Читать книгу Highland Warrior - Cailieans Fluch - Elena MacKenzie - Страница 10

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»Was?«, entfuhr es Amber, noch bevor sie sich bremsen konnte. »Ein Fluch?« Nicht dass Amber an so etwas wie Flüche glaubte, aber schon der Gedanke, so ein Fluch könnte existieren entlockte ihr kleine schadenfrohe Freudensprünge. Natürlich nur gedankliche.

»Cailean wurde verflucht«, mischte sich Samantha ein und schob sich näher an die Kamera. »Rutsch doch mal ein Stück. Ich kann gar nicht sehen, wie Amber diese Nachricht aufnimmt. Ich meine, das war schon immer ein Partykracher.«

Cailean warf Samantha einen Blick zu, der selbst Amber eine Gänsehaut einjagte.

»Ihr glaubt doch nicht wirklich an so was? Erst wollt ihr mir erzählen, es gibt Dämonen und jetzt kommt auch noch der obligatorische Fluch dazu.« Amber runzelte missmutig die Stirn. Sie hätte gleich wissen müssen, dass die ganze Familie irre ist. Wahrscheinlich glaubten sie, sie würden Rollen in einem Film spielen.

»Doch, doch. Es ist wahr. Warum probierst du es nicht einfach mal aus?« Samantha kicherte aufgeregt in ihre Hand. »Das wird ein Spaß.«

»Samantha«, erklang Williams Stimme warnend. »Spaßig ist dieser Fluch mit Sicherheit nicht.«

»Tut mir leid, Schatz. Aber du kannst das nicht beurteilen. Du bist keine Frau.«

Amber blendete das Geplänkel im Radio aus. Konnte so etwas wirklich funktionieren? Für einen Mann wäre so ein Fluch wahrscheinlich eine der schlimmsten Sachen, die ihm passieren kann. Besonders für einen Mann wie Cailean. Amber musterte ihn von der Seite. Cailean wirkte auf sie nicht wie jemand, der gerne nach der Pfeife von Frauen tanzte. Wahrscheinlich würde er sich lieber einen Arm abhacken, als Frauen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Amber hielt ihren Entführer eher für einen düsteren, gefährlichen - Piraten eben.

Andererseits, was konnte es schon schaden, es einfach mal zu testen? Was sollte er schon tun? Sie auslachen? Sie töten? Das würde er am Ende sowieso tun. So ginge es nur schneller.

»Ich wünsche mir einen riesigen Hamburger mit extra viel Käse und Zwiebeln.«

Cailean trat die Bremse durch und das Auto kam schlitternd zum Stehen. Amber schluckte ängstlich den Kloß herunter, der sich in ihrem Hals gebildet hatte, und zog die Schultern schützend hoch, als Cailean sich langsam wie in Zeitlupe ihr zuwandte.

»Was hat sie gesagt? Was hat sie gesagt?«, ertönte Samanthas aufgeregte Stimme aus dem Radio.

»Einen Hamburger? Ernsthaft? Ich hätte gedacht, du wünschst dir deine Freiheit. Aber einen Hamburger?« William klopfte sich vor Lachen auf die Oberschenkel. »Bruderherz, mit der wirst du noch deine Freude haben. Ich schick dir die Route zum nächsten Drive Inn.«

»Hmmmm«, brummte Cailean. Sein Blick brannte sich noch immer in Ambers. Er wirkte wie der Teufel persönlich, und das lag nicht ausschließlich an seinen rot glühenden Augen, auch die langen Reißzähne, die er gefährlich fletschte, hatten ihren Anteil daran.

Amber rutschte mit dem Rücken gegen die Autotür. Wo war sie nur plötzlich gelandet? Noch vor wenigen Tagen war alles perfekt in ihrem langweiligen Leben gewesen. Gut, nicht wirklich perfekt, aber immerhin hatte sie einen Job, eine nette kleine Wohnung und einen Freund gehabt. Einen Freund, der sie betrog. Also nicht wirklich perfekt, aber sicher. Und jetzt saß sie in einem fremden Auto, befand sich auf dem Weg nach Schottland und blickte einem Mann mit rotglühenden Augen und Reißzähnen ins Gesicht. Wo hatte er nur plötzlich diese Zähne her? Amber spürte, wie die Panik sie überrollte. Ihr Körper schien erstarrt und ihr Kopf völlig leer. Sie konnte nicht mehr denken. Sie war paralysiert.

