicht gelten lassen, als dass die Bronzeperiode des Nordens durch den Handel veranlasst und eingeleitet wurde. Auf welchem Wege sich solche Handelsbeziehungen entwickeln konnten, ist für uns nach allem Vorausgegangenen nicht schwer zu begreifen. Wir kennen die Bedeutung des phönizischen Handels vom Jahre 1200 bis über 700 v. Chr., wir kennen die Bedeutung des griechischen Handels von 700 bis 300 v. Chr., wir kennen die Bedeutung des etruskischen Handels vom 8. bis 3. Jahrhundert für Italien und die Nachbarländer, wir kennen die Bedeutung des römischen Handels, welcher die Erbschaft aller übrigen Völker antrat. Für alle diese genannten Völker gehörten Bronzewaren zu den wichtigsten Handelsartikeln. Nilsson, welcher einer der objektivsten schwedischen Archäologen ist, hat zuerst die Theorie aufgestellt, dass die nordischen Bronzen durch den phönizischen Handel an Skandinavien gelangt seien. Im Prinzip hat er gewiss insofern Recht, als die Phönizier die Gründer und Anreger des ganzen internationalen Handelsverkehrs in Europa waren. Da aber der phönizische Handel bereits im Verfall war und seine Selbständigkeit verloren hatte, als die ältere Bronzezeit des Nordens blühte und da gerade diese Periode mit der glänzendsten Zeit des etruskischen Handels zusammenfällt, indem die ältesten skandinavischen Bronzefunde nicht älter als um 400 v. Chr. zu veranschlagen sind, so müssen wir mehr Lindenschmit beipflichten, der den Standpunkt Nilssons noch schärfer vertritt, aber Italien, insbesondere Etrurien, zum Ausgangspunkt und Ursprungsort der skandinavischen Bronzen der älteren nordischen Bronzezeit macht. Dies wird auch unterstützt durch die Vergleichung der Formen der Bronzegegenstände, die in vielen Fällen direkt auf etruskischen Ursprung hinweisen. Dass auch Griechenland an dem nordischen Handel teilnahm, geht daraus hervor, dass man zahlreiche griechische Münzen in Skandinavien, besonders im südlichen Schweden bis nach Finnland hin aufgefunden hat. Unzweifelhaft ging schon sehr früh eine Landhandelsstraße vom Schwarzen Meer, Donau aufwärts durch Ungarn, Polen und Westdeutschland nach dem Norden. Dass es später die Römer waren, welche sich dieses nordischen Handels bemächtigten, liegt in der Entwickelung der Verhältnisse bedingt, obgleich bei diesem politischen Wechsel die Bezugsquellen und Handelswege nicht wesentlich alteriert wurden. Es ist anzunehmen, dass der Landhandel in der früheren Zeit die Kommunikation hauptsächlich vermittelte und weit wichtiger war als der Seehandel. Erst in der nachchristlichen Zeit und noch mehr, als die Skandinavier selbst ein seefahrendes Volk wurden, fiel dem Seehandel ein wesentlicher Anteil an dem Handelsverkehr zwischen Nord- und Südeuropa zu, natürlich immer zuerst durch Vermittlung von Zwischenstationen, von wichtigen Stapel- und Hafenplätzen.

Diese Entwickelung des europäischen Handels entspricht auch ganz der Entwickelung der nordischen Bronzekultur. Es war nicht zu verwundern, dass die barbarischen Bewohner des Nordens die goldschimmernden, schönfarbigen Gefäße, Geräte, Schmucksachen und Waffen gern eintauschten gegen ihre Tierfelle und ihre Kriegsgefangenen, die als Sklaven nach dem Süden geführt wurden. Im Gegensatz zu dieser Auffassung wollen nun die modernen „nordischen Forscher“ behaupten, dass der fremde Einfluss auf die Entwickelung der skandinavischen Bronzetechnik nur ein unbedeutender, vorübergehender gewesen sei, dass allerdings die ersten Bronzegeräte den Skandinaviern durch den Handel zugeführt worden seien, dass sich aber alsbald eine selbständige, umfangreiche Bronzetechnik daselbst etabliert habe, dass sich ein selbständiges Kunstgewerbe und eine selbständige Geschmacksrichtung entwickelt habe, und dass alle die kunstvoll gearbeiteten Bronzen des Nordens dieser originellen, nordischen Bronzeindustrie ihren Ursprung verdanken. Die Skandinavier hatten in der Folge nur das Rohmaterial, wie Montelius meint, in der Form fertiger Bronzebarren aus dem Auslande bezogen. Es ist wohl überflüssig, diesen Standpunkt im Einzelnen zu bekämpfen. Er beruht zunächst auf der Unterstellung, dass die in Skandinavien gefundenen Formen originelle, nordische Formen, sogenannte nordische Typen seien. Wo dieselben Formen im Süden gefunden werden, müssen sie aus dem Norden eingeführt sein. Es wird also selbst ein bedeutender Exporthandel unterstellt. Wo in aller Welt sind aber — ganz abgesehen von der Unmöglichkeit, dass sich ein metallurgisches Kunstgewerbe bei einem barbarischen Steinvolk, welches im übrigen in seiner ganzen Rohheit versunken blieb, so rasch entwickeln konnte — wo sind die Spuren einer so bedeutenden, selbständigen Industrie geblieben? Für eine solche Technik müssten doch entsprechende Werkzeuge, Anlagen, Arbeitsstätten, Warenlager vorausgesetzt werden. Von alle dem findet sich bei den, nach germanischer Sitte zerstreut wohnenden Nordländern keine Spur und bei ihrem ersten Auftreten in der Geschichte erscheinen die nordischen Germanen noch unkultivierter und wilder, wie die Germanen des Kontinents. Wohl hat sich allmählich, wie dies überall da der Fall war, wo Bronzegeräte in Verwendung standen, eine gewisse metallurgische Technik der Form- und Schmelzkunst entwickelt, soweit, dass man imstande war, abgängige Bronzegeräte, den Bruch, zu den landläufigsten, einfachsten Gegenständen umzugießen. Engelhardt konstatiert, dass wohl einige Bronzegegenstände im eigenen Lande gefertigt wurden, und Lisch ist der Ansicht, dass einige jüngere Bronzen im Lande selbst gegossen sind, während die in den Kegelgräbern vorkommenden, mit schönem edlen Rost überzogenen, immerhin eingeführte Arbeit sein mögen. Dies steht weit ab von der Behauptung der jetzigen Schule, die Alles und gerade die besten Arbeiten als Produkte nordischer Industrie erklärt.

Unsere Ansicht geht dahin, dass die durch den Handel und Verkehr angeregte Bronzetechnik des Nordens nur eine beschränkte war, dass sie sich, wie auch in anderen Gegenden Europas nur mit dem Umschmelzen von Bronzebruch und dem Gießen der gewöhnlichsten Geräte befasste, während die kunstvollen Bronzen importierte Waren sind. Es geht dies schon daraus hervor, dass diese letzteren weit mehr Tand und Schaugeräte, als Gegenstände notwendigen oder unentbehrlichsten Gebrauches waren.

Ist auch die Zahl der in den nordischen Museen gesammelten Bronzen eine beträchtliche, so fällt doch der Mangel an Mannigfaltigkeit der Verwendung auf, namentlich wenn man einen vergleichenden Blick auf die Funde von Süd- und Mitteleuropa, z. B. auf den Fund von Hallstadt, wirft. Handwerksgeräte fehlen fast gänzlich, Ackergeräte sind kaum nachweisbar. Dagegen finden sich sonderbare Hängegefäße in großer Zahl, die wahrscheinlich als Räucherbecken gedient haben und entschieden etrurischen Charakter zeigen. Dann werden die Bronzeschwerter des Nordens als besonders charakteristisch angeführt. Dieselben Schwertformen, deren größte Eigentümlichkeit in einem auffallend kurzen Griff besteht, finden sich auch im übrigen Europa und können durchaus nicht als spezifisch „nordisch“ bezeichnet werden. Die überlegene Kunst, welche sich an diesen schöngearbeiteten, kunstvoll verzierten Klingen zeigt, deutet allerdings auf eine hohe Technik, die aber nicht in Skandinavien, sondern in etrurischen Fabriken ihre Heimat hatte. Im ganzen erscheinen diese reichdekorierten, schönen Schilfblattschwerter als Prunkwaffen, wenigstens waren sie gewiss nur Waffen der Vornehmsten. Von den Dolchen, Messern und Schildbuckeln, von den schönen Spangen, den Ringen und Diademen lässt sich dasselbe sagen. Wir haben keinen Grund, näher auf diese Technik einzugehen. Für uns ist das Wichtigste, dass der Gebrauch des Eisens, der den Nordländern schon vor der Einführung der glänzenden Bronzewaren bekannt war, auch während dieser Bronzeperiode im Gebrauche blieb, wie durch mancherlei Funde bestätigt wird. Die Bearbeitung der Bronzen setzt ebenfalls bereits die Anwendung von Stahlwerkzeugen voraus; dass die Punzierung und Gravierung der kunstvollen Bronzegeräte mit Bronzewerkzeugen ausgeführt sein könne, ist ebenso unmöglich, wie die Bearbeitung der großen Granitfiguren der Ägypter mit Bronzemeißeln, wir verweisen in dieser Beziehung auf die gediegene Untersuchung Hostmanns. Auch würden die Nordländer, wenn sie das Eisen noch nicht gekannt hätten, von den Händlern, die ihnen die Bronze brachten, sicher auch das Eisen kennen gelernt haben, da wir bestimmt wissen, dass alle in Frage kommenden Handelsvölker in der Zeit des Beginnes der nordischen Bronzezeit das Eisen verwendeten, und mit Eisenwaffen ausgerüstet waren. Gerade daraus, dass die Skandinavier das Eisen schon kannten, lässt sich erklären, dass die Fremden ihnen mit Vorliebe oder ausschließlich die Bronze, die sie nicht kannten und hoch bezahlten, ver handelten. Allerdings tritt das Eisen bei den Grabfunden zurück, die Gegenstände aus diesem Metall sind einfach und unscheinbar, auf ihre Herstellung war wenig Kunst verwandt worden. Gerade dadurch aber erweist sich die Eisendarstellung als national. Das Eisen war zu gering, zu gewöhnlich, um als Totenbeigabe für die Helden zu dienen. Dass man es aber zur Zeit der Bronzeperiode kannte, ist erwiesen und dass es in viel ausgedehnterem Gebrauch stand als aus den Grabfunden zu folgern wäre, ist nicht zu bezweifeln, denn aus was bestanden wohl die notwendigsten Geräte und Werkzeuge zu jener Zeit? Hätten dieselben aus Bronze bestanden, so würden sie erhalten geblieben sein, dann müssten wir sie finden. Werkzeuge aus Bronze sind aber im Norden sehr selten gefunden worden. Aus was bestand die gewöhnliche Holzaxt, das Beil des Zimmermannes, die Hacke und Schippe des Landmannes? Diese notwendigen Geräte müssen die Nordländer gehabt haben, wenn sie auch nicht imstande waren, die ihnen zugeschriebenen Kunstarbeiten aus Bronze herzustellen. Da sie das Eisen kannten, so werden diese Geräte, wie überall, aus diesem geeignetesten und billigsten Metall hergestellt worden sein. Dass wir keine Überbleibsel davon finden, ist nicht zu verwundern, denn wie selten finden sich dieselben Geräte aus den Jahrhunderten vor Christi Geburt in den südlichen Ländern, woselbst deren Verwendung ausdrücklich bezeugt ist. Im Norden aber, in dem feuchten Klima, wo Sommerhitze und der Frost des Winters schärfer kontrastieren, ist das metallische Eisen noch weit rascher der gänzlichen Zerstörung unterworfen.

Nach dem Schema der nordischen Gelehrten wäre das Eisenzeitalter erst nach Christi Geburt dem Nordlande erschienen. Nach einigen soll dies wiederum durch eine politische Umwälzung, durch den Einbruch eines eisenkundigen Volkes geschehen sein, Hildebrandt bezeichnete dieselben als den Stamm der „Götar“, der aus dem inneren Russland kam, nach anderen war es der eisenführende römische Kulturstrom, der diesen Ursprung bewirkte. Für uns haben diese ganzen Erörterungen nordischer Gelehrten über das Eisenalter und zwar sowohl die über das erste, was bis zum 5. Jahrhundert in Schweden gedauert haben soll, als die über das zweite, was bis etwa zum Jahre Eintausend hinaufreichen soll, nur sehr geringes Interesse, denn die Behauptung, dass erst nach Abschluss der Bronzezeit etwa im 2. Jahrhundert n. Chr. der Gebrauch des Eisens im Norden bekannt geworden sei, ist unrichtig und das Material, was zur Illustration der sogenannten beiden. Eisenalter in den nordischen Museen erhalten ist, bietet für unsere metallurgische Untersuchung wenig Veranlassung zu Erörterungen. In den Erklärungen der nordischen Gelehrten macht sich auch hier wieder die Sucht bemerklich, Alles und namentlich das Beste einer einheimischen Industrie zuzuschreiben. Wir haben dies bereits bei den zu Nidam gefundenen römischen Schwertern oben erwähnt, die, obgleich sie römische Namen der Verfertiger und Fabrikzeichen trugen, doch nordischen Künstlern zugeschrieben worden sind.

