Читать книгу Futtermittelallergien beim Hund - Dr. med.vet. Axel Bogitzky - Страница 8

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2. Wie äußert sich eine Futtermittelallergie?

Bei der Lebensmittelallergie des Menschen sind heftige Sofortreaktionen mit lebensbedrohlichen Schockzuständen (anaphylaktischer Schock) gefürchtet. Dies führte zu Notfallsets und Warnhinweisen auf vielen Lebensmittelpackungen. Glücklicherweise sind derartige akut lebensbedrohliche Reaktionen bei den Futtermittelallergien des Hundes eher eine Ausnahme.

Trotzdem können auch die Futtermittelallergien beim Hund ernste Konsequenzen haben:

•Mangelerscheinungen durch Verdauungsstörungen sind in der sensiblen Wachstumsphase besonders kritisch, einem Lebensabschnitt, in dem sich Futtermittelallergien aber häufig entwickeln.

•Starkes Jucken als eines der Hauptsymptome allergischer Erkrankungen führt schnell über das Kratzen und Lecken zu Entzündungen, Verletzungen der oberen Hautschichten und je nach Ausdauer und Intensität sogar zu tiefer gehenden Gewebeschäden.

•Dies zieht dann häufig Sekundärinfektionen mit Bakterien und Hefepilzen nach sich. Diese wiederum verschlimmern die Gewebeschäden und provozieren zusätzlichen Juckreiz. In den äußeren Gehörgängen, die häufig von allergischen Erkrankungen betroffen sind, können Sekundärinfektionen zu Schäden am Trommelfell, Mittelohrentzündungen und Verlust des Hörvermögens führen.

Und selbst wenn es erst einmal „nur“ um das Jucken geht: Den Leidensdruck durch ständiges Jucken darf man nicht unterschätzen. Unter quälendem Juckreiz leidet nicht nur das Allgemeinbefinden des Hundes, sondern auch die Lebensqualität der ganzen Familie. Häufig bringen nächtliche Leck- und Kratzepisoden nicht nur den Hund um den Schlaf.

Als Hauptsymptom einer Futtermittelallergie gilt der nichtsaisonale Juckreiz! Nichtsaisonal, da der Hund in der Regel das ganze Jahr hindurch das gleiche Futter bekommt. Die Haut (inklusive der äußeren Gehörgänge) ist das am häufigsten betroffene Organsystem. Die Symptome einer Futtermittelallergie zeigen sich nicht überwiegend im Bereich des Verdauungsapparates, auch wenn dort der unmittelbare Kontakt zu den Allergenen stattfindet.

In der Literatur findet man verschiedene Angaben über den Anteil der Hunde, die bei einer Futtermittelallergie auch Symptome von Verdauungsstörungen zeigen. Mehrere Autoren gehen von lediglich 10 – 15 % aus, aber je nach Studie werden auch mal bis zu 31 % oder sogar noch höher genannt. In diesem Zusammenhang weist eine Literaturstudie auf große Unterschiede hin, je nachdem, ob eine Studie von Internisten oder Dermatologen durchgeführt wurde.

Über Krankheitsanzeichen anderer Organsysteme wurde hingegen nur vereinzelt berichtet.

Die Futtermittelallergie lässt sich als eine nichtsaisonale Erkrankung beschreiben, die Hautsymptome, vor allem Juckreiz, mit oder ohne Anzeichen von Verdauungsstörungen hervorrufen kann.

Haut

Verteilungsmuster

Jucken und Hautveränderungen können zwar an vielen Hautstellen auftreten, das Jucken durchaus auch generalisiert. Einige Hautbereiche sind jedoch bei Allergien gegen Futter- oder Umweltallergene besonders betroffen. Hierzu zählen:

•Kopf (Ohren, Maulbereich, Augenumgebung),

•Pfoten,

•Achseln,

•Bauch,

•Leisten- und Perianalbereich*.

In einer Studie2 an 51 futtermittelallergischen Hunden wurde die Verteilung wie folgt beschrieben:

•Ohren 80 %,

•Pfoten 61 %,

•Leistenbereich 53 %,

•Achseln, Vorderseiten der Vorderbeine, Maulbereich, Augenumgebung 31 – 37 %.

Bei 24 % der Hunde waren ausschließ-lich die Ohren betroffen.