»Es tut mir leid?«, stotterte sie und presste sich noch fester gegen die Autotür. Mit zittrigen Händen versuchte sie, die Tür in ihrem Rücken zu öffnen. Sie wollte nur raus hier. So weit weg von diesem Ding, wie es nur ging. Aber es gab keine Möglichkeit zur Flucht. Sie war gefangen. Gefangen in einem engen Raum mit einem Irgendwas.

»Dämon?«, keuchte sie? Ihr Herz klopfte wie wild in ihrem Brustkorb. Sie kämpfte mit aller Kraft gegen das Grauen an. Sie steckte mitten in einem Horrorfilm. Wie reagiert die Schauspielerin aus einem Horrorfilm eigentlich in so einer Situation? Sie rennt weg, dachte Amber. Amber rüttelte und riss an den Handschellen. Sie stemmte sogar ihre Füße gegen die Tür. Sie wollte nur noch weg.

»Amber! Amber!«, nahm sie Samanthas panische Stimme aus dem Radio wahr. Sie wagte nicht den Blick von Cailean zu lösen, oder dem, was aus ihm geworden war.

»Amber«, erklang jetzt Williams ruhige Stimme. Den Mann schien nichts, aus der Fassung zu bringen. Nicht einmal die Tatsache, dass sein Bruder ein Monster war. Aber wenn Cailean … Amber kniff die Augen zu. Sie versuchte, alles um sich herum auszusperren. Als sie die Lider wieder öffnete, hatte sich Caileans Gesicht zurückverwandelt. Er grinste sie an und lenkte das Auto wieder auf die Straße.

»Du musst keine Angst vor ihm haben. Mein Bruder kann nur leider nicht so gut mit Frauen. Obwohl das früher Mal anders war«, meinte William.

»Ich kenn ihn nur so«, mischte sich Samantha ein. »Amber, ehrlich, er ist nur griesgrämig. Er tut dir nichts. Das darf er gar nicht. Danu würde ihm sonst den Arsch aufreißen. Und das meine ich wörtlich. William, erklär du es ihr.« Amber schaffte es, ihren Blick von Caileans Gesicht zu lösen, aber das Zittern, das ihren Körper durchlief, konnte sie nicht einstellen. Noch immer hielt sie sich krampfhaft am Griff der Tür fest und presste sich mit dem Rücken gegen die Verkleidung.

»Nun mach schon!«, motzte Samantha. »Dein Bruder ist aber auch ein Idiot. Dem muss eine Frau aber gehörig in die Eier getreten haben.« Samantha musste über ihren eigenen Witz lachen. Cailean und William brummten nur. Wobei Caileans Brummen etwas mehr Hass versprühte. Seine Stirn war gerunzelt und er verkrampfte seine Finger um das Lenkrad, dass das Leder knarrte. Amber beobachtete das mit einem unguten Gefühl in der Magengrube. Diese Hände konnten mit Sicherheit in Sekunden Hälse brechen, Knochen zu Pulver mahlen und Herzen ausreißen.

»Wie soll ich ihr das erklären, ohne dass sie noch mehr Angst bekommt? Siehst du nicht, wie verstört sie ist?«, murmelte William. »Eigentlich ist das doch Caileans Aufgabe.«

»Schon gut, ich mach es. Männer!«, fluchte Samantha. »Amber, wir sind Sidhe. Feen. Elfen, wie auch immer ihr Menschen uns nennen mögt. Wir nennen uns Sidhe.«

Amber zog die Stirn kraus und starrte auf den Bildschirm. Sie lachte. Ihr war nicht wirklich wie lachen, es war auch viel mehr ein hysterisches Lachen, aber sie konnte es einfach nicht zurückhalten. »Feen? Hast du Feen gesagt? Nicht Dämon? Oder warte … Vampir? Ja, Vampire. Ihr seid Vampire. Und eure Frühstücksproteine sind in Wirklichkeit Blut.«

Amber rüttelte an der Autotür, schlug mit der Faust gegen die Scheibe. Winkte einem vorbeifahrenden Auto. Die Fahrerin winkte ihr freundlich zurück und lächelte. Amber schüttelte verwirrt den Kopf und wollte gerade mit den Lippen das Wort Hilfe formen, als sie das Auto schon überholt hatten und die Frau aus ihrem Sichtfeld verschwand.