Werfen wir nun einen kurzen Blick auf die in Nordeuropa gefundenen eisernen Geräte, so finden wir, dass die Eisenverarbeitung im Norden schon in sehr früher Zeit bekannt war. Dies wird durch die Originalität gewisser häufig vorkommender Formen bestätigt. Es gilt dies ganz besonders von einer oft wiederkehrenden halbmond- oder halbringförmigen Form eiserner Messer (Wiegemesser) (Fig. 165 bis 170), die einerseits in die Form eines Hackmessers (Fig. 171 u. 172), andererseits in die Säbelform übergehen (Fig. 173 bis 175), von denen einige allerdings wieder an bekannte altetruskische (Fig. 173) und ägyptische (Fig. 174 u. 175) erinnern. Der Schaftkelt (Fig. 176) ähnelt den Formen von Hallstadt; ebenso die eisernen Messer mit Bronzegriff (Fig. 177). Charakteristisch sind ferner die eisernen Pinzetten (Fig. 178), der eiserne Halbring (Fig. 179) und die eisernen Armringe (Fig. 180). Die Lanzenspitzen (Fig. 181) gleichen bekannten Formen. Geradezu als importiert sind die Schwerter von dem berühmten Moorfund von Vimose (Fig. 182) zu betrachten, von denen die (Fig. 182) abgebildeten mit denen von Hallstadt übereinstimmen, während die in Jütland ausgegrabenen vollständig die Form der Schwerter von la Têne (Marin) zeigen.

Der Übergang aus der Bronzezeit in die Eisenzeit war durchaus kein plötzlicher, wie dies besonders auf der Insel Bornholm nachzuweisen ist, von der Einwanderung eines Eisenvolkes, das die Bronzekultur plötzlich vernichtete, kann also gar nicht die Rede sein. Vom zweiten Jahrhundert ab wurden die Skandinavier in Krieg mit Rom verwickelt, da hörte die eigentliche Handelsverbindung, der Bezug der Bronzewaren auf, andererseits drückte die Kriegsnot den Nordländern das eiserne Schwert in die Hände und zwang sie zu vermehrter Beschaffung dieses Metalls aus eigenen Quellen und zu erhöhten Leistungen auf dem Gebiete der Eisenverarbeitung und damit war die Bronzezeit begraben.


Eiserne Messer: 165 von Bornholm; 166 von Schweden; 167 Westpreußen; Dombrowo, Sammlung (Torn), Ostpreußen; 168 Pommern (Persanzig) und Mecklenburg; 169 Hannover (Heyhausen, Amt Fallersleben) und Holstein; 170 Brandenburg (Wustrau); 171 Sachsen und Lausitz; 172 Mecklenburg; 173 u. 174 Schlesien und Posen (häufig z. B. im Urnenfeld von Beichau); 175 Mecklenburg, Kothendorf.


Ist die älteste Geschichte Skandinaviens auch noch in vielfaches Dunkel gehüllt, so hat doch der Eifer der Archäologen bereits manches Licht über diese prähistorische Zeit verbreitet und wir haben uns deshalb umso lieber bei diesen archäologischen Kontroversen aufgehalten, weil die nordischen Gelehrten im Vordertreffen des Meinungskampfes über die metallurgische Entwickelung stehen und weil die mitgeteilten Ergebnisse auf den größten Teil des übrigen Europas anwendbar sind.

Es ist deshalb nur ein scheinbarer Sprung, wenn wir uns von Skandinavien der Schweiz zuwenden und die interessanten Ergebnisse der Untersuchung der Pfahlbauten vom metallurgischen Standpunkte aus beleuchten. Hier wie dort verdanken wir die Bereicherung unserer Kenntnisse fast ausschließlich der archäologischen Forschung.

Selten wohl hat eine archäologische Entdeckung solche Sensation hervorgerufen, als diejenige des Pfahlbaues bei Meilen im Zürichersee und die geniale Interpretation derselben durch Ferdinand Keller. Lange schon waren den Fischern die zahlreichen alten Pfahlstumpfen in der Nähe der Seeufer bekannt, aber über ihren Ursprung wusste man nichts und niemand gab sich die Mühe, danach zu forschen. Erst als im Winter 1853/54 der Wasserspiegel des Zürichersees ungewöhnlich tief sank, so dass die Pfähle des Pfahlbaudorfes von Meilen bloßgelegt wurden, lenkte der Lehrer von Ober-Meilen, Herr Äppli, die Aufmerksamkeit der antiquarischen Gesellschaft von Zürich und speziell Ferdinand Kellers auf die mannigfachen Funde, die er innerhalb des Pfahlgebietes gemacht hatte. Nach genauer Prüfung erkannte Keller, dass die unscheinbaren Pfahlreste die Fundamente eines einstmals bewohnten Seedorfes gewesen sein mussten, und seine klare verständige Erklärung wurde die Veranlassung zu rasch aufeinanderfolgenden Entdeckungen, die seine Theorie bestätigten und erweiterten. In fast allen Seen der Schweiz fanden sich die Reste ähnlicher Ansiedelungen, welche eine so reiche Ausbeute von Fundobjekten gewährten, dass aus ihnen in kurzer Zeit die Lebensweise einer vergessenen, unbekannten Bewohnerschaft, der längst verschollenen Vorfahren eines großen Teils des Schweizervolkes bis zur Evidenz nachgewiesen werden konnte. Weit in das Steinzeitalter, d. h. in die Zeit vor der Bekanntschaft mit den Metallen, reichten diese Ansiedelungen zurück, die aber zum Teil bis in die historische Zeit, bis in die Zeit der römischen Herrschaft fortgedauert haben müssen.

So auffallend es auf den ersten Blick erscheinen mochte, dass ganze Dörfer von den Urbewohnern der Schweiz in das Wasser gebaut gewesen sein sollen, so plausibel erschien dieses Vorgehen bei näherer Betrachtung. Gerade der Mangel an Verteidigungsmitteln gegen alle Arten von Feinden, gegen feindliche Menschen und feindliche Tiere, mussten die Bewohner veranlassen, möglichst schwer zugängliche Wohnungen zu bauen und da lag der Gedanke solcher Wasserbauten, die durch das einfache Aufziehen der Verbindungsbrücke unzugänglich gemacht werden konnten, nahe. Auch sind derartige Anlagen durch die Geschichte bezeugt und bei Völkern ähnlichen Kulturzustandes heute noch in Gebrauch, so z. B. auf Neuseeland, in Venezuela, wo die Indianer solche Wasserhütten bauen, um sich vor den wilden Tieren und dem massenhaften Ungeziefer zu schützen. Herodot beschreibt solche Wasserdörfer, die zu seiner Zeit noch in Thrazien bestanden. Er meldet: „Die Päonier vom See Prasias (in Thrazien) waren durchaus nicht zu unterwerfen. Nichtsdestoweniger versuchte es Megalazos. Ihre Häuser waren in folgender Weise gebaut:

Mitten im See stehen zusammengesetzte Gerüste auf hohen Pfählen und dahin führt vom Lande nur eine einzige Brücke. Und die Pfähle, auf denen die Gerüste ruhen, richteten in alten Zeiten die Bürger gemeinsam auf; nachher aber machten sie ein Gesetz und nun machen sie es also:

Für jede Frau, die ein Mann heiratet, holt er drei Pfähle aus dem Gebirge, das der Orbelos heißt und stellt sie unter; es nimmt sich aber ein jeder viele Weiber. Sie wohnen aber daselbst auf folgende Art: Es hat ein jeder auf dem Gerüst eine Hütte darin er lebt, und eine Falltür durch das Gerüst, die da hinuntergeht in den See. Die kleinen Kinder binden sie mit einem Fuß an mit einem Seil, aus Furcht, dass sie hinunterfallen. Ihren Pferden und ihrem Lastvieh reichen sie Fische zum Futter. Davon ist eine so große Menge, dass, wenn einer die Falltür aufmacht und einen leeren Korb an einem Strick hinunterlässt in den See und zieht ihn nach kurzer Zeit wieder hinauf, so ist er ganz voll Fische.“

Ebenso gibt uns der Text zu Albufedas Karte von Syrien die Beschreibung von Pfahlbaudörfern. In Irland bestanden solche See-Ansiedlungen, die Crannoges, Holzinseln, bis in das Mittelalter hinein. Überhaupt überzeugte man sich bald, dass diese Pfahlbauanlagen nicht auf die Schweiz beschränkt waren; man entdeckte solche in den Seen Ober- und Mittel-Italiens, im Starenberger See und in den Seen Norddeutschlands. Daraus ging klar hervor, dass diese Anlagen nicht einem Stamme eigentümlich, sondern dass die dortigen Anlagen im Steinzeitalter allgemein gebräuchlich waren. Es ist durchaus verkehrt zu glauben, dass alle Bewohner jener Gegenden, wo sich Pfahlbauten finden, damals ausschließlich in diesen Wasserdörfern gewohnt hätten, vielmehr waren diese Anlagen zunächst nur Fischerdörfer, die aber allerdings im Kriege auch als Zufluchtsort benutzt wurden. In diesem Sinne erhielten sie sich denn auch bis in historische Zeiten hinein, als die Bewohner bereits mit den Metallen und Metallwaffen bekannt geworden waren. Bemerkenswert ist, dass bei den Pfahlbauten des Alpengebietes die Bronzefunde derart vorherrschen, dass, wenn man die erhaltenen Objekte als alleiniges Beweismittel nimmt, die unmittelbare Folge einer Bronzezeit auf die Steinzeit und vor der Eisenzeit für jenes Gebiet sehr wahrscheinlich erscheinen würde. Auch ist gerade in der Schweiz eine solche Aufeinanderfolge im gewissen Sinne noch eher denkbar als im Norden. Zunächst ist es klar, dass den Pfahlbauern die Kenntnis der Metalle und die Metallgeräte selbst zuerst von auswärts zugeführt wurde. Der Übergang aus der Stein- in die Metallzeit ist ein so allmählicher, dass nicht angenommen werden kann, dass ein Bronzevolk oder ein Eisenvolk das Steinvolk überwältigt und verdrängt hätte. Metalle und Metallgeräte kamen also durch den Handel nach der Schweiz. Dass dem so war, geht schon daraus hervor, dass die Pfahlbaudörfer der Bronze- und Eisenzeit sich ausschließlich in der Westschweiz finden, in dem Gebiete, wo der Handel mit Italien und Frankreich nach Deutschland und dem Norden sich bewegte, während die Pfahlbauansiedelungen der östlichen und nordöstlichen Schweiz alle schon in der Steinperiode untergingen, oder um dies wohl richtiger auszudrücken, dass die Pfahlbaubewohner der Ostschweiz bis zum Untergange ihrer Ansiedelungen so arm blieben, dass sie nie in den Besitz von Metallgeräten gelangten. Die zahlreichsten Pfahlbauansiedelungen gehören der Steinperiode an. Da es nicht unsere Aufgabe ist, diese näher zu schildern, so verweisen wir auf die gediegenen Berichte über die Pfahlbauten von Ferdinand Keller.

Die Stationen der Bronzezeit finden sich, wie bereits bemerkt, hauptsächlich in der westlichen Schweiz, dann aber auch in den italienischen Seen besonders bei Peschiera am Gardasee und im Würmsee in Bayern. Betrachtet man das reiche Material der Sammlungen, so bekommt man allerdings den Eindruck, als ob die Bewohner der Westschweiz in jener Zeit sich fast ausschließlich der Bronze zu allen möglichen Geräten und Werkzeugen bedient hätten. Eisenfunde neben Stein und Bronze sind verhältnismäßig selten.

Werfen wir einen Blick auf die Bronzefunde aus den Pfahlbaudörfern, so erstaunen wir zunächst über die Mannigfaltigkeit der Verwendung und die Kunst der Ausführung. Aus beiden ergibt sich, dass die Herstellung der Bronzegegenstände keine Erfindung der barbarischen Bewohner war, sondern dass sie als fertige Produkte eines industriellen Volkes durch den Handel eingeführt wurden. Wo der Ausgangspunkt für diese Erzeugnisse zu suchen sein mag, ist hier noch viel weniger zweifelhaft als bei den entsprechenden Produkten des Nordens. Wir haben die uralten phönizischen Ansiedelungen am Po kennen gelernt, durch welche die dort ansässigen Etrusker zuerst mit der Metallverarbeitung bekannt wurden. Die Etrusker waren stammverwandt mit den Bewohnern des Alpengebietes, sie scheinen von Norden her in die Pogegenden eingewandert zu sein. Die Etrusker waren in der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. immer noch das wichtigste Metallvolk, das mit seinen Erzeugnissen, wie Plinius sagt, die ganze Welt überschwemmte.