Verteilungsmuster der Hautveränderungen bei Futtermittelallergien (aber ebenso bei Allergien gegen Umweltallergene)


Neben diesen typischen Stellen scheint es aber noch individuelle und rassespezifische Besonderheiten zu geben. So wird zum Beispiel beim West Highland White Terrier auch der Kruppenbereich dazu gerechnet, eine Region, die allgemein eher bei Flohstichen betroffen ist.

Dieses Verteilungsmuster ist zwar hilfreich, aber nicht pathognomonisch, d. h. es reicht als einziges Diagnosekriterium nicht aus. Zum einen muss es, gerade zu Beginn der Allergie, nicht vollständig ausgeprägt sein, so dass noch andere Erkrankungen infrage kämen. Chronische Ohrenentzündungen können durchaus das einzige Symptom einer Futtermittelallergie sein, sind aber ebenso gut bei der Unterfunktion der Schilddrüse zu beobachten.

Und zum anderen lässt sich selbst bei einer vollständigeren Ausbildung keine Unterscheidung zwischen Futtermittel- und Umweltallergie treffen. Die klinischen Symptome gleichen sich bei diesen beiden Erkrankungen nicht nur hinsichtlich der Lokalisation, sondern auch in der Art und Ausprägung der Hautveränderungen.

Und diese zeigen eine große Variationsbreite, nicht nur zwischen betroffenen Hunden, sondern auch im Verlauf der Erkrankung beim einzelnen Tier. So kann es mit geringgradigem Jucken und lediglich leichten Rötungen an wenigen Hautbereichen beginnen, sich aber im Verlauf von Allergieschub zu Allergieschub steigern. Selbst ein Wechsel zwischen verschiedenen Stellen ist möglich.

Jucken (Pruritus)

Die Begriffe Juckreiz und Jucken werden oft synonym für eine unangenehme Sinneswahrnehmung verwendet, die eine Abwehrreaktion z. B. in Form des Kratzens provoziert*. Kurzfristig ist dies ein erwünschter Warn- und Abwehrmechanismus, der einer raschen Entfernung von Fliegen, Mücken und ganz generell von Hautparasiten dient. Chronischer Juckreiz mündet hingegen meist in einem Teufelskreis aus Jucken und Kratzen. Das Kratzen ist willentlich nur schwer zu unterdrücken und geschieht oft ganz unwillkürlich. Dies lässt sich an den ungerichteten Kratzbewegungen (oder auch „Klopfen“) des Hinterbeins beobachten, wenn man eine juckende Hautstelle in einem anderen Körperbereich des Hundes reibt. Beim Menschen zeigt sich dies als Kratzen während des Schlafes.


Das Lecken kann sehr hektisch oder aber auch ruhig und ausdauernd geschehen.


Gleiches trifft auch auf das Kratzen zu. Es geht also nicht um das gelegentliche kurze Kratzen, das sich bei jedem Hund beobachten lässt.


Manche Hunde empfinden ein so starkes Jucken, dass sie sich die Haare ausreißen oder hemmungslos in die juckende Körperstelle beißen.

In einer Literaturstudie3, die über 800 Hunde einschloss, wurde von 50 % generalisiertem Pruritus berichtet. Darüber hinaus stellten die Ohren, die Pfoten und der Bauch die am häufigsten von Juckreiz betroffenen Hautregionen dar.

Bei den Allergien gegen Futtermittel oder Umweltallergene kann der Juckreiz anfangs das einzig offensichtliche Symptom sein. Der Hund empfindet Juckreiz, obwohl die entsprechenden Hautareale erst einmal völlig unverändert aussehen. Dieses Phänomen wird auch als „pruritus sine materia“ bezeichnet. So manchem Hund wurde deswegen schon eine Neurose oder Marotte unterstellt.

Aber natürlich bleibt so ein „pruritus sine materia“ durch das Lecken, Schubbern und Kratzen der Hunde nicht lange ohne Folgen für die Haut.


Juckende Pfoten scheinen oft ein besonders ausdauerndes Lecken zu provozieren.

Hautveränderungen

Die Hautveränderungen bei Allergien sind so unspezifisch, dass sie allein keinen direkten Rückschluss auf die zugrundeliegende Ursache erlauben. In Verbindung mit dem Verteilungsmuster kann sich jedoch der Verdacht auf eine allergische Genese verstärken. Typisch ist allerdings, dass es dabei nicht um einmalige, sondern chronisch rezidivierende Vorgänge handelt. Sie treten immer wieder auf, weil ihnen eben eine chronische Erkrankung zugrunde liegt.

