Читать книгу TIXI - Sterbebegleiterin auf vier Pfoten - Elfie Bernhard - Страница 9

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Welpen-, Flegel- und Ausbildungszeit

Tixi besuchte den Welpengarten und fand dadurch Gelegenheit, mit anderen Hundekindern spielerisch auf den Ernst eines "Hundelebens" vorbereitet zu werden. Später absolvierte ich mit ihr aufbauend verschiedene Module einer Junghundeerziehung, um anschliessend einer Ausbildungsgruppe für Begleithunde beizutreten. Tixi zeigte gute Ambitionen zum Sporthund, war neugierig, aufgeweckt und sehr lernbegierig. Es bereitete grosse Freude, das im Training erworbene Wissen und die Methoden während gemeinsamen Spaziergängen und im Familienleben mit ihr umzusetzen und zu festigen.

Parallel dazu wurden Tixi familienintern Freiheiten eingeräumt, die von Hundesportlern belächelt wurden, denn viele vertraten beispielsweise die Ansicht, dass ein Hund auf einem Bett nichts zu suchen hätte oder aber, dass es nicht schicklich und unhygienisch sei, sich von einem Hund mit Küsschen eindecken zu lassen. Wohlverstanden war die Disziplin des "Küsschen Gebens" – seinerzeit nicht unbedingt zu meiner Freude – von meinem Mann "eintrainiert" worden und ergab während Tixis Berufung als Sterbebegleiterin einen tieferen Sinn, doch dazu später.

Alle vorangehenden Hundegefährten waren fremden Menschen gegenüber freundlich, doch reserviert. Sie duldeten zwar Streicheleinheiten von Aussenstehenden, forderten selbst aber Liebesbezeugungen ausschliesslich bei meinem Mann und mir ein. Tixi setzte hier einen ganz neuen Akzent und biederte sich freundlich schwänzelnd bei allen Menschen, die ihren Weg kreuzten an und konnte mit ihrem Charme meist erfolgreich die gewünschten Streicheleinheiten abverlangen. Dabei fiel mir schon sehr früh auf, wie einfühlsam sie ihre eigenen Freundlichkeitsbekundungen auf die jeweiligen Bedürfnisse dosieren konnte. So ging sie beispielsweise auf einen erwachsenen Mann fast forsch, doch freundlich fordernd zu, während sie sich einem Kleinkind ganz behutsam und zart näherte.

Tixi wurde gut sozialisiert und war freundlich zu anderen Hunden, zumal sie ja neben unserem Asterix aufwuchs. Sie erweckte aber den Eindruck, dass sie sich im Kreise von Menschen jeden Alters wohler fühlte als beim Zusammensein mit anderen Hunden.

Ihre Aufgeschlossenheit gegenüber Artgenossen reduzierte sich, nachdem sie im Alter von 9 Monaten von einer 65 Kilo schweren Leonberger Hündin attackiert und schwer verletzt wurde. Diese Erfahrung hatte Langzeitwirkung und lenkte ihr charmantes, freundliches Wesen und ihre Aufmerksamkeit noch ausgeprägter in Richtung Menschen.

Spätestens dort zeigte sich, dass ich unser Hundemädchen in eine Aufgabe, die mit Menschen im Zusammenhang steht, lenken musste und erkundigte mich nach Ausbildungen, die in diese Richtung abzielten.

Das Angebot war leider spärlich und entsprechend zeigte sich die gewählte Ausbildung als Farce. Die mit einem halben Jahr attestierte Ausbildungsdauer war in jeder Hinsicht ein Hohn. Eine Aufnahmeprüfung, die jeder menschenfreundliche Hund mit einer soliden Grundausbildung bestehen konnte, wurde zum Teil von Personen, die selbst nie einen Hund hielten, abgenommen, und die wenigen Ausbildungslektionen wurden in grosszügigem Abstand auf ein Semester verteilt. Didaktisch unfähige, unter Zeitdruck stehende Leiterinnen, die über keine kynologische Fachkompetenz verfügten, rundeten das Bild ab.