Mag schon zur Zeit der Phönizier ein Handelsverkehr von Italien durch die Westschweiz nach dem Rheintal bestanden haben, sicher bestand eine solche Verbindung schon lange ehe die Römer die Helvetier unterjochten. Aus dieser Periode stammen die Metallgeräte der Pfahlbaudörfer, namentlich die Bronzefunde, die in Form und Charakter ihre vorwiegend etruskische Abstammung nicht verkennen lassen. Durch den regen Handelsverkehr muss sich in jener Zeit in der westlichen Schweiz großer Wohlstand und eine dichte Bevölkerung entwickelt haben. Auch blieb den Eingeborenen die Verarbeitung der Metalle nicht fremd. Sie lernten von den Fremden die Kunst die Bronze in Formen zu gießen und stellten die gewöhnlichen Gebrauchsgegenstände selbst dar. Besonders zu Morges am Neuenburger See wie zu Möhringen am Bielersee hat man zahlreiche Gussformen gefunden. Die Gussformen waren zweiteilig aus Stein (Molasse) hergestellt, in der Weise, dass die Form des Gegenstandes in den Stein eingegraben wurde. Fig. 183, 184, 185 zeigen einige charakteristische Formen von Möringen, aus der Sammlung von Dr. Groß. Ein Tongefäß, in der Form ähnlich einem Pantoffel, welches bei Robenhausen gefunden wurde, hält man für einen Bronzeschmelztiegel. Es scheint, dass der Guss hauptsächlich aus altem Material, aus Bronzebruch hergestellt wurde, dafür spricht der Umstand, dass die Zusammensetzung der Bronze gerade der gewöhnlichen Gegenstände sehr schwankend ist.


Beim Umschmelzen von Bruch fehlte den Alten fast jedes Mittel eine bestimmte Mischung zu erzeugen. Dies scheint der einzige Grund, warum gerade die gewöhnlichen Bronzen der Pfahlbauten, welche Fellenberg analysiert hat, so sehr schwanken.


Übrigens kannten diese Urbewohner der Schweiz Zinn und Kupfer. Man hat ziemlich viele Gegenstände aus reinem Kupfer gefunden. Ebenso hat man eine Stange Zinn zu Estavayer (Neuenburger See) und ein verziertes Rädchen von Zinn zu Auvernier gefunden, wie auch die Verzierung von Tongefäßen mit Zinnstreifen vorkommt. Da die Bronzen der Pfahlbauten meist nickelhaltig sind, während die römischen kein Nickel, dagegen häufig Blei enthalten, so hat man daraus den Schluss gezogen, dass das Kupfer im Lande selbst gewonnen wurde, und zwar aus nickelhaltigen Kupfererzen der Südschweiz oder Tirols. Wie dem auch sei, jedenfalls ist ein großer Teil der gefundenen Gegenstände, wie die schönen Hängebecken, die vollständig mit den nordischen übereinstimmen, und die Schwerter mit den kleinen Handgriffen importierte Ware.


Eiserne Gegenstände finden sich in den Pfahlbauanlagen mit Ausnahme der berühmten Niederlassung von la Têne, verhältnismäßig selten. Indessen fehlen sie durchaus nicht gänzlich. Am Bieler und am Neuenburger See gibt es eine Anzahl von Stationen, in welchen alle Perioden vertreten, d. h. in denen Gegenstände von Stein, Bronze und Eisen nebeneinander vorkommen.


Eine der bemerkenswertesten ist die von Nidau-Steinberg, hier fanden sich neben Stein- und Bronzewerkzeugen mancherlei Gegenstände von Eisen, besonders Steine, die mit einem Ring von Eisen umgeben waren, und die entweder als Gewichte für große Fischernetze, oder wahrscheinlicher statt Anker dienten (Fig. 186). Ebenso fanden sich dort eiserne Spitzen (Fig. 187), wahrscheinlich die Schuhe von Schifferstangen. Gegenstände von Eisen fand man ferner am Bielersee zu Sutz, Latringen, Hageneck, Neustadt und Wingels. Ein schönes eisernes Schwert wurde bei Möhringen aufgefunden. Am Neuenburger See fanden sich neben Stein- und Bronzegeräten Eisengegenstände zu Gletterens, Bevaix, Cortaillod und Font. Die berühmteste Eisenstation ist aber La Têne bei Marin, wo sich eine große Menge schöngearbeiteter und wohlerhaltener, eiserner Waffen, Werkzeuge (Fig. 190) und Schmucksachen gefunden hat.


Zu La Têne herrscht das Eisen vor, Bronze fand sich nur wenig. Am bemerkenswertesten sind die wohlerhaltenen Waffen, unter diesen namentlich eigentümlich geschweifte Lanzenspitzen (Fig. 188) und prachtvolle Schwerter (Fig. 189) in schönverzierten Blechscheiden. Die Klingen sind 80 bis 90 cm lang, flachgeschmiedet, ohne Bügel. Von dem Griff ist nur die Angel übrig, welche 13 bis 15 cm lang ist, einer gewöhnlichen Menschenhand entsprechend. Die Klingen zeigen in der Mitte eine streifige Zeichnung, während die Schneiden scharf und glatt sind.


Auf den Klingen sind meist Fabrikzeichen eingeschlagen (Fig. 189 d). Herr Keller hat 10 solcher Fabrikmarken mitgeteilt, die meistens an den Halbmond erinnern, das aus dem Orient stammende Symbol der wandernden Astarte, welches aber auch häufig auf gallischen Münzen vorkommt. Die Scheiden sind öfter mit Figuren verziert (Fig. 191 b). Die [Abbildung] Fig. 191. Bronzehefte mit Stahl tauschiert (Fig. 191 a, c). Desor hat die Waffen von La Têne mit denen zu Alise (Alisia) im Departement Côte d’or ausgegrabenen verglichen und findet große Übereinstimmung. Zu Alesia ergab sich Vercingetorix dem Cäsar. Desor schließt deshalb auf gallischen Ursprung der Waffen von La Têne. Übrigens konstatiert Desor doch auch sehr bemerkenswerte Abweichungen zwischen den Waffen von La Têne und denen von Alise. Während die Schwertklingen von La Têne alle da, wo die Klingen in den Dorn übergehen, zierlich ausgeschweift sind, waren die Klingen von Alise quer abgestutzt.

Von den übrigen Waffen, die zu La Têne gefunden wurden, erwähnen wir nur noch einer eigentümlichen Lanzenspitze mit gewelltem Rand. Die Wellung, welche ohne Zweifel den Zweck hatte, die Wunde gefährlicher zu machen, entspricht einigermaßen der Beschreibung, welche Diodor (lib. V, cap. von dem einen Typus des gallischen Sauniums mit zickzackförmigem Rand hinterlassen hat. Von den zu La Têne aufgefundenen Geräten erwähnen wir eiserne Sensen und Sicheln, eiserne Beile, Pferdegebisse, von den Schmucksachen Fibeln und Ringe. Auch Münzen wurden aufgefunden und zwar solche, die den alten gallischen Münzen entsprechen, doch auch zwei römische Asses, eins von Tiberius, das andere von Claudius. Es folgt daraus, dass die Ansiedelung von La Têne bis in die römische Kaiserzeit hinein bestanden hat. Desor vermutet, dass sie die ganze Periode von der Zeit, da Massilia griechisch-phönizische Kolonie war, bis in die Mitte des ersten Jahrhunderts bestand.

Über das Alter der Pfahlbauten lassen sich nur ganz ungefähre Vermutungen und Berechnungen aufstellen. Morlot hat es versucht, auf Grund der geologischen Schichten, resp. auf Grund der Dicke der abgelagerten Schicht seit der römischen Zeit, die er bei dem Durchschnitt der Eisenbahn durch den Schuttkegel von Tinière bei Villeneuve am Genfer See beobachtete, eine Zeitberechnung für die verschiedenen Perioden anzustellen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Steinzeit 47 bis 70 Jahrhunderte, die Bronzezeit 29 bis 42 Jahrhunderte zurückliege. Diese Zahlen mögen recht interessant sein, können aber keinen Anspruch auf Authentizität machen. Die Trennung der Schichten, welche der Bronze- und der Steinzeit angehört haben sollen, ist so willkürlich und unsicher, die Basis der Berechnung, nämlich die Dicke der angeschwemmten Schicht seit der römischen Herrschaft als Maß für die Ablagerungen der tieferen Schichten so problematisch, dass das Resultat keinen positiven Wert hat. Wir werden kaum annehmen können, dass phönizische Bronze vor der Zeit des trojanischen Krieges bereits in die Schweiz eingeführt worden sei. Diese Zeit würde aber nach Morlot ungefähr mit dem Ende seiner berechneten Bronzeperiode zusammenfallen. Vor dem Jahre 1000 v. Chr. hätte bereits die Eisenzeit in der Schweiz begonnen, eine Annahme, die wir für nicht unmöglich halten, die aber mit den sonstigen Berechnungen der Dreiteilungsanhänger wenig in Einklang steht. Es ist durchaus nicht erwiesen, dass es eine zeitlich getrennte Bronze- und Eisenzeit zur Zeit der Pfahlbauten gegeben hat. Man hat bereits so viele Gegenstände von Eisen neben Stein- und Bronzegeräten gefunden, dass die Entdeckung des Eisens nach einer 1300jährigen reinen Bronzezeit kaum aufrecht zu erhalten sein dürfte. Allerdings ist die Verwendung des Eisens in dieser Periode keine sehr ausgedehnte, der Handel bot den Bewohnern der Pfahlbauten Bronzewaffen und Geräte so leicht und bequem, dass das Eisen in den Hintergrund gedrängt wurde. Da wir aber trotzdem das Eisen in Anwendung finden und zwar für Gegenstände von geringem Werte, wie die Schuhe der Schifferstangen, die Ringe um die Steinanker der Fischernachen, die man, wenn Bronze billiger gewesen wäre, gewiss aus Bronze gemacht haben würde, so dürfen wir schließen, dass den Leuten das Eisen bekannt war, dass es billiger war als Bronze und dass sie es deshalb auch wohl im eigenen Lande gewannen. Es liegt genügendes Material vor, um diese Auffassung zu begründen. In verschiedenen Gegenden der Schweiz sind uralte Eisenschmelzplätze aufgefunden worden, die, so paradox dies lauten mag, aus dem Bronze- und selbst aus dem Steinzeitalter stammen, d. h. bei und in denen man Steinwerkzeuge und Bronzegeräte gefunden hat. Eine uralte Eisengewinnung bestand am Gonzen bei Sargans im Kanton St. Gallen, die später auch von den Römern noch fortbetrieben wurde. Auf dem Burgberge in Vilters fanden sich uralte Eisenschlacken und Schmelzstätten mit keltischen und römischen Altertümern. Außer den prähistorischen Schmelzen in der südlichen Hochschweiz ist besonders auch der Berner Jura reich an solchen alten Eisenschmelzstätten. Quiquerez, ein Bergbeamter, also technisch gebildet, hat diese untersucht und beschrieben. Die Zahl dieser Schmelzstätten ist so groß, dass angenommen werden muss, die Eisengewinnung auf den Höhen des Jura müsse viele Jahrhunderte lang betrieben worden sein. Der Verfasser führt nicht weniger als 61 auf, die er bestimmt für vorrömisch erklärt. Bei nicht weniger als 12 Schmelzplätzen fand man Steinwerkzeuge und ganz alte Topfscherben (poterie gouloise), bei zwei fanden sich gallische Bronzemünzen. Der Betrieb ging in römischer Zeit fort, doch fanden sich nur fünf mit Funden, die als römisch anzusprechen sind. Sieben gehören dem Mittelalter an. Von 73 untersuchten waren 61 vorrömisch. Daraus lässt sich ein Schluss auf die lange Dauer des Betriebes in jener Gegend machen. 157 sind außerdem bekannt, haben aber keine charakteristischen Fundstücke ergeben. Gewiss gehören diese fast alle der prähistorischen Zeit an. Es ist von Interesse, einen Auszug aus Quiquerez’s Schrift mitzuteilen.

Der Verfasser war durch eine Untersuchung über die Bergwerke, Waldungen und Schmieden des alten Bistums Basel, die er 1855 publizierte, auf die Reste viel älterer Eisenschmelzstätten im Jura aufmerksam geworden. Er verfolgte die Spuren von 1855 bis 1864 und hatte besonders in dem letzten Jahre Gelegenheit, den ganzen Berner Jura nach allen Richtungen zu durchstreifen, wobei er zahlreiche alte Schmelzstätten, einige mit noch erhaltenen Öfen auffand. Er publizierte die Resultate seiner Untersuchung 1866 in einem Aufsatz: „De l’age du fer. Recherches sur les anciennes forges du Jura Bernois.“ Weitere Entdeckungen und eine eingehende Diskussion über die von ihm veröffentlichten Ansichten veranlassten die von uns bereits angezogene Schrift.