Primäre Hautveränderungen

Primäre Hautveränderungen beruhen allein auf den durch die Allergie ausgelösten Vorgängen. Die dabei ablaufenden entzündlichen Prozesse verursachen die so häufig zu beobachtenden Hautrötungen (Erytheme). Auch einzelne rote Knötchen (Papeln) können sich zeigen. Seltener auftretend und recht schnell im Sinne einer Sofortreaktion verlaufend ist die Bildung der Nesselsucht (Urtikaria), einer multiplen Quaddelbildung oder die eines Angioödems, einer großflächigen Schwellung vorzugsweise im Kopfbereich.


Sekundäre Hautveränderungen

Diese Hautveränderungen sind das Resultat von Selbstverletzungen oder Sekundärinfektionen. Durch sie wird das ursprüngliche Bild der primären Hautveränderungen überdeckt. Je nach Ausdauer und Intensität des Kratzens und Leckens reicht das Spektrum der Hautverletzungen von einfachem Wundlecken bis hin zu tiefen, blutenden Hautwunden. Hier ist es manchmal notwendig, den Hund zumindest kurzfristig, bis andere therapeutische Maßnahmen greifen, mit einem Body, Pfotenschutz oder sogar Halskragen an weiteren Selbstverletzungen zu hindern.


Hotspot im Anfangsstadium


Der vielzitierte „Hotspot“ ist ein Beispiel dafür, wie sich Hunde in kürzester Zeit massive Hautschäden zufügen können. Die Bezeichnung „pyotraumatische Dermatitis“ fasst die Vorgänge gut zusammen. Am Anfang steht ein starker Juckreiz, der die Hunde zum intensiven Lecken und Beißen verleitet. Insbesondere bei hohen Außentemperaturen, einem dichten Haarkleid, das evtl. noch feucht vom Schwimmen ist, kommt es dann zu einer explosionsartigen Vermehrung von Bakterien, einer eitrigen Hautentzündung (Pyodermie). Sind Flohstiche der Auslöser, findet man Hotspots vor allem im Bereich der hinteren Körperhälfte. Typisch ist der fulminante Verlauf. In kürzester Zeit entstehen stark gerötete, nässende Wunden. Eine wichtige Sofortmaß-nahme besteht darin, den Hund umgehend daran zu hindern, die juckende Stelle weiter zu „bearbeiten“.


Hotspot auf der Flanke eines Deutschen Schäferhundes, vom Besitzer freigeschnitten und anbehandelt


Krustenbildung infolge einer oberflächlichen eitrigen Hautentzündung

Weniger rasant verlaufen die gewöhnlich auftretenden oberflächlichen Pyodermien. Diese präsentieren sich meist als multiple Entzündungsherde, bilden erst kleine Pusteln (Blasen), aus denen dann unterschiedlich große Schuppenkränze (Collaretten) werden. Obwohl kreisrund und am Rande schuppig, sind sie bakteriell bedingt und haben nichts mit Hautpilzen zu tun. Neben diesem klassischen Bild der Schuppenkränze findet man auch verstreut liegende, verkrustete Infektionsherde von unterschiedlicher Form und Größe.


Bakteriell bedingter Schuppenkranz (Collarette)


Ausgeprägte Entzündungsreaktion im Bereich der Innenschenkel mit einzelnen bakteriellen Infektionsherden


Verstreut liegende bakterielle Infektionsherde (z. T. als Collaretten) auf Bauch und Innenschenkeln


„Reibeisenoberfläche“ durch das Hochstehen einzelner Haarbüschel infolge von Haarfollikelentzündungen bei einem Rhodesian Ridgeback

Entzündungen einzelner Haarfollikel machen sich insbesondere bei kurzhaarigen Hunden durch hochstehende Haarbüschel bemerkbar, die bei seitlicher Ansicht einen gewissen „Reibeisen-Eindruck“ vermitteln. Bei Verlust der Haarbüschel spricht man auch von einer sogenannten Mottenfraß-Alopezie (Haarverlust).

