Читать книгу Leben 2.0 - Elí Diez-Prida - Страница 6
Kommunikation
„Wir reden wieder miteinander!“
ОглавлениеWie häufig haben Sie gestern telefoniert? Können Sie sich noch erinnern, wer Ihnen in den letzten acht Tagen elektronische Post (E-Mail, SMS) geschickt hat?
Wenn ich mir die zahlreichen elektronischen Kommunikationsmittel ansehe, über die wir heute in unseren Breiten verfügen, dann ist meine erste Reaktion: Wunderbar! Noch nie in der Geschichte konnten wir so viel, so schnell, so zeitnah, so umfassend, so bequem und so kostengünstig kommunizieren!
Mancher könnte daraus schlussfolgern, dass wir Meister im Kommunizieren sind. Wenn ich allerdings lese, dass die meisten Beziehungsprobleme unserer Zeit ihre Wurzeln in einer mangelhaften oder nicht mehr stattfindenden Kommunikation haben, dann macht mich das sprachlos!
Ein Vater erzählte mir vor längerer Zeit über seine erwachsenen Kinder: „Ich verstehe das nicht. Am Handy sind sie so gesprächig, dass horrend hohe Rechnungen zustande kommen. Auch SMS können sie nie genug versenden und bekommen. Aber richtig miteinander reden und dabei den Anderen ansehen, das können sie nicht! Jetzt kündigen sie sogar Freundschaften per SMS! Eineinhalb Jahre ist das Pärchen zusammengegangen. Und nun beendet er die Beziehung per SMS!“
Es ist paradox: Je mehr Kommunikationsmöglichkeiten es gibt, desto schwerer fällt es uns anscheinend, miteinander zu reden. Kann es sein, dass wir kommunikationsärmer werden, ohne es zu merken? Genügt es, eine gemeinsame Sprache zu beherrschen, um einander zu verstehen? Wie kommt es, dass viele nicht mehr miteinander reden? Was können wir tun, wenn die Leitung einfach tot bleibt? Und was hat das Ganze mit einem Leben in höheren Dimensionen (Leben 2.0) zu tun? Diesen Fragen gehe ich in diesem ersten Kapitel nach. Dazu werde ich Ihnen von Julia und Rolf erzählen, und dann von Frau Walter.
Bei Julia und Rolf hat es gekracht. Sie sind seit zwei Jahren verheiratet. Jetzt hat Rolf die Nase voll: Julia ist mit ihren Vorwürfen zu weit gegangen. Rolf hat mitten im Streit das Gespräch für beendet erklärt und nun reden sie seit drei Tagen und drei Nächten nicht mehr miteinander.
Tagsüber kann man sich geschickt aus dem Wege gehen, aber nachts, wenn man im Bett nebeneinanderliegt, ist es am schlimmsten: Kein „Gute Nacht, Liebling!“, kein Kuss …
Kennen Sie diese Situation? Ich kenne sie – zum Glück nur aus der Anfangszeit unserer Ehe.
Frau Walter sitzt im Flur, hält ihr Gesicht in den Händen und kämpft gegen die Tränen: Im Krankenzimmer liegt ihr 70-jähriger Vater im Sterben. Sie würde so gern zu ihm gehen, um die Hand des Kranken festzuhalten, aber sie darf nicht hinein. Er bleibt dabei: Seine einzige Tochter hat den Rat ihres Vaters missachtet und den „Falschen“ geheiratet. Das war vor 20 Jahren! Seitdem hat er kein Wort mehr mit ihr reden wollen. Dabei bleibt es!
Drei Tage und drei Nächte, gar 20 Jahre „Funkstille“ – wenn die Argumente fehlen, wenn der Geduldsfaden reißt, wenn die Sturheit über die Vernunft siegt, bestrafen wir den Anderen mit unserem Schweigen und übersehen dabei, dass wir selbst den größten Schaden davontragen.