Die Lage der alten Schmelzstätten war, wie Hesiod es beschreibt, „im entlegenen Waldtal“. In den unbewohntesten Tälern, wo noch heute nicht Feld noch Wiese, sondern Wald anzutreffen, sind sie am häufigsten. Wo sie sich im Gebiete des Ackerlandes finden, sind sie älter als die Rodung. Uralte Bergpfade und Reitwege lassen sich noch erkennen, die der vorrömischen Zeit angehören, denn bei Pierre-Pertuis bezeugt eine Inschrift, dass die Römer den alten Weg verbessert haben.

Die Wahl der Schmelzstätten war auch hier überall bedingt durch die leichte Beschaffung des Holzes, deshalb findet man sie zumeist mitten im Walde. Die Nähe eines Baches war bei weitem weniger maßgebend für eine solche Anlage. Es fanden sich nur 20 an einem Wasserlauf, 200 dagegen abseits von solchen, davon manche an einfachen Quellen.

In späterer Zeit entstanden nicht selten an den Stellen dieser Schmelzstätten Ortschaften, Weiler oder Meiereien. Auffallend häufig kommen derartige Ansiedelungen vor, die ihre Namen von den alten römischen Bezeichnungen faberca, ferraria, faber, fornax u. s. w. herleiten, z. B. Faverge, Ferriere, Fornet, Fornax, Montfavergier, Courfaivre (curtis fabrum); an all diesen Plätzen lassen sich alte Eisenschmelzen nachweisen. Oft finden sich alte Schmelzstätten an den Plätzen, die bei den Bewohnern im Verruf sind und nicht selten finden sie sich in der Nähe solcher Höhlen, die einstmals bewohnt gewesen sein mögen. In einer Grenzbeschreibung der Abtei Bellelay im Jura aus dem 14. Jahrhundert, kommt der Ausdruck vor: carenna antiquarum fabricarum. Die Nähe von Eisenerzen war nur in zweiter Linie bestimmend für die Wahl des Schmelzplatzes, da der Transport des Eisenerzes, wohl in Säcken auf dem Rücken, keine Schwierigkeiten bot. Immerhin durften die Stellen, wo das Erz gefunden wurde, nicht weit entfernt sein, weshalb man auch in den Teilen des Jura, wo Eisenerze selten sind, sehr wenig Reste von Schmelzstätten antrifft. Dasselbe kann von dem feuerfesten Ton, dessen man sich zur Errichtung der Öfen bediente, gesagt werden. Spuren von eigentlichem Bergbau sind selten, das feste Gestein bot den unvollkommenen Werkzeugen unverhältnismäßigen Widerstand. In vielen Gegenden des Jura ist das Gestein so eisenreich, dass sich das Erz leicht auf der Oberfläche sammeln lässt. Doch finden sich Reste alter Eisenbergwerke von sehr hohem Alter, und in diesen eiserne Werkzeuge von fremdartigen Formen. Aber auch Steinwerkzeuge fanden sich in diesen alten Gruben und zwar von Feuerstein und von Jaspis. Ebenso haben sich in einigen Eisenschmelzstätten Steinäxte und stumpfe Meißel gefunden. So benutzten also die Bergleute, die den Eisenstein gewannen, wie die Schmelzer, die das Metall ausschmolzen, die jedenfalls noch allgemein gebräuchlichen und billigeren Steinwerkzeuge, während sie selbst das Metall herstellten, das für dieselben Gegenstände so weit geeigneter war und jedenfalls von den Schmieden in den wohlhabenderen Ansiedelungen auch schon dazu verarbeitet wurde. Der Höhlen, die sich in der Nähe der Eisenschmelzen finden, haben wir schon Erwähnung getan. Als Eisengewinnungsplätze sind sie wohl nicht anzusehen, da sich nur Spuren von Erz in ihnen finden. Sie dienten als Wohnstätten und an viele haben sich Sagen geknüpft, die noch fortleben, von Gnomen und schwarzen Zwergen, die dort ihre Schätze verborgen hätten. Viele Schatzgräber haben schon früher diese Höhlen durchwühlt und selbst Bischöfe von Basel und Äbte der Umgegend haben sich durch diese Überlieferungen zu kostspieligen Nachgrabungen verführen lassen. Manche Familie ist darüber verarmt, denn man fand nur wertlose Gegenstände. Aber das Alter und die Zähigkeit der Tradition weisen bestimmt auf eine uralte Metallindustrie eines verschollenen Volkes hin, das in den Höhlen wohnte, wahrscheinlich in der Weise mancher Tatarenvölker, mit vorgebautem Dach und Vorraum von Holz. Überall lässt sich erkennen, dass Holzkohle das Brennmaterial war. Meilerstätten finden sich fast bei allen Schmelzen. Bei Bellelay fand sich eine solche unter einer Torfablagerung von 20 Fuß Dicke. 12 Fuß darüber fanden sich Pferdereste mit Hufeisen und 2 Fuß unter der Oberfläche zwei Rollen von Münzen, von denen die jüngste von 1477 stammte. Hieraus berechnet sich unter der Voraussetzung, dass die Bildung der oberen 2 Fuß Torf 400 Jahre gedauert hätte, für die Hufeisen 2000 bis 2400 Jahre und für den Kohlenmeiler |0639 : 617| Einleitung zum Mittelalter. mehr als 4000 Jahre. Eine Berechnung, die wir freilich für ebenso unsicher halten, wie die oben angeführte von Morlot.


Die Konstruktion der Schmelzöfen (Fig. 192 u. 194 bis 196), die alle ähnlich sind und nur in der Größe verschieden gewesen sein mögen: war folgende: Auf dem natürlichen Boden, ohne weitere Fundamentierung, führte man den Herdboden aus feuerfestem Ton 15 bis 20 cm dick auf. Nun bildete man von demselben Ton stückweise die Wände, indem man diese von außen durch unbearbeitete Steine stützte, und diese mit gewöhnlicher Erde fest ausfüllte.


Der Umfang des Erdkegels wurde öfter noch mit einem zweiten Steinkranz umkleidet. 4 bis 5 cm über der Sohle des Schmelzherdes wurde ein Schmelzkanal offen gelassen, der die ganze Breite des Herdes hatte, flach gewölbt war und sich nach außen erweiterte. Er wurde aus feuerfestem Ton, vielleicht über eine Schablone hergestellt, den Ausgang bildeten einige große Steine, die mit einer Steinplatte bedeckt waren, ähnlich etwa, wie bei den oben beschriebenen Feuerstätten der römischen Hypokausten. Die Wände des Schmelzraumes, des Gestelles, waren 30 bis 45 cm dick.


Der Schacht war zylindrisch und etwa um den halben Durchmesser nach der Gicht zugeneigt, so dass Kohle und Erz auf der Brustseite, wie wir sagen würden, niedergehen mussten und der Wind freier durchströmte. Die Schachthöhe betrug 2,50 bis 2,70 m, die Gicht war noch mit einem Kranze von rauen Steinen umkleidet.


Der Ofen wurde von oben beschickt, wie gewöhnlich. Der Wind trat, nach der Ansicht von Quiquerez, allein durch die Brustöffnung zu und war nicht durch Bälge hervorgebracht, sondern natürlicher Luftzug. Die einzige Brustöffnung diente demnach als Form, als Schlackenloch und als Ausziehloch für die Luppe. Dass man darin mit eisernen Stangen oder Krücken arbeitete, um die Schlacke herauszuziehen, die Luppe zu lüften u. s. w., lässt sich nach der Angabe des Verfassers noch an den Ritzen am Boden und den Seitenwänden erkennen. Diese Krücken hatten einen hölzernen Stiel. Man hat noch die Eisen mit Dülle gefunden. Die Haupthitze war gerade vor dem Stichloch. Hier zeigen sich die Wände stets verschlackt, während der Ton der Rückwand nur gebrannt erscheint. Der Verfasser nimmt auch an, dass die Arbeit eine kontinuierliche gewesen sei. Die Schlackenhaufen um jeden Ofen sind sehr beträchtlich und bezeugen einen lange fortgesetzten Betrieb. Fig. 193 gibt ein Phantasiebild des Verfassers einer solchen Eisenschmelze.

Es erscheint zweifelhaft, ob es möglich war, ohne künstlichen Wind die Reduktion des Eisenerzes in diesen Öfen zu bewerkstelligen, ebenso müssen wir die Kontinuität der Arbeit für problematisch halten. Indessen ist es immerhin auffallend, dass der Verfasser, der so viele zum Teil noch ziemlich erhaltene Trümmer von Schmelzöfen untersucht hat, nirgends Anzeichen von künstlicher Windführung, namentlich keine der gebräuchlichen Tonformen gefunden hat. Die Luppen können der Brustöffnung nach nicht mehr als 15 bis 25 kg gewogen haben.

Der Verfasser erwähnt, dass ihm bereits über 400 Eisengruben und Schmelzstätten im Jura bekannt seien, von denen er mehr als 230 selbst besucht habe. Er teilt diese folgendermaßen ein:

Alte Gruben aus der ältesten Eisenzeit 10

Eisenschmelzen mit Steinwerkzeugen und gallischen Tongefäßen 12

Solche, an welche sich Überlieferungen von Bergmännchen knüpfen11

Öfen in der Nähe heiliger Felsen 9

Eisenschmelzen, in denen man gallische Münzen gefunden ha t 2

Solche mit Eisenscheiben, ähnlich den spartanischen 1

Solche mit Eisengerät aus der ersten Eisenzeit 16

Summa 61

Solche mit römischen Überresten 5

Solche mit mittelalterlichen Überresten 7

Solche ohne Reste oder unaufgedeckt 157

230

Nach dieser Tabelle sind die prähistorischen Eisenschmelzhütten am zahlreichsten vertreten.


In drei Eisenschmelzen fand man Steinbeile, teils geschliffene, teils zugehauene. In mehreren aber sogenannte Reibsteine von Kiesel. Wieder in einzelnen Topfscherben, ähnlich denen der Neuzeit. Ferner fanden sich bearbeitete Hirschgeweihe, Eber- und Bärenzähne und in den alten Gruben neben anderem Eisengerät, die (Fig. 197) abgebildeten Eisenwerkzeuge. Auch die früher beschriebenen, zugespitzten Luppen haben sich dort gefunden, wie in manchen anderen Gegenden der Schweiz.

Einzelne unverarbeitete, meist blasige Brocken von Eisen fanden sich von sehr verschiedener Qualität, die auf den ungleichen Ausfall des Prozesses schließen lassen.

Eigentümliche Werkzeuge von Eisen fand Quiquerez, so einen 40 kg schweren Hammer, der nicht wohl mit der Hand bewegt werden konnte, dann die Geräte und Werkzeuge eines hausierenden Eisenschmiedes; erwähnenswert ist auch ein Zuschlaghammer und ein Nageleisen.

Aus diesen interessanten Mitteilungen ergeben sich die unzweifelhaftesten Tatsachen, dass es bereits in uralter Zeit einheimische Eisengewinnung in der Schweiz gab, deren Alter bis in die Steinzeit hinaufreicht; dass diese Eisenwerke schon vor der Zeit der römischen Herrschaft, zur Zeit der Pfahlbauansiedelungen, in schwunghaftem Betriebe standen. Hieraus folgt weiter, dass das Eisen den Bewohnern der Schweiz schon weit früher bekannt war, als von den Anhängern der Dreiteilungsperiode angenommen wird, dass das Eisen gleichzeitig mit der Bronze bekannt war und benutzt wurde und wahrscheinlich schon vor der Einführung der Bronze durch fremde Händler von den Eingeborenen gewonnen wurde. Allerdings scheint auch hier die Bronze die Verwendung des Eisens während einer längeren Periode beschränkt und zurückgedrängt zu haben.

Wir haben schon oben erwähnt, dass die Pfahlbauten sich durchaus nicht auf die Schweiz beschränken, dass sie sich bis Mittelitalien einerseits, bis an die Ostsee und nach Irland andererseits erstrecken. Wir können unmöglich hier diese Fundstätten im Einzelnen beschreiben und es genügt zu konstatieren, dass im allgemeinen die Verhältnisse denen in der Schweiz analog waren.

Die Pfahlbauten sind durchaus nicht die einzigen Fundstätten von Eisen aus prähistorischer Zeit in der Schweiz und in Mitteleuropa. Es sind großartige Funde von Eisengeräten durch Ausgrabungen im festen Boden gemacht worden, die der prähistorischen Zeit angehören, bis zur Periode der Pfahlbauten zurückreichen und Licht verbreiten über die Technik sowohl, als über die Herkunft der schönen Eisenwaffen in den Pfahlbauansiedelungen.

Die interessanteste Fundstelle dieser Art ist das Grabfeld von Hallstadt in Oberösterreich. Dieses ausgedehnte Totenfeld wurde von der österreichischen Regierung von 1847 bis 1864 unter der umsichtigen Leitung des Bergmeisters Georg Ramsauer systematisch aufgedeckt und bildet einen der großartigsten Funde, die im nördlichen Europa gemacht worden sind. Die Zahl der Gräber, die aufgedeckt wurden, beträgt 993 und die Zahl der Fundstücke 6084. Nirgends hat man eine solche Mischung von Bronze- und Eisengeräten gefunden. Die Kunst der Verarbeitung beider Metalle muss auf hoher Stufe gestanden haben und doch reicht das Alter dieser Gräber über die Zeit der römischen Invasion hinaus.

