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1.Kapitel

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Angefangen hatte das alles im Frühjahr des Jahres, als es wieder einmal ‚Junge Hunde’ regnete, wie die Leute zu sagen pflegen. Genaugenommen war es der 15. Februar gewesen. An diesem Tag hatte es landeinwärts fürchterlich gestürmt und geweht. Bäume waren einfach abgeknickt und ganze Äste durch die Luft geflogen. Viele Straßen waren gesperrt und sogar die Eisenbahn war stundenlang nicht gefahren. Dazu hatte Vollmond geherrscht. Der Fluss hatte sich bis tief ins Hinterland gestaut und allenthalben war mit einer Sturmflut gerechnet worden. Gegen Morgen war bereits das Wasser über die Ufer getreten und hatte die nahe liegenden Wiesen und Felder überspült, so dass an diesem Tage ganze Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten waren. Gegen Abend hatte der Sturm die Wolken aufgerissen und die untergehende Sonne tauchte die Landschaft in ein so unheimliches, fahles Licht, dass man meinen konnte, die Welt geht unter. Trotzdem hatten die Freunde sich in der Scheune getroffen, die auf der großen Weide neben dem kleinen Haus stand, in dem die Oma der Neuen wohnte.

Der ‚Schuppen’, wie die Kinder das Gebäude zu nennen pflegten, sollte ursprünglich Pferden eine Unterstellmöglichkeit im Winter bieten. Im Grunde passte der Ausdruck Schuppen deshalb auch nicht wirklich, denn in Wirklichkeit handelte es sich um richtiges Stallgebäude, mit eigenen Tränken und Futterplätzen für die Tiere. Es gab sogar einen Dachboden, auf dem das Heu gelagert wurde. Schuppen hatten die Kinder den Bau vor allem deshalb getauft, weil seine Wände aus Holz waren. Der zweite Grund für diese Bezeichnung war mehr psychologischer Natur. Bei Wind und Wetter pflegte das gesamte Bauwerk nämlich in den Fugen zu ächzten und zu krächzten, dass einem Angst und Bange werden konnte. Dazu kam, dass der Weg durch den kleinen Wald davor ebenfalls so seine Tücken hatte. Da hier schon seit Jahren niemand mehr für Ordnung gesorgt hatte, mussten sich die Kinder ihren Weg zum ‚Schuppen’ durch einen richtigen kleinen Urwald bahnen.

An diesem Tag war das besonders schlimm gewesen, doch die vier Freunde hatten sich davon nicht abhalten lassen, sich zu treffen. Beim Klettern über die kreuz und quer liegenden Bäume, das dornige Gebüsch und dem überall aus dem Boden ragenden Wurzelwerk war ständig eines der Kinder irgendwo hängen geblieben, ausgerutscht oder gestolpert. In der Dunkelheit waren die ständigen Schatten hinzu gekommen, die vom Licht der Taschenlampen zurückgeworfen wurden und die Orientierung erschwert hatten. Kirsten räumte freimütig ein, sich zu allem Überfluss anfangs einen Spaß daraus gemacht zu haben, den Jungen bei dieser Gelegenheit einen ordentlichen Schrecken einzujagen. Sie hatte sich einfach die Taschenlampe in den Mund gesteckt, sodass ihr Mundraum geisterhaft leuchtete. Dazu hatte sie irgendwelche Töne gemacht, um die angeblich so furchtlosen Jungen auf sich aufmerksam zu machen.

Beim ersten Mal hatte ihr Bruder daraufhin so laut geschrieen, dass sogar Thorsten sich umgesehen hatte und vor Schreck daraufhin ebenfalls fast im Boden versunken wäre. Dass sie sich trotz all dieser Schwierigkeiten nicht davon abbringen ließen, sich in dem Schuppen zu versammeln, lag an dem Fundstück, mit dem Alfred sie dazu veranlasst hatte, sich bei diesem Wetter überhaupt aus dem Haus zu bewegen.

Stellt euch vor, was mir passiert ist“, hatte Alfred die Besprechung eingeleitet und bedeutungsvoll in die Runde geschaut.

„Als ich gestern mit meinen Eltern im Museum war, haben wir uns getrennt. Am Anfang war alles ganz normal, doch plötzlich kam ich in einen Raum, in dem außer mir niemand war.“

„Und dann?“, drängelte Thorsten.

„Dann wollte ich eigentlich gerade wieder umkehren, weil der Raum auf den ersten Blick nicht sehr interessant war.“ „Toll,“ hatte Thorsten gewitzelt, aber Alfred hatte sich nicht beirren lassen und erzählt, was er dort erlebt hatte. „Abgesehen von dem Schrank, der einen Spalt breit offen stand und aus dem ein Lichtstrahl fiel. Ich fand es sehr merkwürdig, dass aus einem dunklen Schrank ein so heller Lichtstrahl kommt, dass man ihn in einem normal beleuchteten Raum noch sehen kann.“

Weiter kam er nicht. Der Sturm hatte ganz plötzlich für einen Moment nachgelassen, so dass es auf einmal ganz still geworden war.

Genau in diesem Augenblick fuhr ein schwerer Güterzug so dicht an dem Schuppen vorbei, dass das Gebäude geradezu erbebte. Jedenfalls kam es den Freunden so vor.

In Wirklichkeit war das Bahngleis rund zwei Kilometer entfernt. Bei Westwind wurden die Fahrtgeräusche der Bahn jedoch so dicht an den Schuppen getragen, dass es einem so vorkam, als ob der Zug direkt davor vorbei fuhr. Erschrocken hatten alle den Atem angehalten und sich zusammengeduckt. Hendrik hatte sich als erster gefangen. „Erzähl weiter“, forderte der Junge, nachdem der Zug bereits lange vorbei war.

„Also, gut,“ fuhr Alfred fort, „ich bin hin zu dem Schrank und habe mir angesehen, was da drin war. Diese Kugel hier.“ Unsicher zwar und doch auch ein wenig triumphierend hatte er plötzlich etwas rundes in der Hand gehalten.

Geheimnis der blauen Kugel

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