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4.3 Befürwortung einer mediengestützten Didaktik und deren Auswirkungen auf die Lehrwerksgestaltung

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Im Hinblick auf die Unterstützung fremdsprachlicher Übungsprozesse spielt der Begriff der Neuen Medien eine immer größere Rolle. Gemeint sind damit Medien, deren Einsatz für die jeweilige Zeit und den damit verbundenen technischen Stand innovativ und neu sind (cf. Baier 2009, 108). Hierzu zählen heutzutage insbesondere der Einsatz von Smartboards, Computern, Internet, Lernsoftwares, CD-ROMs, digitalen Unterrichtsassistenten sowie erste Erwägungen dreidimensionaler Cyber-Classrooms. Dank der Benutzerfreundlichkeit und des einfachen Zugriffs auf diese Medien sollen und können Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme, Werbung, aber auch Musikclips und Nachrichtensendungen immer öfter zum Gegenstand des Unterrichts gemacht werden.

In diesem Zusammenhang führte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) unter dem Titel Schule 2.0 eine repräsentative Studie zum Einsatz elektronischer Medien an Schulen aus Lehrersicht durch. Basierend auf einer Befragung von 501 Lehrern unterschiedlicher Fächer und Schulformen konnten überraschende Ergebnisse festgehalten werden. So gaben 91 % der Fremdsprachenlehrer an, den Beamer als häufigstes aller elektronischen Medien zu verwenden. Computer sowie Overheadprojektoren finden mit 48–63 % ebenso regulär Anwendung. Erstaunlich ist dagegen, dass DVD-Player (44 %) im Fremdsprachenunterricht von den befragten Lehrern weniger häufig benutzt werden als etwa Kassettenrekorder oder Plattenspieler (52 %). Ein Blick auf Abbildung 14 verrät darüber hinaus, dass der regelmäßige Einsatz elektronischer Medien im Fremdsprachenunterricht insbesondere im Vergleich zu MINT- aber auch zu anderen Fächern tendenziell geringer ausfällt (cf. BITKOM 2011, 18).


Abb. 14: Einsatz elektronischer Medien an Schulen aus Lehrersicht (BITKOM 2011, 18)

Obwohl Schulen verstärkt mit Informations- und Kommunikationstechnologien ausgestattet sind, kam eine weitere Bildungsstudie zu dem Schluss, dass „die Institution Schule […] nicht auf digitale Medien vorbereitet [ist]“ (Initiative D21 2011, 5). Es stellt sich also die Frage, warum der regelmäßige Einsatz elektro­nischer Medien trotz positiver Einstellung der Lehrer (cf. BITKOM 2011, 15) und verstärkter technischer Ausstattungen in deutschen Klassenzimmern nur relativ wenig Anwendung findet.

Gemäß der Studie der Initiative D21 ist die vorherrschende Zurückhaltung im Umgang mit Medien vor allem dadurch bedingt, dass für viele Lehrer das Schulbuch nach wie vor die sicherste Basis für die Unterrichtsgestaltung darstellt. Dementsprechend konnte im Rahmen der Erhebung folgende Bilanz gezogen werden: „Digitale Angebote müssen […] besser mit gedruckten Lehrwerken und Unterrichtsmaterialien verzahnt sein, damit sie integraler Bestandteil der Wissensvermittlung werden können und nicht sporadische Ergänzung bleiben“ (Initiative D21 2011, 5).

Angesichts der Forderung nach Aktualität und zeitgemäßem Unterricht ist das Schulbuch mehr denn je Ausgangspunkt vieler Fragen und Diskussionen. Denn gerade in den ersten Lernjahren ist das Lehrwerk von elementarer Bedeutung für den Fremdsprachenunterricht. Mit Blick auf den Sprachlernprozess stellt es für Lehrende eine (ökonomische) Strukturierungshilfe mit Anregungen für den eigenen Unterricht dar, für Schüler und Eltern dient es hingegen als Orientierung für den Lernfortschritt und die im Unterricht behandelten Inhalte (cf. Leupold 2007b, 49; cf. Quetz 1999, 168; cf. Schwerdtfeger 1989, 48).