Das herrlich gelegene Hallstadt, geschützt auf der einen Seite durch den tiefgrünen See, andererseits durch den gewaltig aufsteigenden Bergstock des Dachstein, bildet nicht nur eine der reizendsten, sondern auch der geschütztesten Lagen Österreichs. Diese geschützte Lage einerseits, das Vorkommen reicher Salzlager andererseits führte zur Gründung des Städtchens. Dem Salz verdankt Hallstadt, d. h. Salzstadt, seinen Namen, das Salz war die Quelle seines Wohlstandes, der in jener fernen Zeit, aus der das Totenfeld herrührt, weit größer gewesen sein muss, als in den letzten Jahrhunderten. Die geschichtlichen Überlieferungen über den Hallstädter Salzbergbau gehen nur bis zum Jahre 1311 zurück, es unterliegt aber keinem Zweifel, dass lange vor dieser Zeit schon die heidnischen Bewohner Salz durch regelrechten Bergbau gewannen. Am Wege von Hallstadt nach den Salzbergwerken, nahe da, wo 16 Stollen übereinander in die Bergwand des Plassen getrieben sind, um die Salzsohle zu lösen, liegt eine freundliche Wiese von einem Buchwald umsäumt. Dies ist das Totenfeld des Volkes, welches hier vor etwa zwei Jahrtausenden im Frieden und Wohlstand lebte. Die Arten der Bestattung waren mannigfach, wir verweisen in dieser Beziehung auf die oben angeführte interessante Schrift. Die Totenbeigaben waren reichlich und abwechslungsvoll. Von Waffen fanden sich Schwerter, Dolche, Lanzen, Pfeile, Äxte, Helme und Schildbuckel; von Geräten: Messer, Feilen, Ambosse, Zangen, Fischangeln, Nähnadeln, Pfriemen, Nägel und Wetzsteine, selbstverständlich waren Schmuckgegenstände entsprechend vertreten.

Von den Schwertern waren die meisten Langschwerter mit Klingen von 2 bis 3 Fuß Länge. Hiervon fand man 28. Von diesen waren 19 ganz aus Eisen, 6 aus Bronze, während die übrigen Eisenklingen und Bronzegriffe hatten. Die Form der Klingen ist im allgemeinen die schilfblattförmige, dabei laufen die meisten Klingen nicht allmählich zu einer Spitze zu, sondern winkelig, ähnlich den römischen Schwertern (Fig. 198 b). Alle Klingen sind zweischneidig und haben einen Grad in der Mitte. Der Griff ist länger wie bei den Bronzeschwertern, 3 bis 3½ Zoll, oben mit einem Knauf. Fig. 198 a zeigt eins der schönsten Eisenschwerter dieser Art mit verziertem, mit Bernstein eingelegtem Elfenbeinknauf. Die Klinge ist 3 Fuß lang, 1 Zoll 9 Linien durchschnittlich breit und ist der ganzen Länge nach mit drei feinen Rippen versehen, oben am Heft hat sie zwei Widerhaken, der eigentliche Griff zwischen Knauf und Bügel ist 3½ Zoll lang. Die ganze Arbeit zeigt von hoher Kunstfertigkeit. Ebenso charakteristisch ist das Kurzschwert, Fig. 198 c, mit 11½ Zoll langer Klinge mit wohlerhaltener, gestreifter Mittelrippe von höchst vollendeter Schmiedearbeit.

Wie die eisernen Schwertklingen im allgemeinen den Bronzeklingen ähnlich sind, so lehnt sich auch die Form der Eisenbeile (Fig. 200) an die der Bronzebeile (Palstäbe — Kelten) an. Fig. 199 a zeigt ein eigentümlich geformtes, eisernes Beil mit Dülle, in dem noch das Holz steckt. — Die eisernen Palstäbe überwiegen die aus Bronze.


„Keine Waffe ist in den vorchristlichen Gräbern allgemeiner als der Speer, besonders in der Zeit, als das Eisen schon allgemein verwendet wurde. Auch im Hallstädter Grabfeld fand sich selten ein Grab, welches durch sonstige Beigaben oder die Form des Skeletts als das eines Mannes gekennzeichnet war, ohne eine oder mehrere Lanzenspitzen; bei ärmer ausgestatteten waren sie häufig die einzige Waffe. Das Eisen erscheint hier bedeutend vorwiegend, denn während nur zwei aus Bronze gefertigte zum Vorschein kamen, fanden sich eiserne in großer Zahl, sowohl bei begrabenen, als bei verbrannten Leichen und zwar an allen Stellen des Leichenfeldes, am häufigsten aber gegen den südlichen Rand desselben, wo überhaupt das Eisen gegen die Bronze zunimmt, aber auch in Partien, welche in den ersten Jahren der Entdeckung aufgegraben wurden, waren sie, wie überhaupt eiserne Waffen, sehr zahlreich.“

Unter den vielen Lanzenspitzen führen wir nur die Fig. 199 b abgebildete ihrer Qualität wegen an. Sie war von seltenster Erhaltung; die größtenteils ganz rostfreie Oberfläche zeigt noch die alte Polierung und man erkennt sogar deutlich an regelmäßigen, wellenförmigen Linien der Struktur eine Art Damast. Die Oberfläche hat eine solche Härte, dass sie sich von dem besten englischen Stahl kaum ritzen lässt, an den Schneiden sogar demselben widersteht; Scheidewasser bringt keine Wirkung hervor und lässt bloß die graue Farbe des trefflichen Materials noch deutlicher hervortreten. Wir haben es hier also mit einem ganz vorzüglichen Stahl zu tun.


„Das Messer, dieses vielfach verwendete, unentbehrliche Werkzeug, das auch noch heutzutage jeder Gebirgsbewohner bei sich trägt, findet sich in den meisten Gräbern, namentlich fast ausnahmslos bei den Männern; bei brandlos Bestatteten lag es gewöhnlich zur Linken des Skeletts, Viele waren durch Rost zerstört, doch liegt an wohlerhaltenen eine nicht geringe Anzahl vor. Die Klingen bestehen in der Regel aus Eisen, bronzene gehören zu den Seltenheiten; sie sind mit wenigen Ausnahmen gekrümmt, so dass die Schneide oben ausgebogen, unten eingezogen erscheint. Am häufigsten kommen kleine 2½ bis 5 Zoll lange Messer vor von starker, fast sichelförmiger Krümmung, die sich auch in der Heftangel fortsetzt, so dass der Griff mit der Klinge einen stumpfen Winkel bildet.“

Von eigentlichen Handwerkszeugen fanden sich Meißel, ein Amboss eine Feile, Zangen, Pfriemen u. s. w. von Eisen.

Von Interesse sind zwei Gräber, die den Beigaben nach als Gräber von Hüttenleuten, Schmelzern anzusehen sind. Dem einen ist ein flacher Kuchen von Bronze von 2½ Zoll Durchmesser, 5 Lot Gewicht, sowie eine ringförmige Komposition von Kupfer und Wismut, beigelegt. Fernere Beigaben sind blasige Schlacken, die dem Kupferhüttenprozess entstammen. Dies war also das Grab eines Kupferschmelzers.

In dem zweiten Grabe lag auf den verbrannten Überresten ein Stück Roteisenstein, stark abfärbend, eine beim Eisenschmelzprozess gewonnene Schlacke und eine aufgeblähte, blasige Schlackenmasse, ebenfalls das Resultat eines hüttenmännischen Prozesses, dabei eine Nadel mit kugeligem Kopf von Bronze. Diese beiden Gräber sind von der größten Bedeutung für die Entscheidung der Provenienz der Hallstädter Altertümer. Eisenschlacken finden sich nicht selten als Totenbeigaben, zu oft, um als zufällig zu erscheinen. Vielmehr verdienen gerade diese Beigaben die allerhöchste Beachtung. Sie gehören zu den Gaben, die die Beschäftigung der Abgeschiedenen bezeichnen sollen. Dass diese scheinbar so wertlose Gabe den Toten mitgegeben wurde, beweist das Alter und das hohe Ansehen des Gewerbes der Eisenschmelzer und der Eisenschmiede. Wir werden noch öfter auf ähnliche Totenbeigaben zurückkommen.

Nach der Übersicht der gesamten Fundergebnisse waren in 538 Gräbern mit beerdigten Leichen an Waffen und Geräten nur 91 von Bronze, dagegen 207 von Eisen; in den 455 Brandgräbern 146 Waffen und Geräte von Bronze, dagegen 291 von Eisen. Die Schmucksachen in beiden Arten von Gräbern waren dagegen vorwiegend aus Bronze.

Wirft man einen Blick auf Material und Technik der Funde zu Hallstadt, so fällt zunächst auch der oft sehr bedeutende Nickelgehalt bei der Komposition der Bronzen auf. Nickel scheint manchmal das Zinn in der Mischung vertreten zu sollen. Im allgemeinen nähert sich die Mischung des gebräuchlichen von 1:10.

Die Kunst der Behandlung der Bronze durch Hämmern und Treiben erscheint auch bei den Hallstädter Fundstücken als eine ganz hervorragende. Über das Eisen äußert sich der Verfasser folgendermaßen:

„Das Eisen treffen wir in sehr ausgedehnter Verwendung; fast alle Klingen der Schwerter, Dolche und Messer, deren Griffe gewöhnlich von Bronze sind, eine Anzahl von Beilen oder Äxten, sowie weitaus die meisten Spieße bestehen aus diesem Metall; auch zu Nägeln nahm man es gerne, als Schmuck erscheint es dagegen seltener in einem einzigen Exemplar einer Spiralfibel und in verschiedenen Ringen, Knöpfen, Kleiderschließen und Gürtelhaken. Die technische Behandlung erweist sich auch hier als eine vorzügliche und tritt an den äußerst präzis gearbeiteten, oft ungemein zierlich und fein gerippten Klingen der Schwerter und Dolche besonders hervor. Das Material ist vortrefflich und sehr rein; dies bezeugen sowohl die nur so ermöglichte reine Ausführung, als auch viele, noch ganz wohl erhaltene und schleifbare Stücke.

Es scheint nicht, dass man es verstand, die Klingen völlig in Stahl zu verwandeln (?), wenigstens ist das Innere der noch erhaltenen weich, und leicht zu schneiden, auch müssen sie sehr biegsam gewesen sein ohne große Elastizität, dies zeigt sich an einer ganz zusammengebogenen Dolchklinge und einer anderen, die beim Biegen nur einen Riss am Rücken erhielt ohne zu brechen. Klingen aus bloßem Eisen wären aber wenig brauchbar gewesen, auch ist die Oberfläche der erhaltenen außerordentlich hart und spröde, es ist daher nicht zu bezweifeln, dass man das Eisen zu härten und durch Glühen unter Kohlen und Ablöschen wenigstens an der Oberfläche zu stählen wusste, ja die oben erwähnte Klinge zeigt sogar eine Art Damast Die noch zum Teil ganz scharfen Schneiden geben einen weiteren Beweis dafür. Die Speerspitzen und Keile mit ihren langen Schaftröhren bezeugen die große Wissenschaft im Schmiedehandwerk. Auch die Mannigfaltigkeit der Formen, das Raffinement des Geschmackes, ebenso wie die Vorzüglichkeit des Materials beweisen eine Technik, die weit über das barbarische Genügen am Tand und Flitter hinaus ist.“

Trotz des Reichtums der Totenbeigaben hat sich in den Gräbern weder eine Münze, noch eine Inschrift gefunden, welche eine Zeitbestimmung erlaubte. Aber gerade diese Abwesenheit von Münzen einerseits, wie die Art der Bestattung andererseits beweisen ihr hohes Alter. v. Sacken hält sie für keltisch und setzt sie in die zweite Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr., in die Zeit, die der römischen Herrschaft vorausging. Jedenfalls standen die durch ihren Salzhandel wohlhabenden Bewohner Hallstadts schon in lebhaftem Handelsverkehr mit Italien, vor allem mit den Etruskern, wie viele charakteristische Fundstücke beweisen. Bemerkenswert ist, dass viele der eisernen Gegenstände sich ganz ähnlich in den Pfahlbauten von La Têne und in dem Schlachtfelde bei Alesia wiedergefunden haben.

Fragen wir nach der Nationalität der Bestatteten, so ist es am wahrscheinlichsten, dass es Taurisker waren, welche in der reichen Salzstadt ansässig gewesen sind. Wir wissen, dass diese in der römischen Provinz Noricum wohnten und durch ihren Bergbau und ihre Geschicklichkeit in Verarbeitung der Metalle, namentlich des Eisens, berühmt waren. Strabo und andere römische Geschichtsschreiber nannten die Taurisker ein keltisches Volk. Demnach wären sie mit den Bewohnern Norditaliens, den Etruskern, Galliern und den Pfahlbauern stammverwandt gewesen. Die Taurisker waren auch wegen ihres Goldreichtums berühmt, welches sie in den hohen Tauren, im Rauris- und Gasteinertal gewannen. Die Römer standen schon ehe sie das Land annektierten, wenigstens vom 2. Jahrhundert v. Chr. ab, mit den Tauriskern in freundschaftlichem Verkehr. Als sie das Land im Jahre 13 v. Chr. ihrem Reiche einverleibten, bemächtigten sie sich auch der Goldbergwerke, der Salzbergwerke von Hallein, und der berühmten Eisengruben und Schmelzen.