Elementares Grundwissen wurde ausser Acht gelassen und die meiste Zeit fungierten Kursteilnehmer gegenseitig als Statisten, um sich unterzuhaken und mit angeleintem Hund eine Treppe hoch- und runterzusteigen, während die Leiterinnen Schirme auf- und abspannten oder Hupen und dergleichen betätigten.

Die abschliessende Prüfung sollte befähigen, Menschen in Alters- und Pflegeheimen, oder ähnlichen Einrichtungen, Besuche abzustatten.

Die Ausbildung war für die wenigsten Teilnehmer ein Zugewinn an Können oder Wissen, sondern reine Zeit- und Geldverschwendung.

Dazu sollte bemerkt werden, dass jeder interessierte Hundehalter mit einem gut erzogenen Familienhund solche Engagements mühelos, ohne weiterführende Ausbildung, eigenständig eingehen kann. Einsame Menschen in Altersheimen werden über einen Hundebesuch sehr dankbar sein und deren Nachfragen gibt es viele.

Berechtigt stellte sich die Frage, wie man auch bettlägerige Menschen, ohne grobfahrlässig zu handeln, mit Hundebesuchen erfreuen könnte?

In Krankenzimmern gilt es einiges zu berücksichtigen. Selbst scheinbar banale Aspekte wie elektrisch verstellbare Pflegebetten, in denen sich ein Hund die Rute einklemmen und verletzen könnte, könnte unangenehme Folgen nach sich ziehen. Oft sind medizinische Hilfsmittel oder Geräte wie Vernebler, Absauggeräte, Sauerstoffflaschen, Inhalatoren, Infusionsständer usw. unerlässlich und könnten für einen ungeübten Hund in unvorhersehbaren Situationen Stress, mit verheerenden Konsequenzen für einen Patienten, auslösen. Ein Hund muss eingehend darauf trainiert und stabilisiert sein, durch Umsicht mit Infusionsbesteck und -behältern, mit Schläuchen, Gerätekabeln, Telefonkabel etc., die an Pflegebetten und auf engem Raum angebracht sind, umzugehen. Selbst hundefreundliche Patienten würden es nicht begrüssen, wenn Infusionsnadeln oder Schläuche mangels Behutsamkeit herausgerissen würden.

Oft wünschen Patienten wegen Schmerzen oder Unwohlsein eine Umlagerung. Wie wird eine solche fachgerecht, mit einem Hund an der Seite, vorgenommen? Ein Patient hat Durst und erbittet Tee aus der bereitstehenden Schnabeltasse. Eine kleine Dienstleistung, die für Pflegepersonal alltäglich, doch die richtige Dosierung für Ungeübte gar nicht so einfach ist.

Ein Hund verfügt über eine rund 1 Mio. Mal höhere Riechleistung gegenüber den Menschen und bevorzugt Duftnuancen, die uns Menschen eher abstossen. Hingegen empfinden Vierbeiner den Duft eines frisch geduschten und parfümierten Körpers meist als unangenehm und suchen Distanz. Meine Tixi begegnete einer jahrelangen Bekannten nach einer Chemotherapie in der gewohnten Freundlichkeit, doch fast zögernd und ihre Hundenase war heftig im Einsatz, weil der Dufterkennungswert nicht mehr gegeben war. Zweifelsohne riechen schwerstkranke Menschen oftmals sehr streng und der Geruch von Medikamenten, Inkontinenz, Wunden oder Tumoren müsste einem Einsatzhund, auch bei Nichtfamilienmitgliedern, als Normalität vertraut sein.

Unter Berücksichtigung dieser und vieler weiterer Gedanken, setzte ich mir zum Ziel, eine fundierte, praxis- und patientenorientierte Hundeteamausbildung, zum Wohle von hundebezogenen, kranken Menschen auszuarbeiten und anzubieten.

Gemeinsam mit Freunden aus Medizinal- und Pflegefachberufen, mit Therapeuten, Heimleitern und Freunden mit kynologischer Fachkompetenz, wurde ein Anforderungsprofil und ein Ausbildungskonzept für Hundeführer und deren Vierbeiner erarbeitet, um den Bedürfnissen von bettlägerigen oder kranken Menschen seriös begegnen zu können.

TIXI - Sterbebegleiterin auf vier Pfoten

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