»Nein, nein wirklich«, rief Samantha aus dem Radio.

Amber sah sie zornig an und schniefte. Sie wischte sich eine Träne von der Wange. Irgendwie war ihr kalt. Nicht, weil es kalt im Auto war. Ihr war körperlich kalt. Sie fühlte sich nicht wohl. Sie musste sich jetzt sofort zusammenreißen. Sie musste wieder klar im Kopf werden, wenn sie diese Situation irgendwie meistern wollte. Amber beschloss, sich auf Samantha zu konzentrieren. Auch, wenn sie nicht glauben wollte, was hier passierte, dass hier etwas nicht stimmte, hatte sie eben mit eigenen Augen gesehen.

»Feen sind zierlich und zerbrechlich und haben spitze Ohren«, sagte sie trotzig. »Weder dein Mann noch dieser … dieser was auch immer …«

»Cailean«, warf Cailean hilfsbereit ein.

»… haben spitze Ohren und sehen sonderlich feenhaft aus.« Auf Samantha traf das schon zu.

Samantha warf ihrem Mann einen Seitenblick zu. »Du hast recht«, sagte sie grinsend. »Sie sind auch nicht wirklich Sidhe. Ich schon.«

Hah, dachte Amber zufrieden. Wusste sie es doch.

Keine Frau kann so gut aussehen, sich so bewegen und so perfekte Haut haben und war auch noch einfach nur ein Mensch. So was schaffte eigentlich nur Photoshop.

»Also, sie sind Menschen. Zumindest waren sie das mal. Cailean und William fielen bei der Schlacht zu Culloden 1746. Danu, die Göttin der Dunkelelfen, hat sie beide gerettet und verwandelt.«

»Also sind sie tot. Ich hab`s, sie sind doch Vampire. Oder Zombies.«

»Hatte ich vergessen, das zu erwähnen?« Cailean grinste sie selbstgefällig an. Hatte sie ihn wirklich anziehend gefunden?

Amber zwang sich, sich zu beruhigen. Wenn er vorgehabt hätte, sie zu töten, dann hätte er das schon längst getan. Er wird damit warten, bis sie in Schottland sind. Wahrscheinlich lebt er dort auf einer alten Burg und foltert im Kerker gerne unschuldige Frauen, dachte sie bitter. Sie würde nicht zulassen, dass er mitbekam, wie sehr sie sich vor ihm fürchtete. Ich werde mit hoch erhobenem Haupt in den Tod gehen. Sie straffte die Schultern, setzte sich ordentlich auf dem Sitz zurecht und lächelte Cailean ruhig an. Es kostete sie enorm viel Kraft, das Zittern zu unterdrücken und eine entspannte Mimik aufzusetzen, aber sie tat es. Zeige deinem Feind niemals deine Schwäche.

»Hattest du. Aber wenn du mit diesem kleinen Makel kein Problem hast, ich kann damit leben. Bekomme ich jetzt endlich meinen Hamburger?« Amber zupfte ihre Kleidung zurecht, strich mit den Händen über ihre dunklen Locken und warf auch Samantha, die noch immer in die Kamera grinste und an ihrem Strohhalm sog, ein Lächeln zu. »Und danach wünsche ich, nach Hause gebracht zu werden.«

Jetzt lachte Cailean auf. Amber warf ihm einen verwirrten Blick zu. Nicht, weil sie den Mann – Entschuldigung Fee – zum ersten Mal so richtig lachen sah, sondern weil dieser über ihren Wunsch lachte. Was war denn nun mit diesem Fluch? Jeder Wunsch, egal ob die Welt untergehen würde.