Noricum wurde als kaiserliches Krongut von einem Prokurator verwaltet. Während die Goldbergwerke, wie überall in ärarischem Besitz blieben, verpachtete man die großen Eisenbergwerke und wahrscheinlich auch die Salinen. Sicher ist, dass im 3. Jahrhundert zu Hallstadt eine römische Ansiedelung bestand. Bei dem alten Ruhme der norischen Schwerter ist wohl anzunehmen, dass die schönen Waffen der Grabfunde zu Hallstadt von den Tauriskern selbst angefertigt wurden.

Auch die Funde von Hallstadt beweisen, dass das Eisen den Bewohnern von Noricum schon in prähistorischer Zeit bekannt war und dass sich die Aufeinanderfolge einer Bronze- und Eisenzeit nicht erweisen lässt.

Mancherlei Spuren uralter Eisenindustrie finden sich in Tirol, Steiermark, Kärnten und Krain. Auch in den slavischen Provinzen Österreichs, namentlich in Böhmen und Mähren, sind prähistorische Eisenschmelzen aufgefunden worden.

Das Grenzgebirge zwischen Mähren und Böhmen, welches unbestimmt als Mährische Höhe, Mährisches Hügelland, Mährisches Gebirge bezeichnet wird und welches den Römern als Luna silva bekannt war, ist reich an Eisenerz. Die Erze dieser Berge, sowie die der Sudeten werden noch heute ausgebeutet und sind wichtige Quellen des Wohlstandes für das nordwestliche Mähren. Hier war wohl das Land der Quaden, von denen Ptolemäus erzählt, dass sie bekannt seien durch ihre Eisenerzeugung. Zahlreiche Schlackenhaufen bedecken die Abhänge der Berge. Aber auch Reste uralten Tiefbaues finden sich. In dem alten Mann der Eisensteingrube von Kiritein fand man eiserne Spitzhacken von absonderlicher Gestalt, aber auch einen zerbrochenen Steinhammer. Dr. Wankel beschreibt eine uralte Eisenschmelzstätte bei den, drei Stunden nördlich von Brünn gelegenen Ortschaften Rudic und Habruvka. Das Erz ist ein toniger Brauneisenstein, der in der dortigen oberen Juraformation vielfach zu Tage austritt. Rudic hat seinen Namen von dem slavischen ruda, Erz, Eisen, und war nach schriftlichen Überlieferungen schon vor dem 10. Jahrhundert wegen seiner Eisengewinnung berühmt. „Die Spuren der prähistorischen Eisenschmelzen lassen sich über ein mehr als 1 qkm weites Waldgebiet von Rudic bis nach Hobruvka verfolgen. Vorzugsweise sind es aber drei große, über mehr als 100 qm sich ausbreitende Schmelzplätze, die sich durch die vielen, isoliert stehenden Schlackenhaufen kennzeichnen. Sie liegen größtenteils an solchen Stellen, wo Erzlager nahe an die Oberfläche treten und daher leicht gefunden werden konnten.“ In dem Gebiete dieser Schlackenhalden fand Dr. Wankel viele Tiegel und Töpfe. Er nimmt deshalb an, das Erz sei in Tiegeln ausgeschmolzen worden, was aus technischen Gründen kaum glaublich erscheint. Indes wollen wir im Auszug mitteilen, was er darüber anführt:

Er unterscheidet zwei Arten der Schmelzung. Bei der älteren soll eine Gruppe kleinerer, mit Schmelzgut gefüllter Tiegel auf dem flachen Boden gestanden haben. Um diese sei Brennmaterial gehäuft worden, das man vielleicht durch einen Blasebalg anfachte und so soll das Eisen in den Tiegeln geschmolzen sein. Wie auf eine solche Weise eine genügende Temperatur entstehen konnte um Eisen zum Schmelzen zu bringen, ist schwer zu verstehen. Auch wäre auf diese Art, genügende Temperatur vorausgesetzt, kein schmiedbares Eisen, sondern Gusseisen entstanden, mit dem die Alten für ihren Zweck nichts anfangen konnten. Wankel sagt:

„Ich fand in dem kaum eine Viertelstunde von dem Dorfe Rudic entfernten Walde in einer Tiefe von einem drittel Meter, ganze Gruppen topfartiger Tiegel von 20 bis 25 cm Höhe, 18 bis 20 cm Breite, die mitunter an ihrer äußeren Oberfläche verschlackt waren. Sie standen in einer schwarzen mit Kohlen und Asche geschwängerten Erde. Einige dieser Tiegel waren mit Erde gefüllt, in anderen aber befand sich noch das Schmelzgut, das den Topf oft nur bis zur Hälfte ausfüllte. Dieses Schmelzgut bestand aus einer porösen, eisenhaltigen, schwarzen Schlacke, die gegen den Boden des Gefäßes zu metallischer, kristallinischer und brüchiger wurde, zugleich aber an Dichtigkeit zunahm; ein Tiegel enthielt noch die vollständige Luppe, wie sie sich aus dem Schmelzsatz ausgeschmolzen hatte; sie hatte die Gestalt des Tiegelraumes angenommen und bestand aus einem schwarzen, metallisch glänzenden schlackigen Eisen. Die Tiegel waren größtenteils so mürbe, dass es nicht gelang, auch nur den kleinsten Scherben herauszubekommen, was erklärlich ist, da sie so nahe der Oberfläche gelegen den Einflüssen der Atmosphärilien zu sehr ausgesetzt waren. Sie sind aus einer grauschwarzen, sehr zerreiblichen sandigen Masse gearbeitet worden, deren Hauptbestandteil wohl der feuerfeste, Rudicer Ton ist.“

Ist dieses erste Verfahren mit der metallurgischen Erfahrung schon schwer in Einklang zu bringen, so ist dies bei dem zweiten noch weit schwieriger.

„Das zweite Verfahren, das ich als wahrscheinlich jünger annehme, da es komplizierter gewesen ist, war nachstehendes: Es wurde eine 2 m lange, 1 m breite und ebenso tiefe Grube gegraben, in dieselbe auf einen in der Grube etwas erhöhten Boden ein 35 bis 36 cm hoher, nach unten etwas wenig ausgebauchter Tiegel gestellt, der 30 bis 32 cm Durchmesser und eine 4 bis 4½ cm dicke Wandung hatte. Nahe am Boden dieses Tiegels waren ringsherum vier bis sechs Stück 12 bis 13 cm lange, 5 cm dicke tönerne Röhren angebracht, die sich etwas nach abwärts neigten und mit ihrem 2 cm weiten Kanale in den Tiegelraum, mit dem freien abgerundeten Ende aber in eine kleine, in den Boden der Grube gemachte schalenförmige Vertiefung mündeten. Nachdem das Schmelzgut samt Kohle in den Tiegel getan ward, wurde rings um den Tiegel die Grube mit Brennstoff angefüllt, derselbe angezündet und von beiden Seiten mit einer Blasevorrichtung in das Feuer geblasen und so die Glut angefacht, bis das geschmolzene Eisen durch die Röhren in die schalenartige Vertiefung abfloß, dem dann die flüssige Schlacke folgte und so war der Prozess vollendet. Ob irgendein Flussmittel dem Erze beigemengt wurde, wird die Schlackenanalyse ergeben; die vielen halbgebrannten, in den Abfallhaufen liegenden Kalkbrocken machen dies wahrscheinlich. Um für die Blasevorrichtung Raum zu bekommen, wurden die Gruben länger als breiter gemacht.

Das Eisen, welches durch eine solche Schmelzweise erzeugt wurde, war ein körniges, weißes und sprödes Eisen, mehr weniger von kalkbrüchiger Beschaffenheit.

Ich fand mehrere solcher Gruben. Eine davon lag in dem, dem Dorfe Rudic nahen Walde; ihre Wände waren festgebrannt, jedoch sie selbst, außer wenigen Tiegelresten und zerbrochenen Röhren, bereits ausgeräumt. Glücklicher war ich beim Auffinden jener, die auf einem mäßigen Abhange in der Nähe des Dorfes Habruvka im Walde lagen, der mit dem Namen u Kalu (beim Sumpfe) bezeichnet wird, worin hunderte von Schlackenhaufen liegen, die meist so situiert sind, dass größtenteils die Schmelzgrube oberhalb derselben sich befindet. In einer dieser Gruben stand noch der Tiegel halb mit Schlacke, halb mit Erde gefüllt. Er war so mürbe, dass es nur mit größter Vorsicht möglich war, größere Bruchstücke herauszunehmen, die sechs Röhren waren alle von demselben abgebrochen, jedoch in ihrer ursprünglichen Lage mit dem freien Ende gegen die Grübchen gerichtet; einige waren noch mit der im Fluss erstarrten Schlacke entweder ganz oder zur Hälfte ausgefüllt, andere waren an ihrem freien Ende mit Schlacken umhüllt. In den schalenartigen Vertiefungen befanden sich noch mitunter Reste von Eisen oder sie waren mit Schlacke erfüllt, die die Form der Schale angenommen und mit einem kurzen Halse sich in den Kanal der Röhre fortsetzte. Die Tiegel selbst bestehen aus feuerfestem mit vielen Quarzkörnern durchmengtem Tone, der nicht weit von den Schmelzplätzen ansteht. Sie wurden an Ort und Stelle geformt, wofür die hergerichteten und ungebrannten Tonklumpen, die hie und da in den Schlackenhaufen vorkommen, sprechen. Das Erz war der, an Ort und Stelle vorkommende Brauneisenstein, der, um ihn mürbe zu machen und vom Schwefel zu befreien, früher, bevor er zur Verwendung kam, geröstet wurde, wie es die geringen Vorräte desselben in den Schlackenhaufen beweisen. Mitunter befanden sich neben den Schmelzgruben kleine Haufen, die meist zerbrochene Röhren, Tiegelreste, und einzelne Stücke Roheisen enthielten und durch das Ausräumen einer solchen Schmelzgrube nach vollendeter Schmelzreife entstanden sind.

Die Schlackenhaufen, von welchen ich einige untersuchte, hatten 6 bis 12 m im Umfange und ½ bis ¾ m Höhe; sie waren aus einer schwarzen, mit Holzkohle und nicht glasigen schwarzen Schlacken gemengter Erde zusammengesetzt, in welcher sich übermäßig viel durch Verspritzen der flüssigen Masse entstandene Schlacke und Eisenschrot befand. Außerdem lagen noch darinnen geröstetes Eisenerz, Stückchen gebrannten Kalks, feuerfester Ton, angebrannte und nicht angebrannte Knochen von Schwein, Schaf und Rind und eine große Menge zerstreut liegender Topfscherben nebst zerbrochenen Röhren- und Tiegelresten.“ Für den Techniker ist es wohl kaum nötig zu bemerken, dass dieser hypothetische Schmelzprozess in der beschriebenen Weise nicht stattgehabt haben konnte. Die hohlen Füße eines Topfes, denn so sind die Tiegel abgebildet, können unmöglich gleichzeitig Düsen und Abflussröhren gewesen sein, ganz abgesehen davon, dass sich auf diese Weise überhaupt Eisenerze nicht schmelzen lassen. Dabei soll das Produkt immer noch Schmiedeeisen gewesen sein.

Herr Dr. Wankel bringt nun diese Eisenschlackenhalden im Rudicer Wald in Verbindung mit einem merkwürdigen Höhlenfund in nächster Nachbarschaft, der Byčiskálahöhle. Wir wollen auch die Schilderung des Höhleninhalts wörtlich folgen lassen:

„Treten wir in die Höhle ein, so überrascht ein großer imposanter Dom, der durch von oben spärlich einfallendes Tageslicht dämmerig erleuchtet wird. Es ist dieses die imposante Vorhalle zu der langen, durch die Funde aus der Rentier- und Mammutzeit interessanten Grotte, in welcher Vorhalle ich vor einigen Jahren das große Grab eines Häuptlings aufgeschlossen habe, der auf einem hölzernen, mit Eisen beschlagenen und durch ornamentierte Bronzebleche gezierten Wagen auf einem hier errichteten Scheiterhaufen verbrannt wurde und dem seine Weiber, Knechte und Pferde mit ins Grab folgen mussten. Rings um diesen großen Brandschatz, die Reste dieses Scheiterhaufens, lagen über dreißig Skelette jugendlicher Frauen und einiger kräftiger Männer in allen möglichen Lagen, teils ganz, teils zerstückelt mit abgehauenen Händen und zerspaltenem Kopfe, vermischt mit zerstückelten Pferden, einzeln liegenden oder zu Haufen zusammengetragenen Gold- und Bronzeschmucksachen, Armbändern, Glasperlen, Bernsteinperlen und Bronzegehängen, mit Haufen von Gefäßscherben, ganzen Gefäßen, Bronzekessel und gerippte Kisten, mit Bein- und Eisengeräten u. s. w. Alles dieses lag bunt durch- und übereinandergeworfen, teilweise umhüllt mit großen Mengen verkohlten Getreides, unmittelbar auf dem geschwärzten, festgestampften lehmigen Boden der Höhle, 2 bis 3 m hoch, bedeckt mit riesigen Kalkblöcken und auf diesen geschüttetem Sand und Schotter.