Wenn Erreger einer oberflächlichen Pyodermie tiefer ins Gewebe gelangen, kann es durch eine sich rasch ausbreitende Entzündung der Unterhaut zu umfangreichen Schwellungen kommen. Solche gefährlichen tiefen Pyodermien bedürfen immer einer sofortigen intensiven Therapie. Anhaltende Selbstverletzungen und chronisch rezidivierende Infektionen haben weitergehende Hautveränderung zur Folge. Haarverluste (Alopezien) können lange und bei tiefgreifenden Gewebeschäden auch dauerhaft bestehen bleiben. Die Haut verdickt sich als Reaktion auf die fortwehrenden Reizungen. Hiermit sind nicht nur die mechanischen Einwirkungen gemeint, auch die Prozesse der allergischen Entzündung fördern diese Hautveränderung. Man spricht bei solch einer lederartigen Verdickung von Lichenifikation oder „Elefantenhaut“. Eine weitere typische Reaktion auf länger bestehende Entzündungen ist die Hyperpigmentierung der entsprechenden Hautareale. In die Haut lagert sich vermehrt Melanin ein, das erst längere Zeit nach der Abheilung wieder abgebaut wird. Chronische Infektionen mit Malassezien (Hefepilze) führen häufig zu ausgedehnten Schwarzfärbungen der betroffenen Hautareale.


„Mottenfraß-Eindruck“ bei Verlust einzelner Haarbüschel infolge der Follikelentzündungen


Tiefe Hautinfektion im Bereich des Sprunggelenks einer älteren Labradorhündin


Chronische Entzündungen und Infektionen der Haut führten zur sogenannten „Elefantenhaut“ im Nacken dieses Cairn Terriers.


Bei dieser futtermittelallergischen West Highland White Terrier Hündin führte eine chronische Malassezieninfektion der Haut zu der ausgedehnten Hyperpigmentation und Lichenifikation.

Einzelne Körperregionen

Maulbereich, Lefze und Kinn

Diese Bereiche sind bei der Futteraufnahme die ersten Hautstellen, die mit potenziellen Futterallergenen in Kontakt kommen. Dieser fällt besonders intensiv aus, wenn die Allergene in Kauartikeln enthalten sind. Rötungen und Juckreiz sind die Folge. Diese Veränderungen sind aber auch infolge einer Kontaktallergie gegen Bestandteile von Metall- oder Plastiknäpfen möglich.

Entzündungen im Kinnbereich können insbesondere bei kurzhaarigen Rassen zu weitergehenden Problemen führen. Wenn das juckende Kinn intensiv geschubbert wird, kann es passieren, dass die kurzen Haare durch die Haarfollikelwand ins tiefere Gewebe gedrückt werden. Da Haare außerhalb des Haarfollikels vom Körper als Fremdkörper eingestuft werden, entstehen tiefliegende Entzündungsherde, aus denen über Fistelkanäle eitriges Sekret abfließt.


Kinn einer Englischen Bulldogge

Das beim Menschen bekannte orale* Allergiesyndrom, oder auch „burning mouth syndrome“, gehört ebenfalls zu den ersten Reaktionen auf den Kontakt mit Futterallergenen. Es führt zu Brennen, Jucken, Missempfindungen und Schwellungen in der Mund- und Rachenschleimhaut. Ähnliches wurde bei einem Hund als Reaktion auf Tomaten beschrieben.

Augen

Juckreiz um die Augen herum führt zu Schubbern und Kratzen. Insbesondere bei Letzterem besteht immer die Gefahr von Verletzungen an der empfindlichen Hornhaut. Deshalb ist in solchen Fällen eine gute Juckreizbehandlung besonders wichtig. Insbesondere bei Junghunden können haarlose Augenringe nicht nur durch das juckreizbedingte Schubbern infolge einer Allergie, sondern auch durch einen Befall mit Haarbalgmilben (Demodex canis) hervorgerufen werden. Bei dieser Milbenerkrankung kommt es aber zuerst zu einem Haarverlust und dann zu Juckreiz, während es bei allergischer Ursache umgekehrt verläuft. In Zweifelsfällen lassen sich die Milben mit einem Hautgeschabsel (s. S. 80) ausschließen. Vereinzelt wurde auch von Bindehaut- und Lidrandentzündungen (Blepharitis) im Zusammenhang mit Futtermittelallergien berichtet.


Bei Nelson führte das juckreizbedingte Reiben des Kopfes zu haarlosen Augenringen.