»Es gibt einen kleinen Haken«, sagte Samantha mit bedauerndem Ausdruck im Gesicht. »Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Cailean hat uns zwar nicht über seinen Auftrag aufgeklärt, aber ich nehme mal an, dass Danu sich von ihm gewünscht hat, dich zu ihr zu bringen. Er wird diesen Wunsch also erfüllen müssen, da er älter ist als deiner. Dein Wunsch käme dem ersten Wunsch in die Quere, somit ist er ungültig.«

Amber grübelte kurz darüber nach, was das für sie zu bedeuten hatte, und warum Cailean ihren letzten Wunsch so amüsant fand. Und sie grübelte über diese Danu nach und die Tatsache, dass sie eine Göttin sein sollte. Schließlich kam sie zu dem Entschluss, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, solche Sachen zu erwägen. Sie hatte noch nicht einmal mit der Feensache abgeschlossen. Was wohl auch daran liegen könnte, dass dieser Cailean wirklich sehr wenig Feenhaftes an sich hatte.

Sie konnte es einfach nicht glauben. In keinem Buch hatte sie je gelesen, dass Feen Reißzähne hatten und so durchtrainiert waren. Ja, hätte Samantha gesagt, er wäre ein Werwolf, dann hätte sie das glauben können. Das Bild eines Werwolfs ließ sich viel eher mit dem verbinden, was neben ihr in diesem Auto saß. Später würde sie entscheiden, ob es Götter und Feen und was sonst noch wirklich gab. Im Augenblick würde sie einfach davon ausgehen, dass sie oder die anderen Beteiligten irre waren.

Cailean stöhnte genervt. Diese Frau würde ihn in den Wahnsinn getrieben haben, bevor sie überhaupt in der Nähe der schottischen Grenze waren. Er sollte dieses Radio endlich ausschalten, damit er das Geschwätz nicht länger ertragen musste. Was hatte sich Samantha dabei gedacht, dieser Frau sein Geheimnis anzuvertrauen? Das machte seinen Auftrag nur noch schwieriger. Als sie ihn gefragt hatte, ob er sie töten wollte, hatte sich eine Faust in seinen Magen gebohrt. Er könnte dieses wunderschöne zarte Geschöpf niemals verletzen geschweige denn töten. Aber sobald sie am Ziel waren und er sie auslieferte, würde sie nicht mehr lange zu leben haben. Er würde vielleicht nicht Hand an sie legen, aber er wäre maßgeblich an ihrem Tod beteiligt. Und das machte ihn fast wahnsinnig.

»Nein«, sagte Samantha und lachte schallend. »Obwohl Cailean durchaus etwas von einem Zombie hat.«

Langsam fragte sich Cailean, ob es nicht möglich war, dass er Frauen hasste, weil sie waren, wie sie waren? Vielleicht hatte es gar nichts mit seinem Fluch zu tun? Wahrscheinlich war es seine eigene Schuld, dass jeder sich über seinen Fluch und seine Abneigung zu Frauen lustig machte. Cailean umschloss das Lenkrad noch fester. Vielleicht sollte er Samantha beim nächsten Besuch dahingehend beeinflussen, dass sie sich von ihm wünschte, er solle sie umbringen.

»Die Kurzfassung ist: Danu, - sie ist die Göttin der Tuatha Dé Danann, das sind die Sidhe, die du als Elfen und Feen kennst -, brauchte ein paar prächtige Krieger. Also hat sie sich ein paar geholt. Direkt vom Schlachtfeld. Sie hat sie geheilt und mitgenommen nach Anderwelt, wo sie für Danu gegen die Firbolg gekämpft haben. Das sind Dämonen. Und weil Danu die Krieger mit ihrem Blut geheilt hat, sind sie zum Teil Sidhe. Und unsterblich sind Elfen eigentlich nicht wirklich. Unsere Proteine sind ein Sud aus Kräutern aus Anderwelt, die uns nicht altern lassen, solange wir sie zu uns nehmen, wenn wir in der Menschenwelt sind. Selbst ohne die Kräuter altern wir viel langsamer als Menschen. Wir können gut einige Jahrhunderte alt werden. So einfach ist das.« Samantha wirkte sichtlich erfreut über ihre Aufklärung.