Als ich die Blöcke hinwegräumen ließ, fand ich unter denselben nicht nur den Brandplatz, die Skelette und prachtvolle Objekte, sondern auch im fernsten Hintergrunde der Vorhalle einen über 20 Quadratmeter großen Platz, der mit Gegenständen anderer Gattung bedeckt war. Unter großen Mengen Asche und Kohle lagen solche Gegenstände, die nur in dieser Menge in einer Werkstätte für Metallwaren angetroffen werden können. Hier lag aufeinandergehäuftes, vielfach zerschnittenes, zerknittertes und zerbrochenes Bronzeblech, zusammengenietete große Bronzeplatten, bronzene Kesselhandhaben, Haufen von unförmigen Stücken halbgeschmiedeten Eisens, riesige Hämmer, Eisenbarren, Werkzeuge, schwere eiserne Stemmeisen und Keile, Feuerzange, Amboss, eiserne Sicheln, Schlüssel, Hacken, Nägel und Messer, ferner geschmiedete Bronzestäbe und Gussformen. Alles dieses war überschüttet, wie der ganze Opferplatz, mit verkohltem Getreide, bestehend aus Weizen, Gerste, Korn und Hirse.

Aus dem Charakter dieser Fundobjekte, den Lagerungsverhältnissen derselben und aus dem zur weiteren Bearbeitung angehäuften, vorrätigen Rohmateriale lässt sich mit Gewissheit auf eine Schmiedestätte schließen, wodurch längere Zeit nicht nur Eisen, sondern auch Bronze geschmiedet und verarbeitet wurde.

Die Schmiede mussten schon lange, bevor das Begräbnis in der Höhle stattfand, von ihr Besitz genommen haben, denn aus dem Umstande, dass auch die Schmiedestätte wie der übrige Platz der Vorhalle mit einer zusammenhängenden Lage großer Kalkblöcke bedeckt war, kann mit Sicherheit entnommen werden, dass sie schon vor dem Begräbnisse da war. Dass die Bedeckung des Opferplatzes und der Schmiedewerkstätte mit Blöcken gleichzeitig vor sich gegangen ist, erhellt aus der zusammenhängenden Lagerung der Blöcke; dass ferner diese Kalktrümmer gleich nach der Begräbnisfeierlichkeit, als noch die Glut des großen Feuers nicht erloschen war, dorthin gebracht und niedergelegt wurden, ergibt sich aus dem Umstande, dass dort, wo die Glut gewesen ist, die untere Lage der Kalkblöcke, welche unmittelbar auf der ⅔ m mächtigen zusammengepressten Kohle lagerten, zu Ätzkalk gebrannt war, der eine große Menge Bronzegegenstände und Eisenbestandteile des Wagens in sich schloss.

Die Werkzeuge, insbesondere die 6 bis 7 kg schweren, wuchtigen Eisenhämmer — von den Bergleuten Schlägel, Fäustel, palice genannt — von welchen ich 8 Stück gefunden, zeigen alle Spuren eines langen Gebrauches und mehr weniger starker Abnutzung. So ist ein Hammer infolge des Gebrauches mitten entzwei gebrochen; die kleinen Handhämmer haben breit geschlagene Enden mit eingebogenem, zackigem, ausgefranstem Rande und die Feuerzange einen durch Gebrauch abgebrochenen Arm. Und nicht nur an den Spuren eines langen Gebrauches der Handwerkzeuge, sondern auch an den unfertigen Gegenständen, deren Bearbeitung mitten in der Arbeit unterbrochen wurde, lässt sich erkennen, dass hier durch eine längere Zeit gearbeitet wurde. So verrät ein 8 kg wiegender, großer eiserner Keil seine Unfertigkeit dadurch, dass das eine Ende zwar schon in eine Spitze ausgehämmert, das andere aber erst im Beginne der Bearbeitung sich befindet; bei einem anderen 6 kg schweren Hammer fehlt noch das Stielloch, das nur erst angedeutet ist; ein dritter hat wohl das Stielloch, aber so klein, dass man annehmen muss, die Arbeit des Durchbohrens sei noch nicht vollendet. Die roh gearbeiteten Nägel sind oft nicht vollendet, gebogen und zerbrochen; die Bronzebleche in Streifen und unregelmäßige Stücke geschnitten, zusammengebogen, zerknittert und waren vermischt mit Abfällen, zerbrochenen Ringen u. s. w. auf einen Haufen geworfen und offenbar zum Zusammenschmieden oder Verschmelzen vorbereitet, für letzteres sprechen zwei Gussformen; die eine, aus Bronze, besteht aus drei Teilen und diente zum Gusse für flache Scheiben mit zwei Öhren und einem Tutulus in der Mitte, die andere bestand aus einem grauen Tonschiefer und diente für ein Zierstück und zwar eines kleinen vierspeichigen Rades mit am Rande besetzten Knöpfchen. Ein 35 cm langer Bronzestab lässt auf seinen Flächen die Spuren der Schläge des Hammers erkennen, ohne vollendet worden zu sein. Ein über ½ qm großes Kesselblech, der Seitenteil eines ⅔ m hohen, konischen Bronzekessels, ist in der Mitte vernietet und gerade gebogen; eine große bronzene Kesselhandhabe, bestehend aus einem großen schweren massiven Ringe an einer bandartigen Schleife, ist stark verbogen und zeigt dadurch, dass er mit großer Gewalt vom Kessel gerissen wurde. Noch mehr als alles dieses sprechen für eine Benutzung dieser Stelle als Schmiedestätte viele kleine Stückchen Schlacke, ferner kleine Eisenstäbe, an deren Ende Eisenklumpen angefrischt waren, wie es noch heute die Hammerschmiede tun und zuletzt das zur Bearbeitung angehäufte und verarbeitete Rohmaterial in Form von 6 bis 8 kg schweren, unregelmäßigen Bruchstücken, sehr harten und zähen, an den Bruchflächen schwarz metallisch glänzenden Luppeneisens, das sich als solches durch ungleiches Gefüge und einzelne Schlackenpartikelchen herausstellt und die Hämmerung durchgemacht hat. Diese Stücke besitzen eine so große Härte und Zähigkeit, dass sie nur mit dem größten Kraftaufwande, schweren Hämmern und großer Ausdauer zerschlagen werden konnten. Ich wollte einen solchen Eisenklumpen zerschlagen lassen, aber zwei Arbeiter, welche mit schweren Eisenschlägeln und Stahlmeißeln beinahe ½ Stunde arbeiteten, konnten kaum den sechsten Teil davon abtrennen. Es musste demnach dieses harte und zähe Rohmaterial ein vorzügliches Schmiedeeisen geben, das, wie die gefundenen Eisenbarren, in die Welt geschickt wurde. Solche schwere, vierkantige, zu beiden Seiten in lange, dünne Spitzen hinausgeschmiedete Eisenstücke, die man für Eisenbarren hält, sah ich in den Museen zu Mainz, Hamburg, Kiel und Christiania.

Wenn wir nun nach der Ursache forschen, warum die Schmiede diese schauerliche, in einer damals gewiss schwer zugänglichen Wildnis außer allem Verkehr gelegene Höhle zu ihrer Werkstätte erwählten, insbesondere da dem Transporte so großer, schwerer Gegenstände, wie das Rohmaterial, die Barren, die schweren Eisenhämmer, die Werkzeuge aus weiter Ferne große Hindernisse entgegenstanden, so kommen wir zur Überzeugung, dass der Grund hiervon die Nähe der oberhalb der Byčiskálahöhle gelegenen Luppenschmelzereien bei Rudic und Habruvka gewesen ist, um das da erzeugte Produkt an Ort und Stelle zu verarbeiten.“

Wenn wir bei dieser Beschreibung auch der lebhaften Phantasie des Verfassers entschieden Rechnung tragen müssen, so lässt sich doch nicht verkennen, dass der Inhalt der Byčiskálahöhle von höchstem Interesse ist. Auch hier ist das Zusammenvorkommen von Eisen und Bronze charakteristisch. Der Verfasser konstatiert auch, dass sein Höhlenfund viel Ähnliches mit den Hallstädter Funden darbietet und dass er den Eisenschatz mit den Schmelzstätten im Rudicer Walde in Verbindung bringt, scheint nicht ungerechtfertigt. Er schreibt dem ganzen Funde ein sehr hohes Alter zu, das wahrscheinlich über das 3. Jahrhundert hinausgeht. Die Zeitbestimmung solcher Funde ist unendlich schwer. Österreich und Deutschland sind erfüllt mit den Resten alter Eisenschmelzen. Aber nur selten findet sich irgendein Anhalt für ihre Altersbestimmung. Man findet sie im dicksten Hochwalde, an hohen Bergen. Das Alter der darüber gewachsenen Bäume gibt wohl den Beweis, dass diese Schmelzstätten vor sehr langer Zeit betrieben worden sein müssen, in welcher Zeit, bleibt aber meist unaufgeklärt.

So verhält es sich auch mit der zerstörten Stadt auf dem Berge Hradiste bei Stradonic in der Nähe von Pilsen in Böhmen, wo über 20000 Gegenstände von Gold, Silber, Kupfer und Eisen aufgefunden wurden, ohne römische Münzen, die also der vorrömischen Zeit zugerechnet werden müssen. „Sehr reich sind die Bronzefunde; auch fanden sich steinerne Gießformen, sowie Schmelztiegel mit anhaftenden Bronzeschlacken. Überwiegend aber waren die Eisenfunde und es ist zweifellos, dass das Eisen hier verarbeitet wurde, wie die gefundenen Eisenschlacken, Ambosse, Hämmer, Zangen und halbfertig geschmiedete Gegenstände, wie Fibeln, Messer, Pfeilspitzen, Sicheln, Sporen u. s. w. beweisen. Man schreibt die Stadt den alten Bojern (Boihaemi, Tacit. Germ. c. zu.

Bis jetzt hat man diesen Resten alten Eisenschmelzbetriebes, die sich auch in Mitteldeutschland überall finden, viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Systematische Aufnahmen und Untersuchungen würden gewiss mancherlei Aufschlüsse gewähren. Es ist schon ein großer Fortschritt, dass auf Anregung des Verfassers die preußischen Bergbeamten von der oberen Behörde angewiesen worden sind, alle die ihnen bekannten Funde dieser Art in die Revierkarten wenigstens bei Neuaufnahmen einzuzeichnen. Die geographische Verteilung dieser alten Waldschmieden bietet schon für sich ein großes Interesse dar und wird zu manchen Schlussfolgerungen führen.

In der norddeutschen Ebene und in Holland hat man diesen alten Schlackenhalden verhältnismäßig größere Aufmerksamkeit zugewendet. Es liegt dies wohl am meisten daran, dass diese Reste alter Eisenschmelzen den Einwohnern mehr auffielen, weil jetzt in diesen Gegenden gar keine Eisengewinnung aus den einheimischen Erzen mehr betrieben wird.

Über prähistorische Eisenschlacken in der Provinz Hannover hat Hostmann kürzlich eine Arbeit veröffentlicht. Er hebt hervor, dass in der ganzen Provinz Hannover keine anderen prähistorischen Schlacken nachzuweisen seien, als Eisenschlacken. Kupfer- und Silberschlacken fehlen gänzlich, also lässt sich auch nicht annehmen, dass diese Metalle im Lande verschmolzen wurden, was auch mit dem Zeugnisse des Tacitus über die technischen Kenntnisse der alten Germanen übereinstimmt. Eisenschlacken finden sich dagegen an vielen Orten, Hostmann schreibt:

„Ich will hier nicht von den zahllosen Schlackenhalden reden, mit denen noch bis vor kürzester Zeit die weite Niederung des sogenannten Witzenbruchs fast ganz überdeckt war, oder von ähnlichen Halden in der Gegend von Osterode, in der Eilenriede, bei Hänigsen und anderen Orten; denn diese „Waldschmieden“ gehören der historischen Zeit an und dürften, wenn auch vereinzelt ein Steinhammer oder schlecht gebrannte Tonware zwischen den Halden gefunden wurde, schwerlich über das 5. Jahrhundert n. Chr. zurückgehen. Auch handelt es sich nicht um einzelne aus Schlacken aufgebaute Grabhügel, die, wie unter anderem im benachbarten Sachsenwalde, mit Urnen aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. besetzt waren, noch um ähnliche Funde wie das durch Estorff beschriebene und sicher der vorchristlichen Zeit angehörende Urnenlager bei Veerssen, mit Urnen, denen Eisenschlacken zur Unterlage oder als Deckel dienten. Vielmehr sind es andere, erst in den letzteren Jahren angestellte, zu den wichtigsten Folgerungen führende Beobachtungen, die ich in diesen Blättern zur Sprache bringen möchte.

