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1.2.4 Die Ortsnamen

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Neben den mathematisch-geodätischen Verfahren zur Analyse der antiken Koordinaten und den vielfältigen Informationen der Altertumskunde wird die Identifizierung der antiken Orte von der Untersuchung der Ortsnamen flankiert. Problemlos ist eine Identifizierung bei ununterbrochener Siedlungs- und Namenskontinuität seit der Antike, wie es bei vielen Orten auf dem Gebiet des Römischen Reiches der Fall ist. Zudem können hier häufig andere schriftliche Zeugnisse zum Vergleich herangezogen werden. Auch bei Orten, die als Siedlungs- oder Militärstandorte aufgegeben wurden, ist mitunter eine Identifizierung anhand weiterer Quellen wie dem Itinerarium provinciarum Antonini Augusti oder der Tabula Peutingeriana möglich. Namensähnlichkeiten können jedoch auch zu Fehldeutungen führen, wie beispielsweise zu der Gleichsetzung des von Ptolemaios genannten rätischen Ortes Vicus mit Viviscus/Vevey oder des norischen Claudivium mit Iuvavum/Salzburg. Ausschlaggebend ist hier, ob eine Übereinstimmung zwischen der Lage eines Ortes, wie sie durch die entzerrten antiken Koordinaten bestimmt ist, und dem aufgrund der Namensähnlichkeit gemachten Identifizierungsvorschlag vorliegt.

Weitaus schwieriger gestaltet sich die Untersuchung der Ortsnamen in den außerrömischen Gebieten. So handelt es sich bei den meisten Ortsnamen in Germania Magna um nur bei Ptolemaios überlieferte hapax legomena, die durch keine andere Quelle belegt sind. Liegen diese Ortsnamen zudem in verschiedenen Lesarten vor, ist eine Entscheidung über die richtige Variante meist sehr schwierig. Die Rekonstruktion der ursprünglichen Form wird außerdem dadurch erschwert, dass die germanischen Ortsnamen zunächst ins Lateinische und dann ins Griechische übertragen wurden. Neben Schreibfehlern ist also auch mit lautlichen Veränderungen zu rechnen. STECHE bemerkt hierzu treffend (S. 8): ”Man muß sich darüber klar sein, daß germanische Namen für einen alten Römer oder Griechen ebenso fremdartig waren wie uns heute etwa russische oder indische Namen.“ Römische Soldaten, Landmesser und Händler konnten die Ortsbezeichnungen nur nach dem Klang niederschreiben, da schriftliche Dokumente seitens der Germanen nicht existierten. Dabei wurden die fremden Ortsnamen latinisiert und möglicherweise in einigen Fällen auch an bekannte und ähnlich klingende römische Namen angeglichen. Der des Germanischen höchstwahrscheinlich unkundige Ptolemaios hat die Namen schließlich in gräzisierter Form wiedergegeben. Dass aber die geographischen Informationen über Germanien auf die Römer zurückgehen, machen einige Indizien deutlich. Findet sich z. B. in der griechischen Transkription eines Ortsnamens die Konsonantenfolge -νγ- oder -νκ- anstatt des im Griechischen zu erwartenden -γγ- bzw. -γκ-, lässt dies darauf schließen, dass die betreffende Ortsangabe einer lateinischen Quelle entnommen ist. Die von Ptolemaios erwähnten Ortsnamen Lupfurdum und Tulifurdum sind sächlichen Geschlechts, obwohl das in ihnen enthaltene germanische Wort furd (”Furt“) maskulin ist (BACH, Bd. II/1, S. 23). Offensichtlich handelt es sich bei diesen Formen also ursprünglich um Richtungsakkusative, wie sie sich in römischen Itinerarien finden.

Einige Anhaltspunkte für die Lokalisierung lassen sich jedoch aus den Ortsnamen gewinnen; so weist eine germanische Bildung mit dem erwähnten Element -furdum auf einen Flussübergang hin. Allerdings ist Versuchen, die ptolemäischen Orte anhand bloßer Namensähnlichkeiten mit heutigen Orten zu identifizieren, wie etwa Mesuium mit Merseburg oder Viritium mit Wrietzen, mit Vorsicht zu begegnen, denn nur wenige moderne deutsche Ortsnamen sind aus den antiken herzuleiten. So wurde mitunter aus ”Lokalpatriotismus“ versucht, den eigenen Heimatort mit einem ptolemäischen Ort gleichzusetzen.

Ferner gibt es neben den germanischen und keltischen Ortsnamen oder den Toponymen mit Bezügen zu den sog. balkan-illyrischen Sprachen wie z. B. Leucaristus (GRÜNZWEIG, S. 309) auch Bezeichnungen, deren Herkunft umstritten ist.

Eine umfassende, wenngleich teilweise überholte Arbeit zu den Ortsnamen in Germanien ist die Untersuchung von RASCH; weitergehende Informationen zur Namensetymologie finden sich in den entsprechenden Einträgen im REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE. Eine kurze Darstellung zur Bedeutung der Ortsnamen als historische Quelle bietet KRAHE.

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