Die im Lehrwerk dargebotenen inhaltlichen Schwerpunkte und Aufgabenstellungen richten sich nach den jeweils geltenden curricularen Vorgaben, d.h. nach den aktuellen Lehr-/Bildungsplänen der Bundesländer, den länderübergreifenden Bildungsstandards sowie den europaweit anerkannten Richtlinien des GeR. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Vorgaben dabei sowohl an den neusten fachdidaktischen Erkenntnissen als auch an Erfahrungen aus der Unterrichtspraxis orientieren, entstehen die Lehrwerke gewissermaßen „im Spannungsfeld von Bildungspolitik und Schulpraxis“ (Cornelsen 2012, Rund ums Schulbuch, 1).

In diesem Kontext steht die Schulbuchentwicklung gegenwärtig vor der Herausforderung, nicht nur den geltenden Standards zu genügen, sondern ebenso den neusten mediendidaktischen Stand zu berücksichtigen. Betrachtet man unter diesem Aspekt die Schulbücher vergangener Lehrwerksgenerationen, lässt sich feststellen, dass diese über eine enorme Methoden- und Medienvielfalt verfügen: Als Spiegelbild komplexer Unterrichtsbedingungen stehen Lehrern und Schülern seit geraumer Zeit lehrwerksergänzende Zusatzangebote in Form von Multimedia, Handreichungen sowie Übungs- und Arbeitsheften zur Verfügung. Dieser Anspruch bleibt für neue Generationen von Schulbüchern bestehen. Sie sollten gemäß den gesetzten Standards aus einem didaktisch aufbereiteten „Konglomerat von auditiven, visuellen und audiovisuellen Elementen [sowie] einem zusätzlichen Übungsheft“ bestehen (Hu/Leupold 2008, 79) und „die Anforderungen der Lehrpläne lückenlos und in didaktisch-methodisch zeitgemäßer Weise“ erfüllen (Brill 2013, 139). Im Hinblick auf die bestehenden curricularen Vorgaben bedeutet das, dass die Schulung des Hör-Seh-Verstehens ein integraler Bestandteil des Fremdsprachenunterrichts sein muss. Folglich sind Begleitmaterialien wie Audio-CDs nicht mehr ausreichend, sondern müssen durch das Angebot audiovisueller Medien ergänzt werden.1

Letztere haben wie alle anderen Medien die Funktion, Schüler zu motivieren und in ihrem Lernprozess zu unterstützen. Gleichermaßen soll das Zielsprachenland ein Stück näher ins fremdsprachliche Klassenzimmer gebracht werden. Dies gelingt bei audiovisuellen Medien besonders gut, zumal sie es trotz geographischer Distanz in vielen Fällen ermöglichen, Eindrücke aus dem Zielsprachenland äußerst authentisch, greifbar und anschaulich zu vermitteln (cf. Leupold 2007b, 48sq.).

Da das Schulbuch in den Augen vieler die sicherste Grundlage für die Unterrichtsgestaltung darstellt, gilt es, das Leitmedium Lehrwerk fortan so zu gestalten, dass zeitgemäße Aufgaben und Anwendungen zum Hör-Seh-Verstehen bereitgestellt werden, die die Schüler in ihren Lern- und Arbeitsprozessen unterstützen.

Im Sinne der Medienkompetenz muss dem Lehrer mit Hilfe des Lehrwerks grundsätzlich ein Spagat zwischen mediengestütztem Lernen und Kompetenzorientierung gelingen. Nur so kann das übergreifende Bildungsziel der Lernerautonomie im Kontext von Wissensvermittlung erreicht werden (cf. Küster 2002, 39sq.). Die relevanten Methoden und Medien stehen dabei in Abhängigkeit von den zu erreichenden Lernzielen und festgesetzten Inhalten des Fremdsprachenunterrichts, wobei der Medieneinsatz im Gegensatz zu früheren didaktischen Ansätzen nicht mehr als zweitrangig anzusehen ist (cf. Schludermann 1981, 26).