Ohren

Die äußeren Gehörgänge sind sehr häufig von allergischen Erkrankungen betroffen, in Verbindung mit anderen Hautregionen, aber durchaus auch allein. Es kann sogar nur eine Seite treffen. Studien beschreiben bis zu 80 % Ohrenbeteiligungen, und in der bereits erwähnten Studie2 an den 51 allergischen Hunden waren Ohrenentzündungen bei 24 % der Tiere das einzige Symptom der Futtermittelallergie.

Infektionen mit Hefepilzen und Bakterien sind in der Regel nicht der primäre Grund solch chronischer Ohrenentzündungen. Als Sekundärinfektionen können sie sich nur aufgrund eines durch primäre Grunderkrankungen gestörten Milieus im Gehörgang ausbreiten. Zu diesen Grunderkrankungen gehören die Allergien gegen Futter- oder Umweltallergene. Sie zählen sogar zu den Hauptverursachern chronischer Entzündungen der äußeren Gehörgänge (Otitis externa). Die so oft verdächtigten Schlappohren werden lediglich als prädisponierende Faktoren eingestuft. Sie mögen zwar, wie auch die starke Behaarung einiger Rassen, die Belüftung der Gehörgänge beeinträchtigen. Trotzdem sind sie nicht die Ursache der chronischen Otitiden. Hunderassen mit Schlappohren sind nicht generell von solchen Ohrenproblemen betroffen.


In diesem Fall waren durch das ständige Schubbern eher die Gesichtsfalten betroffen.


Das Schubbern und Kratzen führte bei dieser Französischen Bulldogge zur Verletzung und Eintrübung der Hornhaut des linken Auges.

Veränderungen der äußeren Gehörgänge zählen zu den dermatologischen Auswirkungen von Allergien. Da der Aufbau der Haut in den äußeren Gehörgängen dem der äußeren Haut ähnelt, lassen sich dort vergleichbare Vorgänge wie schon allgemein beschrieben beobachten. Wenngleich natürlich ein Otoskop vonnöten ist, um das Innere des Gehörgangs einsehbar zu machen. Videootoskope erlauben die Darstellung auf einem Monitor, so dass sich auch der Hundebesitzer ein Bild von den Veränderungen machen kann. Ansonsten ist man als Hundehalter erst einmal auf äußere Anzeichen angewiesen.



Leichte Rötung, die sich im Gehörgang fortsetzte

Als erstes fallen gerötete Ohrmuscheln und Ansammlungen von Ohrenschmalz (Cerumen) an den Gehörgangs-öffnungen auf. Solche Ansammlungen werden häufig vom Besitzer nicht als krankhaft eingeschätzt. Sie weisen aber, auch ohne begleitenden Juckreiz, schon auf eine Störung hin. Der gesunde Gehörgang verfügt über einen Selbstreinigungsmechanismus, der Ohrenschmalz und abgeschilferte Zellen kontinuierlich hinausbefördert. Dies verhindert die Ansammlung von Ohrenschmalz. Ständige Ansammlung von Ohrenschmalz und chronisch rezidivierende Ohrenentzündungen geben Anlass, neben der Behandlung der akuten Beschwerden auch nach der zugrundeliegenden Ursache zu suchen.


Ansammlung eines zähen, schwarzen Ohrenschmalzes infolge einer Hefepilzinfektion


Schleimiges Sekret infolge einer bakteriellen Gehörgangsinfektion


Eine solch blutig gekratzte Ohrmuschel ist ein Hinweis auf akuten Juckreiz im Ohrenbereich.


Die kahl gekratzte Ohrmuschel zeugt noch von einer abgeheilten Gehörgangs-entzündung.

Als Reaktion auf Juckreiz in den Gehörgängen schubbern die Hunde ihren Kopf, schütteln die Ohren und kratzen mit den Hinterpfoten. Das Kratzen führt zu Haarverlust und Verletzungen an den Ohrmuscheln, das Ohrenschütteln bei Anschlagen an Gegenständen zu hartnäckigen Blutungen oder auch Blutergüssen (Othämatome).

Während diese Verletzungen an den Ohrmuscheln vorwiegend durch die Selbstverletzung entstehen, sind die Veränderungen im Inneren des Gehörgangs der zugrundeliegenden Erkrankung geschuldet. Rötungen und Juckreiz machen den Anfang. In fortgeschrittenen Stadien enthüllt die otoskopische Untersuchung Schwellungen, Ansammlungen von schwarzem, zähen Ohrenschmalz oder auch übelriechenden Schleims. Allein hierdurch wird das Hörvermögen oft schon deutlich eingeschränkt.