Wenn man die Abhänge der dünenartigen, älteren Alluvialbildungen an den Ufern der unteren Leine, insbesondere auch der von kleineren Zuflüssen halbinselartig eingeschlossenen Anhöhen mit Aufmerksamkeit untersucht, so wird man bald in einer Tiefe von 0,3 bis 1 m unter der Oberfläche eine Art Kulturschicht, eine durch das ganze, oft mehrere Hektare große Terrain sich hinziehende Ablagerung von Artefakten wahrnehmen, die vorherrschend aus einer fast unglaublichen Menge kleiner Topfscherben untermischt mit Eisenschlacken besteht, nebst einzelnen eisernen Gegenständen, Steingeräten und Feuersteinsplittern, sowie mit Kohlenresten, Tierknochen und vegetabilischen Abfällen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass wir es hier nicht etwa mit den Trümmern durch den Pflug aufgewühlter und zerstörter Urnenlager, sondern mit den Rückständen uralter Niederlassungen zu tun haben, die, wie ihre Lage ergibt, aus einer Zeit stammen, als der Leinefluss noch nicht in sein jetziges Bett zurückgetreten war. Dies bestätigt sich noch weiter durch die Resultate der Nachgrabungen, welche vor etwa zwei Jahren im Amte Neustadt a. R. von mir in Gemeinschaft mit Herrn v. Stolzenberg vorgenommen wurden, bei denen nicht nur jene vorhin erwähnten Abfälle und Bruchstücke, sondern auch Fundamentierungen aus Feldsteinen, Herdstellen aus Granitblöcken und die Überreste kleiner Schmelzgruben entdeckt wurden.

Als speziell von uns untersuchte Lokalitäten nenne ich den hohen Berg am linken Leineufer, in der Nähe von Amedorf belegen, den sogenannten Winkelhagen, eine schmale Düne zwischen dem Gürsebach und dem Ufer des alten Leinebettes in der Feldmark Luttmersen; den Hohen Hof, eine inselförmige Düne am linken Leineufer, südwestlich von Basse und besonders ein nordöstlich von diesem Dorfe am rechten Leineufer belegenes Grundstück. Hier fanden sich beim Abkarren des Bodens zwischen den Topfscherben nicht nur eine Menge kleiner Schlackenstücke, sondern auch auffallend viel große Schlacken, darunter zehn kugelsegmentförmige, von denen jede mindestens 50 kg wiegt. Die Ablagerung selbst setzt sich unterhalb des alten Kirchdorfes fort, wo man beim Auswerfen von Fundamenten oder anderer Grabenarbeit häufig auf ähnliche Kulturreste stößt.

Die Topfscherben in diesen Ablagerungen sind durchgängig von sehr primitiver Beschaffenheit. Nur mäßig stark gebrannt und dickwandig, zeigen sie ganz gewöhnliche Formen, und außer einigen willkürlich eingeritzten Linien oder mittels der Fingerkuppe auf dem oberen Rande hervorgebrachten Eindrücken auch nicht die geringste Spur von Verzierung. Offenbar sind es Bruchstücke von Gebrauchsgefäßen verschiedener Art, unter denen, wie die Schweifung einzelner Stücke erkennen lässt, flache Schalen mit einem Durchmesser von mindestens 1 m vorkamen. Auffallend und anderweitig kaum beobachtet, sind die Scherben von sehr dicken, mutmaßlich als Kochgeschirr verwendeten Gefäßen aus einem so stark mit Asche versetzten Ton, dass die Masse ein ganz bimssteinartiges Ansehen erhielt. Die aufgefundenen Steingeräte bestanden aus einem durchbohrten Hammer, einigen geschliffenen Keilen und mehreren sogenannten Feuersteinmessern; die eisernen Gegenstände in einigen geraden Messern von verschiedener Größe und dem Bruchstück einer Schafschere.“

Die hier gefundenen Schlacken lassen sich von denen des Witzenbruchs auf den ersten Blick unterscheiden. Anstatt nämlich, wie diese, eine kompakte Masse mit schlichter, ebener Oberfläche — das Erstarrungsprodukt aus einem dünnflüssigen Zustande — zu bilden, zeigen die Leineschlacken durchweg höchst eigentümliche, wurm- oder traubenförmige Bildungen, die nur dadurch entstehen konnten, dass die glühende Schlackenmasse als zäher, dickflüssiger Brei langsam aus dem Stichloch abtropfte und erstarrte. Ohne Zweifel sind daher die Schlacken des Witzenbruchs von jüngerem Datum als die unsrigen; dort wurde, so schließen wir, bereits die Stückofenwirtschaft mit verhältnismäßig kräftiger Ventilation betrieben, während an der Leine das Eisen nur erst in flachen Gruben und mit schwachem Blasebalg verhüttet wurde.

Die auf Hostmanns Veranlassung im Laboratorium der Technischen Hochschule zu Hannover durch Herrn W. Haberland mit den Leineschlacken angestellte Analyse ergab folgende Zusammensetzung:


Als Verhüttungsmaterial kann kein anderes als das ohne Bergbau zu gewinnende, außerordentlich weit verbreitete, sogenannte Wiesen- oder Morasterz verwendet worden sein. Dies war, wie schon Prof. Bleekrode äußerte, dasjenige Erz, welches nicht nur zuallererst zur Eisenbereitung gedient hat, sondern das auch so lange ausschließlich verwendet wurde, als es sich noch nicht um Billigkeit des Fabrikates, sondern nur darum handelte, in den Besitz eines brauchbaren und unentbehrlichen Metalls zu gelangen. Es ist ein sehr schmelzbares, leicht reduzierbares Erz, ein Eisenoxidhydrat, das nach einem Durchschnitt von fünf verschiedenen mit vorliegenden Analysen folgendermaßen zusammengesetzt ist:

Eisenoxid 71,02

Tonerde 1,44

Manganoxidul 1,58

Unauflösliches Silikat 6,70

Wasser und organische Bestandteile 18,16

Phosphorsäure 0,74

Kalkerde 0,30

Magnesia 0,34

100,28

Vergleicht man nun die Bestandteile beider Analysen miteinander, so muss sofort auffallen, dass die Schlacken, im Gegensatz zu den modernen fast ganz eisenfreien Hochofenschlacken, beinahe ebenso viel Eisen enthalten wie das verwendete Erz. Dies enthält etwa 50 Proz. metallisches Eisen und hiervon wurde ungefähr die Hälfte absorbiert für die Bildung der Schlacke. In der Tat ein großer, aber ganz unerlässlicher Verlust, der indessen zu einer Zeit, welcher fast unerschöpfliche Vorräte von Erzen und Brennmaterial zur Verfügung standen, gar nicht in Betracht kommen konnte. Weiter ergibt sich, dass neben dem Mangan auch der ganze Phosphorgehalt der Erze durch die Schlacken abgeführt und damit unschädlich gemacht wurde; ein Vorzug, den die damalige Rennarbeit vor dem jetzigen Hochofenbetriebe voraus hatte.

Die vielen kleinen, weit durch den Boden zerstreuten Schlackenstücke scheinen auf einen nur nach Bedarf, in sehr beschränkter Weise vorgenommenen Betrieb hinzudeuten.

Waren zur Zeit des Tacitus auch die Deutschen noch arm an Eisen, so stieg das Ansehen der Eisenschmiede zur Zeit der Völkerwanderung bedeutend. Das Grab eines Eisenschmiedes, welches nahe dem Hofe Luttmersen aufgedeckt wurde, aus einem Hügel von 15 m Durchmesser und 4 m Höhe bestehend, mag wohl dem 5. Jahrhundert n. Chr. angehören. Beim Abfahren des Sandes wurden im Hügelaufwurf mehrere Totenurnen gefunden, von denen die eine etwa 20 dunkle Mosaikperlen, eine andere ein kleines Idol aus Terracotta enthielt. Mitten im Hügel aber befand sich das Hauptgrab. Zwischen einer ovalen Steinsetzung lag das Skelett frei im Sande ausgestreckt, ihm zur Seite ein großes eisernes Kampfschwert und zu Häupten eine, jetzt im Provinzialmuseum befindliche, 50 kg schwere zylindrische Eisenschlacke. Ablagerungen mit Eisenschlacken beschränken sich aber keineswegs auf die untere Leine.

„Erst kürzlich habe ich“, schreibt Hostmann, „am rechten Ufer der Hunte, nicht weit vom Einfluss des Katenbachs, eine hohe Dünenbildung untersucht und konnte hier genau dieselbe Erscheinung konstatieren wie an der Leine. Kaum einen Fuß über der Oberfläche war der Boden förmlich durchsetzt mit Eisenschlacken, groben Topfscherben und Kohlen. Auch fand sich eine, etwa 30 cm weite Schmelzgrube, deren Wandung mit kleinen Feldsteinen ausgesetzt und dann mit einer Lehmschicht, die völlig rotgebrannt und zum Teil verglast erschien, bekleidet war.“

Diese Überreste von zäh gefloßenen Eisenschlacken untermischt mit altgermanischen Topfscherben setzen sich jenseits der Ems fort bis an den Zuidersee und südlich bis zum Rhein. Andererseits wurde jenseits der Elbe dasselbe Vorkommen beobachtet in Holstein, Mecklenburg, Pommern, Brandenburg und Schlesien. An den Ufern der Oder in der Nähe von Breslau fand Dücker Kohlen und Aschenreste in größerer Menge im Boden abgelagert.

Ausgedehnte Ablagerungen von prähistorischen Eisenschlacken finden sich in Holland, besonders zwischen Waal, Rhein, Issel und der Zuidersee. Professor Bleekrode hat dieselben eingehender untersucht und die Ergebnisse seiner Untersuchung in einer interessanten Monographie in der Zeitschrift für Volksfleiß, Amsterdam (1857) veröffentlicht. Die Schlacken sind schwer, mit wurmförmiger Oberfläche und finden sich an vielen Plätzen durch ganz Holland zerstreut. Am Onzanige Bosch fand man eine solche Halde von 3 Ellen Höhe und 15 bis 20 m im Quadrat. Auf der Scheuldermark sind Kunstgegenstände aus der merowingischen Zeit zwischen den Schlackenhalden gefunden worden. Auch in Luxemburg hat man ausgedehnte Schlackenhalden dieser Art gefunden, besonders bei dem Hofe Bafor, Gemeinde Bartingen, auf dem Wege nach Longwy. Dort stand nach alten Überlieferungen ein Heidenofen und wenige Stunden nordwestlich von Bafor bei Wichten sah man noch im vorigen Jahrhundert die Reste einer uralten Eisenschmelze, die den Römern Waffen, Schilde, Schwerter, Dolche, Panzer, Ballisten und anderes Kriegsgerät lieferte, wie aufgefundene Inschriften bezeugen.

Die holländischen Schlacken finden sich vielfach mit Topfscherben zusammen. Bleekrode hat nicht weniger als vierzehn vollständige Analysen von Schlacken und vierzehn von den Sumpferzen (Zandoer und Turfoer, Sanderz und Torferz), die sich dort ebenso, wie in der norddeutschen Ebene wenige Fuß unter der Oberfläche finden, veröffentlicht. Es ergab sich daraus für die Schlacken folgende Durchschnittszusammensetzung:


Als Brennmaterial diente Holzkohle, die man noch an mehreren Plätzen in den Schlackenhalden gefunden hat. In derselben Eisenkügelchen, die sich mit dem Magnet ausziehen ließen. Hier und da fand man Stückchen von rotgebranntem Ton. Von festen Gebäuden fand sich keine Spur. Die Öfen waren demnach nicht gemauert, sondern bestanden aus einfachen Gruben im Boden, der meist aus einem wenig tonartigen Quarzsand besteht, im Inneren wurden sie mit Ton ausgeschlagen. Es lässt sich über das Alter dieses Schmelzbetriebes nichts Bestimmtes angeben. Er hat an einzelnen Plätzen bis in die merowingische Zeit hineingereicht. Bei der Zahl und Ausdehnung der Halden darf man aber wohl annehmen, dass die Eisengewinnung durch eine lange Periode hindurch vor dieser Zeit in Gang war. Im ganzen mittleren Europa lassen sich die Spuren prähistorischer Eisengewinnung nachweisen und sicherlich werden noch weit mehr alte Schmelzstätten aufgefunden werden, sobald diesem Gegenstande größere Aufmerksamkeit zugewendet werden wird. Wir haben die obigen Beispiele ausführlicher behandelt, weil sie solchen Gegenden angehören, in denen der moderne Betrieb, selbst Schmelzhütten mit Wasserkraft nie bestanden.

Die Geschichte des Eisens, Band 2: Das Mittelalter

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