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4.1.2 Die Bildungsstandards für den Mittleren Bildungsabschluss und die Allgemeine Hochschulreife

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Die Einführung der bundesweit geltenden Bildungsstandards dient der schulischen Qualitätssicherung und beinhaltet fächerspezifische Kompetenzerwartungen, die Schüler am Ende des Primarbereichs, mit dem Erwerb des Hauptschulabschlusses, des Mittleren Bildungsabschlusses bzw. der Allgemeinen Hochschulreife erreicht haben sollen. Für den Fremdsprachenunterricht Französisch/Spanisch sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Bildungsstandards für den Mittleren Bildungsabschluss und für die Allgemeine Hochschulreife von Relevanz, da sie am Beispiel der Fächer Französisch und Englisch die Anforderungen für die Erste bzw. Fortgeführte Fremdsprache darlegen und die Empfehlungen des GeR (cf. Kap. 4.1.1) in eine bundesweit verbindliche Form überführen.

Aus empirischer Sicht handelt es sich bei den Kompetenzen des fremdsprachlichen Hör- und Hör-Seh-Verstehens um verschiedene Konstrukte, deren Trennbarkeit in zahlreichen Studien nachgewiesen werden konnte (cf. Grotjahn/Porsch 2016, 72sqq.). Etwaige Forschungsergebnisse finden in den Bildungsstandards – zumindest auf den ersten Blick – jedoch keine Berücksichtigung: Statt einer Abgrenzung werden das fremdsprachliche Hör- und Hör-Seh-Verstehen in den Kompetenzbeschreibungen gemeinsam behandelt und aufgeführt. Das Hör-Seh-Verstehen wird dabei als Teilfertigkeit bzw. als ergänzende Variante des Hörverstehens verstanden und nimmt im Vergleich zu den anderen funktional-kommunikativen Kompetenzen (Lesen, Sprechen, Schreiben, Sprachmittlung) eine gleichwertige Stellung ein (cf. KMK 2003, 8; cf. KMK 2012, 13). Diese Gleichstellung impliziert, dass auch das Hör-Seh-Verstehen mit dem Beginn des Fremdsprachunterrichts geschult werden sollte und erhebt den Anspruch, dass Schüler am Ende der Jahrgangsstufe 10 im Kompetenzbereich des Hör-/Hör-Seh-Verstehens in der Lage sind,

unkomplizierte Sachinformationen über gewöhnliche alltags- oder berufsbezogene Themen [zu] verstehen und dabei die Hauptaussagen und Einzelinformationen [zu] erkennen, wenn in deutlich artikulierter Standardsprache gesprochen wird (B1+).

Die Schülerinnen und Schüler können (Englisch und Französisch)

 im Allgemeinen den Hauptpunkten von längeren Gesprächen folgen, die in ihrer Gegenwart geführt werden (B1),

 Vorträge verstehen, wenn die Thematik vertraut und die Darstellung unkompliziert und klar strukturiert ist (B1+),

 Ankündigungen und Mitteilungen zu konkreten Themen verstehen, die in normaler Geschwindigkeit in Standardsprache gesprochen werden (B2),

 vielen Filmen folgen, deren Handlung im Wesentlichen durch Bild und Aktion getragen wird (B1) (KMK 2003, 11).

In Anlehnung an die Bildungsstandards für den Mittleren Bildungsabschluss wird von den Schülern im Zuge der Allgemeinen Hochschulreife des Weiteren erwartet, dass sie

authentische Hör- und Hörsehtexte verstehen [können], sofern repräsentative Varie­täten der Zielsprache gesprochen werden. Sie können dabei Hauptaussagen und Einzelinformationen entnehmen und diese Informationen in thematische Zusammenhänge einordnen.

