Читать книгу TIXI - Sterbebegleiterin auf vier Pfoten - Elfie Bernhard - Страница 13

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Engagement in der Sterbebegleitung

Wenn ich die Bürste und den roten Rucksack mit Hundeutensilien bereitstellte, war das für Tixi das untrügliche Zeichen, dass sie ihre Aufgabe wahrnehmen sollte. Freundlich wedelnd genoss sie sichtlich die Bürstenstriche und konnte die Anreise kaum erwarten.

Unser erster Gang im Hospiz führte jeweils ins Büro der Pflegedienstleitung, wo ich Informationen über zu besuchende Patienten und deren Befindlichkeit entgegennahm. Gleichzeitig erhielt Tixi durch die Mitarbeiter rituell ihre Begrüssungs-Streicheleinheiten und ein "Hundeleckerli".

Bei Neueintritten wurde durch den Pflegedienst jeweils im Vorfeld abgeklärt, ob unser Besuch erwünscht ist, denn es gibt zweierlei Menschen – diejenigen, die Hunde mögen, und die anderen.

Interessant ist, dass während meiner Hospiztätigkeit lediglich 10 Prozent einem Hundekontakt gegenüber abgeneigt waren. Die meisten Patienten wünschten unsere Besuche und warteten mit Freude auf Tixi.

Zum Zeitpunkt, wo wir unsere Aufgabe als Hundeteam wahrnehmen, begegnen wir Menschen, deren Körper bereits aufgegeben hat. Als Nichtmediziner gilt unsere Aufmerksamkeit der Seele. Wenn unsere Besuche mit dazu beitragen, die Seele zu berühren oder zu streicheln, wird sie darauf vorbereitet „ja“ zu sagen; wird sie bereit sein, loszulassen.

Die Weichen für eine Begegnung und den Dialog werden immer durch den Hund gestellt. Erst später kommt durch den Hundeführer ein emphatischer Einstieg in jegliche Form der Kommunikation zum Tragen. Über den Hund erinnern sich die Patienten an eigene Erfahrungen, an Begegnungen mit Hunden und was mit Geschichten über Hunde beginnt, weitet sich aus auf Lebensgeschichten, auf Erzählungen über Erfolge und Missgeschicke, über Gelingen, über Versagen, über Belastungen oder Verletzungen, aber auch über glückliche Momente im Leben dieser Menschen.

Diese Form von Verarbeitung wird meist begleitet durch ein Streicheln des Hundes und Unterbrüche gelten einer wunderbaren Mensch-Tier-Ebene, auf welcher ein Patient sich mit Worten wie: „ja, du verstehst das alles“ oder „du weißt, wovon ich spreche“, dem Hund zuwendet und sich verstanden und begleitet fühlt. Die Patienten fühlen sich emotional abgeholt und schaffen es dadurch meist, sich auch mir gegenüber zu öffnen und längst verdrängte Gefühle mitzuteilen.

"Ist es nicht merkwürdig, dass sie mir viel vertrauter sind als viele Menschen, mit denen ich mich jahrelang umgeben habe? Ist es nicht merkwürdig, dass ich Besuche von ihnen und Tixi herbeisehne, während ich Alibibesuche von Bekannten manchmal fast verabscheue? Wenn sich andere Besucher mit der Floskel "gute Besserung" verabschieden, empfinde ich dies in meinem momentanen Zustand als Hohn und ich bin glücklich, wenn sich die Türe wieder hinter ihnen schliesst. Ich schäme mich nicht einzugestehen, dass sie Beide mir, trotz kurzem Kennen, näher stehen, als viele Menschen, mit denen ich Jahrzehnte lang in Kontakt stand; ist das nicht merkwürdig?" Diese Fragen und Aussagen stammen von einem Patienten kurz vor seinem Ableben und sind zweifelsohne merkwürdig, denn sie sind es würdig, sie sich zu merken und sie sind es würdig, sich darüber Gedanken zu machen, wie viel Freude man einem Menschen durch einen Hund in den letzten Tagen bescheren kann.

Beziehungen erfahren in dieser Lebensphase oft einen Härtetest. Konflikte, die nie gelöst wurden, können noch verstärkt werden. Medikamente mögen Schmerzen lindern, doch kein Vertrauen erwecken. Tixi hat bei vielen Menschen dazu beigetragen, in solchen Augenblicken die innere Ruhe zu finden.

Sterben lässt sich nicht üben und nach der Gewissheit über eine unheilbare Krankheit oder den nahenden Tod, durchleben Patienten Wechselbäder von Gefühlen in unzähligen Facetten.

Traurigkeit, Wut, Verzweiflung, Hoffnung, Aggression, Resignation, alle Verfassungen finden ihren Raum. Erwähnenswert ist, dass trotz der traurigen Begleitumstände Humor auch immer wieder seinen Platz gefunden hat. "Kollege Humor" hat Tixi und mich durch manches Patientenzimmer begleitet.

TIXI - Sterbebegleiterin auf vier Pfoten

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