Schmerzen und ein gestörtes Allgemeinbefinden des Hundes resultieren aus starken Entzündungen und Sekundärinfektionen. Bei einer Schädigung des Trommelfells sind aufsteigende Mittelohrentzündungen zu befürchten. Eine Kopfschiefhaltung kann in diesem Zusammenhang ein wichtiges Warnsignal sein.

Als Folge der chronischen rezidivierenden Entzündungsvorgänge sind umfangreiche Gewebezubildungen (Hyperplasien) möglich, die die Gehörgänge immer weiter verengen und einer lokalen Therapie letztendlich entziehen.


Otoskopisches Bild vom horizontalen (tiefen) Abschnitt eines gesunden äußeren Gehörgangs, mit einigen Haaren links unten vor dem Trommelfell


Otoskopisches Bild vom vertikalen Teil eines äußeren Gehörgangs: Schwarzer, zäher Ohrenschmalz, der wie ein Teerbelag die Gehörgangshaut eines Hundes mit chronischer Hefepilzinfektion bedeckt


Otoskopisches Bild des Eingangs (vertikaler Abschnitt) eines gesunden äußeren Gehörgangs


Otoskopisches Bild vom vertikalen Teil eines äußeren Gehörgangs: Übelriechender Schleim bei einem Hund mit einer bakteriellen Infektion (Pseudomonas aeruginosa)

Pfoten

Die Pfoten sind die mit am häufigsten betroffene Körperregion. Die Verteilung von Juckreiz und Entzündung ist sehr variabel. Bei manchen Hunden reagieren alle Pfoten, bei anderen nur die Vorder- oder Hinterpfoten. Es gibt auch Unterschiede, ob eher die Ober- oder die Unterseite betroffen ist. Solche Pododermatitiden (Hautentzündungen an den Pfoten) beginnen meist erst einmal mit Juckreiz und Rötungen.

Das häufig sehr ausdauernde Lecken und Knabbern führt aber schnell zu Haarverlust an den Pfotenoberseiten, Schwellungen in den Zehenzwischenräumen und zwischen den Pfotenballen.


Diese Pfote lässt schon die Entzündungen im Zwischenzehenbereich erahnen.

Manche Hunde ziehen sich zurück oder nutzen geschickt unbeobachtete Momente aus, um die Pfoten intensiv zu „bearbeiten“. Insbesondere bei heller Fellfarbe verraten sie aber die durch den Speichel rötlich gefärbten Haare.

Eine besondere Form der Pododermatitis stellen die Zwischenzehen-Pyogranulome dar. Von diesen knotenförmigen, eitergefüllten Umfangsvermehrungen im Bereich der Zwischenzehenhaut sind die vorderen Pfoten häufiger als die hinteren betroffen. Pyogranulome sind häufig Ausdruck einer Fremdkörperreaktion auf freiliegende Haare im tieferen Gewebe. Haare außerhalb der Haarfollikel werden vom Körper als Fremdkörper eingestuft. Die Haare und der Follikelinhalt können auf verschiedene Weise ins tiefere Gewebe gelangen. Bei starker Ausprägung der Pododermatitis führen schon die damit verbundenen Entzündungsvorgänge zur Zerstörung der Haarfollikel. Manche Hunde lecken sich wegen des Juckreizes die Haare selbst in die Haut hinein (s. Bild rechts unten). Bei chronischen Prozessen kann es zu einer Hyperplasie der Haut zwischen den Ballen kommen. So laufen die Hunde dann zum Teil auch auf den behaarten Hautarealen. Besonders bei kurzhaarigen Rassen können diese so ins Gewebe gedrückt werden. Aufgrund des Drucks von unten finden sie dann den Weg nach oben durch die Zwischenzehenhaut. Dies kommt natürlich bei schweren, kurzhaarigen Rassen mit viel Last auf den Vordergliedmaßen und starker Pfotenspreizung besonders zum Tragen. Auch Gliedmaßenfehlstellungen fördern eine ungleichmäßige Belastung der Pfoten. Zu der Entstehung der Zwischenzehengranulome können dementsprechend verschiedene Faktoren beitragen, die es bei der Untersuchung und Beurteilung zu berücksichtigen gilt. Insgesamt zeigen die Pyogranulome eine sehr schlechte Heilungstendenz.