Im Grunde war Cailean das auch. So blieb ihm das erspart. Er hatte ohnehin nicht gewusst, wie er die Sache angehen sollte. Die Menschen reagierten im Allgemeinen äußerst unberechenbar auf die Tatsache, dass es Elfen und Feen und Anwynn wirklich gab. Und wenn er Ambers Gesicht richtig deutete, stand sie kurz vor einer Herzattacke. Ihre Hände lagen zitternd auf ihren Oberschenkeln, ihr Gesicht war so blass wie das einer Todesfee. Und die hatte Cailean noch nie besonders gemocht. Es gab nichts Schaurigeres als eine Todesfee, wenn sie heulend über einem Schlachtfeld schwebte, das durchsichtige weiße Kleid ihre Beine umflatterte wie Spinnenweben, die sich im Luftzug einer alten Burg bewegten, um auch den letzten Überlebenden den Lebenswillen zu nehmen.

Cailean überlegte, ob er ihre Hände in seine schließen sollte. Er hatte das Bedürfnis, sie zu beruhigen, sie zu trösten. Er wusste nicht warum, aber er wollte es tun. Nur befürchtete er, dass seine Berührung sie noch mehr in Panik versetzte. Warum hatte er Idiot sich auch nicht zusammennehmen können? Warum hatte er ihr sein Sidhe-Gesicht zeigen müssen?

Er hätte wissen müssen, dass sie so reagierte. Er hatte es gewusst. Aber die ganze verfahrene Situation machte ihn wahnsinnig. Noch nie hatte er seinen Bruder wegen irgendetwas anlügen müssen.

Als William gestern nach Amber gefragt hatte und was denn sein Auftrag wäre, da war es ihm unmöglich, die Wahrheit zu sagen. Und er hatte es gewollt, aber es ging einfach nicht. Es war ihm zu unangenehm, seinem Bruder mitzuteilen, dass er eine Frau entführt hatte, noch dazu diese Frau, und vorhatte, sie Airmed zu übergeben. Zwar war die Rettung ihres jüngeren Bruders Ian ein Grund, so zu handeln. Aber weder William noch Cailean waren Männer, die Frauen verletzten. Das ging gegen ihre Ehre. Und Amber wollte er weniger als jede andere Frau verletzen, der er jemals begegnet war. Aber selbst, wenn er sich hätte dazu durchringen können, William etwas zu sagen, Airmeds Wunsch verbot ihm das.

Statt ihr seine Hand zu reichen, murmelte er eine Entschuldigung. »Es tut mir leid. Ich hätte dich nicht so erschrecken dürfen. Samantha hat die Wahrheit gesagt. Du musst keine Angst haben. Nur wünsch dir nichts mehr«, fügte er murmelnd hinzu.

Für die Frauen mochte das ein Spaß sein. Er fühlte sich einfach mies dabei, weil ihn jeder Wunsch seines freien Willens beraubte. Er machte ihn zu einem Sklaven. Und der Verlust seines freien Willens, die Herabsetzung zum Sklaven, zum Gebrauchsgegenstand, all das zog ihn hinab in die Finsternis, aus der er sich seit seiner Gefangenschaft versuchte herauszuziehen. Also war es doch kein Wunder, dass er sich seit Auferlegung seines Fluchs, weitestgehend von Frauen fernhielt. Hätte er das mal auch getan, als er Airmed in Gestalt dieser jungen Schönheit begegnet war, dann wäre er jetzt gar nicht in dieser Situation.

Amber sah mit großen Augen zu ihm auf. Das Schluchzen verstummte, nur ihre wohlgeformten Lippen zitterten noch. Wahrscheinlich erstaunte es sie, dass er sich zu einer Entschuldigung hatte durchringen können. Cailean murrte unzufrieden mit sich selbst in sich hinein. Er hatte sich selbst damit überrascht.

»Mir tut es auch leid. So ein Fluch ist sicher nicht einfach. Ich hätte das nicht tun dürfen.«

»Wenigstens hat sie so viel Anstand, sich bei dir zu entschuldigen.« William lachte wieder. »Die Route ist drüben. Ist nur ein Umweg von etwa zehn Minuten.«

»Danke«, knurrte Cailean.