Grundlegendes Niveau

Die Schülerinnen und Schüler können

 einem Hör- bzw. Hörsehtext die Hauptaussagen oder Einzelinformationen entsprechend der Hör- bzw. Hörseh-Absicht entnehmen

 textinterne Informationen und textexternes Wissen kombinieren

 in Abhängigkeit von der jeweiligen Hör-/Hörseh-Absicht Rezeptionsstrategien anwenden

 angemessene Strategien zur Lösung von Verständnisproblemen einsetzen

 Stimmungen und Einstellungen der Sprechenden erfassen

 gehörte und gesehene Informationen aufeinander beziehen und in ihrem kulturellen Zusammenhang verstehen

Erhöhtes Niveau

Die Schülerinnen und Schüler können darüber hinaus

 (Englisch: komplexe) Hör- und Hörsehtexte auch zu wenig vertrauten Themen erschließen

 implizite Informationen erkennen und einordnen und deren Wirkung interpretieren

 implizite Einstellungen oder Beziehungen zwischen Sprechenden erfassen

 Hör- und Hörsehtexte (Französisch: im Wesentlichen) verstehen, auch wenn schnell gesprochen oder nicht Standardsprache verwendet wird

 (Englisch) einem Hör- bzw. Hörsehtext die Hauptaussagen oder Einzelinformationen entsprechend der Hör- bzw. Hörseh- Absicht entnehmen, auch wenn Hintergrundgeräusche oder die Art der Wiedergabe das Verstehen beeinflussen (KMK 2012, 15).

Wie aus den vorangestellten Auszügen der Bildungsstandards deutlich wird, enthalten die Kompetenzbeschreibungen nicht nur differenzierte Anforderungen im Hinblick auf das Fach (Französisch/Englisch), sondern auch in Bezug auf das Kursniveau (grundlegend/erhöht). Für Schüler und Lehrer ist hierbei von Relevanz, dass „in einigen Kompetenzbereichen höhere oder niedrigere Anforderungsniveaus etabliert“ wurden (KMK 2003, 11). So lassen sich im Fall des fremdsprachlichen Hör-/Hör-Seh-Verstehens vereinzelt Hinweise zu Gunsten einer erhöhten Verstehungsleistung (e.g. B1+) wiederfinden. Diese Kennzeichnung ist vermutlich auf die verständniserleichternde Wirkung von Ton- und Bildspur zurückzuführen, wobei verwunderlich ist, dass etwaige Verweise gerade im Kontext eines filmgestützten Hör-Seh-Verstehens rar bleiben. Des Weiteren fällt auf, dass die Musteraufgaben für die einzelnen Kompetenzbereiche kaum Beispiele für die Umsetzung bzw. Überprüfung des Hör-Seh-Verstehens enthalten. Dies betrifft sowohl die Aufgabenvorschläge für den Mittleren Bildungsabschluss als auch die für die Allgemeine Hochschulreife.1

Obgleich in diesem Zusammenhang eine stärkere Berücksichtigung des Hör-Seh-Verstehens wünschenswert wäre, bleibt dessen gleichwertige Stellung zumindest formal gegenüber den anderen Fertigkeiten bestehen: Die Überprüfung des Hör-Seh-Verstehens muss entweder als möglicher Prüfungsteil im Abitur erfolgen oder kann alternativ „mit dem Gewicht einer Klausur in der Qualifikationsphase“ abgedeckt werden (KMK 2012, 25). Ausgehend von einem erweiterten Textbegriff empfehlen die Bildungsstandards hierbei die Wahl zu Gunsten authentischer Medien (cf. KMK 2003, 21; cf. KMK 2012, 28) in Form von Ausschnitten „aus aufgezeichneten Theaterproduktionen, aus Dokumentar- und Spielfilmen, Fernsehserien, Mitschnitte[n] aus Nachrichtensendungen, Talkshows, Diskussionen, Trailer, Reden, [und] Interviews“ (KMK 2012, 26). Letztgenannte sollten eine Länge von fünf Minuten nicht überschreiten, sprachlich vorentlastet werden und ggf. mehrmals präsentiert werden (cf. ibid. 26sq.) (cf. Kap. 3.4).

Lehrwerksintegrierte Lernvideos als innovatives Unterrichtsmedium im fremdsprachlichen Anfangsunterricht (Französisch/Spanisch)

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