Oft enthüllt erst die genaue Untersuchung der Zehenzwischenräume solch nässende Entzündungen.


Wundgeleckte Pfoten


Fistelnde Entzündung durch tief ins Gewebe geleckte Haare


Diese Englische Bulldogge läuft nicht mehr nur auf den Ballen, sondern auch auf den behaarten Hautbereichen.


Ein akuter Allergieschub führte zu Schwellungen und einer blutig-serös gefüllten Blase im Zehenzwischenraum.


Bei dieser Englischen Bulldogge sind ältere Granulome im Zwischenzehenbereich zu sehen.

Hunde mit ausgeprägten Krallenbettentzündungen laufen oft sehr ungern, da jede Bewegung der Krallen in den entzündeten Krallenbetten schmerzt. Neben bakteriellen Infektionen können auch Hefepilzbesiedlungen der Krallenfalzen zum Problem werden. Sie scheinen oft mit einem intensiven Juckreiz verbunden zu sein. Braune Auflagerungen wie auch die bei hellen Krallen zu beobachtende Braunfärbung des Krallenhorns können ein Hinweis auf eine Beteiligung von Hefepilzen (Malassezien) sein.

Ein spezielles Krankheitsbild der Krallen stellt die „symmetrische lupoide Onychodystrophie“ (SLO) dar. Sie führt zu einer Zerstörung und dem Verlust der Krallen. In der akuten, sehr schmerzhaften Phase ist das Entfernen der Krallen unter Narkose häufig nicht zu umgehen. Hinsichtlich der Ursachen sind noch einige Fragen offen. Es scheinen verschiedene Auslöser zu diesem klinischen Bild führen zu können. Bei einigen Hunden konnte die Beteiligung des Futters über Eliminationsdiäten nachgewiesen werden.


Hier liegt eine Krallenbettentzündung an der Daumenkralle vor.


Solche braunen Auflagerungen an den Krallen können ein Hinweis auf eine Hefepilzinfektion sein.

Magen-Darm-Trakt

Durch Nahrungsbestandteile ausgelöste Verdauungsstörungen müssen sich nicht direkt in starken Durchfällen oder rezidivierendem Erbrechen äußeren. Oft sind die Anzeichen geringgradiger ausgeprägt, so dass man sie als Hundehalter durchaus übersehen oder als Eigenheit seines Hundes missinterpretieren kann.

Deutlich vernehmbare Bauchgeräusche können auf eine gesteigerte Magen-Darmmotorik (Peristaltik) hinweisen. Blähungen entstehen, wenn unzureichend verdaute Nahrung im Dickdarm landet und dort von Darmbakterien unter Gasbildung verwertet wird. Eine schleimige Einhüllung des meist noch gut geformten Kots deutet auf eine Entzündung des Dickdarms hin. Solche Colitiden wurden in Zusammenhang mit Perianalfisteln des Deutschen Schäferhundes beschrieben, welches den erfolgreichen Einsatz von Eliminationsdiäten bei einem Teil der Patienten erklären könnte.


Diese Entzündung im perianalen Bereich dehnt sich bis auf die Rutenunterseite aus.

Zu Bewertung der Verdauung lassen sich verschiedene Kriterien heranziehen. Gute Anhaltspunkte liefern die Absatzfrequenz sowie die Kotmenge und -beschaffenheit. Ein Hund sollte bei guter Verdauung nicht mehr als drei Mal täglich einen gut geformten Kot ohne Auflagerungen von Blut oder Schleim absetzen.

Verdauungsstörungen können von Appetitlosigkeit, aber ebenso auch einmal von Heißhunger begleitet sein. Gewichtsverlust oder Wachstumsverzögerung sind schließlich die Folge anhaltend mangelnder Nahrungsverwertung.

In Zusammenhang mit Futtermittelallergien wird auch immer wieder von dem Rutschen mit dem Hinterteil über den Boden („Schlittenfahren“) berichtet. Hier kann eine unvollständige Entleerung der Analbeutel infolge eines zu weichen Kots, aber auch Juckreiz in dieser perianalen Hautregion dahinterstecken.


Appetitlosigkeit kann, muss aber nicht mit einer Futtermittelallergie einhergehen.