Cailean merkte schon, diese beiden Frauen waren dabei, Freundschaft zu schließen. Na ja, wenigstens hatte Samantha den schwierigen Part übernommen. Obwohl es da noch einen schwierigeren gab. Und spätestens, wenn er ihr den beibringen musste, würde sie ihn abgrundtief verabscheuen. Cailean seufzte innerlich. Eigentlich schade, aber es war nicht zu ändern. Er konnte noch so sehr nach einem Ausweg suchen, er fand keinen. Und er hatte sich von dem Moment an den Kopf zerbrochen, da er in der Gasse ihren sexy Körper an seinem gespürt hatte.

»Ich habe doch schon gesagt, ich werde dich nicht töten«, brummte Cailean. Er lenkte den SUV in einen McDrive, hielt vor der Sprechanlage und bestellte einen Hamburger, Nuggets, eine Apfeltasche, eine große Cola und Unmengen Kaffe.

»Wozu brauchen wir so viel Kaffe?«

»Der ist für mich.«

»Ach so, wegen der langen Fahrt«, stellte Amber fest. Cailean verdrehte die Augen. Wahrscheinlich würde er noch einiges mehr als Kaffee brauchen, wenn er diese Fahrt überstehen wollte.

»Warum fahren wir eigentlich mit dem Auto? Hattest du nicht gesagt, du kannst teleportieren? Ich bin sicher, egal wie das funktioniert, das würde schneller gehen«, wollte sie wissen und runzelte dabei auf eine Art die Stirn, die in ihm den Beschützer wachrief, vielleicht lag es auch an diesen leicht vorgewölbten Lippen, die einen perfekten Kussmund bildeten. Auf jeden Fall wirkte sie mit diesem trotzigen Ausdruck im Gesicht wie ein kleines Mädchen, dem man wehgetan hatte. Und das brachte sein Herz zum Schmelzen. Unfreiwillig.

Er knurrte genervt von sich selbst. Aber als er ihren verstörten Gesichtsausdruck sah, die Tränen, die noch immer in ihren silbernen Mandelaugen glänzten, da konnte er nicht anders, als sie beruhigend anzulächeln. Er hätte auch etwas sagen können, aber er kannte sich mit solchen Dingen nicht aus. Er war ein Soldat, keine Amme. Und diese Augen, bei der Göttin! Wie sollte ein Mann diesen Anblick ertragen, ohne sich nicht gleich auf diese Frau stürzen zu wollen? Wie das Grau eines Winterhimmels standen sie im so starken Kontrast zu ihrem ebenholzfarbenem Haar, dass sein Blick immer wieder magisch von ihnen angezogen wurde. Er konnte sich regelrecht darin verlieren.

»Wenn wir uns teleportieren, hinterlassen wir eine magische Spur. Da es in der Menschenwelt kaum noch Magie gibt, könnte man uns auf diese Weise folgen. Deswegen nehmen wir das Auto«, sagte er.

Obwohl er sich nicht erinnern konnte, dass Frauen früher so lästig waren. Falsch vielleicht, bösartig und gefährlich, aber lästig? Diese ständige Fragerei. Auf eine Antwort von ihm folgte sogleich eine neue Frage. Andererseits seine Schwägerin Samantha war genauso. Vielleicht waren nur die Frauen dieser Zeit so? Samantha war zwar eine Lichtelfe, aber sie war in der Menschenwelt aufgewachsen, so wie es viele Sidhe gab, die hier lebten, seit Danu die Portale vor einigen Jahren wieder geöffnet hatte. Nur, dass die Lichtelfen an die jeweilige Welt gebunden waren, in der sie lebten, da sie die Portale nicht nutzen konnten. Ein Teil des kleinen Krieges zwischen Danu und Airmed. Nur halbmenschliche Lichtelfen wie Amber und Samantha konnten trotzdem zwischen den Welten wechseln.

Er nahm die Bestellung entgegen, startete den Motor und lenkte das Auto wieder in den Verkehr. Zehn Stunden auf engstem Raum mit einer Frau. Er seufzte. Es war wohl keine Sünde, sich unter diesen Voraussetzungen selbst zu bedauern. Wenigstens war sie eine Erholung für seine Augen, wenn schon nicht für seine Nerven.