Was fremdsprachliche Lernvideos betrifft, so stellt deren Entwicklung eine besondere Herausforderung dar: Curriculare Rahmenrichtlinien geben keinerlei Anhaltspunkte darüber, auf welcher Ebene Lernvideos eingesetzt werden sollen, um das Ziel eines integrierten Hör-Seh-Verstehens tatsächlich zu erreichen. Für den Laien, aber leider auch für den Experten, bleibt daher ungewiss, ob es sich um eine Integration auf sprachlicher, inhaltlicher und grammatikalischer Ebene handelt oder ob lediglich der Einsatz von Lernvideos im Sinne einer kontinuierlichen Integration in den Unterrichtsalltag gemeint ist. Richtet man sich nach den bestehenden Leitlinien, liegt die Interpretation der Vorgaben letztlich im Auge des Betrachters. Folglich bleibt Raum für unzählige Spekulationen und Mutmaßungen, auf welche Weise Lernvideos ihren Weg in die schulische Praxis finden sollen.

Allerdings bleibt an dieser Stelle zu bedenken, dass eine mediengestützte Didaktik immer nur dann greifen kann, wenn die Schulen über die nötigen technischen Voraussetzungen verfügen. Faktisch bewertet aber nur ein Viertel aller Lehrer die technische Ausstattung ihrer Schule als gut oder sehr gut – 72 % aller Fremdsprachenlehrer dagegen als mittelmäßig bis sehr schlecht (cf. BITKOM 2011, 30sqq.). Angesichts dieses Ergebnisses einer Umfrage im Rahmen der Studie Schule 2.0 stellt sich die Frage, wie trotz technisch mangelhafter Ausstattung die Kompetenz des Hör-Seh-Verstehens anhand audiovisueller Materialien geschult werden kann.

Etwaige Lösungsansätze führender Schulbuchverlage können dem weiteren Verlauf dieser Arbeit entnommen werden (cf. Kap. 6.3.4.3). Es sei vorab darauf hingewiesen, dass im Fall technisch mangelhaft ausgestatteter Schulen die seit 2012/13 von den Verlagen Klett und Cornelsen für den Französischunterricht bereitgestellten Lernvideos von großer Hilfe sind, da sie mit dem Erwerb des zugehörigen Übungshefts jedem Schüler individuell zur Verfügung stehen. Das hat den Vorteil, dass Lehrer unabhängig von der technischen Ausstattung ihrer Institution Hör-Seh-Verstehen nahezu uneingeschränkt schulen können, zumal die Schüler von zu Hause aus auf das Medium zugreifen können.

Hinzu kommt, dass insbesondere die seit 2012 auf dem Markt erschienenen Lernvideos auf die spezifischen Kompetenzen und Bedürfnisse des Anfangsunterrichts zugeschnitten sind. Zwar bestehen gemäß des GeR noch keine europaweit gültigen Deskriptoren zum Hör-Seh-Verstehen auf der Niveaustufe A1, die frühe Einsatzmöglichkeit ebendieser Lernvideos kommt jedoch der Forderung des Lehrplans nach, Medien an geeigneter Stelle bereits im Anfangsunterricht einzusetzen. Damit gelingt es den besagten Verlagen, der Diskrepanz zwischen Lehrplan und GeR zumindest ein Stück weit entgegenzuwirken (cf. Kap. 6.3).

Insgesamt kommt dem modernen Lehrwerk durch die bewusst systematische Aufnahme von Lernvideos eine richtungsweisende Bedeutung zu, die „im günstigsten Fall auch Neuerungen in den Unterricht“ (Quetz 1999, 168) transportiert und belegt, dass Lehrwerk und technischer Fortschritt einander nicht ausschließen. Die überarbeitete Konzeption geht einher mit einer regelrechten Aufwertung des Lehrmaterials, da neben den traditionellen Basiskompetenzen auch die zeitgemäße Schulung des Hör-Seh-Verstehens hinreichend Berücksichtigung findet.

Lehrwerksintegrierte Lernvideos als innovatives Unterrichtsmedium im fremdsprachlichen Anfangsunterricht (Französisch/Spanisch)

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