Andere Organsysteme

Allgemeine Krankheitsanzeichen wie Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sind sehr unspezifisch und können infolge vieler Erkrankungen auftreten. Manche Hunde zeigen eine ausgeprägte Nervosität. Diese ist oft dem quälenden Juckreiz zuzuordnen, wie das rasche Nachlassen der Unruhe nach einer juckreizstillenden Behandlung zeigt.

Spezieller sind die berichteten Störungen im Bereich des Nervensystems. Es wurde über Epilepsien und Verhaltensauffälligkeiten, wie z. B. eine gesteigerte Aggression berichtet. Als neurologische Störung in Zusammenhang mit dem Weizenprotein Gluten könnte auch die beim Border Terrier auftretende „Paroxysmale Gluten-sensitive Dyskinesie“ (PGSD) hierzu passen. Diese anfallartige Bewegungsstörung wird aber ähnlich der Gluten-Ataxie beim Menschen von den Allergien gegen Weizenproteine abgegrenzt (s. S. 60).

Hinsichtlich des Harnapparates gab es eine Studie4, die über das Auftreten von Futtermittelallergien im Rahmen der familiären „Protein-losing Enteropathy / Protein-losing Nephropathy“ (PLE/PLN) des Soft Coated Wheaten Terriers berichtete. Hierbei blieb aber die Frage nach einer ursächlichen Beteiligung offen. Die Bezeichnung PLE/PLN weist auf die Eiweißverluste hin, die infolge der Darm- bzw. Nierenschäden auftreten.


Bei der PLE/PLN des Irish Soft Coated Wheaten Terrier wurden Futtermittelallergien beschrieben, ihre ursächliche Beteiligung aber nicht geklärt.

Darüber hinaus wurden vereinzelt auch Störungen anderer Organsysteme mit Futtermitteln in Verbindung gebracht, wie zum Beispiel Bindehautentzündungen und respiratorische Erkrankungen.

Symptome einer Futtermittelallergie

Nichtsaisonale Beschwerden, wenn auch evtl. von schwankender Intensität und nicht unbedingt unmittelbar in den ersten Stunden nach der Futteraufnahme auftretend:

Juckreiz, der auf bestimmte Bereiche beschränkt (siehe Verteilungsmuster S. 11), aber auch generalisiert auftreten kann.

Hautveränderungen, die lokalisiert (siehe Verteilungsmuster S. 11), aber im Verlauf auch großflächiger verteilt sein können:

•chronisch-rezidivierende Hautentzündungen

•chronisch-rezidivierende oberflächliche eitrige Hautinfektionen (Pyodermien)

•chronisch-rezidivierende Hefepilzinfektionen der Haut (Malassezien)

•insbesondere chronisch rezidivierende Entzündungen und Infektionen (s. o.) der Pfoten (Pododermatitis)

•insbesondere chronisch rezidivierende Entzündungen und Infektionen (s. o.) des äußeren Gehörgangs (Otitis externa)

•rezidivierende „Hotspots“

•unspezifische Störungen der Keratinisierung (Verhornungsprozess der Haut) und Talgproduktion (trockene und fettige Seborrhoen)

•seltener Nesselsucht (Urtikaria) oder Angioödem

•vereinzelt beschrieben: andere Veränderungen von Haut- und Hautanhangsorganen wie z. B. eine „symmetrische lupoide Onychodystrophie“ (SLO) oder eine granulomatöse Sebadenitis (Talgdrüsenentzündung)

Magen-Darm-Trakt:

•sämtliche Anzeichen von Verdauungsstörungen, wie:

•rezidivierende Durchfälle, Erbrechen, verstärkte Magen-Darmgeräusche, Blähungen

•häufiger Kotabsatz (> 3 x tägl.), wechselnde Kotkonsistenz, evtl. mit Schleimauflagerungen

•vermehrter, schmerzhafter Drang zum Kotabsatz (Tenesmus), erhöhte Kotmenge

•chronisch-rezidivierende Analbeutelprobleme

Seltener andere Organsysteme:

•Anzeichen eines gestörten Allgemeinbefindens (Lethargie, Appetitlosigkeit …), Epilepsie, Verhaltensauffälligkeiten, Bindehautentzündungen, Störungen des Atemapparates

•eventuell die „Protein-losing Enteropathy / Protein-losing Nephropathy“ (PLE/PLN) beim Irish Soft Coated Wheaten Terrier

*Afterbereich, um den Anus herum

*siehe dazu auch Glossar

*den Mundraum betreffend

Futtermittelallergien beim Hund

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