»Und warum bringst du mich weg, wenn du mich nicht töten willst?« Cailean warf der Frau einen Seitenblick zu. Sie schloss gerade ihre roten vollen Lippen um einen Nugget. Dabei hatte sie genießerisch die Augen geschlossen. Und jetzt stöhnte sie auch noch!

Cailean richtete den Blick wieder auf die Straße. Wann hatte diese Frau zum letzten Mal etwas gegessen? Er musste sich anstrengen das Bild ihrer vollen Lippen, um das Hähnchenstück herum zu verdrängen. Stattdessen spielte sich in seinem Hirn eine Szene ab, die seinen Schwanz in seiner Hose anschwellen ließ; diese perfekten Lippen schlossen sich um seinen Schaft, so wie sie es gerade mit dem Fleischstück taten.

Verdammt, fluchte er innerlich. Wie lange hatte er Maria schon nicht mehr in sein Bett geholt? Es konnte nur daran liegen, dass seither zu viel Zeit vergangen war. Bei allem, was er erlebt hatte, war er trotzdem noch immer ein Mann. Und dass sein Körper so auf diese Frau reagierte, war wohl ein deutliches Zeichen dafür, dass es Zeit wurde, Marias Körper seine Aufmerksamkeit zu schenken, um etwas Druck abzulassen.

Maria war so ziemlich die einzige Frau, der er noch genug traute, um sie nahe genug an sich heranzulassen, ohne dass er Gefahr lief, ihren Wünschen zu unterliegen. Aber Maria hatte noch nie seinen Fluch für sich ausgenutzt. Dazu kannten sie sich zu lange und vertrauten einander zu sehr. Nur so war es möglich, dass sie gemeinsam das Bett teilten und beide wussten, dass das nur zu ihrer beider Vergnügen passierte. Eine feste Beziehung kam für Cailean nicht mehr infrage. Er stellte von vornherein klar, dass es ihm nur um Befriedigung ging. Nur eine Frau, die das akzeptieren konnte, kam für ihn noch infrage.

»Weil du in Gefahr bist, deswegen biete ich dir meinen Schutz. Und das kann ich nun mal nicht bei dir Zuhause.«

Wenn er das überhaupt konnte, aber das wollte er dieser reizenden Person jetzt nicht auf die Nase binden, zumal es ohnehin nicht der Wahrheit entsprach. Wie er es hasste, zu lügen! Wie er diesen Fluch hasste! Er machte ihn zu jemand, der er nicht war. Ihm war Ehre wichtig, aber das hier hatte nichts mit Ehre zu tun. Er könnte dagegen ankämpfen, aber was würde das bringen? Diesen Weg hatte er schon durchdacht, und ob er die damit verbundenen Schmerzen ertragen konnte, wenn er sich dem Wunsch widersetzte? Er konnte viel ertragen, aber das? Ihm fiel nichts ein. Airmed hatte ihm keinen Spielraum gelassen. Sie hat ihren Wunsch zu genau formuliert. Er hatte es hin und her gewälzt, darüber nachgedacht, es durchgespielt im Kopf, es bis zum letzten möglichen Augenblick hinausgezögert, bis ihm keine andere Wahl mehr geblieben war, als die Frau zu holen.

Außerdem hatte er denkbar schlecht geschlafen. Diese Frau hatte ihren Körper so nahe an seinen Rücken gepresst, dass es fast unmöglich gewesen war, ihre Rundungen zu ignorieren. Irgendwann hatte sie im Schlaf auch noch angefangen, seine Brust zu streicheln. Da wäre es mit Cailean fast durchgegangen.

Schließlich war Cailean ein Mann, und der männliche Körper reagierte nun mal auf gewisse Reize. Das konnte er nicht vermeiden, auch wenn er das gerne täte. Er wollte sich nie wieder einer Frau ausliefern. Genau das war es aber, was dieser Fluch mit ihm tat. Er lieferte ihn an Frauen aus. Und die hatten durchaus manchmal recht unangenehme Wünsche. Besonders die, die von seinem Fluch wussten und ihn absichtlich ausnutzten.

Er musste da nur an die zahlreichen Damen denken, die bewusst oder unbewusst den Fluch ausgelöst hatten und sich von ihm genau das gewünscht hatten, was er nicht bereit gewesen war zu geben; seinen Körper. Nicht dass er seinen Körper für die ein oder andere nicht gerne gab, aber manch erotische Vorstellung ging weit über das hinaus, was sich im Bett gehörte.

Er schüttelte sich und weigerte sich, diesen Gedanken weiter nachzugehen. Er war nicht unschuldig an diesem Fluch, und vielleicht verdiente er auch Bestrafung für den Schmerz, den er der Druidin zugefügt hatte, aber dieser Fluch ging weit darüber hinaus. Und er hatte erst ermöglicht, was Airmed ihm angetan hatte und was er jetzt tun musste. Seine Bestrafung wurde zur Bestrafung für andere Menschen; für Ian und für Amber. Und das konnte er nicht ertragen. Bisher hatte er den Fluch stumm erduldet, aber wenn andere in Gefahr waren, dann konnte er das nicht zulassen. Er musste es irgendwie beenden. Wenn der Fluch endete, dann konnte er Amber und Ian retten. Nur gab es kein Ende für diesen Fluch. Die Druidin weigerte sich stets, ihm zu sagen, wie er den Fluch von sich nehmen konnte. Er hatte unzählige Male vor ihr gestanden und sich für seine Verfehlungen entschuldigt. Er hatte sogar vor ihr gekniet, aber sie war nicht bereit, ihm zu helfen.

Neben ihm raschelte Papier. Amber verstaute die leeren Verpackungen im Handschuhfach. Cailean schnaubte. Frauen! Er würde die Abfälle sobald möglich entsorgen.

Sie saß noch immer so weit von ihm entfernt, wie es der Platz im Auto zuließ. Er würde ihr die Angst nehmen müssen, sonst werden die nächsten Tage zur Qual. Es sollte ihm widerstreben, ihr das anzubieten, weil er sich ihr so auslieferte, aber er hatte nicht das Gefühl, dass sie seinen Fluch gegen ihn verwenden würde. Vielleicht war er auch einfach von ihrer Anziehungskraft geblendet. Denn anziehend wirkte sie auf jeden Fall auf ihn. Sein Schaft pochte noch immer in seiner Jeans. Wahrscheinlich war es ihre unschuldige Art oder ihr zerbrechlicher Körper, der ihm glauben machen wollte, dass sie harmlos war. Er sollte es wirklich besser wissen. Zumal sie eines der mächtigsten Wesen war, das Anwynn kannte. Zum Glück wusste sie nichts davon. Obwohl ihm selbst auch unklar war, wie Airmed ihre Macht nutzen wollte.

»Wie wäre es damit: Du wünschst dir einfach, dass ich dir nicht wehtun darf? Dann bist du sicher vor mir.«

Amber blickte erst ihn, dann den Bildschirm im Radio an. Doch der war dunkel. William und Samantha hatten sich schon vor einer Weile zurückgezogen. »Das funktioniert? Ich kann mir zwar nicht wünschen, dass du mich freilässt, aber dass du mir nichts antun darfst?«

Cailean nickte. Diesen Wunsch würde er ihr sogar gerne erfüllen, er hatte ohnehin nie vorgehabt, ihr wehzutun. Er würde niemals jemandem bewusst wehtun. Nicht, wenn er es nicht verdient hatte. Airmed hatte es definitiv verdient, dass er ihr wehtat. Irgendwann würde er in ihrer Burg einfallen und sie und ihre Seelenlosen und jedem, der seinen Spaß mit ihm und Ian hatte, in einem blutigen Festmahl abschlachten. Und er würde jede Sekunde davon genießen. Genauso wie er es genossen hatte, Lancaster und seine speichelleckenden Freunde umzubringen, nachdem Ian und William ihn befreit hatten. Aber Amber, er hatte keinen Grund sie zu verletzen, obwohl es sie verletzen wird, wenn er sie in Airmeds Hände übergibt. »Aye.«

Amber nickte und sah ihn entschlossen an. »Ich wünsche, dass du mir nicht wehtust und mich nicht tötest. Richtig so?« Noch besser.

Highland Warrior - Cailieans Fluch

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